1. Einleitung
„Benn ist ein großer Poet: Einige seiner dunkel suggestiven, tragisch kühnen Verse haben sich mir für immer eingeprägt, ihr Rhythmus bleibt mir im Blut wie das Echo früh gehörter, früh geliebter Zaubersprüche. Auch persönlich stand ich damals auf herzlichem Fuße mit dem äußerlich so korrekten und konventionellen Visionär, der es nicht unter seiner Dichterwürde fand, neben- oder hauptberuflich als Spezialist für Haut- und Geschlechtskrankheiten in einem Berliner Arbeiter¬viertel tätig zu sein.“ (Klaus Mann zit. in Decker, 2006, S. 230)
Mit diesen Worten beschreibt der Schriftsteller Klaus Mann, Sohn von Thomas Mann und Neffe von Heinrich Mann, den expressionistischen Lyriker und Arzt Gottfried Benn 1942 in seiner Autobiografie „Der Wendepunkt“ (vgl. Decker, 2006, S. 230). Trotz dieser lobenden Worte gibt es etwa neun Jahre zuvor eine Auseinandersetzung in schriftlicher Form zwischen Gottfried Benn und Klaus Mann aufgrund Benns politischer Position.
Gottfried Benn, ein Einzelgänger, der die Menschheit und alles, was mit ihr zu tun hat, ablehnt, wendet sich 1933 den Nationalsozialisten zu, empfängt mit Überzeu¬gung den „Neuen Staat“. Klaus Mann, der zu dieser Zeit im Exil in Frankreich lebt, verehrt Benn – doch dessen politische Position kann er nicht akzeptieren. So formuliert er seine Enttäuschung darüber in einem persönlichen Brief vom 9. Mai 1933 an Benn, den dieser in öffentlicher Form im Berliner Rundfunk beantwortet („Antwort an die literarischen Emigranten“). Der genaue Wortlaut ist den beiden Briefen im Anhang zu entnehmen. Mann reagiert daraufhin 1. Septem¬ber 1933 gleichfalls mit einer öffentlichen Stellungnahme in der Exilzeitschrift „Die Sammlung“ und findet harte Worte der Kritik.
Nach der ersten Euphorie erkennt Benn, dass er zu weit gegangen ist und wendet sich schließlich vom Nationalsozialismus ab. Hier stellt sich die Frage, ob und inwiefern der Brief von Klaus Mann zu diesem Wandel beigetragen hat. Diese Frage soll in dieser Arbeit erörtern werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Biografische und politische Ereignisse mit dem Schwerpunkt auf die Zeit 1929-1933
- 2.1 Wer war Gottfried Benn? Wichtige Ereignisse seines Lebens
- 2.2 Biografische Daten von Klaus Mann
- 2.3 Die politische Situation in Deutschland 1929-1933
- 3. Die Kontroverse zwischen Klaus Mann und Gottfried Benn
- 3.1 Der Brief von Klaus Mann und Gottfried Benns öffentliche Antwort
- 3.2 Weiterer Verlauf der Auseinandersetzung und Gottfried Benns politische Entwicklung
- 3.3 Erörterung und Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Kontroverse zwischen Gottfried Benn und Klaus Mann im Jahr 1933, ausgelöst durch Benns politische Annäherung an die Nationalsozialisten. Die Analyse fokussiert auf den Briefwechsel zwischen beiden Autoren und dessen Kontext innerhalb der politischen und biografischen Umstände der Zeit. Ziel ist es, den Verlauf der Auseinandersetzung nachzuvollziehen und die möglichen Einflüsse des Briefwechsels auf Benns spätere politische Entwicklung zu beleuchten.
- Biografische Entwicklungen von Gottfried Benn und Klaus Mann in den Jahren 1929-1933
- Das politische Klima in Deutschland 1929-1933 und seine Auswirkungen auf die beiden Autoren
- Der Briefwechsel zwischen Klaus Mann und Gottfried Benn als zentraler Punkt der Kontroverse
- Benns anfängliche politische Orientierung und seine spätere Distanzierung vom Nationalsozialismus
- Analyse des Einflusses von Manns Kritik auf Benns politische Entwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Kontroverse zwischen Gottfried Benn und Klaus Mann vor und umreißt die Forschungsfrage. Kapitel 2 bietet einen Überblick über die biografischen und politischen Ereignisse der Jahre 1929-1933, mit Schwerpunkt auf die Lebensläufe von Benn und Mann sowie dem politischen Kontext in Deutschland. Kapitel 3 präsentiert den Briefwechsel zwischen Mann und Benn, den Verlauf der Auseinandersetzung und Benns weitere politische Entwicklung, ohne jedoch auf die abschließende Bewertung einzugehen.
Schlüsselwörter
Gottfried Benn, Klaus Mann, Nationalsozialismus, Weimarer Republik, Exil, Expressionismus, politische Kontroverse, Briefwechsel, politische Entwicklung.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2010, Die Kontroverse zwischen Gottfried Benn und Klaus Mann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183102