1. Einleitung
Die Frage nach der Bedeutung des historischen Individuums Jesus von Nazareth ist für die systematische Theologie seit den Zeiten der Aufklärung von größter Wichtigkeit. Das neue „Weltbild, die Herausbildung der modernen Naturwissenschaften, sowie das zunehmende Bewusstsein um den Abstand der eigenen Gegenwart zu der Zeit der Bibel führten dazu, dass das überlieferte dogmatische Christusbild zunehmend weniger Plausibilität für sich beanspruchen konnte.“ (Danz, 2010, 129.) Um dem entgegenzutreten, begann man,
den historischen Menschen hinter den biblischen Bildern zu suchen, was zur
Herausbildung der Leben-Jesu-Forschung führte. Sie hatte entscheidende Auswirkungen auf die protestantische Christologie, die sich mit der Zeit immer weiter veränderte.
Auch Paul Tillich (1886-1965), einer der großen evangelischen Denker des 20.
Jahrhunderts, greift dieses Thema in seiner systematischen Theologie (Band II) 2 auf. Wie er dies tut, soll in der Proseminararbeit untersucht werden. Seine Christologie bildet den sachlichen Rahmen und die Grundlage des Themas und steht zunächst im Mittelpunkt, bevor ich zur eigentlichen Fragestellung übergehe. Dabei spielt natürlich insbesondere Tillichs Christusverständnis mit den dazugehörigen Voraussetzungen eine wichtige Rolle. Außerdem stellt sich die Frage, warum Tillich in seiner Christologie auf dieses Thema zu sprechen kommt und wie er inhaltlich den Übergang markiert. Für dieses erste Kapitel nutze ich im Wesentlichen Abschnitt E des ersten und Abschnitt B (1.-3.) des zweiten Teils seiner ST II 3.
Um anschließend im zweiten Kapitel die Bedeutung des historischen Jesus zu
untersuchen, ist zunächst eine Darstellung seines Verständnisses dieses Begriffs von Nöten, das er in seinem wichtigen Ausdruck 'Faktum und Aufnahme' weiter ausführt. Danach setze ich auf seine Darstellung der Leben-Jesu-Forschung mit ihren verschiedenen Aspekten (u. a. Bultmanns Theorie) einen Schwerpunkt und zeichne sie umfangreich nach. Hierfür bildet der Abschnitt A des zweiten Teils die Textgrundlage.
Im gedanklichen Anschluss an die Beziehung zwischen Faktum und Aufnahme wird die Arbeit mit dem titelgebenden Thema (3.4) abgeschlossen. Dort soll geklärt werden, wie Tillich den historischen Jesus bzw. die historische Kritik in seine Christologie einfließen lässt, jedoch auch, welche Probleme sein Ansatz mit sich bringt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Tillichs Christologie
- 2.1 Das Neue Sein
- 2.2 Jesus der Christus als Träger und Manifestation des Neuen Seins
- 3. Der historische Jesus bei Tillich
- 3.1 Die Unterscheidung von Faktum und Aufnahme
- 3.2 Probleme der historischen Forschung
- 3.3 Der Erfolg der historischen Forschung
- 3.4 Die Bedeutung des historischen Jesus für Tillichs Christologie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung des historischen Jesus in Paul Tillichs Christologie (Systematische Theologie II). Der Fokus liegt auf Tillichs Verständnis des Verhältnisses zwischen dem historischen Jesus und seinem Konzept des "Neuen Seins". Die Arbeit analysiert, wie Tillich die Ergebnisse der historisch-kritischen Jesusforschung in seine theologische Systematik integriert.
- Tillichs Konzept des "Neuen Seins" als Grundlage seiner Christologie
- Die Rolle des historischen Jesus als Träger und Manifestation des Neuen Seins
- Tillichs Unterscheidung zwischen "Faktum" und "Aufnahme" in Bezug auf den historischen Jesus
- Die Relevanz der historisch-kritischen Jesusforschung für Tillichs Theologie
- Herausforderungen und Probleme in Tillichs Ansatz
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 (Einleitung): Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach der Bedeutung des historischen Jesus in Tillichs Werk vor und skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit. Sie betont die Bedeutung der Leben-Jesu-Forschung für die Entwicklung der protestantischen Christologie und die Relevanz von Tillichs Systematischer Theologie II.
Kapitel 2 (Tillichs Christologie): Dieses Kapitel beschreibt Tillichs theologisches System, insbesondere das Konzept der menschlichen Entfremdung und des Neuen Seins als Überwindung dieser Entfremdung. Es legt die Grundlage für die spätere Auseinandersetzung mit dem historischen Jesus.
Kapitel 2.1 (Das Neue Sein): Dieser Abschnitt erläutert detailliert Tillichs Konzept des Neuen Seins als heilende und rettende Macht, die die Kluft zwischen existentiellem und essentiellem Sein überwindet.
Kapitel 2.2 (Jesus der Christus als Träger und Manifestation des Neuen Seins): Hier wird dargestellt, wie Tillich Jesus Christus als den Träger und die Manifestation des Neuen Seins versteht. Jesus erfüllt die in der Geschichte entstandenen Erwartungen an die Erlösung.
Schlüsselwörter
Paul Tillich, Christologie, Systematische Theologie II, Neues Sein, Historischer Jesus, Leben-Jesu-Forschung, Faktum und Aufnahme, Entfremdung, Erlösung, Historisch-kritische Methode.
- Arbeit zitieren
- Steffen Schütze (Autor:in), 2011, Die Bedeutung des historischen Jesus in Paul Tillichs Christologie (ST II), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183198