Leseprobe
Inhalt
1 Einleitung
2 Angst
2.1 Entstehung
2.2 Schulangst
3 Folgen und Probleme
4 Prävention
4.1 Sozialisation
4.2 Standort Schule
4.3 Modelle
5 Intervention
5.1 Möglichkeiten und Ansätze
5.2 Bundesverband Aktion humane Schule e. V
6 Auftrag der Sozialen Arbeit
7 Fazit
8 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
„Ich will da nicht hin!“ Diese Aussage hören Eltern und Erziehungsberechtigte in der heutigen Zeit vermehrt von ihren Kindern. Sie fürchten sich vor MitschülerInnen, LehrerInnen oder verschiedenen Situationen im Unterricht. Magen-, Bauch- und Kopfschmerzen werden dabei am häufigsten als Grund genannt, um die Schule nicht besuchen zu müssen. In dieser Seminararbeit möchte ich erörtern, weshalb die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die unter Schulangst leiden, stetig wächst und wie man diesem Problem präventiv und interventiv entgegnen kann. Dabei verstehe ich unter Schulangst vor allem Leistungs- und soziale Ängste im Zusammenhang mit dem Schulbesuch.
Zunächst werde ich zum Verständnis den Begriff Angst definieren und erläutern. Anschließend erläutere ich die Folgen und Probleme, die sich aus schulvermeidenden Verhalten ergeben, eingehen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf den Präventions- und Interventionsmöglichkeiten und –methoden, von denen ich einige beispielhaft vorstellen möchte. Außerdem möchte ich den sich daraus ergebenden Auftrag der Sozialen Arbeit, im Speziellen der Schulsozialarbeit, darstellen.
Mit Hinblick auf den Schwerpunkt dieser Arbeit beziehe ich mich vor allem auf Möglichkeiten und Methoden des sozialpädagogischen Handelns. Zum besseren Verständnis nehme ich jedoch auch Bezug auf psychologische Teilbereiche, wie z. B. Kinder- und Jugendpsychologie, Entwicklungspsychologie und Schulpsychologie.
2 Angst
Angst kann zunächst in zwei Bereiche unterschieden werden: Angst als Zustand und Angst als Eigenschaft (Ängstlichkeit). Erstere, die Zustandsangst, wird nochmal in physiologische, verhaltensmäßige-motorische und subjektive Angst unterteilt.[1]
Zunächst möchte ich an einem Schaubild die vier Grundformen der Angst nach Fritz Riemann darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung1– Angstformen[2]
Aus diesen vier Grundformen entstehen laut Riemann alle anderen Formen der Angst, die nur Abweichungen darstellen und somit immer auf diese Grundängste zurückzuführen sind.
Was passiert nun mit dem menschlichen Körper, wenn eine Person Angst hat? Hat jemand Angst, entstehen Stresshormone. Diese nehmen Einfluss auf die Muskulatur und das vegetative Nervensystem, wodurch verschiedene körperliche Symptome auftreten können.
Oft tritt Schwindel auf und Atem sowie Herzschlag beschleunigen sich, zudem können die Beine anfangen zu zittern oder weich zu werden. Gelegentlich kommt es zu Atemnot oder dem Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben. Ebenso kann Übelkeit auftreten. Oftmals fangen Personen auch an zu schwitzen.
2.1 Entstehung
Wie entsteht Angst? Angst hat eine Signalfunktion für den Menschen, soll uns vor etwas warnen, damit wir gefährliche Situationen vermeiden. Angst ist ein Zustand, der die Menschen schon seit jeher begleitet. Ein Leben komplett ohne Angst ist nicht möglich, aber mit der Zeit entwickelt der Mensch Methoden, Situationen zu vermeiden, die Angst auslösen können.[3]
Hat Angst einen Sinn? Nach Freud „übernimmt Angst eine Signalfunktion, die vor drohender Gefahr warnt und den Organismus zu vorbeugenden Handlungen gegen die Erfahrungen des Schmerzes befähigt.“[4]
Angst soll uns also darauf hinweisen, dass uns etwas gefährlich werden könnte. Dies führt dazu, dass wir es vermeiden, mit solch einer Situation, einem Zustand oder einer Person in Kontakt zu kommen. Rational gesehen ist Angst also eine „gute Sache“, etwas völlig Normales, was uns im Leben unterstützt und uns vor Risiken schützt. Angst kann jedoch auch krankhafte Ausmaße annehmen. Dies ist dann der Fall, wenn die Angst in unangemessenen Situationen auftritt, extrem stark ist und kaum kontrollierbar ist.[5] Ein Beispiel dafür ist, wenn eine Person bei dem Anblick einer (kleinen, ungiftigen) Spinne derart in Panik verfällt, dass sie vermehrt Situationen vermeidet, in denen sie Spinnen begegnen könnte (nicht mehr in den Keller gehen etc.).
2.2 Schulangst
„Schulangst bezeichnet eine umschriebene Angst vor Personen oder Bedingungen, die mit dem Schulbesuch insgesamt oder mit einzelnen schulischen Situationen assoziiert sind.“[6]
Diese Definition macht deutlich, dass durch diese Form der Angst der Schulbesuch erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht wird. Die Schulangst ist keine diagnostische Kategorie, sondern lediglich ein Syndrom, welches durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden kann. Dabei ist es wichtig, schulbezogene Ängste von Störungen des Sozialverhaltens (Schulverweigerung aus Unlust) und anderen Ängsten (z. B. Trennungsangst) abzugrenzen.[7]
Bei Schulangst haben SchülerInnen z. B. Angst vor Leistungssituationen, wie Klausuren oder mündliche Prüfungen. Aber auch soziale Situationen können als unangenehm empfunden werden, wie z. B. Gruppenbildung für ein Referat. Dort besteht die (vermeintliche) Gefahr, dass der/die SchülerIn aufgrund ungünstiger Bewertungen durch die MitschülerInnen nicht in die Gruppe aufgenommen wird.[8]
Petermann & Petermann schreiben: „Keine der aktuellen diagnostischen Kategorien deckt alle Formen schulbezogener Ängste befriedigend ab. Eine diagnostische Einordnung schulbezogener Ängste sollte deshalb immer am Einzelfall erfolgen.“[9]
So greifen zwar oft viele der diagnostischen Kriterien der sozialen Angststörungen, andererseits werden sie meist nicht alle erfüllt bzw. ausgeschlossen.
In der Fachliteratur wird zum Teil noch zwischen Schulangst und Schulphobie unterschieden. Die phobischen Ängste sind hier vor allem durch Verlust- und Trennungsängste gekennzeichnet.[10] In dieser Arbeit möchte ich jedoch vor allem auf die Schulangst eingehen, die mit dem Standort Schule insofern verbunden ist, als dass die dortigen sozialen und leistungsbezogenen Anforderungen und Probleme in erster Linie die Ursache von Schulangst darstellen.
3 Folgen und Probleme
Zunächst führt schulvermeidendes Verhalten dazu, dass der/die SchülerIn beim Bearbeiten der Unterrichtsinhalte fehlt und somit ein deutlicher Leistungsabfall entstehen kann. Dies kann wiederum zu verstärkter Schulangst führen. Ebenso führt schulvermeidendes Verhalten zu einer negativen sozialen Bewertung als „SchulschwänzerInnen“ und „SchulverweigerInnen“. Dies kann wiederum zu zusätzlichen psychischen Druck führen.[11]
So kann es also der Fall sein, dass ein/e SchülerIn aufgrund von Schulangst häufiger im Unterricht fehlt oder diesen erst verspätet besucht. Die sozial geltende Norm besagt jedoch, dass nur ein regelmäßiger Schulbesuch „normal“ ist. Dadurch entsteht eine Art Kreislauf. Die schulängstlichen SchülerInnen wissen, dass sie diese Anforderungen nicht erfüllen und fürchten sich vor den Reaktionen der MitschülerInnen oder LehrerInnen. Dies kann letztendlich zu einem vollständigen Ausbleiben des Schulbesuches führen. Folgende Abbildung soll diesen Kreislauf verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung2- Angstkreislauf[12]
Oft werden auch körperliche Symptome deutlich. Kopfschmerzen und Magen-Darm-Probleme treten häufig am Morgen vor dem Schulbesuch oder einer (vermeintlich) bedrohlichen Situation auf, ebenso kann es in der Nacht zu Schlafstörungen kommen.[13]
4 Prävention
Um die aufgezählten Folgen und Probleme größtenteils vermeiden zu können, sollte Schulangst möglichst durch präventive Maßnahmen vermieden werden. Hier ist vor allem eine Zusammenarbeit von Erziehungsberechtigten und den Schulen von hoher Bedeutung.
Präventive Maßnahmen beziehen somit nicht nur die bereits schulängstlichen Kinder und Jugendlichen ein, sondern es soll verhindert werden, dass Schulangst überhaupt entsteht. Es ist also wichtig, soziale Kompetenzen von Kindern im Vorschulalter oder in den ersten Schuljahren zu fördern und zu stärken, sodass sie lernen, mit den Anforderungen des Schullalltages umzugehen.[14]
Es gibt bereits verschiedene Projekte, die dazu beitragen, Schulangst zu verringern. Als Beispiel möchte ich das Projekt „sign“ vorstellen. Dieses Programm wird seit dem Jahr 2000 an Schulen durchgeführt und soll helfen, soziale und persönliche Kompetenzen zu stärken. Unter Punkt 4.3 werde ich dieses Modell näher beschreiben.[15]
[...]
[1] vgl. Krohne 1977, S. 12
[2] Riemann 1994, S. 9
[3] vgl. Riemann 1994, S. 7
[4] Sarason/Davidson/Lighthall/Waite/Ruebush 1971, S. 42
[5] vgl. Häuser, http://www.klinikum-saarbruecken.de/npdocs/angst, Abruf 14.07.2011, 13:04 Uhr
[6] Petermann/Petermann 2010, S. 392
[7] vgl. ebenda
[8] vgl. Petermann/Petermann 2010, S. 394f
[9] Petermann/Petermann 2010, S. 394
[10] vgl. Schmidt in: Lemp/Schiefele (Hrsg.) 1987, S. 102
[11] vgl. Specht 2004, S. 31f
[12] Quelle: Eigene Darstellung
[13] vgl. Schmidt in: Lemp/Schiefele (Hrsg.) 1987, S. 104
[14] vgl. Beeman, Martin, Meyers in: Krohne 1977, S. 191
[15] vgl. http://www.sign-project.de/9_36.php, Abruf 19.07.11 13:36