Schuldfrage: In seiner frühen Kindheit ein Garten (Christoph Hein)


Referat / Aufsatz (Schule), 2011

4 Seiten


Leseprobe


Schuldfrage

In Christoph Heins Roman „In seiner frühen Kindheit ein Garten“ steht die Frage nach der Schuld an Oliver Zureks Tod und dessen Abrutschen in die Terrorismusszene im Vordergrund.

Der Roman gibt darauf jedoch keine Antwort. Vielmehr stellt Christoph Hein in seinem

Werk die Frage nach der Schuld an Olivers Tod. Somit liegt es beim Leser selbst, dieses

für sich persönlich zu beantworten.

Der Roman bietet dem Leser zur Beantwortung der Frage nach der Schuld an Olivers

Tod mehrere Möglichkeiten. Meiner Meinung nach kann man die Frage nicht eindeutig

beantworten, denn die Schuld an Oliver Zureks Tod ergibt sich aus mehreren Faktoren.

Die Spurensuche nach der Schuld an Olivers Tod beginnt bereits, bevor man das erste

Kapitel des Romans zu lesen beginnt, denn als Leser stößt man zunächst auf ein Zitat

von Iris Murdoch aus dem Roman „Der Schwarze Prinz“. Darin heißt es: „Es gibt

glückliche Kinder, die in ihrer frühen Kindheit einen Garten, eine Landschaft ihr Reich

nennen können.“ Der Garten taucht nicht nur im Titel des Romans auf, sondern spielt

auch, wenn es um Olivers Entwicklung geht, eine entscheidende Rolle. In seiner

Kindheit besaß er tatsächlich einen solchen Garten, den er sein Reich nennen konnte

und in dem er, wie es aus den Geschichten seiner Mutter Friederike und Olivers

Schwester Christin zu erkennen ist, eine schöne Kindheit hatte und der ihm viele

freudige Stunden bescherte.

Dies macht die Frage danach, wie es dazu kommen konnte, dass Oliver zu einem

Terroristen wurde, noch schwerer zu beantworten, weil man in der Regel mit einem

Terroristen keine glückliche Kindheit verbindet.

Ich denke, dass hier die Erziehung des Vaters eine große Rolle spielt. Er selber

behauptet, dass er seine Schüler und Kinder stets auf eine Gesellschaft vorbereitet hat,

die nur in seinen Gedanken existiert habe. („Ich habe jahrzehntelang in einem Land

gelebt, von dem ich offenbar nie etwas begriffen habe. Ich habe mein Leben lang

meinen Schülern Dinge beigebracht, die völlig unsinnig sind." S.144) Auch das blinde

Vertrauen auf die Demokratie und den Rechtstaat, das er versuchte, an die jüngeren

Generationen weiterzugeben, spielt bei Olivers Entwicklung zu einem Terroristen eine

entscheidende Rolle. („Bei aller Kritik, und Schüler sind darin nicht zimperlich, wie du

selber erfahren haben wirst, hat zu gelten, diese Demokratie muss verteidigt werden.

Und ich habe diesen Staat immer verteidigt, genauso wie du jetzt, Christin. Aber heute

bin ich nicht mehr sicher, ob ich recht daran getan habe." S.224)

Als Oliver zu Unrecht von der Polizei verhaftet wird und sich ein halbes Jahr unschuldig

in Untersuchungshaft befindet, bekommt er die Realität des Staates, in dem er lebt

und dessen Macht, zu spüren. Im Zusammenhang mit der utopischen

Vorstellung, die durch die Erziehung des Vaters entstanden ist, entsteht bei Oliver auf

Grund dieser Verhaftung eine extreme Enttäuschung von der Gesellschaft. Deshalb

dreht er dieser den Rücken zu. („Er erzählte, wie er unter einem falschen Verdacht für

ein halbes Jahr inhaftiert worden war und bald danach in den Untergrund abtauchte.“

S. 267)

Betrachtet man in diesem Zusammenhang Olivers Charaktereigenschaften, wie der

Drang nach Gerechtigkeit und Wahrheit, lässt sich verstehen, wie es dazu kommen

konnte, dass Oliver Zurek sich gegen den Staat stellte, in dem er lebte. („Er sprach über

den jungen Oliver, über dessen Wahrheitsliebe und das ausgeprägte, unabdingbare

Rechtsgefühl des Knaben, den die so gebrechliche und unvollkommene Welt

unablässig beschäftigt hatte.“ S.120)

An dieser Stelle kommen nun Olivers Freunde ins Spiel, die von mehreren Figuren in

Christoph Heins Roman als ausschlaggebender Faktor auf Olivers Weg vom normalen

Bürger zum Terroristen bezeichnet werden.

Sie zeigten Oliver einen Weg, sich für die Ungerechtigkeit, die der Staat ihm zufügte, zu rächen und so die Gerechtigkeit zu erlangen, die ihm zuvor verwehrt geblieben war. Dass

Unzufriedenheit und Enttäuschung ein guter Nährboden für radikale Gedankengüter

bilden, zeigte die Vergangenheit in Deutschland bereits Anfang des 20. Jahrhunderts.

Zwar kann man die Ideologie der RAF nicht mit den Wahlversprechen Adolf Hitlers

vergleichen, jedoch wie sich die Bevölkerung Verbesserungen davon versprach. Hier

besteht die Parallele zu Oliver Zurek, denn durch die tiefe Enttäuschung, die er durch

seine unberechtigte Haftstrafe erfuhr, war er anfällig für das radikale Gedankengut der

RAF-Mitglieder. („Die falschen Freunde, die falschen Bücher, die falschen Zeitungen.“

S. 219)

Auch die Öffentlichkeit spielt eine wichtige Rolle bei Olivers Entwicklung. Durch die

Medien wurde er nach seiner Verhaftung sofort als Terrorist betitelt. Die Folgen dieser

Ende der Leseprobe aus 4 Seiten

Details

Titel
Schuldfrage: In seiner frühen Kindheit ein Garten (Christoph Hein)
Autor
Jahr
2011
Seiten
4
Katalognummer
V187196
ISBN (eBook)
9783656122296
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schuldfrage, kindheit, garten, christoph, hein
Arbeit zitieren
Marcus Zapp (Autor:in), 2011, Schuldfrage: In seiner frühen Kindheit ein Garten (Christoph Hein), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/187196

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