Leseprobe
INHALT
1. Abstract
2. Einleitung
3. Grundlegung des Französischen in Kanada
3.1. Kolonialgeschichtlicher Hintergrund
3.2. Erste Aussagen über die Sprachqualität
4. Sprachliche Aspekte
4.1. Phonologie
4.2. Morphologie und Syntax
4.3. Lexik
5. Rechtsstellung des Französischen in Québec
6. Schluss
7. Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis:
Abb.1: Amtliches Kraftfahrzeugkennzeichen aus Québec
1. ABSTRACT
Martel et Cajolet-Laganière constate que «Le français des francophones est multiple.» (1996: 67). Le français parlé au Québec et dans le reste du Canada est une variété de français standard parlé en France. Au niveau linguistique, la question la plus intéressanteest de savoir si les différences sont évidentes ou graves et d’où elles viennent. Il y a des divergences qu’on peut trouver à tous les niveaux linguistiques; mais surtout dans les domaines de la phonologie et dulexique. Les raisons sont parfois historiques (garder un vieux statut de langue) ou modernes (création des néologismes). En 1969, le français est devenu la deuxième langue officielle du Canada. C’est une décision qui souligne son importance.
2. EINLEITUNG
Québecs kulturelle und linguistische Kinderschuhe sind ein französisches Fabrikat, das in der großen Kolonialzeit, in der europäische Mächte ihre Stellungen rund um den Globus bezogen, das heutige Québec/Kanada erreichte.
«Deux peuples séparés par une même langue»: le mot d’esprit attribué à Bernard Shaw […] pourrait bien aussi s’appliquer aux Français et aux Québécois. En effet, même si le «français» est, avec l’anglais, l’une des deux langues officielles du Canada – et la seule langue officielle du Québec – tout Québécois qui a eu l’occasion de parler avec un Français ou de voyager en France – tout Français qui a parlé avec un Québécois ou voyagé au Québec sait d’expérience qu’ il existe des différences importantes entre les deux variétés de langue parlées en France et au Québec.
(Dictionnaire Québécois Français 1999: Présentation)
Durch historische Ereignisse entwickelt sich die kanadische Varietät des Französischen Frankreichs selbstständig und unabhängig vom Mutterland.
Der Gegenstand dieser Arbeit ist es zunächst einen Einblick in die Geschichte der Besiedlung zu geben, um so den soziokulturellen Hintergrund der Siedler zu skizzieren. Im Anschluss werde ich auf die heute existierenden sprachlichen Unterschiede eingehen und diese anhand von Beispielen illustrieren. Schlussendlich werde ich auf die aktuelle Situation des Französischen in Québec eingehen und ein Fazit ziehen.
3. GRUNDLEGUNG DES FRANZÖSISCHEN IN KANADA
Die heutige linguistische Zusammensetzung Kanadas aus hauptsächlich englisch- und französischsprachigen Bevölkerungsteilen hat eine geschichtliche Bewandtnis. So bestand die Urbevölkerung vor 12.000 Jahren aus Indianern, zu denen vor rund 5.000 Jahren Inuit hinzu kamen. Im Jahre 1.000 waren die Wikinger der erste europäische Stamm, der in Nordamerika lebte. Jedoch gilt Giovanni Caboto, der 1497 unter englischer Flagge segelte, als Entdecker Nordamerikas. Im 16. Jahrhundert wurde Kanada, von der Ostküste beginnend, endgültig durch Europäer kolonialisiert. Diese stammten hauptsächlich aus dem heutigen Großbritannien und Frankreich.(vgl. Neumann-Holzschuh 2008: 110)
3.1 Kolonialgeschichtlicher Hintergrund
König François Ier (1515-1559) begründete das französische Interesse an überseeischen Gebieten. Er entsandte den Bretonen Jacques Cartier, welcher 1534 die Prinz-Eduard-Inseln, die Küste Neu-Braunschweigs und den Sankt-Lorenz-Strom entdeckte und diese für den französischen König in Besitz nahm (vgl. Weidmann Koop 2003: 301). Auf Grund der religiösen und politischen Lage in Frankreich wurde das Gebiet zunächst nicht besiedelt, jedoch wurde Pelzhandel mit den dort lebenden Irokesen betrieben. Diese Situation änderte sich unter der Herrschaft von Henri IV (1589-1610), der den königlichen Geographen Samuel de Champlain in die besetzten Gebiete in Übersee schickte. Letzterer entwickelte den Pelzhandel entlang des Sankt-Lorenz-Stroms indem er kleinere Siedlungen anlegte, unter anderem im Jahre 1608 auch Québec. De Champlain gilt als Begründer der Nouvelle-France (vgl. ebd.: 301). Diese Bezeichnung steht einerseits für die französischen Besitzungen Nordamerikas wie Louisiana, Akadie und Kanada und andererseits wird sie synonym für die heutigen Provinzen Ontario und Québec verwendet. 1627 wurde ein wichtiger Schritt zur systematischen Besiedlung der erkundeten Gebiete und zum Ausbau Frankreichs zu einem Kolonialreich begangen, als die Compagnie de la Nouvelle-France gegründet wurde. Um dieses weiter auszubauen wurden von der französischen Regierung unter Louis XIV junge Frauen, die sogenannten Filles du Roi, in die Kolonialgebiete geschickt. Diese stammten zumeist aus Waisenhäusern im Nordwesten, in denen sie eine gute Bildung und Erziehung genossen hatten. Der König zahlte sowohl die Reise als auch die Hochzeit mit einem Siedler. Im Regelfall wurden sie innerhalb eines Monats nach ihrer Ankunft verheiratet. Diese Maßnahme diente maßgeblich der Bevölkerungsentwicklung der neuen Gebiete, da die damalige Population hauptsächlich aus unverheirateten männlichen Soldaten, Handwerkern, Handelsleuten und Bauern bestand. Großfamilien wurden steuerlich bevorzugt und das Junggesellendasein wurde im Gegenzug mit Einbußen belegt. Diese Heirats- und Einschiffungspolitik führte dazu, dass sich die Population innerhalb von sieben Jahren auf über 6.700 Personen mehr als verdoppelte.
(vgl. Wolf 1987: 1-4)
Jedoch herrschte in Europa Krieg zwischen England und Frankreich und auf Grund der Entsagung weiterer finanzieller Unterstützung der Siedler seitens des Mutterlandes Frankreich, wandte sich die Kirche den Überseegebieten zu. Die Jesuiten erlangten eine Führungsposition im weiter auszubauenden Erziehungswesen und auch inoffiziell in Regierungsbelangen. Sie unterhielten zudem gute Kontakte zu den dortigen Indianerstämmen. Trotz dieser Kontakte waren Auseinandersetzungen nicht aus dem Wege zu gehen. Der Englisch-Französische-Krieg übertrug sich von Europa auch auf Kolonialboden, was 1758 zu massiven Angriffen auf die demographisch unterlegenen französischen Kolonien führte. Im Zuge dessen trat Frankreich seine nordamerikanischen Besitzansprüche an England im Friedensschluss von Paris 1763 ab. Die kanadische Kolonie hatte zu wenig Prestige eingebracht und zu viel gekostet, wenn man folgendes Zitat Voltaires vom 6. September 1762 in Betracht zieht:„Je suis comme le public, j’aime beaucoup mieux la paix que le Canada, et je crois que la France peut être heureuse sans Québec.“(Voltaire, Correspondance VI, 1043, zit. n. Wolf 1987: 6)[1]. Dieses Verhalten stellt für die ausgewanderten Franzosen einen herben Rückschlag dar und kommt für die québecer Bevölkerung einem absoluten Verrat gleich.
(vgl. Wolf 1987: 5f)
Auf dieses historische Ereignis verweisen bis heute die Kraftfahrzeugkennzeichen aus der Provinz Québec, die unter ihrer Kennung den Schriftzug „Je me souviens“ tragen, wie in Abbildung 1 zu sehen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Amtliches Kraftfahrzeugkennzeichen aus Québec
Dieser Einschnitt trug zu einer eigenen kanadischen Identität bei, die selbst unter englischer Kolonialführung behalten und, vom Mutterland Frankreich abgeschnitten, weiter kultiviert wurde (vgl. Weidmann Koop 2003: 9-12).
3.2 Erste Aussagen über die Sprachqualität
Reiseberichte, wie die des Simon Denys, datieren zurück bis 1651 und bezeugen eine außergewöhnlich gute Kenntnis des Französischen der Kanadier. Laut dem Marineoffizier Claude Charles le Roy verfügten sie zudem über gute Manieren, wüssten sich zu akzentuieren und stünden dem Pariser in nichts nach (vgl. le Roy 1722: 279, zit. n. Wolf 1987: 9)[2]. Der Jesuit Pierre-François Xavier de Charlevoix unternahm in königlichem Auftragzwischen 1720 und 1723 eine Informationsreise durch Kanada. Dieser weißt bereits zu Beginn seiner Reise ebenso auf ausgezeichnetes Sozialverhalten und die Reinheit des dort gesprochenen Französisch hin:
Les Canadiens, c’est-à-dire, les Créoles du Canada, respirent en naissant un air de liberté, qui les rend fort agréables dans le commerce de la vie, & nulle part ailleurs on ne parle plus purement notre Langue. On ne remarque même ici aucun Accent.
(de Charlevoix 1744: 366, zit. n. Wolf 1987: 10)[3]
Durch die Zeugnisse von de Charlevoix, le Roy und anderer wird klar dargelegt, dass in Kanada kein Patois gesprochen wird. Patois wird als Regionalsprache oder französischer Dialekt bezeichnet, die von der am königlichen Hofe gesprochenen Sprache abweicht. Diese Allgemeinsprache vergrößerte später allmählich seine Verbreitung im Zuge des Ausbaus der zentralistischen Königsmacht über Frankreich. Jedoch sind die Siedler der Nouvelle-France überwiegend provinzieller Herkunft; aus Gebieten, in denen das Französische nicht unbedingt geläufig und auch die Analphabetenrate mit 80 % recht hoch war, was das Erlernen der französischen Allgemeinsprache zusätzlich erschwerte. Um dieses Paradoxon, welches die diversen Reiseberichte aufwerfen, zu klären muss die geographische und soziale Herkunft der Siedler betrachtet werden.
(vgl. Wolf 1987: 12f)
[...]
[1] Voltaire (1980): Correspondance VI. Paris: Th. Bestermann.
[2] Le Roy, Claude Charles (1722): Histoire de l’Amérique septentrionale. Paris: Nyon Fils.
[3] De Charlevoix, Pierre-François Xavier (1744): Histoire et description générale de la Nouvelle France avec le Journal d’un voyage fait par ordre du Roi dans l’Amérique septentrionale. Paris: Nyon Fils.