Spezielle Sakramentenlehre der Katholischen Kirche: 1. Die Taufe

Das grundlegende Sakrament


Skript, 2008

32 Seiten


Leseprobe

Inhaltverzeichnis

1. Grundlegendes
a. Vorbilder der christlichen Taufe im Heidentum und Judentum
i. Mysterien
ii. Beschneidung
iii. Johannestaufe
iv. Taufe Jesu

2. Einsetzung der Taufe durch Jesus und ihre Biblische Grundlegung
a. Einsetzung der Taufe durch Jesus
b. Biblische Grundlegung der Taufe

3. Materie und Form der Taufe
a. Materie der Taufe
i. Wortbedeutung der Taufe und ihre Etymologie
ii. Materia remota und materia proxima
iii. Arten der Taufspendung
b. Form der Taufe

4. Wirkungen der Taufe
a. Wirkungen für den Einzelnen
i. Heilende Wirkung der Taufe: Reinigung von der Sünde
(1) Rechtfertigung – Vergebung der Sünden
(2) Tilgung aller Sündenstrafen
(3) Ende der Herrschaft der Begierde
ii. Heiligende Wirkung der Taufe: Gotteskindschaft
b. Wirkungen für die kirchliche Gemeinschaft

5. Heilsnotwendigkeit der Taufe

6. Spender der Taufe

7. Empfänger der Taufe
a. Katechumenat
b. Kindertaufe

1. Grundlegendes

a. Vorbilder der christlichen Taufe im Heidentum und Judentum

1. Taufe ist das grundlegende christliche Sakrament „das Eingangstor und die Grundlage des gesamten Christseins“.[1] In ihr wird der Mensch gleichsam in Christus eingetaucht (vgl. Röm 6,3-5) und dadurch in den mystischen Leib Christi – die Kirche „eingepflanzt“ (vgl. Röm 11,23-24). Daher wird dem Getauften nicht nur das göttliche, trinitäre Leben zuteil, sondern er wird auch auf die Gemeinschaft der Christusgläubigen hin geordnet.
2. Aus der soziologischen Perspektive betrachtet gehört die Taufe zu den menschlichen Initiationsriten, wie sie in verschiedenen Kulturen stattgefunden haben und immer noch stattfinden.[2]

i. Mysterien

1. Als eine Art Taufvorbilder in der antiken Welt können sicherlich die heidnischen Mysterien angesehen werden, bei welchen, durch das persönliche Durchschreiten des Schicksals einer Gottheit, dem Eingeweihten – Mysten- die Vereinigung mit dieser Gottheit und das persönliche Weiterleben und Wohlergeben im Jenseits garantiert wurde.[3]
2. Obwohl das Urchristentum manche Riten und Aspekte der Mysterienkulte übernahm: z.B. das weiße Gewand aus den Mysterien von Eleusis, den neuen Namen aus den Mysterien der Isis, das metaphorische Reinwaschen im Blut aus der tatsächlichen „Bluttaufe“ der Mithras- Mysterien, so ist die Ähnlichkeit der kultischen Handlungen keinesfalls mit der Übernahme der Gottes- und Erlösungsvorstellungen der Mysterienkulte verbunden.
3. Die Übernahme mancher heidnischen Riten war theologisch deswegen möglich, weil das Urchristentum von einer Art „Uroffenbarung“ ausging, wonach allen Völkern von Gott das Gute, Schöne und Heilige mitgeteilt wurde, welches allerdings durch das menschliche Fehlen verunstaltet wurde.
4. Daher sprachen schon Justinus (†150)[4] und nach ihm andere Theologen der Alten Kirche von den semines rationales (Samenkörnern des Logos), welche die Heiden auf die Wahrheit hin orientierten.[5] Als solche semines rationales wurden auch manche Aspekte des Mysterienglaubens betrachtet, welche den Menschen, die vor Christus lebten, sowohl die Dimension des Göttlichen als auch die des Dämonischen eröffneten.
5. Bei manchen Symbolen, welche zuerst den Mysterien- und später den sakramentalen Riten zugrunde lagen (Licht, Dunkelheit, Wasser, Nahrung), handelt es sich um archetypische Ursymbole, welche die Grunderfahrungen des menschlichen Lebens vermitteln, als solche in allen Kulturen vorkommen und als solche durch keine anderen Symbole ersetzbar sind.

ii. Beschneidung

1. Der Initiationsritus des Judentums ist die Beschneidung (Ex 4,24-26; vgl. Lv 26,41; Dt 10,16; Jer 4,4), welcher zwar durch den Neuen Bund außer Kraft gesetzt wurde (Apg 15,1-34; Hebr 8,13), von Paulus aber dennoch als ein Vorbild für die Taufe angesehen wurde (Kol 2,11).

iii. Johannestaufe

1. Die Johannestaufe, welche wahrscheinlich den Taufriten der Essener und der Gemeinschaft von Qumran entstammte, war von der eschatologischen Idee des kommenden Messias bestimmt (Lk 3,16).[6]
2. Sie war eine Buß-Taufe zur Vergebung der Sünden (Mk 1,4; Mt 3,2) und als solche verlangte sie würdige Früchte der Buße (Mt 3,8; Lk 3,7-14).
3. Sie unterschied sich von den rituellen Waschungen der Juden und konnte nur einmal, von Johannes dem Täufer, dem prophetischen Wegbereiter des Herrn (Mk 1,6; Is 40,3; Mal 3,1; Mk 1,2 f.), empfangen werden.
4. Die Kirche hatte von Anfang an die Johannestaufe als eine Vorbereitung auf das Reich Christi angesehen. Aus diesem Grunde hatte Paulus die Johannesjünger, die zum Christentum konvertierten, mit der christlichen Taufe getauft (Apg 19,4).
5. Die irrige Meinung der Reformatoren und mancher mittelalterlichen Theologen, wonach die Johannestaufe der christlichen Taufe gleich sei, wurde durch das Konzil von Trient ausdrücklich zurückgewiesen:

„Wer sagt die Taufe des Johannes habe dieselbe Gnadenwirkung wie die Taufe Christi, der sei ausgeschlossen“. (D 857-DS 1614; NR 532)

iv. Taufe Jesu

1. Jesus ließ sich von Johannes taufen (Mt 3,13-17; Mk 1,9 ff; Lk 3,21 f.; vgl. Joh 1,29-34), damit „alle Gerechtigkeit“ geschehe (Mt 3,15), d.h. damit alle Verheißungen und Anforderungen des Alten Bundes an den Messias und seinen Vorboten erfüllt werden.
2. Obwohl Christus selbst ohne Sünde war und daher die Buß-Taufe nicht brauchte, hatte er als Lamm Gottes (Is 53,7; Joh 19,36) alle Sünden der Welt auf sich genommen.
3. Durch die Taufe wurde er Johannes, als der Messias und Gottessohn offenbart (Mk 1,11= Lk 3,23 = Is 42,1).
4. Theologisch wurde die Taufe Jesu dadurch begründet, dass durch sie alle Gewässer und jedes Wasser, welche die Materie der Taufe bildet, geheiligt wurden.[7] An dieses Ereignis erinnert das Fest der Taufe Jesu, das die Weihnachtszeit abschließt und welches die Kirche bis heute feiert. In der Ostkirche findet an diesem Fest die Segnung des Wassers in Gewässern (Fluss, See) statt.

Gebet der Taufwassersegnung in der Osternacht:

„Durch das Wasser, das Christus im Jordan geheiligt hat, reinigst du im Bad der Taufe den sündigen Menschen und schenkst ihm das neue Leben deiner Kinder“.

2. Einsetzung der Taufe durch Jesus und ihre Biblische Grundlegung

a. Einsetzung der Taufe durch Jesus

1. Die Taufe ist von Jesus eingesetzt worden.[8] Die trinitarische Taufe, d.h. im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, wird vom Auferstandenen in seinem Missionsbefehl befohlen (Mt 28,19 f.). Im Gespräch mit Nikodemus spricht Christus von der Wiedergeburt aus dem Wasser und dem Geiste (Joh 3,3.5; vgl. Eph 5,26), womit der Hl. Geist gemeint ist. Auf dieser biblischen Grundlage hatte die katholische Kirche, entgegen der Meinung der Reformatoren, welche annahmen, dass die Kirche als Gemeinde die Taufe eingesetzt habe[9] (D 2042 – DS 3442; NR 546), stets an der Einsetzung der Taufe durch Christus festgehalten (D 844 – DS 1601; NR 506).
2. Unter den Theologen wurde die Frage nach dem genauen Zeitpunkt der Einsetzung der Taufe durch Christus diskutiert. Die Meinungen gestalteten sich wie folgt:

a. beim Nikodemus-Gespräch (Joh 3,1-21 Bernhard von Clairvaux †1153);
b. durch die Taufe Jesu selbst (Mt 3,13 f; Gregor von Nazianz †390, Augustinus †430, Ps.-Dionysius Areopagita †VI Jhd., Petrus Lombardus, Thomas, Catechismus Romanus 1566);
c. innerhalb des Missionsbefehls nach der Auferstehung (Mt 28, 19f.) (Tertullian †230, Johannes Chrysostomus †407, Leo d. Gr. †461, Alexander von Hales †1245);
d. Bonaventura (†1274) fasst die verschiedenen Momente folgendermaßen zusammen:

„Christus hat die Taufe eingesetzt materialiter bei seiner eigenen Taufe durch Johannes, formaliter beim Taufbefehl, effective durch sein Sterben und durch seine Geistsendung, finaliter im Nikodemusgespräch, wo er ihre Notwendigkeit erweist“. (Sent. IV d 3 p 2 a 1 q 1)

b. Biblische Grundlegung der Taufe

1. Die Praxis der Taufe wird schon in der Apostelgeschichte berichtet. Sie wurde als ein verpflichtender, eigenständiger, neutestamentlicher Initiationsritus für diejenigen angesehen, welche sich der Urgemeinde anschließen wollten (Apg 2,38; 2,41, 8,12; 8,36; 9, 18; 10,47 f; 19,5).
2. Die erste Tauftheologie ist in den Paulusbriefen zu finden,[10] darin wird die Taufe als:

a. die Mystische Eingliederung in den Tod und die Auferstehung Christi (Röm 6,1-11);
b. die Befreiung aus dem Machtbereich der Sünde (Gal 2, 16-20);
c. das Anziehen Christi (Gal 3, 26-29);
d. eine neue Existenzform in Christus (1 Kor 15,45-47; Röm 5,12.21; 2 Kor 5,17), welche sich durch das:

i. Abwaschen der Sünde (1 Kor 6,11);
ii. Besiegelung durch Christus (2 Kor 1,21 f.)
iii. Mitteilung des Heiligen Geistes (1 Kor 12,13; Eph 1,13) äußert, gesehen.

3. Eine andere Sichtweise der Taufe, welche die paulinische Perspektive ergänzt, ist den Johanneischen Schriften zu entnehmen (Joh 3,1-15; 1 Joh 5,6-8). In ihr wird der pneumatologische Aspekt stärker betont, da sich in und durch die Taufe die Wirkung des Hl. Geistes entfaltet.[11]

[...]


[1] Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Hrsg. von der Deutschen Bischofskonferenz, Kevelaer: Engagement 1985, S. 330.

[2] Nach Johann Auer, Die Sakramente der Kirche, in: Kleine katholische Dogmatik (KkD), Bd. VII, Regensburg: Pustet 19792, S. 22-27; vgl. Schneider, Zeichen der Nähe Gottes. Grundriss der Sakramententheologie, Mainz 19844, S. 75

[3] Als weiterführende Literatur ist zu empfehlen: Marion Giebel, Das Geheimnis der Mysterien. Antike Kulte in Griechenland, Rom und Ägypten, Zürich: Artemis 1990; Johannes Leitpoldt, Von den Mysterien zur Kirche: gesammelte Aufsätze, Leipzig 1960; Devon H. Wiens, Mystery Concepts in Primitive Christianity and in ist Environment, in: (Hg.) H. Temporini, Aufstieg und Niedergang der römischen Welt (ANRW), II. 23.2 (1980), S. 1248-1284; Peter Stockmeier, Christlicher Glaube und antike Religiosität, in: ANRW II. 23.2 (1980), S. 871-909.

[4] Justin, A pologia II 8,3; 13,3; Apologia I 46,2-46,5.

[5] Athenagoras, Legatio 6,4; Aristides, Apologia I 26-29; Clemens Alexandrinus, Protrepticus, 24,2; Stromata I 18,1; VI 59,2; V 133,9; V 87,2.

[6] Vgl. Schneider, S. 82-87.

[7] Thomas von Aquin, S. Th. III q. 38 .1; 39.1.2 u. 5. c.; q, 66. 5. ad 4 u. 67.7 ad 1 u. q. 81.1 c. u. q. 84.7 ad 4.

[8] Nach Auer, S. 27-30.

[9] A. Harnack, Dogmengeschichte I3, S. 76 Anm. 2.

[10] Nach Courth, Die Sakramente. Ein Lehrbuch für Studium und Praxis der Theologie, Freiburg 1995, S. 80-82.

[11] Courth, S. 85-87.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Spezielle Sakramentenlehre der Katholischen Kirche: 1. Die Taufe
Untertitel
Das grundlegende Sakrament
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Katholische Theologie)
Veranstaltung
Vorlesungen im Rahmen eines Seminars
Autor
Jahr
2008
Seiten
32
Katalognummer
V190988
ISBN (eBook)
9783656158875
ISBN (Buch)
9783656159254
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bei diesem Text handelt es sich um einen Reader zu meinen Vorlesungen über katholische Sakramentenlehre. Die Taufe stellt den ersten Teil der Speziellen Sakramentenlehre dar, welche an Lehramtsstudenten der katholischen Theologie gerichtet ist.
Schlagworte
Katholische Theologie, Spezielle Sakramentenlehre, Taufe, Theologische Übersicht, Kirchliche Praxis, Liturgie
Arbeit zitieren
Dr. phil. Mag. theol. Thomas Klibengajtis (Autor:in), 2008, Spezielle Sakramentenlehre der Katholischen Kirche: 1. Die Taufe , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/190988

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