Joachim Heinrich Campe: Spätaufklärer, gefeierter Kinderbuchautor, gescheiterter Schulreformer, angefeindeter Sprachreiniger.
Als Philanthrop wollte er die Schule reformieren und sie der Hand der Kirche entreißen, als Kinderbuchautor wollte er schon so früh wie möglich versuchen, die Kinder zu denkenden Individuen zu machen, als Sprachreiniger sein Volk, das deutsche Volk aufklären.
Alles mit dem Ziel das deutsche Volk, besonders das Bürgertum, zu bilden und auf eine Staatsumwälzung vorzubereiten. Nicht wie in Frankeich eine blutige Revolution sollte es geben, vielmehr eine vernunftgeleitete Umwälzung des Staates.
Bei Campe ging es um eine politisch motivierte Sprachreinigung. Deutschland sollte ein Verfassungsstaat werden mit einem wohlwollenden Hegemon. Darauf musste das Volk, laut Campe, vorbereitet werden. Es sollte ein Gemeingeist, ein einiges Deutschland aufgebaut werden. Dafür setzt Campe speziell bei der Sprache an, denn nur wenn die Sprache allgemeinverständlich ist, kann ein Gemeingeist entstehen.
Um eine Allgemeinverständlichkeit der Sprache zu erreichen, setzte Campe mit seinem sprachreinigendem Konzept bei den Fremdwörtern an, es sollte darum gehen, unnötige Fremdwörter, deren Verständnis schwierig ist und die sich schwer sprechen und hören ließen, zu beseitigen. Für die Fremdwörter, die ausgesondert werden sollten, schuf Campe hauptsächlich Komposita, die die Fremdwörter ersetzen und übersetzen sollten. Statt als Sprachreiniger fungierte Campe als „Sprachbereicherer“, da einige seiner Wörter nun parallel zu ihren Fremdwörtern existieren, wie z.B. Universität und Hochschule.
Um die nötigen Fremdwörter von den unnötigen zu trennen, kategorisierte Campe sie in Untergruppen und erklärte, wann welches Wort zu ersetzen sei und wann nicht.
In seinem endgültigen zweibändigen „Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unseren Sprachen aufgedrungenen fremden Ausdrücke“ ungefähr 11.000 verdeutschte Wörter. Es lässt sich so vielleicht schon vermuten, dass Campe ab einem gewissen Punkt von seinen eigens aufgestellten Fremdwortprinzipien abließ und zum „Allesverdeutscher“ wurde. Meine Hypothese, die ich in der Arbeit belegen möchte, lautet: Joachim Heinrich Campe wird mehr und mehr von Sprachaufklärer zum Allesverdeutscher.
In dieser Arbeit soll versucht werden darzustellen, wann genau dieser Perspektivwechsel stattfand und warum.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Campes Leben
- Campe als Theologe
- Campe als Pädagoge
- Campe als Anhänger der Französischen Revolution und Briefe aus Paris
- Campe und seine sprachpflegerischen Tätigkeiten
- Proben einiger Versuche von deutscher Sprachbereicherung
- Über die Reinigung und Bereicherung der deutschen Sprache
- Die Vorrede im dritten Versuch
- Der „Abhandelnde Theil“
- Campes Wörterbücher
- Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unseren Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit widmet sich der Entwicklung von Joachim Heinrich Campe, einem einflussreichen Spätaufklärer und Sprachreformer, und untersucht die Transformation seines Denkens vom aufgeklärten Sprachpfleger zum „Allesverdeutscher“. Sie beleuchtet die entscheidenden Stationen in seinem Leben und Werk, die diese Wandlung beförderten.
- Die Rolle der Theologie und Pädagogik in Campes Weltbild
- Campes Engagement für die Französische Revolution und seine Ideen zur nationalen Einheit
- Die Entwicklung von Campes Sprachpflegekonzepten, insbesondere seine Bemühungen zur Bereicherung der deutschen Sprache
- Die Analyse von Campes „Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unseren Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke“
- Die Frage nach dem Zeitpunkt und den Ursachen für Campes Perspektivwechsel zum „Allesverdeutscher“
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Campes Leben
Das erste Kapitel beleuchtet Campes Lebensweg und die prägenden Stationen, die seine sprachpflegerische Entwicklung beeinflussten. Es wird auf seine Ausbildung zum Theologen, seine Tätigkeit als Pädagoge und seinen Einfluss durch die Französische Revolution eingegangen.
Kapitel 2: Campe und seine sprachpflegerischen Tätigkeiten
Kapitel 2 analysiert Campes Schriften im Bereich der Sprachpflege, insbesondere seine „Versuche von deutscher Sprachbereicherung“ und sein umfangreiches „Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unseren Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke“. Es werden die wichtigsten Argumente und Konzepte seiner Sprachreinigungsphilosophie vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich den Themen Sprachpflege, Sprachreinigung, Sprachbereicherung, Sprachpurismus, deutsche Sprache, Fremdwörter, Aufklärung, Spätaufklärung, nationale Einheit, französische Revolution, Philanthropie, Bildung, Pädagogik, Joachim Heinrich Campe.
- Arbeit zitieren
- Nina Schmeichler (Autor:in), 2010, Joachim Heinrich Campe: Der Perspektivwechsel vom Aufklärer zum „Allesverdeutscher“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/191730