Die mechanische Leistung im Schwimmen

Vergleich zweier Verfahren zur indirekten Ermittlung der Ergometerleistung in der Sportart Schwimmen


Magisterarbeit, 2010

129 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen
2.1 Wasserwirkungsfaktoren – Physikalische Gesetzmäßigkeiten
2.1.1 Druck
2.1.2 Auftrieb
2.1.3 Hydrodynamischer Widerstand
2.1.4 Viskosität des Wassers
2.2 Antriebskonzepte im Schwimmen
2.2.1 Das klassische Antriebskonzept: Prinzip Aktion und Reaktion
2.2.2 Das klassische Antriebskonzept: Prinzip des hydrodynamischen Lifts
2.2.3 Weitere Modelle zur Erklärung der Vortriebserzeugung
2.3 Diagnose der körperlichen Leistungsfähigkeit im Schwimmen
2.3.1 Die sportartspezifische Leistungsdiagnostik im Schwimmen
2.3.2 Entwicklung der Leistungsdiagnostik im Schwimmen
2.3.3 Möglichkeiten der Leitungsdiagnostik im Schwimmen
2.4 Zusammenfassung und Problemstellung
2.5 Fragestellungen und Hypothesen

3 Untersuchungskonzept
3.1 Untersuchungsstichprobe
3.2 Untersuchungsansatz
3.3 Untersuchungsaufbau
3.3.1 Verfahren 1 - kardanische Ankopplung nach Niklas et al
3.3.2 Verfahren 2 - Seil-Gurt-Rollsystem
3.4 Untersuchungsmethoden
3.4.1 Spiroergometrie
3.4.2 2-D Bewegungsanalyse
3.5 Untersuchungsplan
3.6 Untersuchungsablauf
3.7 Statistische Datenbearbeitung

4 Darstellung und Diskussion der Ergebnisse
4.1 Analyse der Spiroergometrie
4.1.1 Physiologische Kennwerte
4.1.2 physikalische Kennwerte
4.2 Analyse der 2-D-Bewegungsanalyse
4.2.1 Zyklusweg
4.2.2 Zyklusfrequenz
4.2.3 Zum Verhältnis von Zyklusfrequenz und Zyklusweg
4.3 Gesamtanalyse durch Bland-Altman-Plot

5 Zusammenfassung und Ausblick

6 Literatur

7 Abkürzungsverzeichnis

8 Abbildungsverzeichnis

9 Tabellenverzeichnis

10 Anhang

1 Einleitung

Training als zielorientierter Prozess setzt Methoden und Verfahren voraus, diesen Prozess zu analysieren und zu begleiten um somit das Erreichen des Ziels bewusst und umfassend, unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Erkenntnisse steuern zu können. Der Leistungsdiagnostik kommen dabei verschiedene Aufgaben zu. Sie muss als Grundlage der Planung den jeweiligen Leistungszustand bestimmen sowie trainingsbedingte Veränderungen im Verlauf des Trainings erfassen, um dessen Wirksamkeit genauer zu ermitteln (Schnabel/Krug/Harre/Borde, 2003, S. 53). Die Leistungsdiagnostik ist dabei definiert als…

„…Lehre und Komplex von Verfahren der Leistungsdiagnose, d.h. der Erfassung und Beurteilung der sportlichen Leistungen und der aktuellen Leistungsfähigkeit – des erreichten Leistungszustandes – auf der Grundlage von Kennwerten, Kennlinien und Merkmalen des Leistungsvollzuges sowie von Kennwerten der wesentlichsten personalen Leistungsvoraussetzungen. Darin einbezogen sind die Relationen der ermittelten Daten, d.h. die Struktur des Leistungssystems.“ (Schnabel/Krug/Harre/Borde, 2003, S. 53)

Durch die im Schwimmen durch das Medium Wasser vorherrschenden, spezifischen physikalischen und physiologischen Bedingungen, wird die Forderung nach der Sportartspezifität der Leistungsdiagnostik im Schwimmsport besonders bedeutsam. Dabei kommen in der Sportart Schwimmen vielfältige Methoden der Leistungsdiagnostik zum Einsatz. Diese sind analog zu anderen Sportarten die Laktatdiagnostik, die Spiroergometrie sowie Analysen zur Struktur der Bewegung und zum Ausprägungsgrad der sporttechnischen Fertigkeiten. Dabei hat vor allem in letzter Zeit, im Sinne einer sportartspezifischen Leistungsdiagnostik im Schwimmen, die Spiroergometrie an Bedeutung gewonnen. Sie besitzt dabei im Vergleich zur Laktatdiagnostik zur Bestimmung metabolischer Vorgänge entscheidende Vorteile: so kann die maximale Sauerstoffaufnahme als Bruttokriterium der aeroben Kapazität bestimmt werden und außerdem durch Veränderung der Belastung über eine Veränderung der Arbeitssauerstoffaufnahme auf die Schwimmökonomie geschlossen werden (Reer et al., 2009).

Durch die Einführung des Schwimmkanals (Åstrand & Englesson, 1972) sowie einer Verbesserung der Spiroergometrie-Systeme hin zur Online-Erfassung der Stoffwechselparameter, und zwar „breath-by-breath“, waren so die technischen Möglichkeiten für die Bestimmung der mechanischen Leistung im Schwimmen als Bewertungskriterium belastungsbedingter Beanspruchungsreaktionen gegeben (u.a. di Prampero et al., 1974). Parallel entwickelten sich in der Folge verschiedene Ansätze zur Bestimmung der mechanischen Leistung. Diese können grob in direkte und indirekte Verfahren eingeteilt werden. Niklas et al. stellten 1988 ein Verfahren vor, das technisch insofern ausgefeilt war, dass es sich für den Einsatz innerhalb der sportartspezifischen Leistungsdiagnostik im Schwimmen eignet. Das Verfahren konnte erstmals durch Toussaint (1988a) mittels Referenzverfahren in seinen Aussagen validiert werden. Als problematisch muss bei dem Verfahren von Niklas et al. (1988a) gesehen werden, dass es gewisse apparative Voraussetzungen benötigt und materiell sehr aufwendig ist. Innerhalb dieser Untersuchung soll mit dem „Seil-Gurt-Rollsystem“ ein Verfahren vorgestellt werden, indem die Interessen einer sportartspezifischen, praktikablen, kostengünstigen und mobil einsetzbaren Leistungsdiagnostik für die Sportart Schwimmen zusammenlaufen. Dabei werden ausgehend von der Struktur der Leistung belastungsbedingter Beanspruchungsreaktionen komplexdiagnostisch erfasst und analysiert.

2 Theoretische Grundlagen

Im Punkt 2 der vorliegenden Arbeit werden die theoretischen Annahmen vorgestellt, die dieser Untersuchung zu Grunde liegen. Aussagen zu den allgemeinen Wasserwirkungsfaktoren bilden dazu den Einstieg und sollen die Besonderheiten von Fortbewegungen im Medium Wasser verdeutlichen. Folgerichtig werden dann Aussagen zu den Antriebskonzepten und Technikmerkmalen im Schwimmen sowie der Koordination der Kraulschwimmbewegung dargestellt. Mit diesen Vorbetrachtungen soll im Abschnitt Leistungsdiagnostik im Schwimmen die Diagnostik von körperlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten vor dem Hintergrund des Belastungs- und Beanspruchungsmodell dargestellt werden. Dazu wird die Leistungsdiagnostik im Schwimmen von Ihrer historischen Entwicklung eingeordnet, um dann heutzutage übliche Verfahren gegenüber zu stellen. Im letzten Schritt werden beide, dieser Untersuchung zu Grunde liegenden Verfahren der indirekten Leistungsmessung näher beleuchtet.

2.1 Wasserwirkungsfaktoren – Physikalische Gesetzmäßigkeiten

Grundlage einer echten Leistungsmessung im Sport sind quantitative Annahmen zu Bewegungsphänomenen. Damit kommt der Biomechanik und denen ihr zugrunde gelegten, allgemeingültigen Gesetzen der Mechanik unter Berücksichtigung biologischer Gegebenheiten eine besondere Stellung zu. Ziel ist die Beschreibung von operationalen Beziehungen zwischen bestimmten Bewegungsparametern und deren biologischen Ursachen. (Klauck, 1982)

Die Biomechanik des Schwimmens hat es im Speziellen mit Bewegungen zu tun, die maßgeblich durch das stofflich zur Luft sehr unterschiedliche Medium Wasser beeinflusst werden. Nach Klauck (ebd.) stellt die Anwendung biomechanischer Betrachtungsweisen auf das Wasser folgende konkrete Aufgaben:

1. Übertragung der Gesetzmäßigkeiten der Hydrodynamik auf die Fortbewegung des menschlichen Körpers im Wasser, zur Erstellung der Grundlagen für die Bewegungsdeskription.
2. Überprüfung einzelner mechanischer Bewegungsparameter oder biologischer Eigenschaften bezüglich ihrer Bedeutung für die Schwimmleistung.
3. Entwicklung problemangepasster Mess- und Untersuchungsmethoden zur Gewinnung hydromechanisch interessierender Bewegungsdaten.
4. Erstellung einfacher, relevanter Testprozeduren, die eine Objektivierung von unter Umständen komplexen Leistungsmerkmalen beim Schwimmen gestatten.

Ausgehend von diesen theoretischen Forderungen ist es von Bedeutung, die Bedingungen des Mediums Wasser dieser Untersuchung zugrunde zu legen, da es durch seine besonderen stofflichen Eigenschaften Einfluss auf die Entstehung von Kräften und deren Resultat hat (Ungerechts et al., 2002). Die Fortbewegung im Wasser ist dabei abhängig von einem komplizierten System unterschiedlichster Kräfte, welches für Vortrieb, Abbremsen, Auf- und Abtrieb sowie seitliche Bewegungen verantwortlich ist (Schramm, 1987).

Im Rahmen von biomechanischen Untersuchungen werden dabei vor allem äußere Kräfte in die Betrachtung mit einbezogen. Diese sind bei der Fortbewegung im Wasser zum einen statischer Art (Gewichtskraft des Körpers FG und statischer Auftrieb FA) und zum anderen dynamischer Art (dynamischer Auftrieb Fdyn, hydrodynamischer Widerstand FW und Vortriebskraft FV, vgl. Schramm, ebd.). Weiterhin spielen auch Einflüsse wie Viskosität, Temperatur, Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität eine Rolle für das Schwimmen. Da sich die hier vorliegende Untersuchung mit einem Vergleich zweier Verfahren befasst, bei denen diese Faktoren bei beiden durchgeführten Versuchen als konstant vorausgesetzt werden, sollen sie deshalb lediglich erwähnt bleiben.

Als Grundlage für biomechanische und leistungsphysiologische Untersuchungen im Medium Wasser ist es ausgehend von den gemachten Überlegungen von Bedeutung, näher auf dessen Eigenschaften und die Wirkung auf den menschlichen Organismus und seiner Bewegungen einzugehen.

2.1.1 Druck

2.1.1.1 Hydrostatischer Druck

Ein untergetauchter Körper wird von einem Druck belastet, der sich aus der Summe von Luftdruck an der Wasseroberfläche und des Drucks der auf ihn wirkenden Wassersäule ergibt. Der hydrostatische Druck wird auch als Wanddruck bezeichnet und wirkt senkrecht zur Körperoberfläche. Der mittlere Luftdruck der Atmosphäre beträgt auf Meereshöhe rund 1,01 bar. Der Umgebungsdruck steigt je 1 m Wassertiefe um 0,1 bar. Daraus resultiert in 1 m Wassertiefe ein um 10% höherer Wasserdruck auf den Organismus, als an Land. Auswirkungen dieser Veränderung auf den Organismus betreffen nach dem Entfallen eines erheblichen Teils der Halte- und Stützarbeit vor allem das Gefäßsystem. Nach Hollmann & Hettinger (2000, S.553) bedingt der hydrostatische Druck eine Zentralisierung des Blutes mit einem vermehrtem Blutangebot in der rechten Herzhälfte, eine reduzierte Vitalkapazität um 10%, eine ökonomischere Atmung sowie eine geringere Hautdurchblutung und damit ein höheres Blutangebot in der Arbeitsmuskulatur.

2.1.1.2 Hydrodynamischer Druck

Im Gegensatz zum hydrostatischen Druck der ruhenden Flüssigkeiten sprechen wir beim Druck strömender Flüssigkeiten vom hydrodynamischen Druck. Er wird auch als Staudruck bezeichnet und wirkt in Anströmrichtung des Körpers. Zusammen mit dem hydrostatischen Druck bildet der Staudruck den Gesamtdruck (Reischle, 1988). Der Staudruck steht dabei im Verhältnis zum Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit.

Formel 1

ρ - Dichte des Mediums, VAn – Anströmgeschwindigkeit, q – Staudruck

2.1.2 Auftrieb

Als Auftrieb wird in der Physik eine Kraft bezeichnet, die eine Flüssigkeit auf einen Körper ausübt. Es wird der entgegen der Schwerkraft wirkende statische Auftrieb vom rechtwinklig zur Anströmung wirkende dynamische Auftrieb unterschieden.

2.1.2.1 Statischer Auftrieb

Wird ein Körper in eine Flüssigkeit eingetaucht, so wirkt der körpereigenen Gewichtskraft eine Auftriebskraft entgegen. Der Betrag der Auftriebskraft ist genauso hoch wie das Gewicht der vom Körper verdrängten Flüssigkeit. Dieses Phänomen ist als so genanntes archimedisches Prinzip bekannt. Die Kraftwirkungslinien von Auftriebskraft und Gewichtskraft wirken dabei parallel, jedoch in entgegengesetzter Richtung (Klauck, 1982). Abhängig ist die Auftriebskraft Fa von dem verdrängten Volumen des Körpers und der Dichte des Mediums sowie der Erdbeschleunigung:

Formel 2

Fa – Auftriebskraft, ρ - Dichte des Mediums, Vk – Volumen des Körpers, g – Erdbeschleunigung

Die Differenz der Gewichtskraft eines in Wasser getauchten Körpers und der ihm entgegenwirkenden Auftriebskraft wird als resultierende Kraft bezeichnet. Der Wert der resultierenden Kraft ist proportional dem Unterschied der Dichten von Körper und Wasser (Klauck, 1982). Die Gewichtskraft eines Körpers FK setzt sich aus seiner Masse mK und der Erdbeschleunigung zusammen. Die Masse mK wiederum ist definiert durch das Produkt aus Volumen des Körpers VK und seiner Dichte ρK:

Formel 3

Formel 4

FK – Gewichtskraft des Körpers, mK – Masse des Körper, g – Erdbeschleunigung, VK – Volumen des Körpers, ρk – Dichte des Körpers

Durch mathematisches Einfügen und Umstellen beider Gleichungen in Formel 2 wird dieser proportionale Zusammenhang sichtbar:

Formel 5

Fa – Auftriebskraft, ρ – Dichte des Mediums, FK – Gewichtskraft des Körpers, ρk – Dichte des Körpers

Aus diesem Zusammenhang lassen sich drei Szenarien ableiten, wie sich der Körper abhängig von den Dichten von Körper und Wasser verhält. Ist die Dichte des Körpers gleich dem des Wassers, so schwebt er. Ist die Dichte des Körpers geringer, taucht der Körper soweit ein, bis seine Gewichtskraft gleich dem des verdrängten Wasservolumens ist. Dieser Fall ist am Toten Meer gut zu beobachten. Die Dichte des Wassers ist durch gelöste Mineralien so hoch, dass die Dichte des menschlichen Körpers auch nach vollkommenem Ausatmen geringer bleibt und der Mensch in der Folge an der Oberfläche schwimmt. Ist die Dichte des Körpers schließlich größer als die des Wassers, sinkt der Körper in Kraftwirkungsrichtung der Erdanziehung. Die resultierende Kraft auf den ganz eingetauchten Menschen bewegt sich dabei in einem Bereich von -5% (voll eingeatmet) und +5% (voll ausgeatmet) der Gewichtskraft des Körpers (Klauck, 1982).

2.1.2.2 Dynamischer Auftrieb

Sobald sich der Mensch schwimmend durch das Medium Wasser bewegt, entsteht dynamischer Auftrieb. Infolge unterschiedlicher Angriffspunkte von statischem Auftrieb und Schwerkraft sowie durch einleitende Phasen der Armbewegungen hat der Körper des Schwimmers immer einen mehr oder weniger großen Anstellwinkel entgegen der Strömungsrichtung (Schramm, 1987). Zusätzlich zu dem aufgrund dieser Tatsache erhöhten Wasserwiderstands, kommt es zu veränderten Druckverhältnissen zwischen strömungszugewandter- und strömungsabgewandter Seite. Nach dem Gesetz von Bernoulli resultiert aus dem Staudruck an der strömungszugewandten Seite eine Druckzunahme und auf der strömungsabgewandten Seite eine Druckabnahme. Diese Ursache hat in Verbindung mit dem erhöhten Wasserwiderstand eine Kraft nach hinten oben zur Folge (Schramm, 1987). Vorteil dieses Phänomens ist eine verbesserte Wasserlage durch Anheben der Beine und damit Einnehmen einer strömungsgünstigeren Position. Damit wirkt der dynamische Auftrieb dem Drehmoment zwischen Volumen- und Körperschwerpunkt entgegen. Jedoch wird dieser Vorteil durch einen höheren Wasserwiderstand reduziert.

2.1.3 Hydrodynamischer Widerstand

Durch die höhere Dichte des Mediums Wasser kommt es bei der Fortbewegung zu erheblich höheren Widerständen als an Land. Die hydrodynamische Widerstandskraft Fw bezeichnet dabei diejenige Kraft, die das Wasser einem geschleppten, vollständig umströmten und starren Körper entgegensetzt (Schega, 2005). Sie ist also als Reaktion einer laminaren Umströmung des Körpers durch das Wasser zu verstehen. Die hydrodynamische Widerstandskraft Fw ist dabei durch folgenden Zusammenhang charakterisiert:

Formel 6

cw – Widerstandsbeiwert, A - Anströmfläche, ρ - Dichte des Mediums, v - Strömungsgeschwindigkeit

In der fluiden Mechanik setzt sich die hydrodynamische Widerstandskraft Fw aus folgenden Teilwiderständen zusammen: 1. Reibungswiderstand und Wirbelwiderstand durch innere Reibung der Wasserschichten und Wirbelströmungen mit Sogwirkung am Körper, 2. Stirnwiderstand am vorderen Teil des Körpers durch Stauung der Flüssigkeitsteilchen und Wirbelströmungen am hinteren Teil des Körpers mit Sogwirkung und 3. Wellenwiderstand durch Überwindung sich bewegender Wassermassen (Schramm, 1987).

Ein auf das Schwimmen bedingt anwendbares Prinzip der fluiden Mechanik ist das Prinzip nach Bernoulli. Es beschreibt den Zusammenhang zwischen der Fließgeschwindigkeit einer Flüssigkeit und deren Druck. Je mehr sich die Strömungsgeschwindigkeit erhöht, umso geringer wird der Druck der Flüssigkeit. Das Prinzip ist vor allem aus der Luftfahrt bekannt. Durch einen entsprechenden Anstellwinkel und eine entsprechende Form der Tragfläche kommt es auf der Oberseite zu einer höheren Strömungsgeschwindigkeit und damit zu einer Druckabnahme. Umgekehrt führt auf der Unterseite der Tragfläche eine langsamere Fließgeschwindigkeit zu einer Erhöhung des Drucks. In der Folge kommt es durch den Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite zum sogenannten „Lift“ (dynamischer Auftrieb) mit einer Kraftwirkungsrichtung vom höheren zum niedrigeren Druck. Dieses Prinzip wird im Schwimmen durch Anwinkeln der Hand im Verhältnis zur Bewegungsrichtung angewendet. Dieser Zusammenhang ist aber nur dann möglich, wenn sich die Hand konstant durch ruhendes Wasser bewegt. Bewegt sich das Wasser schon in Zugrichtung, ist kaum weitere Vortriebserzeugung möglich. Schlussfolgernd werden die S-förmigen Abdruckwege im Kraulschwimmen nachvollziehbar (Counsilman, 1980).

Abgesehen von dieser Ausnahme gelten die Zusammenhänge der fluiden Mechanik nur, um passive Widerstände darzustellen. Grundlage der Betrachtung ist ein starrer, geschleppter, bzw. umströmter Körper. Für Untersuchungen am menschlichen Körper sind Aussagen der fluiden Mechanik von daher nur unzureichend, da sie für Vergleiche zwischen passivem und aktivem Widerstand und somit für Berechnungen im Schwimmen nicht brauchbar sind (Clarys, 1978).

Für die genaue Bewertung physiologischer Antwortreaktionen im Rahmen von Leistungsdiagnostiken, ist es wichtig die vom Sportler erbrachte mechanische Leistung Pmech für die jeweilige aktive Ausführung seiner sportartspezifischen Bewegung zu Grunde zu legen.

Für das aktive Schwimmen gilt folgender Zusammenhang:

Formel 7

Fw - hydrodynamische Widerstandskraft, vlok – lokomotorische Geschwindigkeit

Dabei ist beim aktiven Schwimmen bei konstanter lokomotorischer Geschwindigkeit die Antriebskraftkomponente Fa gleich der in Schwimmrichtung entgegengesetzten Widerstandskraft Fw.

Formel 8

Der hydrodynamische Widerstand ist beim aktiven Schwimmen durch Bewegungen des Kopfes, der Extremitäten und der Badebekleidung sowie komplexerer Wellenformationen und Veränderungen der Auftriebskräfte durch die Atmung viel höher als beim passiven Schleppen und nicht direkt messbar, da die Antriebskraft Fa aufgrund hydrodynamischer Besonderheiten nicht direkt messbar ist (di Prampero, 1974).

2.1.4 Viskosität des Wassers

Der Sportler[1] trifft bei aktiven Schwimmbewegungen im Wasser auf relativ ruhiges Wasser. Die vom Schwimmer in Bewegung gesetzten körpernahen Wasserschichten versetzen angrenzende Wasserschichten ebenfalls in Bewegung und reißen sie aus ihrer relativen Ruhe. Dieser Prozess wird innere Reibung, bzw. Viskosität η genannt. Sie drückt die Fähigkeit des Fluides aus, Schubkräfte zu übertragen (Ungerechts, 1989) und definiert damit den Zusammenhang zwischen einer Kraft F, die benötigt wird um die aneinander reibenden Flüssigkeitsmoleküle zu bewegen sowie den Eigenschaften der Flüssigkeit. Mit zunehmender Wassertemperatur nimmt die Viskosität des Wassers ab. So fällt die Viskosität von 1mPa/s bei 20°C auf 0,283 mPa/s bei 100°C (Ungerechts, ebd.). Die Viskosität bestimmt den Reibungs- und Wirbelwiderstand, als Anteil des hydrodynamischen Widerstandes. Da eine höhere Viskosität auch höhere Abdruckkräfte möglich macht, nivelliert sich der hydrodynamische Widerstand nach der Strömungsmechanik bis zu einem Viskositätsmaß von rund des 1000fachen von Wasser, mit einem erhöhtem Abdruck aus. In einem interessanten Experiment untersuchten Gettelfinger & Cussler (2004), ob der Mensch in Sirup langsamer oder schneller schwimmt. Sie mischten dabei in einen 650 m3 großen Pool des Wasser mit Guarmehl um eine Sirup-artige Flüssigkeit mit einer Viskosität doppelt so hoch wie Wasser zu erhalten. Anschließende Vergleichstests zwischen Schwimmen in normalem Wasser und in der Guarmehl-Wassermischung ergaben, dass die in ihrem Experiment veränderte Viskosität keinen Einfluss auf die Schwimmzeiten hatte. Gettelfinger/Cussler (ebd.) erklären dieses Phänomen anhand der Reynolds-Zahl. Diese stellt eine Beziehung zwischen Strömungsverhalten, Viskosität, Dichte, Strömungsgeschwindigkeit und dem Röhrendurchmesser her und drückt damit den Zusammenhand zwischen Trägheitskräften und Reibungskräften aus. Menschliches Schwimmen ist nach der Reynolds-Zahl turbulent und demnach sind visköse Kräfte äußerst gering (Ungerechts, 1989). Die Viskosität macht weiterhin weniger als 10% vom Gesamtwiderstand aus und ist nur in laminaren Strömungsschichten am Kopf des Schwimmers von Bedeutung (Schlichting & Gersten, 2000). Jedoch hat die Viskosität einen großen Einfluss auf den Energieverbrauch des Menschen. Im Vergleich zu ähnlichen Bewegungen an Land ist der Energiebedarf um ca. 40% erhöht (Costill, 1966).

2.2 Antriebskonzepte im Schwimmen

Nach der Darstellung der besonderen Bedingungen des Wassers soll im Folgenden die Beziehung zwischen dem Medium mit seinen physikalischen Eigenschaften und der Fortbewegung des Schwimmers unter der Prämisse der Erzeugung einer möglichst hohen Antriebsleistung beleuchtet werden. Für die Fortbewegung hat das Medium Wasser für den Schwimmer vor allem zwei Bedeutungen: zum einen ist es ein mit der Geschwindigkeit zum Quadrat steigernder, hemmender Widerstand und zum anderen Widerlager für die Vortriebserzeugung. Antrieb im Schwimmen ist damit grundlegend durch ein Wechselspiel aus Minimierung der Wasserwiderstandskraft und Maximierung der Antriebsleistung zu charakterisieren. Das Widerlager Wasser ist jedoch kein fester Stütz, sondern der Schwimmer muss versuchen, durch Ausnutzung der hydrodynamischen Gesetzmäßigkeiten eine optimal große Abdruckkraft zu entwickeln, gleichzeitig aber auch versuchen, den Schlupf der Extremitäten so gering wie möglich zu halten und den Antrieb des Körpers effektiv zu halten (Schramm, 1987). Selbsterzeugter Antrieb im Wasser ist dabei stets eine wechselseitige Rückwirkung von Körper- und Wasserbewegung. Das Widerlager ist dabei abhängig von der Druckdifferenz um die „Antriebsflächen“ und der Form der Strömung (Ungerechts et al., 2002). Da das Wasser kein festes Widerlager ist, besteht hinsichtlich der Deutung der Vortriebsmechanismen große Unsicherheit, welche nur durch eine komplexe Theorie erklärt werden kann (Hildebrand, 2001). Ausgehend von der bereits genannten Widerstandsgleichung können erste Anhaltspunkte für die Gestaltung einer großen Abdruckkraft abgeleitet werden. Des Weiteren kommen für die Beschreibung der Beziehung zwischen dem Medium Wasser und der Fortbewegung des Schwimmers weitere physikalische Gesetzmäßigkeiten in Betracht, welche als Grundlage im Verlauf des Schwimmsports zur Entwicklung verschiedener Konzepte der Erklärung und Interpretation des Antriebes führten, so z.B. das physikalische Gegenwirkungsprinzip innerhalb des „klassischen Antriebskonzeptes“. Dabei sind die Entwürfe von Antriebskonzepten u.a. abhängig vom momentanen biomechanischen Kenntnisstand sowie vom Entwicklungsstand biomechanischer Messverfahren (Reischle, 1988). Nachfolgende Darstellung soll die wesentlichsten aktuellen Auffassungen der Antriebskonzeptionen im Schwimmen verdeutlichen und damit eine Erklärung der verschiedenen Einflüsse der Wasserwirkungsfaktoren auf die Schwimmbewegung geben. Eine detailliertere Übersicht findet sich bei Pabst (2009).

2.2.1 Das klassische Antriebskonzept: Prinzip Aktion und Reaktion

Das klassische Antriebskonzept (u.a. Richter, 1992) mit dem Gegen-SR-Muster (SR – Schwimmrichtung) geht davon aus, dass sich der Mensch durch Extremitätenbewegungen antreibt, welche entgegengesetzt zur Schwimmrichtung ausgeführt werden sollen. Diese Bewegungen sollten dabei schnell ausgeführt werden und dem Wasser möglichst großen Widerstand bieten (Richter, 1992). Physikalische Grundlage dieses Antriebkonzepts ist das dritte Newtonsche Gesetz. Es besagt, dass Kräfte immer paarweise auftreten; wenn von einem Körper A auf einen anderen Körper B eine Kraft wirkt, so wirkt auch immer eine gleich große, aber entgegengesetzte Kraft von B auf A zurück (Treder, 1977).

Formel 9

Ausgehend von diesem theoretischen Hintergrund wurde u.a. ein möglichst geradliniger Armzug gefordert. Schuppe (1941) forderte einen Handwinkel von 90°, um bei Bewegungen gegen das Wasser möglichst große Flächen entgegen zu stellen. Bezugssystem für die Antriebsbewegungen ist für das klassische Antriebskonzept der eigene Körper. Da nicht das Wasser als Bezugssystem gewählt wurde, werden die strömungsmechanischen Bedingungen weitestgehend außer Acht gelassen (Reischle, 1988). Durch Beobachtungen an Eliteschwimmern konnte Counsilman (1971) deutlich machen, dass die Hände statt einem geradlinigen Armzug eine Kurve beschreiben. Dabei konnte gezeigt werden, dass gute Schwimmer Paddelbewegungen mit angestellten Handflächen ausführen, um Auftriebskräfte (hydrodynamischer Hub) für die Vortriebserzeugung auszunutzen.

Seit Anfang der sechziger Jahre setzte sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass die Erzeugung von Vortrieb nicht durch Widerstand, sondern durch Hubkräfte gelöst wird. Vor allem die Untersuchungen von Counsilman (1971) und seine Analogien zu Tragflächen revolutionierten den Blick auf die Vortriebstechnik. Die Effizienz der Querbewegungen der Arme wurde dabei mit Propellern verglichen (Prandtl, 1960). Eine S-förmige Bewegung der Hände zur Verlängerung des Abdruckweges im Vergleich zum Geradlinigen sowie eine Anstellung der Handfläche zur Ausnutzung von Hubkräften scheint die logische Weiterentwicklung des klassischen Antriebkonzeptes zur Erreichung einer längeren und effizienteren Wirkung der Vortriebskräfte zu sein.

2.2.2 Das klassische Antriebskonzept: Prinzip des hydrodynamischen Lifts

Trotz dessen, dass das relativ homogene Propellerprinzip mit seinen gleichbleibenden Umströmungsverhältnissen für den Fall des Schwimmens aufgrund ständig wechselnder Richtungsänderungen der Extremitäten nur bedingt anwendbar ist (Rushall et al., 2004), stehen beim Antriebskonzept auf der Grundlage des Prinzips nach Bernoulli vor allem die Seitbewegungen der Extremitäten im Mittelpunkt des Interesses. Das „Gegen-SR-Muster“ wird von einem „zig-zag-pattern“ (Counsilman, 1969) abgelöst. Untersuchungen von Counsilman (1971) vergleichen dabei die Umströmungsverhältnisse der Hand mit denen von Tragflächen. Dieser Effekt wird als hydrodynamischer Lift bezeichnet. Grundlage der Betrachtung stellt das Prinzip nach Bernoulli dar, welches die Beziehung zwischen der Fließgeschwindigkeit einer Flüssigkeit und deren Druck beschreibt und dass ein Geschwindigkeitsanstieg von einem Druckabfall begleitet ist. Als Folge der höheren Strömungsgeschwindigkeit über der gewölbten Flügeloberseite im Vergleich zur ebenen Unterseite entsteht gemäß Bernoulli ein Druckunterschied. Dadurch kommt es zum dynamischen Auftrieb (Lift). Problematisch für das Wirken dieser physikalischen Gesetzmäßigkeiten ist der Fall, dass die menschlichen Extremitäten nur bedingt als tragflügelähnlich bezeichnet werden können (Ungerechts, 1997). Außerdem führt Ungerechts (1986) das Abreißen der Umströmung durch die Hautoberfläche und die gewisse Dauer für den Aufbau des hydrodynamischen Lifts an. Des Weiteren zeigen heutige Untersuchungen, dass die S-Kurve des Armzuges eher eine Folge des Körperrollens ist, und damit nicht absichtlich zu Stande kommt (Hay & Thayer 1989).

Zusätzlich zur Betrachtung des dynamischen Widerstandes werden in die Betrachtung die Erkenntnisse zum antreibenden Widerstand mit eingeschlossen. Reischle (1988) formuliert, dass sich der Vortrieb aus den zwei Komponenten "antreibender Widerstand" und "dynamischer Auftrieb" zusammensetzt. In den Überlegungen, ob der Vortrieb nun eher durch antreibenden Widerstand, oder durch hydrodynamischen Lift begünstigt wird, ist am Überzeugendsten die Aussage, dass bei der Ausnützung des hydrodynamischen Lifts der Energieverbrauch geringer ist (Toussaint & Beek, 1992).

Im Vergleich zum klassischen Antriebskonzept wird innerhalb des „aktuellen Antriebkonzeptes“ (Reischle, 1988) nun ein ortsfestes Bezugssystem gewählt, d.h. Bezugssystem ist nun das Wasser (Barthels, 1982). Experimentell gestützt werden diese qualitativen Annahmen des „aktuellen Antriebkonzeptes“ durch quantitative Untersuchungen u.a. von Schleihauf et al. (1983), die in ihren Untersuchungen aus Analysen unterschiedlicher Anströmwinkel und -geschwindigkeiten statistisch gestützte Widerstands- und Liftkräfte bestimmten. Aus diesen Untersuchungen lassen sich die Aussagen ableiten, dass ein breites Spektrum an technischen Ausführungen innerhalb der Schwimmbewegung besteht und somit individuelle Ausprägungen möglich sind. Vor allem zwischen den Schwimmdisziplinen und zum anderen zwischen den Sportlern bestehen erhebliche Unterschiede in den Krafteinsätzen und somit sind unterschiedliche Voraussetzungen für die Vortriebserzeugung existent.

Unklarheiten bei diesem Konzept bestehen vor allem im Verhältnis der Anteile aus Widerstands- und hydrodynamischen Liftkräften. Die allgemeine Vorstellung jedoch, dass Vortrieb auf den hydrodynamischen Lift zurückzuführen ist, beruht wahrscheinlich auf falschen Tatsachen.

2.2.3 Weitere Modelle zur Erklärung der Vortriebserzeugung

Im Folgenden sollen weitere Modelle zur Erklärung der Zusammenhänge der Wirkungsmechanismen der Kräfte zwischen Schwimmer und den ihn umgebenden Medien dargestellt werden. Es handelt sich dabei zwar nicht um komplexe Antriebskonzepte im klassischen Sinn, trotz dessen sollen sie überblicksartig aufgezeigt werden.

Heuristisches Antriebskonzept

Das theoretische heuristische Antriebskonzept beruht auf Überlegungen von Reischle (1997). Es beschreibt eine Kombination aus Antrieben mit Diagonalmustern und Antrieben durch Ablenkung von Anströmungen (Diagonalmuster mit LUV-Ablenkung) auf der Grundlage des Lee-Luv-Effektes. Die Hand folgt dabei in der Unterwasserphase einem diagonal zur Schwimmrichtung verlaufenden Armzugweg. Dabei resultiert aus dieser Bewegung der Antrieb. Besonderer Vorteil dieses Konzept ist ein leichteres Verständnis, da es auf detaillierte Beschreibungen der Realität verzichtet. Somit wird es vor allem für die Schwimmpraxis relevant.

Vortexkonzept

Bei diesem Antriebskonzept werden vor allem Umströmungsverhältnisse der Extremitäten näher beleuchtet. Grundlage dieses Konzeptes sind die durch die Körperverdrängung in Rotation versetzten Wassermassen. Diese Wirbel werden als „Vortex“ bezeichnet (Ungerechts, 1981, 1997). Sie entstehen im Nachlauf von Händen und Füßen, vornehmlich an Körperkanten während der schwimmerischen Bewegung. Dabei haben die Vortices ganz unterschiedliche Formen, je nach Körperpartie. Im Nachlauf der Hände sind sie zopf-, im Nachlauf der Füße walzenförmig verdrillt. Bei der Untersuchung von Vortices werden dabei der Arten unterschieden: „Start-Vortex“ (beim Einleiten einer Bewegung erzeugter Wirbel), „Bound-Vortex“ (zirkulierender Wirbel entgegen der Strömungsrichtung) und „End-Vortex“ (beim Stoppen einer Bewegung).

Bei der Beinbewegung z.B. kommt es bei der Abwärtsbewegung zu einer Verdrängung des Wassers von der Fußoberseite auf die -unterseite. Dabei wälzt sich das Wasser um die Zehenkante des Fußes. Bei der Richtungsänderung des Fußes kommt es zur Ablösung des Wirbels. Vortrieb wird schließlich durch eine Abbremsung und Umkehrung des Wirbels erzeugt (Ungerechts, 1997).

Pumped-Up Propulsion

Dieses Konzept weicht in seiner Herangehensweise stark von den vorangegangenen Konzepten ab. Toussaint et al. (2002) gehen davon aus, dass es durch eine Rotation des Armes in der Folge zu einer Drucksteigerung entlang des Armes kommt. Damit steigt in der Folge die tangentiale Geschwindigkeit in der Nähe der Hand im Vergleich zur Nähe des Ellenbogens. Auf der Grundlage des Prinzips von Bernoulli kommt es beim Armzug ausgehend von der Schulter der Reihe nach zu einer Drucksteigerung mit einer axialen Strömung entlang des Armes als Folge. Die Rotation des Armes führt also in der Folge zu einer Art pumpenden (pumped-up) Drucksteigerung entlang des Armes. Für die Beinbewegung bietet dieses Konzept jedoch keine Erklärungen.

Zusammenfassung

Ausgehend von mathematischen Herleitungen physikalischer Gesetzmäßigkeiten, stellt Klauck (1997) fest, dass es bei der Analyse von Schwimmbewegungen kaum standardisierte Bedingungen für eine mathematische Betrachtung gibt. Die genauen Mechanismen, die bei der Vortriebserzeugung für entsprechende Druckverhältnisse verantwortlich sind sowie den Einsatz der Extremitäten charakterisieren, können nicht hinreichend beantwortet werden (Klauck, ebd.). Klauck (1997) definiert drei Festlegungen für das Verständnis der Vortriebserzeugung:

1. Vortrieb und Widerstand werden ausschließlich durch ihre Wirkungsrichtung definiert, Größe und Abhängigkeit müssen demnach dieselben Wirkungsmechanismen aufzeigen
2. Die Beschleunigung des Schwimmers ist die einzige unmittelbar messbare Größe. Die Ursache der Werte ist jedoch vielfältig.
3. Reaktionskräfte resultieren aus den Umströmungsverhältnissen und müssen durch ihre gegenseitige Beeinflussung im Zusammenhang betrachtet werden

Eigenerzeugter Vortrieb im Wasser nutzt den Widerstand des Wassers am sich relativ dazu bewegenden Körper. Dabei können Teile der Extremitäten während der jeweiligen vortriebswirksamen Phasen senkrecht, schräg oder auch entgegengesetzt zur Schwimmrichtung bewegt werden.

Keines der hier beschriebenen Antriebskonzepte kann dabei widerspruchslos akzeptiert werden. Jedoch tragen alle einen Teil zur Erklärung der Vortriebserzeugung bei.

Im Sinne der Fragestellung dieser Arbeit muss zusammenfassend gesagt werden, dass die o.g. Konzepte der Antriebsgestaltung keine einheitliche Erklärung für den Antrieb im Kraulschwimmen liefern. Es wird stattdessen davon ausgegangen, dass innerhalb der individuellen Kraulschwimmtechnik belastungsbedingte Veränderungen der Schwimmtechnik zu beobachten sind.

2.3 Diagnose der körperlichen Leistungsfähigkeit im Schwimmen

2.3.1 Die sportartspezifische Leistungsdiagnostik im Schwimmen

Die exakte Kenntnis, d.h., die Quantifizierung und Qualifizierung, leistungsrelevanter Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie das Bedingungsgefüge dieser Faktoren sind die Grundlagen bei der Analyse der Struktur sportlicher Leistungen. Dadurch soll der aktuelle Trainingszustand des Sportlers als Grundlage des Trainingsprozesses erfasst werden, eine zielgerichtete Leistungsentwicklung ermöglicht werden, Fehler bzw. Erfolg im Einsatz von Trainingsinhalten erkennbar gemacht und sichere Korrekturen gewährleistet werden (Pabst, 2009). Im Schwimmen werden wie bei vielen anderen Sportarten auch Untersuchungen unter Feldbedingungen (im Freiwasser) sowie unter Laborbedingungen (im Schwimmkanal) durchgeführt. Ausgehend von den gültigen Gütekriterien für sportmotorische Testverfahren: Normierung, Vergleichbarkeit/Reproduzierbarkeit und Normierung/ Standardisierung (Meinel & Schnabel, 2006) ist jedoch der Einsatz im Schwimmkanal vorzuziehen. Durch konstante Bedingungen wie Strömungsverhältnisse, Temperatur, Geschwindigkeit und örtliche Besonderheiten kann eine ausreichende Beziehung zwischen der auf den Schwimmer wirkenden Belastung und dessen individuelle Beanspruchungsreaktionen hergestellt werden. Durch die besonderen physiologischen Auswirkungen des Wassers auf den menschlichen Organismus können aussagefähige Ergebnisse im Schwimmen nur durch sportartspezifische Untersuchungsverfahren bestimmt werden (Reer et al., 2009). Durch diese Forderung nach einer sportartspezifischen Spiroergometrie kommt der aus der Fahrradergometrie hervorgegangenen Schwimmergometrie eine besondere Bedeutung zu (Simon et al., 1983; vgl. 2.3.3).

Eine vollständige Beurteilung der sportlichen Leistungsfähigkeit kann aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren nur dann erfolgen, wenn mehrere Untersuchungsverfahren möglichst viele dieser Einflussfaktoren und ihre Interaktion erfassen (vgl. Spikermann, 1992). Eine Möglichkeit wird in der ganzheitlichen Erfassung der sportartspezifischen Leistung in Bezug zur individuellen Leistungsvoraussetzung gesehen (Pabst, 2009). Nach Schega (2005) sollte das Ziel eine Erfassung der Belastungs-Beanspruchungs-Reaktion unter der Berücksichtigung der individuellen Ressourcen sein. Dadurch können individuelle Besonderheiten des Schwimmers und dessen Variations- und Kompensationsmöglichkeiten identifiziert werden und schließlich Ableitungen für die Trainingspraxis getroffen werden (Schega, 2005). Ausgehend von diesen Überlegungen wird in der vorliegenden Untersuchung ein komplexdiagnostischer Ansatz zur Beschreibung der individuellen Beanspruchungsreaktionen zu Grunde gelegt.

2.3.2 Entwicklung der Leistungsdiagnostik im Schwimmen

Einen Beitrag zum grundlegenden Verständnis der menschlichen physiologischen Gesetzmäßigkeiten beim Schwimmen leistete Du Bois-Reymond (1905). Erste Untersuchungen zur Leistungsdiagnostik im Schwimmen kamen von Liljestrand und Stenström (1919), welche bei ihren Versuchen im Freiwasser vor der Küste Schwedens erstmalig versucht haben, die Sauerstoffaufnahme und damit die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit während des Schwimmens zu bestimmen. Schwierigkeiten für die Bestimmung der Leistung bestanden damals in einem Defizit der genauen Geschwindigkeitsermittlung sowie unzureichend repräsentativer Gasstoffwechselparameter. In den nächsten Jahrzehnten kam es hauptsächlich zur Weiterentwicklung der Messtechnik, z.B. Kraftmessungen im Schwimmen. In der Folge wurden zwei Wege in der Bestimmung der hydrodynamischen Widerstandskraft für den Fall des aktiven Schwimmens beschritten. Zum einen waren es Untersuchungen, die direkte Verfahren der Kraftmessung anwandten. Darunter z.B. Hollander et al. (1986) sowie Kolmogorov & Duplishcheva (1992). Zum anderen waren es Untersuchungen, die einen leistungsphysiologischen Ansatz wählten und damit die mechanische Leistung indirekt bestimmten, so z.B. di Prampero et al. (1974), Holmér (1972, 1974, 1978) und Pendergast et al. (1977, 1978). Jedoch waren zu diesem Zeitpunkt die Sauerstoffwerte in Bezug auf die Geschwindigkeit noch nicht durch die o.g. Verfahren reproduzierbar. Ein umfassender Überblick über die Entwicklung der sportartspezifischen Leistungsmessung im Schwimmen findet sich u.a. bei Niklas (1988a) sowie Wilson & Thorp (2003).

Erst die Methode der Zusatzkraftbeaufschlagung, welche aus der Schiffstechnik (di Prampero et al., 1974), der Leichtathletik (Lloyd & Zacks, 1972) und der Biologie (Webb, 1971) bekannt war, konnte in Verbindung mit einem an die Bedingungen des Schwimmens angepassten Stufentest die mechanische Leistung indirekt ermitteln. Voraussetzung war eine möglichst rückwirkungsfreie Erfassung der spiroergometrischen Daten sowie eine konstante Schwimmgeschwindigkeit, welche im Schwimmkanal (n. Åstrand & Englesson, 1972) gegeben ist. Niklas et al. (1988a) konnten diese Anforderungen erstmals in ihrem „Verfahren und Vorrichtung zur Spiroergometrie im Wasser“ umsetzen. Erst durch die umfassende Arbeit von Toussaint (1988a) konnten die so erhaltenen Messwerte der mechanischen Leistung biomechanisch als valide bestätigt werden.

2.3.3 Möglichkeiten der Leitungsdiagnostik im Schwimmen

Ausgehend von der historischen Entwicklung der sportartspezifischen Leistungsdiagnostik im Schwimmen gibt es heutzutage nach wie vor verschiedene Ansätze, die mechanische Leistung im Sinne einer Bewertung kardiopulmonaler Beanspruchungsreaktionen zu bestimmen. Im Folgenden sollen aktuelle Verfahren dargestellt und kritisch hinterfragt werden.

Grundlegend kann der Widerstand, welcher bei der Fortbewegung im Wasser auf den Körper wirkt, in zwei Arten unterteilt werden: den passiven und den aktiven Wasserwiderstand. Somit ergibt sich auch bei der Bestimmung des Wasserwiderstandes der Unterschied zwischen Verfahren die den passiven, bzw. den aktiven Wasserwiderstand messen.

Bei den passiven Verfahren wird der totale, hydrodynamische Widerstand des passiv geschleppten Schwimmers im Verhältnis zur Geschwindigkeit bestimmt. Dies geschieht entweder durch Schleppen des Schwimmers, oder durch Fixierung in dem ihn umströmenden Wasser (vgl. Schwimmkanal n. Åstrand & Engelsson, 1972). Dabei sollten folgende Bedingungen beachtet werden: 1. der Schwimmer sollte in einer absolut konstanten Position verharren, denn nur kleinste Änderungen seiner Haltung würden die Werte verändern, 2. die Schleppkraft sollte parallel zur Wasseroberfläche wirken und 3. sollte die Schleppvorrichtung eine konstante Geschwindigkeit bereitstellen (Vorontsov & Rumyantsev, 2005). Bei der Bestimmung des passiven hydrodynamischen Widerstands ist zu beachten, dass auf der Grundlage des hydrodynamischen Lifts die Werte leicht geringer sind als die eigentlichen Werte des passiven Widerstands. Passiver Widerstand ist während des aktiven Schwimmens nur im Bereich der Starts und Wenden sowie einiger überleitender Phasen von Bedeutung. Jedoch ist das Wissen um den passiven hydrodynamischen Widerstand und sein Verhältnis zum Körper des Schwimmers bei verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten elementar für die Entwicklung von schwimmtechnischen Fertigkeiten (Vorontsov & Rumyantsev, 2005).

Während der passive Widerstand primär von der Körpergröße und -form abhängt, stellt sich die Abhängigkeit des aktiven Widerstandes eher durch die Bewegung der Extremitäten, der Anthropometrie und der mechanischen Eigenschaften eines festen Körperkerns dar. Wie in 2.3.2 angesprochen, haben sich im Laufe der Entwicklung der sportartspezifischen Leistungsdiagnostik zwei Wege der Messung des aktiven Wasserwiderstands herausgebildet. Zum einen sind dies Methoden, welche die Kräfte direkt messen (u.a. Hollander et al. 1986; Kolmogorov & Duplishcheva 1992). Zum anderen gingen vor allem Physiologen den Weg einer indirekten Leistungsmessung, ausgehend von einem angenommenen linearen Zusammenhang zwischen Arbeitssauerstoffaufnahme und mechanischer Leistung (u.a. di Prampero et al., 1974; Hólmer, 1972, 1974, 1978; Niklas et al., 1988a).

2.3.3.1 Direkte Methoden

Die direkten Methoden MAD-System (Hollander et al., 1986) und Geschwindigkeits-Stör-Methode (Kolmogorov & Duplishcheva, 1992) zeigen deutlich, dass je besser die schwimmtechnischen Fertigkeiten des Sportlers (z.B. bei Spitzenschwimmern), desto geringer ist der aktive Wasserwiderstand. Daher ist für beide Verfahren das Ziel, eine Reduktion des aktiven Wasserwiderstands auf der Grundlage einer Optimierung schwimmtechnischer Fertigkeiten zu erreichen.

MAD – Measurement of active drag

Hollander et al. (1986) entwickelten ein Verfahren, welches unter dem Namen „Measurement of Active Drag“, kurz „MAD“ bekannt wurde und bei dem Kräfte direkt über Abdruckplatten gemessen werden. Diese sind dabei 0,8 m unter Wasser auf einer 23 m langen Schiene angebracht. Durch den Zusammenhang, dass bei konstanter Geschwindigkeit die Vortriebskraft gleich der Wasserwiderstandskraft ist, kann dieses Verfahren den aktiven Widerstand des Schwimmers bestimmen. Nachteil dieses Systems ist, dass die Werte des aktiven Schwimmwiderstandes unterschätzt werden, d.h., kleiner ausfallen als erwartet; und zwar in einem Bereich von passiv geschleppten Schwimmern (Toussaint et al., 1988b). Dies kommt zu Stande, da bei diesem System 1. die Vortriebswirksamkeit der Beine durch Benutzung eines Pull-Buoys ausgeklammert wird, 2. die Kraft nur dann gemessen wird, wenn die Hand Kontakt zum Abdruckpaddel hat und 3. die Hand bei diesem Verfahren keine Möglichkeit hat, Seit-, Vertikal-, oder Horizontalbewegungen auszuführen (Havriluk, 2007).

Velocity perturbation method

Da das MAD-System (Hollander et al., 1986) nur für die Bestimmung des aktiven Schwimmwiderstandes während der Kraulschwimmbewegung genutzt werden kann, bietet sich in diesem Fall die Geschwindigkeits-Stör-Methode („velocity perturbation method“ nach Kolmogorov & Duplishcheva, 1992) an. Sie ermöglicht die Bestimmung des aktiven Schwimmwiderstandes für alle vier Schwimmlagen.

Grundlage dieses Verfahrens ist die Änderung der maximalen Geschwindigkeit durch das Schwimmen mittels eines zusätzlichen Widerstandes, welcher durch einen hydrodynamischen Körper mit bekanntem Widerstand realisiert wird. Die Schwimmer werden aufgefordert, zwei Bahnen mit maximaler Geschwindigkeit zu schwimmen. Einmal ohne Zusatzwiderstand und einmal mit. Dabei wurden jeweils die Geschwindigkeit v und die zusätzliche Widerstandskraft F erfasst. Die Autoren legten ihren Untersuchungen die Auffassung zugrunde, dass beim Schwimmen mit und ohne Zusatzwiderstand die gleiche Leistung aufgebracht werden muss („equal power assumption“). Jedoch liegt auch diesem System der systematische Fehler zugrunde, dass nicht die gesamte, vom Schwimmer aufgebrachte Kraft in Vortrieb umgesetzt wird. Ein gewisser Anteil wird an die den Schwimmer umströmenden Wassermassen, bzw. an die Wassermassen in Form von kinetischer Energie abgegeben, von denen er sich abstößt (Toussaint & Beek, 1992).

Die Methode von Kolmogorov & Duplishcheva (1992) erlaubt das Messen des aktiven Schwimmwiderstand für alle vier Schwimmarten, im Gegensatz zum MAD-System und der indirekten Leistungsbestimmung, welche nur auf das Kraulschwimmen anwendbar sind. Der Messfehler ist bei dieser Methode nicht höher als 6-8% (Vorontsov & Rumyantsev, 2005).

2.3.3.2 Indirekte Methoden

Grundprinzip

Diese Methode beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen der Strömungsgeschwindigkeit, der zusätzlichen Widerstandskräfte sowie der kardiopulmonalen Beanspruchungsreaktionen. Während des aktiven Schwimmens werden bei konstanter Schwimmgeschwindigkeit kleine und in ihrer Größe bekannte Zusatzlasten auf den Schwimmer übertragen. Dabei sind in der vergangenen Zeit viele Messaufbauten entstanden. Der Schwimmer muss nun in der Folge eine größere Vortriebskraft erzeugen, da der Gesamtwiderstand, den der Schwimmer überwinden muss, aus seinem eigenen aktiven hydrodynamischen Widerstand sowie dem Anteil der Zusatzkraft besteht. Grundlage dieser Methode ist der durch die indirekte Kalorimetrie berechnete Energieumsatz des Schwimmers. Bei diesem Vorgehen geht man davon aus, dass eine stöchiometrische Beziehung zwischen dem Verbrauch von O2, der Bildung von CO2, der Menge „verbrannter“ Substanz und der dabei frei werdender Energie besteht (de Marées & Heck, 2006). Mittels eines offensystemischen Spiroergometers, bei dem Außenluft eingeatmet wird, können die Konzentrationen der Atemgase O2 und CO2 sowie das Volumen der Ausatemluft bestimmt werden. Nach der Bestimmung des respiratorischen Quotienten (RQ)[2] und des zugehörigen kalorischen Äquivalents kann durch Multiplikation des kalorischen Äquivalents mit dem aufgenommenen O2 Volumen die pro Zeiteinheit umgesetzte Energiemenge in kJ/min bestimmt werden (de Marées & Heck, 2006).

Eine grundlegende Annahme der indirekten Methoden ist, dass die resultierende mechanische Leistung durch die Variation der Sauerstoffaufnahme ausgedrückt wird. Dabei wird von einem linearen Zusammenhang zwischen der Arbeitssauerstoffaufnahme und der mechanischen Leistung ausgegangen (di Prampero et al., 1974). Niklas et al. (1988a) konnten in Anwendung des „Verfahrens und Vorrichtung zur Spiroergometrie im Wasser“ eine hinreichende Validität dieses Zusammenhanges bei einem Bestimmtheitsmaß von r² = 0,96 kennzeichnen. Des Weiteren konnte Schega (2005) zeigen, dass der lineare Ansatz der Bestimmung der Ergometerleistung hinreichend genaue Ergebnisse liefert.

Durch Extrapolation der Ruhe- auf die Arbeitsauerstoffaufnahme mittels Regression auf der Grundlage der Methode der kleinsten Quadrate kann der Wert des aktiven Schwimmwiderstandes bestimmt werden. Der Schwimmer schwimmt nun bei konstanter Geschwindigkeit einen ansteigenden Stufentest mit 3-5 Stufen. Zur Darstellung der funktionellen Eigenschaften des kardiopulmonalen Systems müssen diese ausreichend lang sein, damit sich ein „steady-state“[3] abzeichnet (Vorontsov & Rumyantsev, 2005).

Um ausreichend valide zu sein, müssen indirekte Methoden folgende Bedingungen erfüllen: es muss sichergestellt sein, dass beim Schwimmen relativ geringe intrazyklische Schwankungen auftreten, da sonst höhere Widerstandskräfte resultieren als berechnet. Des Weiteren ist es wichtig die Stufen so lang zu absolvieren, bis sich ein gewisses Steady-state ausbildet. Eine Limitierung der indirekten Methoden betrifft speziell genau diesen Punkt. Sie erlauben eine Bestimmung des aktiven Schwimmwiderstandes nur im submaximalen Bereich, da nur so eine ausreichende Ausbildung des steady-state angenommen werden kann (Vorontsov & Rumyantsev, 2005). Dadurch ist der Einsatz der Methode bei maximalen Geschwindigkeiten als eher ungünstig einzustufen.

Ein weiterer Kritikpunkt kommt von Toussaint et al. (1992). Sie weisen darauf hin, dass die Gesamtenergie, welche ein Schwimmer aufbringen muss aus zwei Teilen besteht; der der Kraft, seinen eigenen Schwimmwiderstand zu überwinden und den Teil an kinetischer Energie, welche die Extremitäten durch die Vortriebserzeugung an die sie umströmenden Wassermassen abgeben. Darauf aufbauend repräsentieren nun Veränderungen in der VO2 ausgehend von den jeweiligen Zusatzlasten, nicht nur die mechanische Leistung sondern ebenfalls den Teil, der an kinetischer Energie an das Wasser abgegeben wird. Wenn also nun Unterschiede in der VO2 ausschließlich der Veränderung des aktiven Widerstandes zugeschrieben werden, wird seine Anteiligkeit überschätzt (Vorontsov & Rumyantsev, 2005). Des Weiteren ist unklar, inwieweit die Regression außerhalb ihres gedachten Einsatzbereiches gültig ist (Toussaint & Beek, 1992).

Trotz dessen haben sich indirekte Methoden zur Leistungsbestimmung im Schwimmen durchgesetzt. Dabei haben sich auch hier verschiedene Arten dieses Verfahren herausgebildet. Im Gegensatz zu den direkten Methoden gehen alle Arten der indirekten Methoden vom gleichen Prinzip der leistungsphysiologisch begründeten Zusatzkraftbeaufschlagung aus und unterscheiden sich jeweils nur durch die Art des Messaufbaus, mit dem sie die Zusatzkräfte auf den Schwimmer übertragen.

Verschiedene Ansätze

Di Prampero et al. (1974) ermittelten, dass der Energieumsatz eines Schwimmers bei konstanter Geschwindigkeit linear proportional zu dem vom ihm zu überwindenden hydrodynamischen Widerstand ist. Bei dieser Untersuchung schwammen die Sportler in einem kreisrunden Schwimmbecken. Eine sich bewegende Plattform gab dabei eine konstante Geschwindigkeit vor. Die Bestimmung der Wasserwiderstandskraft und der mechanischen Leistung geschah über die Methode der Zusatzkraftbeaufschlagung, d.h., über die Erhöhung bzw. Verringerung des Wasserwiderstandes durch kleine und bekannte Zusatzlasten, was zur Veränderung der Gasstoffwechselparameter führte.

Holmér (1972) bestimmte mittels Schwimmkanal (n. Åstrand & Engelsson, 1972) die Arbeitssauerstoffaufnahme (VsO2) aller vier Schwimmarten. Er ermittelte, dass sich die VsO2 bei niedrigen Geschwindigkeiten linear zur Geschwindigkeit verhält. Bei annähernd maximalen Geschwindigkeiten stieg die VsO2 stärker an.

Holmér (1972) und di Prampero et al. (1974) setzten in ihren Untersuchungen definierte Zusatzgewichte ein, deren Kraftwirkung sie über ein Seil-Rolle-Gurt-System auf den Schwimmer im Schwimmkanal bei gegebener Geschwindigkeit umleiten. Der Schwimmer muss nun eine Mehrarbeit leisten, um gegen den zusätzlichen Widerstand anzuschwimmen. Die Messgröße für den Energieumsatz ist hierbei die VsO2 des Schwimmers. Ähnliche Versuchsaufbauten wurden schon zuvor von Webb (1971) zur Bestimmung der Schwimmleistung der Forelle sowie von Lloyd & Zacks (1972) zur Bestimmung des Wirkungsgrades von Sportlern auf dem Laufband eingesetzt.

Ausgehend von diesen, für die Bestimmung der mechanischen Leistung grundlegenden, Untersuchungen können die wichtigsten Einflussfaktoren auf die VsO2 angeführt werden. Diese sind u.a. anthropometrische Parameter, Schwimmtechnik und Trainingszustand, Temperatur und Viskosität des Wassers, Wellen- und Turbulenzverhältnisse, Körperkerntemperatur und Zustand der Energiereserven sowie die vegetative Tonuslage (Niklas et al., 1988a). Unter Vernachlässigung der Turbulenzverhältnisse ergibt sich aus o.g. Überlegungen die Arbeits-VsO2 aus der Differenz zwischen gemessener Gesamt-VsO2 und im Vorversuch durch passives Schleppen bestimmte Ruhe-VsO2 (Niklas et al., ebd.).

verschiedene Messaufbauten

Bei der Zusatzbelastung des Schwimmers mit bekannten Widerständen kommen in den diversen Untersuchungen verschiedene Messaufbauten bzw. Verfahren zum Einsatz. Dabei lassen sich zwei Entwicklungslinien verfolgen:

Seil-Rolle-Gurt-System

Ausgehend von der Dynamometrie im Wasser führte Alley (1952) eine Vorrichtung ein, die es erlaubt, die Kraft eines Schwimmers, welcher mittels Gurt und Seil mit einer entsprechenden Vorrichtung verbunden ist, durch sogenanntes geschlepptes Schwimmen aufzuzeichnen. Counsilman (1955) u.a. entwickelten die Vorrichtung weiter. Witt (2008) griff diesen Ansatz der Seil-Gurt-Roll-System-gestützten Dynamometrie auf und analysierte in ihren Untersuchungen im Schwimmkanal die Anteiligkeit verschiedener Antriebe im Schwimmen. Neben dem Vorteil der relativ freien Beweglichkeit und der einfachen Messwertaufnahme verweisen Niklas et al. (1988a) auf verschiedene Nachteile des Seil-Rolle-Gurtsystems: 1. wird die Lage des Schwimmers infolge der Rückwirkung des Messaufbaus in Abhängigkeit der wirkenden Restwirkungskraft relativ zur Wasseroberfläche verändert und 2. sind die kinematischen Parameter der Rumpfbewegungen nicht ohne weiteres bestimmbar.

kardanische Ankopplung

Clarys (1979) führte in seiner Untersuchung „Human Morphology and Hydrodynamics“ ein Vorrichtung ein, bei der der Schwimmer über einen Gürtel an einen Teleskopstab angekoppelt wird. Niklas et al. (1988b) führen für diesen Messaufbau folgende Vorteile gegenüber dem Seil-Rolle-Gurt-System an: 1. die Anteile der Vortriebskraft bzw. der Widerstandskraft können synchron erfasst werden, 2. die Hubbewegung eines definierten Punktes am Körper können gemessen werden und 3. der Schwimmer befindet sich bei allen Messungen reproduzierbar am gleichen Ort im Schwimmbecken. Als Nachteile nennen Niklas et al. (1988b), dass die Ankopplung des Schwimmers an den Teleskopstab nicht kraftschlüssig ist oder die Atmung des Schwimmers behindert. Außerdem können auch hier ähnlich wie beim Seil-Rolle-Gurt-System, Rumpfbewegungen sowie Veränderungen der Schwimmlage relativ zur Wasseroberfläche nicht registriert und zugeordnet werden. Als dritten Nachteil führt Niklas (ebd.) die aufwendig und fehlerbehaftet Bestimmung der beim aktiven Schwimmen auftretenden Widerstandskraft an.

Auf der Basis dieser Überlegungen entwickelten Niklas et al. (1988a) das „Verfahren und Vorrichtung zur Spiroergometrie im Wasser“. Da eine echte Spiroergometrie im Wasser die Bestimmung der mechanischen Leistung ermöglichen muss, kommt diesem Verfahren besondere Bedeutung zu. Das Verfahren von Niklas et al. (1988a) besteht aus einem ansteigendem Stufentest. Dabei wird der Schwimmer durch bekannte Widerstände über die o.g. kardanische Ankopplung ent- bzw. belastet. Der Einsatz im Schwimmkanal ermöglicht eine konstante Schwimmgeschwindigkeit sowie eine relativ rückwirkungsfreie Erfassung der Gasstoffwechselparameter mittels Spirometrie über ein von der Arbeitsgruppe speziell entwickeltes Schnorchelsystem (vgl. 3.3.1). Durch Bestimmung der Regressionsgeraden und Extrapolation der Ruhe- auf die Arbeitssauerstoffaufnahme ist es möglich, auf die individuelle hydrodynamische Widerstandskraft und damit auf die mechanische Vortriebsleistung des Sportlers ohne Zusatzkraftbeaufschlagung zu schließen. Die Reproduzierbarkeit der Messwerte wird von den Autoren mit 0,05 rel. Fehler angegeben (Niklas, ebd.). Toussaint (1988a) bestätigte mit einem Referenzverfahren (MAD-System) die Validität des o.g. Messaufbaus.

Kanal vs. Freiwasserschwimmen

Für die Analyse belastungsbedingter physiologischer und kinematischer Parameter im Schwimmen hat sich der Schwimmkanal (n. Åstrand & Engelsson, 1972) bewährt. Er bietet eine konstante und standardisierte Untersuchungsumgebung für die detaillierte Untersuchung des Schwimmens. Eine Vielzahl von Kameras kann um den Schwimmer positioniert werden, um so eine kontinuierliche 3-dimensionale Bewegungsanalyse durchzuführen. Weiterhin ist die Analyse der Gasstoffwechselparameter relativ einfach zu erfassen, da entsprechende Analysegeräte auf speziellen Messbrücken angebracht werden können. Grundlage für eine valide Untersuchung im Schwimmkanal ist jedoch die Übertragbarkeit auf das Schwimmen im Freiwasser. Untersuchungen zur Übertragbarkeit zwischen den Ergebnissen aus dem Schwimmkanal und dem Schwimmen ergeben zum Teil höhere Schwimmfrequenzraten beim Schwimmen im Schwimmkanal (Hay, 2002). Eine Erklärung dazu findet sich bei Wilson & Thorp (1999). Demnach bedarf das Schwimmen einer gewissen Eingewöhnungszeit. Oftmals haben Schwimmer im Schwimmkanal das Gefühl, nicht mithalten zu können. In Ihren eigenen Untersuchungen setzten sie deshalb vor die eigentlichen Tests eine ausreichend lange Eingewöhnungsphase. Sie konnten zeigen, dass die Zyklusfrequenz zwischen Schwimmen im Becken im Vergleich zum Schwimmen im Schwimmkanal keine Änderungen aufweist. Die Schwimmfrequenz änderte sich ausschließlich in Abhängigkeit zur Geschwindigkeit, jedoch auch hier unabhängig davon, ob die Untersuchung im Becken oder im Kanal stattfand (Wilson & Thorp, 1999).

2.3.3.3 Numerische Strömungssimulation

Neuere Untersuchungen versuchen, den Wasserwiderstand im Schwimmen mittels computergestützter, numerischer Strömungssimulationen („computational fluid dynamics“ – CFD) zu bestimmen. Als erste nutzten Bixler & Schloder (1996) die CFD Methode zur Analyse der Strömungsverhältnisse in der Schwimmbewegung. Mittels Simulation untersuchten sie die Strömungen der Hand und des Unterarmes eines Schwimmers. Das Ziel der Studie war es, Widerstandskräfte und entsprechende Koeffizienten der Hand und des Unterarms eines Schwimmers bei verschiedenen Anstellwinkeln zu bestimmen. Gardano & Dabnichki (2006) führten numerischen Strömungssimulationen durch, um exakte Werte der Antriebe und Widerstände zu bestimmen. Zaїdi et al. (2008) untersuchten die Auswirkungen der Kopfhaltung auf den hydrodynamischen Widerstand in der Unterwasserphase nach Starts und Wenden.

[...]


[1] Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung, wie z.B. Sportler/Innen, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für beide Geschlechter.

[2] Quotient aus abgegebenem Kohlendioxid und aufgenommen Sauerstoff

[3] Als „steady-state“ wird im Allgemeinen ein Gleichgewichtszustand bezeichnet.

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Die mechanische Leistung im Schwimmen
Untertitel
Vergleich zweier Verfahren zur indirekten Ermittlung der Ergometerleistung in der Sportart Schwimmen
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Rehabilitationssport, Sporttherapie und Behindertensport)
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
129
Katalognummer
V193388
ISBN (eBook)
9783656185581
ISBN (Buch)
9783656187929
Dateigröße
2052 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
leistung, schwimmen, vergleich, verfahren, ermittlung, ergometerleistung, sportart
Arbeit zitieren
Nico Espig (Autor:in), 2010, Die mechanische Leistung im Schwimmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193388

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