Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Wirtschaftliche Folgen der Eheschließung
3. Die Ehe aus reformatorischer Sicht
a) Exkurs: Körperliche Züchtigung in der Ehe
4. Die Ehe aus gesellschaftlicher Sichtweise
5. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Frauenbild einer Gesellschaft lässt sich besonders präzise an der Ehe und den Lebensbedingungen verheirateter Frauen beleuchten.
Mit dem Beginn der Neuzeit, der sich an Ereignissen wie der Entdeckung Amerikas, der Erfindung des Buchdruckes mit beweglichen Lettern durch Gutenberg oder der Reformation festmachen lässt, fanden enorme Veränderungen statt.
Gerade die Reformation, einhergehend mit den ersten humanistischen Denkansätzen, stellte die bisher geltende mittelalterliche Ordnung auf den Kopf.
Die weibliche Stellung in der Ehe war aus religiöser, gesellschaftlicher und rechtlicher Sicht stets untertänig gewesen. Daran sollte sich auch trotz aller Fortschritte mit dem Anbeginn einer neuen Zeit vorerst nichts ändern, vorweg, die männliche Herrschaftsstellung blieb unangefochten.
Ich habe es mir zum Ziel gemacht, in dieser Hausarbeit nun die frühneuzeitliche Ehe unter gesellschaftlichen, religiösen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu untersuchen. Gleichzeitig sollen Beispiele aus der freien Reichsstadt Frankfurt am Main einen genaueren Einblick in das tägliche Leben frühneuzeitlicher Ehefrauen geben, was wiederum den Bezug zum Seminarthema „Die Reichsstadt in der frühen Neuzeit“ herstellt und eventuelle Unterschiede zwischen religiöser Theorie und dem wahren Leben aufzeigt.
2. Wirtschaftliche Folgen der Eheschließung
Eine Frau wurde bei Eheschließung prinzipiell von ihrem Vater mit einer Mitgift ausgestattet, welche als eine Art Startkapital zur Haushaltsgründung anzusehen war. Bei der Höhe der Mitgift war der Mann nicht lediglich auf Profit aus, vielmehr musste er auch darauf achten, der Frau nicht zu viel Macht im Haushalt einzuräumen, da eine gewaltige Mitgift einen gewissen Herrschaftsanspruch legitimierte, den er unter keinen Umständen bereit war abzutreten. So war weibliches Vermögen zwar immer Voraussetzung für eine Heirat, trotzdem „ …erkannte man es doch als Gefahr, wenn es das Vermögen des Mannes überstieg.“[1]
Das römische Eherecht verlangte zwar eine eindeutige Gütertrennung[2], dies bewährte sich jedoch nicht in Deutschland, da „… manche Territorien um ihr örtliches Recht kämpften, soweit es sich um Ehegatten- und Ehegüterrecht handelte,…“[3] was sich auch am Beispiel Frankfurts belegen lässt. War „Der Statt Franckenfurt am Mayn erneuwerte Reformation“ von 1578 stark vom römischen Recht beeinflusst, welches im Zuge der Reformation Einzug in Deutschland gehalten hatte, so blieben regionale Gewohnheiten im Recht verankert, besonders „…die ,güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten´.“[4].
Ist die Ehefrau im Handel gemeinsam mit ihrem Mann tätig, so wurde der erwirtschaftete Gewinn gleichmäßig aufgeteilt, es war hierdurch jedoch auch möglich, die Frau für Haftungsansprüche heranzuziehen, wobei sie „…mit dem gesamten Vermögen inklusive Mitgift…“[5] haftete. Generell können Frauen in der frühen Neuzeit jedoch nicht haftbar gemacht werden, ihnen ist es ausdrücklich verboten für Andere zu bürgen, das schließt den eigenen Ehemann mit ein. Dieses Interzessionsverbot, welches bis zur Einführung des Bundesgesetzbuches galt (und unter Kaiser Nero im ersten Jahrhundert erlassen worden war, man stelle sich vor), zielte auf den Schutz der Ehefrau ab.
Im Allgemeinen verwaltete der Mann das Vermögen der Frau, ihr Verfügungsrecht war allenfalls beschränkt und prinzipiell an die Einwilligung des Mannes gebunden[6]. Paradoxerweise werden die ehelichen Lasten jedoch auf das gemeinsame Vermögen umgewälzt und dadurch wird die Frau „…in ein Unterordnungsverhältnis zum Ehemann gebracht.“[7]
Es muss angemerkt werden, dass das römische Kaiserrecht größtenteils auf Deutschland justiert, also nicht eins zu eins übernommen wurde. Man spricht deshalb vom römisch-kanonischen Recht, dessen Etablierung zwar das Ende des kanonischen Rechts darstellte, allerdings in seiner Umgestaltung kanonische Züge aufweist. Dieser Vorgang steht in Verbindung mit einer zunehmenden „… Verwissenschaftlichung des Rechtslebens, des Übergangs des gesellschaftlichen Sektors ,,Recht`` auf einen gelehrten Juristenstand.“[8] Dies sieht man besonders gut am Dotalrecht. Bezog sich das Dotalrecht im alten Rom lediglich auf die weibliche Mitgift, die Frau konnte ihr sonstiges Vermögen ( falls vorhanden ) frei verwalten, wendet man dieses in Deutschland auf ihr gesamtes Hab und Gut an. Nach germanischer Tradition war Gütertrennung in der Ehe tabu, dieses rein rechtliche Problem wurde dahingehend beseitigt, „…dass man die Vermutung aufstellte, die Ehefrau habe, solange sie nicht widersprochen habe, die Verwaltung ihres Vermögens dem Manne anvertraut.“[9] Hatte die Ehefrau im römischen Recht eigenständigen Besitz in Form von Paraphernalgut (Schmuck, Kleidung, etc.), so steht dem Ehemann nach der Angleichung an deutsches Ehegüterrecht wenigstens theoretisch die Verfügung über solches zu, sofern die Frau „… sich nicht bestimmte Vermögensteile ausdrücklich als Receptizgut vorbehalten habe.“[10] Dies bedeutete nichts anderes, als dass die Frau einen Ehevertrag mit dem Mann schließen musste, in dem sie sich gewisse Vermögensanteile vormerkte. Versäumte sie dies, musste sie damit leben, keinerlei Verfügung über eingebrachtes Vermögen zu haben.
Ein weiterer Unterschied zur ursprünglichen römischen Rechtsgrundlage besteht in der Erhebung der so genannten dos, welche einen regelmäßigen Finanzausgleich zwischen Brautvater und Ehemann vorsah. Diese Regelung zielte auf die Kräftigung der männlichen Finanzlage ab, da die Ehe dem Mann materiell viel abverlangte. Man findet die dos allerdings nicht in Deutschland umgesetzt.
Wirft man noch einen kurzen Blick auf das Erbrecht, so zeigt sich, dass das Erbe der Frau in eben jener Mitgift besteht, mit welcher sie bei der Heirat ausgestattet wird. Nur im Falle, dass eine Ehe keinen Sohn hervorbrachte, erbte die Tochter Vermögen und Land. Diese Tatsache verdeutlicht die Position des Mannes in der späteren Ehe, denn er stellt das gemeinsame Heim, hat also prinzipiell auch das Sagen. Und dieses Schema vererbt sich von Generation zu Generation.
Abschließend bleibt zur finanziellen Situation der Ehefrau also festzustellen, dass sie sich mit der Heirat zu 100 Prozent an den Mann bindet, de facto keinerlei Verfügungsrecht innehat. Zusammen mit Angleichung des römischen Kaiserrechts an deutsche Normen existiert vielerorts eine Geschlechtsvormundschaft (nicht in Frankfurt bekannt) die zur endgültigen Unmündigkeit des weiblichen Geschlechts beiträgt. Schon jetzt lässt sich erkennen, dass für den Mann nichts von größerer Bedeutung ist als der Fortbestand seines Herrschaftsanspruches, welcher doppelt und dreifach abgesichert wurde.
3. Die Ehe aus reformatorischer Sicht
Luthers Vorhaben jedes Gesetz und jeden Brauch auf ihre historischen Geltungsgründe zu überprüfen, endete letztlich in der Lösung des Rechts von der Moraltheologie[11] und der Einführung des römischen – kanonischen Kaiserrechts inklusive dessen Eherecht[12]. Außer einer historischen Überprüfung sollte auch nach natürlichen Ursachen oder Beweggründen, welche die Gestaltung des jeweiligen Rechts beeinflusst hatten, geforscht werden, was eine Abwendung vom geltenden Recht, das von Gott verkündet worden war, von der Kirche autoritär gelehrt wurde, und welches die Legitimation für die bestehende Hierarchie in der Weltordnung bildete, darstellte. Gleichzeitig verbreitete sich, durch den einsetzenden Humanismus getragen, die Lehre des Vernunftrechts[13].
Martin Luther leugnete im Folgenden die Sakramentalität der Ehe „…, womit das Eherecht nicht mehr Bestandteil der kirchlichen Ordnung sein konnte.“[14] Luther sah in der „… Disjunktion von Kirche und Ehe zu einer Umgründung der Ehe als einem […] von Gott unmittelbar in der Schöpfung gestifteten Stand, der in sich heilige Ordnung war.“[15], die Möglichkeit die Ehe zu einem Ort praktischer Grundsatzethik zu gestalten.
Trotz des sakramentalen Charakterverlustes wird die Ehe nicht abgestuft, sie bleibt Gegenstand der Theologie, für Luther beherbergt die Ehe eine von ihrem paradiesischen Ursprung herrührende Göttlichkeit. Karina Kroj führt in ihrem Werk eine weitere Zwiespältigkeit auf[16]: Indem Luther die Ehe mit der Beziehung zwischen Christus und seiner Gemeinde vergleicht, stellt er die Pflichten der Frauen klar heraus, schränkt jedoch den männlichen Herrschaftsanspruch nicht ein, was an sich schon eine sehr einseitige Darlegung ist. Alles läuft darauf hinaus „…, daß die Frau in ihrem Mann Gott sehen solle, der ihn gegeben habe und dessen Statthalter er sei getreu dem Bibelspruch `Der Mann ist ein Bildnis Gottes und eine Ehre Gottes, aber das Weib ist eine Ehre des Mannes´.“[17]
[...]
[1] Karina Kroj, Die Abhängigkeit der Frau in Eherechtsnormen des Mittelalters und der Neuzeit als Ausdruck eines gesellschaftlichen Leitbilds von Ehe und Familie. Zugleich eine Untersuchung zu den Realisierungschancen des zivilrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes, Frankfurt am Main 1988, Europäische Hochschulschriften, S.110.
[2] Zitiert nach Kroj S. 121.
[3] Kroj S. 117.
[4] Dölemeyer, Barbara, Privatrechtliche Handlungsspielräume von Frauen. Die Frankfurter Gesetzgebung, in: Engel, Gisela ( Hrsg. ), u.a. , Frauen in der Stadt, Frankfurt im 18. Jahrhundert, Königstein 2002, S. 87.
[5] Ebd., S. 97.
[6] Kroj S. 126.
[7] Ebd. S. 126.
[8] Koch, Elisabeth, Die Frau im Recht der Frühen Neuzeit. Juristische Lehren und Begründungen, in: Gebhard, Ute (Hrsg.), Frauen in der Geschichte des Rechts, München 1991, S. 73.
[9] Kroj S. 127.
[10] Ebd. S. 127.
[11] Zitiert nach Kroj S. 103.
[12] Wie bereits gesagt wurde vielerorts an regionalen Regelungen festgehalten, wie auch in Frankfurt.
[13] Ebd. S. 103.
[14] Ebd. S. 104.
[15] Fischer, Hubertus, Co – Referat: Ehe, Eros und das Recht zu Reden. Anmerkungen zum protestantischen Ehebild in Texten des 16. Jahrhunderts, in: Müller, Maria E. (Hrsg.), Eheglück und Liebesjoch – Bilder von Liebe, Ehe und Familie in der Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts, Weinheim 1988, S. 210.
[16] S. 104f.
[17] Ebd. S. 105.