In diesem kurzen Bericht soll ein vierwöchiges Praktikum bei einer der Außenstellen der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU), Waldeck bei Rostock, dargestellt werden. Dafür werden die verschiedenen Aufgaben und Tätigkeiten beschrieben, die bearbeitet bzw. verrichtet werden sollten. Darüber hinaus kommen einer kritischen Auseinandersetzung mit der gewählten Praktikumsstelle und einer Überprüfung angesichts der politikwissenschaftlichen Relevanz eine gesonderte Stellung zu. Abschließend erfolgt eine Einschätzung des gesamten Praktikumsverlaufs, der erbrachten Eigenleistung und des Wertes des Praktikums für das Studium der Politikwissenschaft.
Inhaltsverzeichnis
1. Tätigkeitsdarstellung
2. Politikwissenschaftliche Relevanz und kritische Auseinandersetzung
3. Fazit
1. Tätigkeitsdarstellung
Im Rahmen meines Studiums am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock habe ich vom 14.03.-08.04.2011 ein Praktikum bei der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) absolviert. Genauer gesagt, in der Außenstelle Rostock. Es gibt vierzehn davon, in jeder ehemaligen Bezirkshauptstadt eine und zusätzlich die Zentrale der BStU in Berlin.
Das vierwöchige Praktikum wurde durch die Mitarbeiter präzise vorbereitet. Es gab vom ersten Tag an einen genauen Ablaufplan. Mir wurde ein Raum mit allen notwendigen Büromaterialien zur Verfügung gestellt. Die Wochenarbeitszeit betrug mindestens 36 Stunden.
Die erste Woche war geprägt durch das Kennenlernen der Räumlichkeiten, der Personen und der Arbeitsweise der Behörde. Zunächst empfing mich der Leiter der Außenstelle Rostock, Herr Dr. Höffer, zu einem kurzen Begrüßungsgespräch. Er erläuterte mir den Praktikumsplan und gab eine kurze Einführung zu den Aufgaben der BStU und der geschichtlichen Rolle der Staatssicherheit in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Im weiteren Verlauf dieses und des nächsten Tages nahmen sich acht Mitarbeiter jeweils eine bis zwei Stunden Zeit, um mir ihre Tätigkeitsfelder in der BStU und die dazugehörigen Aufgabengebiete zu erläutern. In diesem Zuge habe ich die Lochkartenkartei, das Magazin, das Archiv, die Registratur und den „Infopunkt“ im Gebäude in Waldeck kennengelernt.
Herr Dr. Heinz, der mich direkt betreuende Mitarbeiter der BStU, erläuterte mir die Hauptaufgaben der Behörde. Diese liegen in der persönlichen Beratung und Betreuung von Antragstellern, der Forschung und der Öffentlichkeitsarbeit. Besonders durch die Bearbeitung von Anträgen auf Akteneinsicht steht die BStU nach wie vor im Fokus desöffentlichen Interesses. Hierzu gehört ebenfalls die Entschlüsselung von Decknamen. Auch die Überprüfung von Mitarbeitern desöffentlichen Dienstes ist eine der vordringlichen Aufgaben. Darüber hinaus gehen seit 1991 davon unabhängige Ersuchen auf Überprüfung bei der BStU ein. Des Weiteren gibt es Anträge auf Rehabilitierung, meist um Urteile der DDR-Justiz zu negieren. Ob eine Wiedergutmachung angebracht ist und ob Ersuchen auf eine mögliche Opferrente positiv beschieden werden, obliegt ebenfalls dem Ermessen der Mitarbeiter der BStU.
Am dritten und vierten Tag des Praktikums wurde mir die Gelegenheit gegeben, mich direkt mit den Methoden und Einrichtungen der DDR-Staatssicherheit zu befassen, da eine Dokumentations- und Gedenkstätte (DuG) durch die BStU unterhalten wird, wobei das Gebäude der Universität Rostock gehört. In der Hermannstraße 34b befand sich früher das Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit. Eine der Etagen ist, samt den Zellen und des Innenhofes, in eine Dauerausstellung umgewandelt worden. Hier konnte ich viele Dokumente im Selbststudium sichten und mir vor Ort ein Bild machen. Außerdem durfte ich an fünf Führungen durch die DuG teilnehmen und mehrfach den interessierten Besuchergruppen, meist Schüler- oder Seniorengruppen, kleinere begrenzte Sachverhalte im historisch-politischen Kontext genauer erläutern. Am letzten Tag der ersten Woche konnte ich Einsicht in verschiedene Musterakten nehmen.
Nach der intensiven ersten Woche beschränkten sich die drei folgenden Wochen auf die Abarbeitung einer Aufgabe, die mir durch Dr. Heinz zugewiesen wurde. Wie bereits erwähnt, ist eine der Hauptaufgaben der BStU die Öffentlichkeitsarbeit. Hierzu stehen ihr verschiedene Mittel zur Verfügung, wovon eines Ausstellungen sind. Dauerausstellungen, wie sie in der DuG oder im Informationspunkt zu finden sind, aber auch zeitlich begrenzte und flexibel einzusetzende Wanderausstellungen. Eine bekannte Ausstellung ist unter anderem „Stasi im Ostseeraum“.[1] Zurzeit bereitet die BStU in der Außenstelle Rostock, in Kooperation mit anderen Außenstellen in den Hauptstädten der früheren Bezirke der DDR, eine neue Wanderausstellung vor. Der genaue Titel steht noch nicht fest, es soll aber um den Umgang mit der Jugend durch die Staatssicherheit, besonders in der zweiten Hälfte der Existenz der DDR, gehen. Die Zielgruppe sind vor allem junge Menschen, hauptsächlich Schüler. Es soll verstärkt ihr Interesse geweckt werden, da die junge Generation weder die DDR, den Sozialismus oder Mauer und Stacheldraht erlebt, und somit keine Verbindung zur jüngsten Geschichte Deutschlands hat. Vor allem soll sie in Gymnasien und Realschulen eingesetzt werden, idealerweise, wenn der Unterricht gerade die DDR behandelt.
Zu diesem Zweck wurden mir die Akten eines Falles zugänglich gemacht. Diese sollte ich sichten und die wichtigsten Fakten zusammenstellen. Ziel war der Entwurf einer Schautafel für die kommende Wanderausstellung. Bei dem speziellen Fall ging es um eine junge Frau, die durch die Bekanntschaft zu ihrem späteren Ehemann, der offen seine Antipathie gegen die DDR zur Schau stellte, von dem eigentlich eingeschlagenen, geplanten und angepassten Lebensweg abkam und in Opposition zur DDR endete. Die jungen Eheleute waren sowohl beruflich als auch privat Repressalien seitens der DDR-Behörden ausgesetzt. Daraufhin versuchten sie, durch Kontakte in der Bundesrepublik und durch Besuche in der Ständigen Vertretung der BRD in Ost-Berlin, ihre Ausreise zu erzwingen. Infolgedessen wurden beide mit mehr als zwei Jahren Haft bestraft und direkt nach Ende der Haftdauer in die Bundesrepublik entlassen. Insgesamt handelte es sich um eine drakonische Strafe.
Dafür habe ich Untersuchungsakten, Strafakten, Gerichtsakten und Akten der Staatssicherheit („Operative Vorgänge“ und „Operative Personenkontrollen“) durchgearbeitet, um alle Ereignisse, die zum Verstehen des Vorgangs notwendig sind, zusammenzustellen. Diese Aufgabe habe ich erfüllt, der fertige Entwurf der Schautafel wird demnächst an die Firma, die mit der Herstellung beauftragt ist, geschickt. Außerdem schrieb ich einen sechsseitigen Bericht, der anderen Mitarbeitern eine detaillierte Zusammenfassung dieses Vorgangs liefern und auch als Vorlage für schriftliches Begleitmaterial zur Schautafel dienen sollte.
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[1] URL: http://www.bstu.bund.de/DE/InDerRegion/Rostock/Bildung/Leihausstellungen/stasi-im-ostseeraum.html (Stand: 25.07.2011).
- Arbeit zitieren
- Marcus Helwing (Autor:in), 2011, Ein Praktikum bei der BStU, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199725