Gefährliche und gefährdete Jugend

Vergleich von psychologischen und pädagogischen Erklärungen für abweichendes Verhalten auf der Grundlage der Etikettierungsperspektive


Hausarbeit, 2008

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. VorwortS.

2. Evi Crotti und Kinderzeichnungen

3. Erklärungen mit DSM-IVS

4. Vergleich beider Erklärungen

5. Schlusswort

6. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Sucht man in Sachen „Erziehungsfragen“ im Internet nach professionellen Hilfestellungen, so findet man eine fast unerschöpfliche Auswahl an pädago- gischen Ratgebern, welche den verzweifelten und verunsicherten Eltern den Erziehungsalltag erleichtern sollen. Mit „praktischen Tests“ kann also eine Erziehung ermöglicht werden, „wie sie im Bilderbuch steht.“ Auch lassen sich mit ihnen frühzeitig Probleme in der Entwicklung des Kindes erkennen - ein kurzer Blick auf ein bemaltes Blatt Papier oder eine „korrekte“ Interpretation einer Tabelle reichen dafür aus. Selbst schnell durchgeführte Onlinetests, so wie auf der frei zugänglichen und kostenlosen Internetseite http://www.childtemperament.org kann man schnell nachschauen, „wie das Kind so ist.“

Folgerichtig braucht der „verunsicherte Erziehungsberechtigte“ dafür kein professionelles Gutachten - schnelle Hilfe findet man in der Informationsflut des Internets oder in der nächstgelegenen Stadtbücherei (und muss dafür nicht einmal in der Abteilung „Fachliteratur“ suchen).

Mit solchen schnell erarbeiteten „Erkenntnissen“ werden von den Eltern Maßnahmen eingeleitet, damit die Talente des Kindes gefördert werden und eventuellen in Zukunft auftretenden „Problemen“ vorgebeugt werden kann. Unterstützend und absichernd kann auch ein Urteil eines „Sachkundigen“ sein, der den „Fall“ schnell nach Checklisten abarbeiten kann. Dies kann weitreichende Konsequenzen für die Kinder, aber auch für deren Eltern und deren Lehrern haben. Wie solche „Ratgeber“ und ihre „Ergebnisse“ aussehen können, und was sie trotz unterschiedlicher „Herkunft“ so alles gemeinsam haben, das soll auf den nächsten Seiten erarbeitet werden.

2. Evi Crotti und Kinderzeichnungen

Evi Crotti ist eine weltweit bekannte Psychologin und Pädagogin. 1975 grün- dete sie in Italien die erste Schule für Graphologie, deren Vorsitz sie heute noch hält. Auch arbeitet sie beratend für Unternehmen und für die Polizei.1 Sie schrieb unter anderem das Buch „Kinderzeichnungen richtig deuten“, ein weltweiter Bestseller, wenn es um Interpretationen von Kinderzeichnungen geht.

Wie dem Titel des Buches zu entnehmen ist, sind Kinderbilder nicht einfach nur so dahin gemalt. Laut Evi Crotti „[…] handelt es sich in Wahrheit um einen gesprächigen Vortrag, den das Kind vor allem an Vater und Mutter rich- tet. Jede Linie hat einen Sinn.“2 Darüber hinaus schreibt sie: „Lächeln, wei- nen, Freude, Schmerz… All das werden Sie in seiner Art zu malen wieder finden.“3 Diesen beiden Aussagen nach zu urteilen, steckt also in jeder Zeich- nung der „Schlüssel zur Seele“ des Kindes, es wird gesagt, dass man allein dadurch auf den Charakter und den aktuellen Gemütszustand des Kindes schließen kann.

„Ist (der Rumpf) ungewöhnlich klein oder kurz, dann leidet das Kind unter Minderwertigkeitskomplexen“4, heißt es auf Seite 107. Eine Verallgemeine- rung dieser Art unterstellt also jedem Kind, welches einen Menschen mit kur- zem Rumpf malt, dass es zu wenig Selbstvertrauen hat. Dabei wird vergessen, dass die Feinmotorik der Kinder einfach unterschiedlich stark ausgebildet ist. Vielleicht kann das Kind in dem Moment einfach keinen „besseren“ Körper malen, oder vielleicht will es einfach einen Menschen mit kleinem Bauch zeichnen? Die Autorin gibt keinerlei Erklärung dafür, warum ein Kind, wel- ches tatsächlich ein schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein besitzt, einen kleinen Rumpf malen muss. Dies ist nur ein Beispiel von vielen: „Wenn die Sonne keine Strahlen hat, das Haus keine Fenster oder keinen rauchenden Schornstein, die Wolken schwarz sind und dunkle Tropfen hinabregnen lassen oder Ihnen ein Gesicht feuerrot entgegenblickt, dann teilt Ihnen ein Kind dem Betrachter seine Niedergeschlagenheit und Melancholie mit.“5 Auch hier fin- det man den gleichen Kritikpunkt. Warum soll ein Kind einen rauchenden Schornstein mit Glück verbinden? Ein Kind, welches eine glückliche Kindheit hatte, aber in einer Wohnung ohne Schornstein aufgewachsen ist, wird höchstwahrscheinlich ein Haus auf seine eigene Art und Weise malen, näm- lich so, wie es ihm passt. Auch hier wird kein Zusammenhang zwischen rau- chenden Schornsteinen und „Glück“ genannt, er scheint also völlig willkürlich der Fantasie der Autorin entsprungen.

Während hier die Willkürlichkeit der Aussagen dargestellt werden sollte, so soll das auch weiterhin mit stark Klischee beanspruchten Aussagen verdeut- licht werden. Evi Crotti behauptet, „wer sich dazu entschließt, einen Hund zu malen, hat einen gutmütigen Charakter, ist treu und emotional abhängig von dem, der ihm zur Seite steht.“6 Damit unterstellt Crotti dem Menschen, dass er von Geburt an von dem Sinnbild oder der Symbolik eines Hundes (besonders „Treue“) weiß und dies unbewusst schon in jungen Jahren zum Ausdruck bringen kann. Laut Crotti malen „aggressive“ Kinder am liebsten Panzer: „Den Panzerwagen sucht ein Kind als Ausdruck der Kraft aus, die es braucht, um sein zerbrechliches Innenleben zu beschützen. Ein Panzer bedeutet Ag- gressivität […]“7 Ein weiteres Beispiel, welches die typischen Klischees von Krieg und Aggressivität unterstreicht.

Die bislang von Crotti genannten Schlussfolgerungen sind bis zu einem ge- wissen Grad noch „unbedenklich“, allerdings führt sie einige Beispiele noch so weit aus, dass es teils schwere Folgen für das Kind und für die Eltern haben kann: „Wenn ein Kind das gesamte Bild mit runder Gestik bemalt, dann kommt dadurch ein extrovertiertes Temperament ans Licht, […]. Die ständige Gegenwart der Eltern ist hier nicht erforderlich,…“8 Allein die Überlegung, dass ein „extrovertiertes“ Kind weniger Kontakt zu seinen Eltern haben möch- te, erscheint einem schleierhaft. Gehen wir von einem Kleinkind aus, welches

[...]


1 http://www.hoppsala.de

2 Crotti, Evi: Die geheime Sprache der Kinder - Kinderzeichnungen richtig deuten. Seite 12

3 Crotti, Evi: Die geheime Sprache der Kinder - Kinderzeichnungen richtig deuten. Seite 20

4 Crotti, Evi: Die geheime Sprache der Kinder - Kinderzeichnungen richtig deuten. Seite 107 4

5 Crotti, Evi: Die geheime Sprache der Kinder - Kinderzeichnungen richtig deuten. Seite 68

6 Crotti, Evi: Die geheime Sprache der Kinder - Kinderzeichnungen richtig deuten. Seite 62

7 Crotti, Evi: Die geheime Sprache der Kinder - Kinderzeichnungen richtig deuten. Seite 58

8 Crotti, Evi: Die geheime Sprache der Kinder - Kinderzeichnungen richtig deuten. Seite 30f 5

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Gefährliche und gefährdete Jugend
Untertitel
Vergleich von psychologischen und pädagogischen Erklärungen für abweichendes Verhalten auf der Grundlage der Etikettierungsperspektive
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Institut für Sozialpädagogik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V203699
ISBN (eBook)
9783656299998
ISBN (Buch)
9783656300960
Dateigröße
382 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pädagogik, Sozialpädagogik, Etikettierung, Etikettierungsperspektive, Jugend, Psychologie, Stigmatisierung
Arbeit zitieren
Frederic Krassowka (Autor:in), 2008, Gefährliche und gefährdete Jugend, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/203699

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