Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften und Zeitungen
Beispielverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführende Worte zur Thematik
1.2 Problemstellung
1.3 Gang der Untersuchung
2 Immaterielle Vermögenswerte nach IAS/IFRS
2.1 Begriffsbestimmung
2.1.1 Vermögenswert
2.1.2 Immaterieller Vermögenswert im Sinne des IAS 38
2.2 Abgrenzungen
3 Ansatz- und Zugangsbewertungsvorschriften
3.1 Ansatzkonzeption (IAS/IFRS-Rechnungslegung)
3.1.1 Abstrakte Aktivierungsfähigkeit (IAS/IFRS)
3.1.2 Konkrete Aktivierungsfähigkeit (IAS/IFRS)
3.1.3 Gesondert angeschaffte immaterielle Vermögenswerte
3.1.4 Unternehmensintern erstellte immaterielle Vermögenswerte
3.1.5 Immaterielle Vermögenswerte aus Unternehmenszusammenschluss und derivativer Geschäfts- oder Firmenwert gemäß IFRS 3
3.2 Zugangsbewertung
3.2.1 Gesondert angeschaffte immaterielle Vermögenswerte
3.2.2 Unternehmensintern erstellte immaterielle Vermögenswerte
3.2.3 Immaterielle Vermögenswerte aus Unternehmenszusammenschluss und derivativer Geschäfts- oder Firmenwert gemäß IFRS 3
4 Folgebewertung
4.1 Anschaffungskosten- und Neubewertungsmodell
4.1.1 Grundsätzliche Vorgehensweise
4.1.2 Einschränkungen des Bewertungsmethodenwahlrechtes
4.2 Planmäßige Abschreibungen und Wertminderungsaufwendungen
4.2.1 Bestimmung der Nutzungsdauer
4.2.2 Planmäßige Abschreibung
4.2.3 Wertminderungsaufwendungen (Impairment-Test)
5 Impairment-Test im Sinne des IAS 36
5.1 Grundsätzliche Vorgehensweise
5.2 Obligatorischer und ereignisbezogener Impairment-Test
5.3 Anhaltspunkte für eine Wertminderung
5.4 Ermittlung des erzielbaren Betrages im Sinnes des IAS 36
5.5 Zahlungsmittelgenerierende Einheiten
5.5.1 Das Prinzip der zahlungsmittelgenerierenden Einheiten
5.5.2 Zuordnung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwertes (Goodwill)
5.6 Zuschreibung (Wertaufholung)
6 Abschlussbetrachtung
A Anhang
A.1 Partial Goodwill-Methode und Full Goodwill-Methode Überbewertungnicht-beherrschenderAnteile - aktiver Markt (1)
A.2 Partial Goodwill-Methode und Full Goodwill-Methode Überbewertungnicht-beherrschenderAnteile - aktiver Markt (2)
A.3 Entstehungsgeschichte der IAS/IFRS-Rechnungslegung
B Literaturverzeichnis
C Gesetzesverzeichnis
D Verzeichnis der Rechtsquellen der EG/EU
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften und Zeitungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Beispielverzeichnis
Beispiel 1: Goodwill-Ermittlung anhand der Partial Goodwill-Methode
Beispiel 2: Goodwill-Ermittlung anhand der Full Goodwill-Methode Fair Value der nicht-beherrschenden Anteile auf einem aktiven Markt
Beispiel 3: Goodwill-Ermittlung anhand der Full Goodwill-Methode Fair Value der nicht-beherrschenden Anteile bei linearer Hochrechnung
Beispiel 4: Partial Goodwill-Methode und Full Goodwill-Methode Überbewertungnicht-beherrschenderAnteile - aktiver Markt (1)
Beispiel 5: Partial Goodwill-Methode und Full Goodwill-Methode Überbewertungnicht-beherrschenderAnteile - aktiver Markt (2)
1 Einleitung
1.1 Einführende Worte zur Thematik
Die erste Dekade des neuen Jahrtausends zeichnete sich aus globaler Sicht insbesondere durch ein rasantes Wachstum jener Branchen aus, welche dem Informations-, Dienstleistungs- und Techno- logiesektor hinzuzurechnen sind.1 Ein typisches Charakteristikum solcher Branchen ist dessen, gemessen an der Bilanzsumme, hoher Anteil an gehaltenem immateriellen Vermögen in der Un- ternehmensbilanz.2 Unlängst kommt immateriellem Vermögen aber auch branchenübergreifend häufig eine Schlüsselstellung, als erfolgsentscheidender Faktor, zu.3 Die zunehmende Verschie- bung der Bedeutung klassischer Substanzwerte, relativ zu immateriellen Werten, stellt auch neue Herausforderungen an die Rechnungslegung dar.4 Die diese Werte typisierende Eigenschaft der Immaterialität begründet jedoch auch die oftmals bestehenden Objektivierungsschwierigkeiten solcher Werte, welche Bilanzierungs- und Bewertungsspielräume eröffnen können. So betitelte
Moxter bereits früh immaterielle Werte als die ”ewigenSorgenkinderdesBilanzrechts“5. Den aktivierten immateriellen Werten stehen in der Regel keine zeitlich unmittelbar korrespondieren- den Erträge gegenüber, welches diese häufig als ”unsichereWerte“erscheinenlässt.6 Bleibendie aus diesen Werten erhofften Erträge hingegen gänzlich aus, bergen sich potentielle Gefahren aus einem solchen, rein ”virtuellenVermögen“.7
Zu beobachten ist zudem eine immer stärker werdende internationale Verzahnung des Finanz- marktsektors, welches sich in einer vermehrt grenzüberschreitenden Kapitalbeschaffungspraxis global operierender Unternehmen, sowie einer zunehmenden Relativierung geographischer Entfernungen für die Investitionsentscheidung verschiedener Kapitalgeber manifestiert.8 Ins- besondere verlangt diese, sich auf vielen Ebenen vollziehende, globale Vernetzung nach einheitlichen Rechnungslegungsstandards, primär um dem gestiegenen Informationsbedarf der verschiedenen Abschlussadressaten kapitalmarktorientierter Unternehmen nach international vergleichbaren Einzel- und Konzernabschlüssen gerecht zu werden. Unterschiedliche Rech- nungslegungssysteme haben u.a. zur Folge, dass der Ergebnis- und Eigenkapitalausweis eines Unternehmens, abhängig von den angewandten Rechnungslegungsvorschriften, stark divergiert.9 Dies ist häufig bei Unternehmen zu beobachten, welche Cross Border Listings aufweisen. Ursächlich für solche Divergenzen sind vor allem die unterschiedlichen Zielsetzungen der jewei- ligen Rechnungslegungssysteme, sowie Unterschiede hinsichtlich der Möglichkeit Bilanzierungs- und/oder Bewertungswahlrechte und Ermessensspielräume ausüben zu können.10
Mit der Implementierung der International Accounting Standards / International Financial Reporting Standards (IAS/IFRS) in der Europäischen Union (EU) durch den Erlass der Verord- nung (EG) Nr. 1606/2002 (sog. ”IAS-Verordnung“)am19.Juli2002 erfolgteeingroßerSchritt in Richtung Harmonisierung der Rechnungslegung.11 Für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2005 besteht nunmehr für kapitalmarktorientierte12 Unternehmen mit Sitz in der EU die Verpflichtung, Konzernabschlüsse fortan entsprechend den IAS/IFRS-Vorschriften (IAS/IFRS- Abschluss) zu erstellen.13 Existierten vormals noch Befreiungen von dieser Pflicht, sind nunmehr seit dem 1. Januar 2007 konsolidierte Abschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen mit Sitz in der EU ausnahmslos gemäß den IAS/IFRS-Vorschriften aufzustellen.14
In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) wurde die ”IAS-Verordnung“mitderVerabschie- dung des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) am29.10.2004 und der damit einhergehenden Ergänzung des Handelsgesetzbuches (HGB) um § 315a HGB in nationales Recht umgesetzt.15 Neben der nunmehr bestehenden IAS/IFRS-Pflicht für Konzernabschlüsse kapitalmarktori- entierter Unternehmen, besteht für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen mit Sitz in der BRD gemäß § 315a Abs. 3 HGB ein IAS/IFRS-Wahlrecht mit befreiender Wirkung (für den HGB-Konzernabschluss). Einzelabschlüsse sind weiterhin für alle Unternehmen entsprechend den HGB-Vorschriften zu erstellen. Die zusätzliche Erstellung eines IAS/IFRS-Einzelabschlusses ist jedoch für alle Unternehmen optional.16 Fundamentale Unterschiede zwischen beiden Rechnungslegungssystemen ergeben sich aus der Tatsache, dass die IAS/IFRS der, vor allem im angelsächsischen Raum verbreiteten ”case law“ (Fallrecht) ähnelt, das HGB hingegen als ”codelaw“ (kodifiziertesRecht), welche vornehmlichim kontinentaleuropäischen Rechtskreis angesiedelt ist, ausgestaltet ist.17
1.2 Problemstellung
Primäres Ziel der IAS/IFRS-Rechnungslegung hinsichtlich der zu erstellenden Abschlüsse ist das Bereitstellen von Informationenüber die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens für dessen unterschiedliche Abschlussadressaten ( ”DecisionUsefullness-Konzept“).18 Diese Zielsetzung manifestiert sich auch in dem dominierenden Grundsatz der IAS/IFRS- Rechnungslegung, der so genannten ”FairPresentation“,welcheeinen,dentatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Abschluss verlangt. Dieser Grundsatz ist zwar in den Rechnungslegungsvorschriften des HGB auch enthalten, tritt jedoch nach h.M. hinter das ”Vorsichtsprinzip“zurück,welchesAuswuchsderZielsetzungderAusschüttungs-und Steuerbemessungsfunktion des HGB-Abschlusses ist.19
Das erklärte Ziel der ”Fair Presentation“ von Vermögens-, Finanz-und Ertragslageeines Unternehmens in IAS/IFRS-Abschlüssen läßt hoffen, dass bilanzpolitischen Spielräumen zum Schutz der Abschlussadressaten nunmehr Einhalt geboten worden ist. Ein die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse abbildender Abschluss sollte implizieren, dass die Möglichkeiten abschlusspolitische Potenziale auszuschöpfen gemindert worden sind.
Inwiefern bilanzpolitische Gestaltungsspielräume auch IAS/IFRS-Abschlüsse verzerren können und somit die Zielsetzung einer ” Fair Presentation “ konterkarieren,soll im Rahmen dieser Arbeit exemplarisch anhand einer Analyse der immateriellen Vermögenswerte des IAS38 (Immaterielle Vermögenswerte), sowie der im Rahmen einer Unternehmensakquise im Sinne des IFRS3 (Un- ternehmenszusammenschlüsse) erworbenen immateriellen Vermögenswerte und dem derivativen Geschäfts- oder Firmenwert untersucht werden. Dabei soll eine möglichst präzise Übersichtüber etwaige Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte, sowie jene Ermessensspielräume gegeben werden, welche sich im Hinblick auf immaterielle Vermögenswerte als Stellschraube der Bilanzpolitik erweisen. Eine Untersuchung immaterieller Vermögenswerte erweist sich in diesem Zusammenhang als besonders sinnvoll, da eben diese, wie eingangs erwähnt, häufig größeren Objektivierungsschwierigkeiten unterliegen als materielle Vermögenswerte.
1.3 Gang der Untersuchung
Die einem Unternehmen zur Verfügung stehenden immateriellen Posten können sehr unterschied- licher Natur sein. Zu den immateriellen Posten zählen u.a. Software, Patente, Lizenzen, Urhe- berrechte, Markennamen, Kundenlisten, aber auch Humankapital (z.B. spezifisches Mitarbeiter- wissen), oder aber Standortvorteile eines Unternehmens.20 Unterdessen finden nicht alle imma- teriellen Posten Eingang in die Bilanz eines Unternehmens. Nicht bilanzierungsfähige immate- rielle Posten erhöhen zwar unter Umständen den originären Geschäfts- oder Firmenwert eines Unternehmens, sind jedoch nicht Teil dessen Aktiva. Eine nähere Betrachtung jener Kriterien, welche ausschlaggebend sind für die Aktivierungsfähigkeit eines immateriellen Postens, sowie eine Untersuchung der Zugangsbewertungsvorschriften für ansatzfähige Vermögenswerte erfolgt hierbei in Abschnitt 2 (Immaterielle Vermögenswerte nach IAS/IFRS) und Abschnitt 3 (Ansatz- und Zugangsbewertungsvorschriften). Unter der Prämisse, dass Vermögenswerte oftmals im Zeit- verlauf einem Wertverfall unterliegen, müssen Methoden herangezogen werden, welche eine Ab- bildung der Buchwerte der Vermögenswerte nahe deren tatsächlichen Wert ermöglicht. Diesem Folgebewertungsaspekt widmen sich Abschnitt 4 (Folgebewertung) und Abschnitt 5 (Impairment- Test gem äß IAS 36), welche zugleich thematisch eine Einheit bilden. In der, auf den Haupt- teil folgenden, kritischen Würdigung abschlusspolitischer Gestaltungsspielräume bei immateri- ellen Vermögenswerten in Abschnitt 6 (Abschlussbetrachtung) sollen sodann die wesentlichen, die IAS/IFRS-Rechnungslegung typisierenden, bilanzpolitischen Elemente in einen Kontext mit dessen Zielsetzungen der werden.
2 Immaterielle Vermögenswerte nach IAS/IFRS
In der Literatur besteht häufig keine konsistente Begriffsverwendung für die immateriellen Posten eines Unternehmens. Unterdessen werden Begriffe wie immaterielle Güter, immaterielle Werte, immaterielles Vermögen, Intangibles, Intangible Capital, oder aber auch Intellectual Capital und einige weitere nahezu synonym verwendet.21 Verwendung finden soll in dieser Arbeit jedoch nur der bilanzrechtliche Begriff ” i mmaterielle Vermögenswerte “ desIAS/IFRS-Regelwerkes.22 Steht die Vermögenswerteigenschaft hingegen noch zur Disposition, oder aber ist eine Klassifizierung als Vermögenswert auf Grund geltender Bilanzierungsvorschriften nicht möglich wird auf den im IAS/IFRS-Regelwerk gebräuchlichen Begriff ” immaterieller Posten “ zurückgegriffen.23
Ferner beschränkt sich diese Arbeit auf die Behandlung jener immaterieller Vermögenswerte, wel- che Teil des langfristigen Vermögens24 (IAS/IFRS) sind, und somit in den Anwendungsbereich des IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) fallen,25 oder aber den aus einem Unterneh- menszusammenschluss im Sinne des IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) erworbenen derivativen Geschäfts- oder Firmenwert darstellen. Immaterielle Vermögenswerte des kurz- fristigen Vermögens (IAS/IFRS) finden dementsprechend keine Berücksichtigung, da diese im Kontext einer Untersuchung abschlusspolitischer Potentiale von untergeordneter Bedeutung sind. Eine Bezugnahme auf die bilanzielle Behandlung immaterieller Vermögensgegenstände im HGB soll indessen nur erfolgen, sofern wesentliche Abweichungen zu der IAS/IFRS- Rechnungslegung erkennbar sind. Mit dem Inkrafttreten des BilMoG am 29.5.2009 ergibt sich ohnehin eine nahezu deckungsgleiche Regelung mit der IAS/IFRS-Rechnungslegung hinsichtlich der Ansatz- und Zugangsbewertungsvorschriften für immaterielle Vermögensgegenstände.26 Hinsichtlich der in dieser Arbeit verwendeten Terminologie soll weitestgehend den Begriffen der vom IASB authorisierten deutschen Fassung des IAS/IFRS-Regelwerkes Vorzug gegeben werden.27 Eine Untersuchung immaterieller Vermögenswerte im Rahmen der IAS/IFRS- Rechnungslegungsvorschriften bedingt jedoch ein genaueres Verständnis des Aufbaus des IAS/IFRS-Regelwerkes, welcher daher im Folgenden kurz skizziert werden soll.
Das IAS/IFRS-Regelwerk unterliegt einer dreistufigen Unterteilung (IAS 1.7). Den allge- meinen Rahmen, innerhalb dessen sich die IAS/IFRS-Standards und dessen Interpretationen bewegen, bildet hierbei das Framework. Das Framework formuliert die allgemeinen Zielsetzun- gen der Rechnungslegung und definiert unter anderem die elementaren Bestandteile einer Bilanz (z.B. Vermögenswerte, Schulden).28 Stufe zwei bilden die einzelnen IAS/IFRS-Standards.29 Ergänzt werden die IAS/IFRS-Standards auf der dritten Stufe durch die Interpretationen des Standing Interpretations Committee (SIC) und des International Financial Reporting Interpretations Committee (IFRIC). Ziel der Interpretationen ist es, Hilfestellungen zu bieten, sofern Auslegungsprobleme hinsichtlich einzelner Standards in der Rechnungslegungspraxis erkennbar sind. Insbesondere sollen die Interpretationen des SIC und IFRIC zu einer einheitlichen Auslegung der IAS/IFRS-Standards beitragen.30
2.1 Begriffsbestimmung
In IAS 38.8 wird der immaterielle Vermögenswert definiert als ”identifizierbarer,nicht-monetärer Vermögenswert ohne physische Substanz“. Mangels einer abschließenden Aufzählung derjenigen Güter, welche unter den Begriff der immateriellen Vermögenswerte subsumiert werden können, bedarf es daher einer rekursiven Annäherung an den Begriff des immateriellen Vermögenswertes.
2.1.1 Vermögenswert
Ein Vermögenswert wird in IAS 38.8 definiert als ”eineRessource,dieaufgrundvonEreignissen der Vergangenheit von einem Unternehmen beherrscht wird und von der erwartet wird, dass dem Unternehmen durch sie künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt“. Bedingt durch die subsidiäre Stellung des Frameworks, dessen Bestimmungen grundsätzlich keinem Standard vorzuziehen sind (F.2 -3 ), sowie der nahezu identischen Vermögenswertdefinition des F.49 a und den, mit denen des IAS38 übereinstimmenden, flankierenden Ausführungen zu Vermögenswerten (F.53 ff.), ist es an dieser Stelle ausreichend die Vermögenswerteigenschaft anhand des IAS38 zu prüfen.31
Im Vordergrund einer solchen Prüfung stehen hierbei vor allem die ”künftigewirtschaftlicheNutzen“.
”Beherrschung“undder
Beherrschung im Sinne des IAS 38.13-16 liegt vor, wenn das Unternehmenüber einen Vermögenswert die Verfügungsgewalt besitzt, d.h., wenn es ”inderLageist,sichdenkünftigen wirtschaftlichen Nutzen, der aus der zu Grunde liegenden Ressource zufließt, zu verschaffen, und es den Zugriff Dritter auf diesen Nutzen beschränken kann“32. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass es für einen Posten - unter der Prämisse, dass dieser in der Lage ist künftig wirtschaftlichen Nutzen generieren zu können - nicht notwendigerweise ein juristisch durchsetzbares Recht (z.B. Patent, Lizenz) erfordert, damit dieser als Vermögenswert klassifiziert werden kann (IAS 38.13).33 Entscheidendes Kriterium für das Vorhandensein von Verfügungsgewalt ist somit nur, dass das Unternehmen in der Lage ist,über den betrachteten Posten und dessen künftigen wirtschaftlichen Nutzen ”verfügen“ zukönnen, dergestalt, dasses Dritte vonder Nutzungausschließenkann(wirt- schaftliche Betrachtungsweise).34 Solche ”Ausschlussmöglichkeiten“ sind insbesonder egegeben bei sog.
”Betriebsgeheimnissen“ ,bspw. einer unternehmensinternverwendeten ”Geheimrezeptur“ oder einem unternehmensintern entwickelten anderweitigen Herstellungsverfahren, aus dessen Nutzung Wettbewerbsvorteile (wirtschaftlicher Nutzen) erwachsen können.35 Einhergehend kann unter Umständen ein Vermögenswert auch dann vorliegen, wenn ein Dritter die Eigentumsrechte an diesem besitzt.36 Als prominentes Beispiel nennt das Framework hierbei Leasingverhältnisse (F.57). So kann der Leasingnehmer für die Dauer des Leasingverhältnisses in aller Regelüber den Leasinggegenstand (Fuhrpark, Grundstück, maschinelle Anlage) ”verfügen“ und sich den wirtschaftlichen Nutzen aus diesem sichern.
Ein wirtschaftlicher Nutzen kann hierbei ganz grundsätzlich gemäß IAS 38.17 (analog: F.53 ff.) aus Erlössteigerungen, aus Kosteneinsparungen oder aber aus der Umwandlung von (immateriellen) Vermögenswerten in Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquivalente resultie- ren.37 Der wirtschaftliche Nutzen eines Vermögenswertes muss hierbei jedoch nicht zwangsläufig alleinig aus der Nutzung dieses Vermögenswertes resultieren, sondern kann ebenso erst in Folge einer Kombination mehrerer Vermögenswerte entstehen (F.55a). Insbesondere bei immateriellen Vermögenswerten welche der unternehmensinternen Nutzung dienen, kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass diese grundsätzlich nur in Kombination mit anderen materiellen oder immateriellen Vermögenswerten wirtschaftlichen Nutzen generieren können (z.B. unterneh- mensintern entwickelte, nicht zur kommerziellen Nutzung vorgesehene, Software).38
IAS 38.8 verlangt zudem, dass die in Rede stehende Ressource auf Grund bereits vergangener Ereignisse in die Verfügungsgewalt des Unternehmens gelangt sein muss um einen Vermögenswert darzustellen. Diese Bestimmung soll die Begründung eines Vermögenswertes durch bloße Abgabe einer Absichtserklärungüber diesen zukünftig verfügen zu können - z.B. durch monetären Erwerb - verhindern (F.58).
2.1.2 Immaterieller Vermögenswert im Sinne des IAS 38
Grundsätzliche Voraussetzung für das Klassifizieren eines Postens als immaterieller Vermögenswert ist das Vorliegen eines Vermögenswertes im Sinne des IAS 38.8. Liegt ein Vermögenswert vor, muss geprüft werden, ob dieser identifizierbar, nicht-monetärer Natur und ohne physische Substanz ist, um in den Anwendungsbereich von IAS 38 zu fallen. Die Forderung nach Identifizierbarkeit zielt darauf ab, immaterielle Vermögenswerte eindeutig vom originären Geschäfts- oder Firmenwert abzugrenzen (IAS 38.11). Eine hinreichende, jedoch nicht notwendi- ge Bedingung für das Vorliegen eines identifizierbaren Vermögenswertes ist die Separierbarkeit. Dies bedeutet, dass der vorliegende Vermögenswert vom Unternehmen getrennt und verkauft,übertragen, lizenziert, vermietet oder getauscht werden kann (IAS 38.12 (a)). Ebenso gilt jedoch ein Vermögenswert als identifizierbar, wenn er unabhängig davon, ob diese Rechte vom Unternehmen [...]übertragbar oder separierbar sind“39. Vermögenswerte, welche diesem so genannten Contractual-Legal-Kriterium40 genügen, erfüllen somit ebenso das Kriterium der Identifizierbarkeit, obgleich die Möglichkeit einer alleinigen Abkopplung des Vermögenswertes vom Unternehmen nicht gegeben ist.
Zudem muss der betrachtete Vermögenswert nicht-monetärer Natur sein, um als immateri- eller Vermögenswert zu gelten. IAS 38.8 liefert hierzu nur eine positive Definition monetärer Vermögenswerte als ”im Best and befindliche Geldmittel und Vermögenswerte, fürdiedas Unternehmen einen festen oder bestimmbaren Geldbetrag erhält“. Finanzielle Vermögenswerte scheiden somit aufgrund ihrer Beschaffenheit als monetäre Vermögenwerte, für welche das Unternehmen einen festen oder zumindest bestimmbaren Betrag erhält, als immaterielle Vermögenswerte im Sinne des IAS 38 aus. Der zudem vom Standardsetter vorgesehene expli- zite Ausschluss finanzieller Vermögenswerte durch die Bestimmungen des IAS 38 .2 (b) und IAS38.3 (e) mag hierbei vordergründig redundant erscheinen, erfährt jedoch insbesondere durch den Umstand Berechtigung, dass bestimmten finanziellen Vermögenswerten unkalkulierba- re Wertschwankung inhärent sein können (z.B. Aktien, welche Kursschwankungen unterliegen).41
Schwieriger gestaltet sich im Einzelfall die Beurteilung nach dem Vorhandensein bzw. Nichtvorhandsein einer physischen Substanz eines Vermögenswertes. Abgrenzungsprobleme zwischen materiellen Vermögenswerten und immateriellen Vermögenswerten entstehen bei jenen Vermögenswerten, welche sowohl immaterielle als auch materielle Elemente aufweisen. Entscheidungskriterium ist hierbei ”welches Element wesentlicher ist“42.
Hierbei kann es hilfreich sein, die zur Disposition stehenden Vermögenswerte in Verbundgüter und materialisierte immaterielle Vermögenswerte zu unterteilen.43 IAS 38.4 benennt als Beispiel für ein Verbundgut u.a. eine computergesteuerte Werkzeugmaschine, welche ohne die entsprechende Software nicht betriebsfähig ist. Wesentliches Element stellt hierbei die zur Produktion und somit der Haupt- geschäftstätigkeit dienenden Werkzeugmaschine dar. Verbundgüter sind somit den materiellen Vermögenswerten hinzuzurechnen, welche dem Standard IAS 16 (Sachanlagen) unterliegen. Ein immaterieller Vermögenswert, welcher beispielsweise auf einer Compact Disc gespeichert ist (z.B. Software, Rechtsdokument, o. Ä.), stellt hingegen einen materialisierten immateriellen Vermögenswert dar, da die materielle Komponente hierbei lediglich als ”Trägermedium“ fungiert.
Stellt man hierbei auf die Wesentlichkeit ab, ist ein solcher Vermögenswert als immaterieller Vermögenswert im Sinne des IAS38 einzustufen.
2.2 Abgrenzungen
Auf bestimmte Güter, welche zwar der Definition eines immateriellen Vermögenswertes genügen, jedoch von IAS 38.2-3 ausgeschlossen werden, findet IAS 38 keine Anwendung. Betriebswirt- schaftlich bedeutsame Beispiele sind hier vor allem immaterielle Vermögenswerte, welche Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden“44 (sog. kurzfristige Vermögenswerte), langfristige immaterielle Vermögenswerte welche als ”zur Veräußerunggehaltenelangfristige Vermögenswerte“45 gelten und der im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses erwor- bene derivative Geschäfts- oder Firmenwert,46 welcher in den Anwendungsbereich des IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) fällt. Ebenso fallen u.a. finanzielle Vermögenswerte, latente Steueransprüche, Leasingverträge, oder Vermögenswerte, die aus Leistungen an Arbeitnehmern resultieren in den Anwendungsbereich anderer Standards hinein (IAS 38.2-3). Somit lässt sich feststellen, dass IAS 38 vor allem Anwendung auf immaterielle Vermögenswerte findet, welche einem Unternehmen zur längerfristigen, unternehmensinternen Nutzung dienen (sog. langfristige Vermögenswerte).47
3 Ansatz- und Zugangsbewertungsvorschriften
3.1 Ansatzkonzeption (IAS/IFRS-Rechnungslegung)
Der Bilanzansatz bestimmter Posten vollzieht sich in der IAS/IFRS-Rechnungslegung in einem zweistufigen Prozess.48 Dieser Prozess lässt sich unterteilen in eine Prüfung der abstrakten Aktivierungsfähigkeit und eine Prüfung der konkreten Aktivierungsfähigkeit.49 Die Erfüllung der abstrakten Aktivierungsfähigkeit als notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für einen Bilanzansatz als immaterieller Vermögenswert im Sinne des IAS 38, geht einer Überprüfung der konkreten Aktivierungsfähigkeit konsequenterweise voraus. Ist abstrakte und/oder konkrete Aktivierungsfähigkeit nicht erfüllt, ist ein Bilanzansatz grundsätzlich ausgeschlossen.50 Ansatzwahlrechte kennt die IAS/IFRS-Rechnungslegung - im Unterschied zur HGB-Rechnungslegung - unterdessen nicht. Ist ein Vermögenswert sowohl abstrakt als auch konkret aktivierbar, sieht der Standardsetter hierfür grundsätzlich ein Ansatzgebot vor.51
Unterdessen herrscht in der Literatur Uneinigkeit hinsichtlich der inhaltlichen Abgrenzung der abstrakten und konkreten Aktivierungsfähigkeit in der IAS/IFRS-Rechnungslegung. So sehen u.a. Baetge / Kirsch / Thiele die abstrakte Aktivierungsfähigkeit eines immateriellen Vermögenswertes als erfüllt an, sofern dieser den Definitionskriterien des IAS 38.8-17 ent- spricht (allg.: F.49a i.V.m. F.53 ff.).52 Konkrete Aktivierungsfähigkeit ist demnach - als zweiter Prüfungspunkt der Aktivierbarkeit des IAS 21-23 (allg.: F.83 ff.), unter Berücksichtigung der je nach Zugangsart des imma- teriellen Vermögenswertes geltenden speziellen Ansatzvorschriften des IAS 38, sowie unter Berücksichtigung etwaiger Ansatzverbote zu beurteilen. Konträr hierzu sehen Heyd / Lutz-Ingold und Wulf die abstrakte Aktivierungsfähigkeit als erfüllt an, sofern sowohl die Definitionskriterien des IAS 38.8-17, als auch die allgemeinen Ansatzkriterien des IAS 38.21-23 erfüllt sind.53 Die Erfüllung der konkreten Aktivierungsfähigkeit leiten sowohl Heyd / Lutz-Ingold als auch Wulf aus der Erfüllung der in den jeweiligen Standards kodifizierten spezielleren Ansatzvorschriften ab, unter Berücksichtigung etwaiger Ansatzverbote. Obgleich beide Ansatzkonzepte grundsätzlich plausibel erscheinen, soll dieser Spitzfindigkeit indessen nicht weiter nachgegangen werden und im Folgenden - wertneutral - der u.a. von Baetge / Kirsch / Thiele vertretenen Auffassung der Vorzug gegeben werden.
3.1.1 Abstrakte Aktivierungsfähigkeit (IAS/IFRS)
Um der abstrakten Aktivierungsfähigkeit genügen zu können muss der in Rede stehende Posten die Definitionskriterien des IAS 38.8-17 für das Vorhandensein eines immateriellen Vermögenswertes im Sinne des IAS 38 kumulativ erfüllen können. Zu prüfen ist somit, ob es sich bei dem betrachteten Posten um einen Vermögenswert handelt, welcher zudem identifizierbar, nicht-monetärer Natur und ohne physische Substanz ist.54 Aktivierungsfähigkeit und somit Eingang in die IAS/IFRS-Bilanz als immaterieller Vermögenswert im Sinne des IAS 38 erhält ein immaterieller Vermögenswert jedoch nur, sofern nebst der abstrakten Aktivierungsfähigkeit auch die konkrete Aktivierungsfähigkeit erfüllt sind.
3.1.2 Konkrete Aktivierungsfähigkeit (IAS/IFRS)
Die Erfüllung der konkreten Aktivierungsfähigkeit im Sinne der IAS/IFRS-Rechnungslegung setzt voraus, dass ein immaterieller Vermögenswert die allgemeinen Ansatzkriterien des IAS 38.21-23, unter Berücksichtigung der jeweils geltenden spezielleren Vorschriften für gesondert angeschaffte (IAS 38.25-32), unternehmensintern erstellte (IAS 38.51-67), aus Unterneh- menszusammenschluss (IAS 38.33-43), Tausch (IAS 38.45-47), oder durch Zuwendung der öffentlichen Hand (IAS 38.44) erworbene, immaterielle Vermögenswerte erfüllt und zudem kein explizites Ansatzverbot einem Ansatz entgegensteht. Im Folgenden sollen zunächst die allgemeinen Ansatzkriterien des IAS 38.21-23 untersucht werden, ehe in den Abschnitten 3.1.3 - 3.1.5 eine ausführliche Beleuchtung der speziellen Ansatzkriterien für gesondert angeschaffte, unternehmensintern erstellte und aus Unternehmenszusammenschluss erworbene immaterielle Vermögenswerte erfolgt. Auf eine nähere Betrachtung jener immaterieller Vermögenswerte, welche im Rahmen eines Tausches, oder durch Zuwendung der öffentlichen Hand erworben wurden, soll unterdessen aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet werden.
Die allgemeinen Ansatzkriterien des IAS 38.21-23 verlangen, dass der erwartete künftige wirtschaftliche Nutzen aus der Nutzung des Vermögenswertes als wahrscheinlich gilt (IAS 21 (a)), und dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten verlässlich ermittelt werden können (IAS 21 (b)). Während der Begriff der Verlässlichkeit im Framework genauere Erläuterung erfährt, mangelt es jedoch an einer entsprechenden Konkretisierung dessen, ab wann ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen als ”wahrscheinlich“ gilt.
Eine verlässliche Bewertung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne des F. 86 i.V.m. F. 31 - 38 ist gegeben, sofern von einer neutralen und somit willkürfreien Bestimmung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ausgegangen werden kann, welche unter Beachtung des Vorsichtsprinzips (F. 37 ) und des Vollständigkeitsprinzips (F. 38 ) ermittelt wurden und zudem dem Abschlussadressaten eine glaubwürdige Darstellung des Sachverhaltes bieten (F. 33 - 34 ). Unterdessen stehen Schätzungen einer verlässlichen Ermittlung der Anschaffungs- oder Her- stellungskosten grundsätzlich nicht entgegen (F. 86 ). Der Standardsetter verlangt hierbei jedoch von dem bilanzierenden Unternehmen die, bestimmten Vermögenswerten inhärenten Risiken, in die Schätzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten einzubeziehen (F. 37 ). Das Vorsichts- prinzip stellt hierbei - im Unterschied zur HGB-Rechnungslegung - lediglich ein Unterprinzip des Verlässlichkeitsgrundsatzes dar.55 Entsprechend diesem Prinzip sollen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Vermögenswertes nicht höher angesetzt werden, als dies der tatsächliche Sachverhalt rechtfertigen würde (F.37). Hinsichtlich des Vollständigkeitsprinzips ist grundsätzlich sogleich das Wesentlichkeitsprinzip des F.29-30 zu beachten (F.38). So hat eine vollständige Erfassung aller Bestandteile der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bestimmten Vermögenswertes immer auch unter Berücksichtigung von Kosten (Unternehmens- perspektive) und Nutzen (Abschlussadressaten) zu erfolgen (F.38 i.V.m. F.44). Zudem erfordert eine verlässliche Bestimmung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, dass der ermittelte Betrag eine glaubwürdige Darstellung des tatsächlichen Sachverhaltes darstellt (F.33-34). Ein in einem Missverhältnis zum erwarteten zukünftigen Nutzen stehender aktivierter Betrag würde hierbei die Zielsetzung einer glaubwürdigen Darstellung unterlaufen. Der abgebildete Sachverhalt muss demzufolge konsistent mit dem sein, was vernünftigerweise von einem Abschlussadressaten von diesem zu erwarten wäre (F.33).
Weitaus weniger präzise erläutert ist der Begriff der Wahrscheinlichkeit eines künftigen Nutzenzuflusses. IAS 38.22 verlangt hierbei, dass das Management eines Unternehmens der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit vernünftige und begründete Annahmen zu Grunde legt. Insbesondere ist eine aus Sicht des Managements bestmögliche Einschätzung aller wirtschaftlich relevanten Rahmenbedingungen zu treffen, sowie externen Hinweisen grundsätzlich den Vorrang zu geben (IAS 38.22-23). Die Ausführungen des Frameworks verbleiben in diesem Punkt ebenfalls sehr vage. So hat das bilanzierende Unternehmen zwar gemäß F.85 branchenspezifische Unsicherheiten und substanzielle Hinweise bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines künftigen Nutzens zu berücksichtigen, eine nähere Konkretisierung dessen, was als ”substanziel- ler Hinweis“ erachtet werden kann, unterbleibt hingegen. Unterdessen gehen Coenenberg / Haller / Schultze beispielsweise davon aus, dass ein Nutzenzufluss als wahrscheinlich anzusehen ist, wenn dessen Eintrittswahrscheinlichkeit höher ist, als dessen Gegenwahrscheinlichkeit (Wahr- scheinlichkeit > 50 %).56 Insbesondere die Erfüllung des Wahrscheinlichkeitskriterium bietet hierbei, auf Grund mangelnder Konkretisierung, bilanzpolitische Spielräume dergestalt, dass die Aktivierungsfähigkeit eines bestimmten Vermögenswertes weitestgehend subjektiver Natur wird.57 So können auch die häufig in der Literatur geforderten Eintrittswahrscheinlichkeiten unter Umständen umgangen werden, in dem dessen Ermittlung eine andere statistische Methode zu Grunde gelegt wird.58
Ein generelles Ansatzverbot besteht unterdessen für den originären Geschäfts- oder Fir- menwert (IAS 38.48). Ausgaben, welche zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit einem zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen stehen, ohne dass diese einem ansatzfähigen immateriellen Vermögenswert im Sinne des IAS 38 (gesondert angeschafft, unternehmensintern erstellt, aus Unternehmenszusammenschluss erworben), oder des IFRS 3 (derivativer Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill)) zugeordnet werden können, sind in der Periode ihrer Entstehung aufwandswirksam zu erfassen (IAS 38.49, IAS 38.68-69). Diese Ausgaben sind nach Ansicht des Standsetters in aller Regel dem Erhalt oder der Steigerung des originären Geschäfts- oder Firmenwertes fiktiv ”hinzuzurechnen“(IAS 38 . 49 i.V.m.IAS 38 . 69 ).Beispielhaftfürsolche Ausgaben sind hierbei Forschungsausgaben welche aus unternehmensinternen Forschungs- und Entwicklungsprojekten resultieren (IAS 38 . 69 ), sowie jegliche Form von Gründungs-, Ingangsetzungs-, Umstrukturierungs-, oder Verlegungskosten für ein Unternehmen oder einen Teilbereich eines Unternehmens (IAS 38 . 69 (a), (d)). Ebenso hierunter zu subsumieren sind Ausgaben, welche in Zusammenhang mit der Produkteinführung oder Absatzförderung eines Produktes stehen (z.B. Werbung, verkaufsfördernde Maßnahmen, o. Ä.) (IAS 38 . 69 (a), (c)), sowie Ausgaben für die Aus- oder Weiterbildung von Arbeitnehmern oder sonstigen für das Un- ternehmen tätige Personen (IAS 38 . 69 (b)). Weitere, explizit Erwähnung findende, Ansatzverbote bestehen u.a. für selbst erstellte Markennamen, Drucktitel, Verlagsrechte, o. Ä. (IAS 38 . 63 ). Auch hier kann davon ausgegangen werden, dass diese in aller Regel dem Erhalt oder der Steigerung des originären Geschäfts- oder Firmenwertes zuträglich sind. Eine Nachaktivierung bereits als Aufwand verbuchter Ausgaben ist gemäß IAS 38 . 71 ebenfalls unzulässig.
immateriellen Vermögenswert zu zahlen abgeleitet werden. Ebenso ist, gemäß IAS 38.26, eine verlässliche Bestimmung der Anschaffungskosten im Regelfall, auf Grund der Objektivierung durch den Kaufpreis, ebenfalls gegeben (Ansatzkriterium aus IAS 38.21 (b)).59 Ein Scheitern des Ansatzes eines gesondert angeschafften Postens als immaterieller Vermögenswert im Sinne des IAS 38 ist daher regelmäßig auf die Nicht-Erfüllung der Definitionskriterien des IAS 38.8- 17 zurückzuführen.60 Ausgaben für einen solchen Posten sind sogleich aufwandswirksam in der Periode ihrer Entstehung zu erfassen (IAS 38.68).
3.1.4 Unternehmensintern erstellte immaterielle Vermögenswerte
Grundsätzlich ist ein Ansatz unternehmensintern erstellter immaterieller Vermögenswerte in der IAS/IFRS-Bilanz möglich, sofern diese die Definitions- und Ansatzkriterien erfüllen (IAS 38.18). Im Unterschied zu gesondert angeschafften immateriellen Vermögenswerten, gestaltet sich der Nachweisüber die Erfüllung dieser Kriterien für einen unternehmensintern erstellten immate- riellen Posten jedoch oftmals weitaus schwieriger (IAS 38.51). Insbesondere können Probleme auftreten bei der Feststellung, ob und zu welchem Zeitpunkt ein identifizierbarer, und somit von dem originären Geschäfts- oder Firmenwert unabhängiger, immaterieller Vermögenswert vorliegt, sowie hinsichtlich der Nachweiserbringung, dass der wirtschaftliche Nutzen, welcher aus der Verwendung des unternehmensintern erstellten immateriellen Vermögenswertes zu erwarten ist, auch wahrscheinlich ist (IAS 38.51 (a)). Ebenso problematisch kann im Einzelfall die verlässliche Ermittlung der Herstellungskosten sein, da diese bedingt, dass die Kosten für die unternehmensinterne Erstellung eines immateriellen Vermögenswertes, zweifelsfrei von jenen Kosten unterschieden werden können, welche in Zusammenhang mit dem Erhalt oder der Steigerung des originären Geschäfts- oder Firmenwertes, oder dem Tagesgeschäft stehen (IAS 38.51 (b)). So unterliegen unternehmensintern erstellte immaterielle Vermögenswerte, neben den allgemeinen Definitions- und Ansatzvorschriften (IAS 38.8-17, IAS 38.21-23), zudem den spezielleren Vorschriften des IAS 38.52-67.61
Zur Beurteilung der Ansatzfähigkeit hat das bilanzierende Unternehmen den Herstellungs- prozess eines unternehmensintern erstellten immateriellen Postens in eine Forschungsphase und eine Entwicklungsphase zu unterteilen. Es muss somit zunächst festgestellt werden, ob sich der unternehmensintern erstellte immaterielle Posten in der Forschungs- oder Entwicklungsphase befindet.62 Hierbei ist der Begriff ”Forschung“definiertalsdie ”eigenständigeundplanmäßige Suche mit der Aussicht, zu neuen wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen zu gelan- gen“63. IAS 38.56 nennt einige Beispiele für Aktivitäten, welche eindeutig der Forschungsphase hinzuzurechnen sind. Hierunter fallen unter anderem jegliche Anstrengungen, welcher der Erlangung innovativer Erkenntnisse, oder der Erforschung alternativer Materialien, Verfahren, Produkte, o. Ä., zuträglich sind, aber auch Aktivitäten im Zusammenhang mit der Suche nach Anwendungsmöglichkeiten für bereits gesammelte Forschungsergebnisse und ähnlich gelagertem Wissen (IAS 38.56). Ein sich in der Forschungsphase befindlicher unternehmensintern erstellter immaterieller Posten findet unterdessen keinen Ansatz, da es dem bilanzierenden Unternehmen an Beweiskraftüber die Existenz eines immateriellen Vermögenswertes - von welchem zu erwarten ist, dass dieser in Zukunft wirtschaftlichen Nutzen generiert - mangelt (IAS 38.54-55). Ausgaben, welche im Rahmen dieser Phase anfallen, sind somit aufwandswirksam, in der Periode ihrer Entstehung, zu berücksichtigen (IAS 38.54-55).64
[...]
1 Vgl. BEHR / LEIBFRIED (2001), ST, S. 1127 ff.
2 Vgl. LUTZ-INGOLD (2005), S. 1.
3 Vgl. DOBLER / KURZ (2007), KoRIFRS, S. 485; VELTE (2008), S. 1 ff.; LUTZ-INGOLD (2005), S. 1 f.; HEUSER / THEILE (2009), S. 152; MOSER (2011), S. 29-30. Insbesondere lässt sich eineüber dem Buchwert liegende Marktkapitalisierung oftmals auf nicht-aktivierte immaterielle Vermögenswerte zurückführen. Vgl. hierzu auch ACHLEITNER / BEHR / SCH ÄFER (2009), S. 91 f.
4 Vgl. ACHLEITNER / BEHR / SCH ÄFER (2009), S. 92; CLAUSS (2012), S. 3.
5 Vgl. MOXTER (1979), BB, S. 1102.
6 Vgl. VELTE (2008), S. 1 f.
7 Vgl. LUTZ-INGOLD (2005), S. 3.
8 Vgl. WAGENHOFER (2009), S. 28-29.
9 Vgl. WAGENHOFER (2009), S. 20 f.
10 Vgl. HEUSER / THEILE (2009), S. 4 ff.
11 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002. Zur Entstehungsgeschichte der IAS/IFRS-Rechnungslegung siehe A.3 (Anhang), S. 43-46.
12 Genauer: Sofern eine Wertpapierzulassung zum Handel in einem regulierten Markt eines EU-Mitgliedsstaates besteht oder angestrebt wird.
13 Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002.
14 Art. 4 und Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002; vgl. auch REINKE (2009), S. 7.
15 BGBl. I 2004, S. 3166 ff.; § 315a HGB; vgl. auch CLAUSS (2012), S. 11.
16 § 325 Abs. 2a HGB i.V.m. § 325 Abs. 2b HGB.
17 Das deutlich umfangreichere IAS/IFRS-Regelwerk ist auf diesen Umstand zurückzuführen, da es als ”caselaw“,imUnterschiedzum ”code law“, welches aus der Formulierung genereller Normen besteht, aus zahlreichen Einzelfallentscheidungen der Vergangenheit abgeleitet wird (z.B. Präzedenzurteile). Vgl. hierzu u.a. LUTZ-INGOLD ( 2005 ), S. 33 , S. 149 ; REINKE ( 2010 ), S. 9 ; HEUSER /THEILE ( 2009 ), S. 1 ff.
18 F.9 i.V.m. IAS 1.9 [F: Framework]. Zur Einordnung des Framework in das Gesamtkonzept der IAS/IFRS-Rechnungslegung s. Abschnitt 2.
19 § 264 Abs. 2 HGB, § 252 Abs. 1 S. 4 HGB; vgl. auch HEUSER / THEILE (2009), S. 4 ff.
20 Vgl. ARBEITSKREIS
”IMMATERIELLE WERTE IM RECHNUNGSWESEN “DER SCHMALENBACH-GESELLSCHAFT FÜR BE- TRIEBSWIRTSCHAFT E.V. ( 2001 ), DB, S. 991 .
21 Vgl. u.a. WULF (2008), S. 19; W ÖHRMANN (2009), S. 11.
22 Analog im Falle einer Bezugnahme auf die HGB-Rechnungslegung: Immaterieller Vermögensgegenstand.
23 Deutsche, vom IASB authorisierte, Fassung des IAS 38.
24 Das langfristige Vermögen ergibt sich hierbei aus einer Negativabgrenzung des kurzfristigen Vermögens (IAS 1.60-68). Sofern im Rahmen dieser Arbeit eine Bezugnahme auf die immateriellen Vermögensgegenstände des HGB erfolgt, bezieht sich diese auf die immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens.
25 Siehe hierzu auch Abschnitt 2.2.
26 Vgl. BGBl. I 2009, S. 1102 ff. Unterschiede zwischen der IAS/IFRS-Rechnungslegung und der HGB-Rechnungslegung bestehen vor allem hinsichtlich der Folgebewertung immaterieller Vermögensgegenstände. Siehe hierzu Abschnitt 4 und Abschnitt 5.
27 Ein Rückgriff auf Begriffe aus dem HGB oder aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) soll hierbei nur erfolgen, sofern dies einem erleichterten Verständnis bestimmter Sachverhalte zuträglich ist.
28 Vgl. u.a. BUCHHOLZ (2011), S. 7; CLAUSS (2012), S. 10.
29 Bilanzausweis- und Gliederungsfragen werden hierbei in IAS 1 behandelt. Regelungen zu den einzelnen bilanziellen Sachverhalten werden von IAS 2-41, sowie von IFRS 1-8 abgedeckt (Stand: 5. Juni 2012).
30 Vgl. CLAUSS (2012), S. 10.
31 Die Subsidiarität des Frameworks kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn einzelne Standards abweichende Regelungen enthalten. Entsprechend den Zielsetzungen des Standardsetters ist jedoch i.d.R. davon auszugehen, dass sich die Bestimmungen des Frameworks in den einzelnen Standards wiederspiegeln. Vgl. hierzu F.2-3, sowie ACHLEITNER / BEHR / SCH ÄFER (2009), S.65; LUTZ-INGOLD (2005), S. 155.
32 IAS 38.13.
33 F.57; vgl. auch HEUSER / THEILE (2009), S. 72 ff., S. 150.
34 Ebenda.
35 Vgl. u.a. MOSER (2011), S. 29-30; HEUSER / THEILE (2009), S. 150.
36 F.57; vgl. auch HEUSER / THEILE (2009), S. 72 f.
37 Vgl. W ÖHRMANN (2009), S. 29.
38 Siehe hierzu auch die Ausführungen zu ”Verbundgütern“und ”materialisiertenimmateriellenGütern“inAbschnitt 2 . 1 . 2 .
39 IAS 38.12 (b).
40 Vgl. LUTZ-INGOLD (2005), S. 165.
41 Vgl. u.a. HEYD / LUTZ-INGOLD (2005), S. 35; W ÖHRMANN (2009), S. 32.
42 IAS 38.4; vgl. u.a. auch WAGENHOFER (2009), S. 217.; ACHLEITNER / BEHR /SCH ÄFER (2009), S. 95.43 Vgl. LUTZ-INGOLD (2005), S. 7 f. ”zum
44 IAS 38.3 (a). 45 IAS 38.3 (h). 46 IAS 38.3 (f).
47 Vgl. VELTE (2008), S. 154.
48 Vgl. u.a. COENENBERG / HALLER / SCHULTZE (2009), S. 86; BAETGE / KIRSCH / THIELE (2009), S. 178; WULF (2008), S. 29 ff.; LUTZ-INGOLD (2005), S. 155 ff.
49 Eine ähnliche Einteilung findet sich auch in der HGB-Rechnungslegung wieder. Die konkrete Aktivierungsfähigkeit leitet sich in der HGB- Rechnungslegung nach h.M. aus § 246 Abs. 1 S. 1 HGB ab, welcher einen Ansatz - nach GoB - abstrakt aktivierbarer Vermögensgegenstände vorsieht, sofern keine gesetzlichen Vorschriften eine anderweitige Regelung vorsehen. Vgl. hierzu erläuternd BAETGE / KIRSCH / THIELE (2009), S. 154 ff.
50 Durch die subsidiäre Stellung des Frameworks (F.2-3) wäre unterdessen eine Aktivierung trotz fehlender abstrakter Aktivierungsfähigkeit (Vermögenswerteigenschaft) theoretisch möglich, sofern ein Standard den Ansatz eines bestimmten Postens vorsähe, welcher kein Vermögenswert im Sinne des F.49a i.V.m. F.53 ff., oder des in Rede stehenden Standards darstellt. Vgl. hierzu HEUSER / THEILE (2009), S. 76-77.
51 Vgl. MOSER (2011), S. 228-229.
52 Vgl. u.a. BAETGE / KIRSCH / THIELE (2009), S. 178 ff.; COENENBERG / HALLER / SCHULTZE (2009), S. 86; VELTE (2008), S.154-157 ff.; JANSSEN (2007), S. 54 ff.; ACHLEITNER / BEHR / SCH ÄFER (2009), S. 97.
53 Vgl. HEYD / LUTZ-INGOLD (2005), S. 23-50; WULF (2008), S. 27-35.
54 Siehe hierzu erläuternd Abschnitt 2.1.1 und Abschnitt 2.1.2.
55 F.31-37; vgl. auch WAGENHOFER (2009), S. 131.
56 Vgl. u.a. COENENBERG / HALLER / SCHULTZE (2009), S. 87; VELTE (2008), S. 157-158; BAETGE / KIRSCH / THIELE (2009), S. 182.
57 Vgl. HEYD / LUTZ-INGOLD (2005), S. 28; sowie VELTE (2008), S. 157.
58 Vgl. WAGENHOFER (2009), S. 146.
59 Vgl. hierzu Abschnitt 3.1.2; vgl. auch W ÖHRMANN (2009), S.34.
60 Vgl. W ÖHRMANN (2009), S. 35.
61 IAS 38.51.
62 Vgl. LUTZ-INGOLD (2005), S.169.
63 IAS 38.8.
64 Vgl. hierzu auch IAS 38.68: Erfolgswirksame Verbuchung bei Scheitern der Definitions- und/oder Ansatzkriterien.