Der russische Literaturwissenschaftler Michail Bachtin entwickelte während der Kulturrevolution der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts das theoretische Konzept seiner Theorie der Redevielfalt und der Dialogizität. Diese Theorie arbeitete er an Studien zu Dostojewski, Rabelais und der Menippeischen Satire weiter aus. Es folgten Studien zum Karneval und schließlich zur Poetik des Romans. Seine Theorie steht im Gegensatz zur herkömmlichen stilistischen Analyse des Romans, die niemals in der Lage war, befriedigende Ergebnisse zur Beschreibung seines Stils zu liefern. Michail Bachtins Theorie hat die Literaturwissenschaft auf diesem Gebiet ein großes Stück weitergebracht; er geht nicht von einem einheitlichen Stil oder einer einheitlichen Sprache im Roman aus, sondern er sieht den Roman als ein Zusammenspiel von verschiedenen Stilen und Sprachen.
Diese Arbeit wendet Bachtins Theorie von der narrativen Dialogizität auf den Roman "La Desheredada" von Benito Pérez Galdós an, und analysiert diesen auf seine verschiedenen Sprachen und Stile hin .
Der Roman "La Desheredada" erschien im Jahre 1881 als erstes Werk der bekannten "Novelas contemporáneas". Galdós steht, als spanischer naturalistischer Autor, in der Tradition des französischen Naturalismus, sein besonderes Vorbild war Emile Zola. Dennoch weist der spanische Naturalismus gegenüber dem französischen einige Unterschiede auf, so stehen z. B. die mentalen Prägungsvorgänge der Figuren eines Romans mehr im Vordergrund als deren milieubedingte Determinierung.
In "La Desheredada" findet sich eine Vielzahl an verschiedenen sozialen Sprachen und Stilen; nach einer theoretischen Einführung in Bachtins Theorie arbeite ich diese einzeln heraus, kategorisiere sie und erkläre ihre Funktion. Dabei stütze ich mich auf Bachtins Werk "Die Ästhetik des Wortes", darin vor allem auf das Kapitel "Das Wort im Roman", sowie auf verschiedene Sekundärtexte zum Thema (Broich/Pfister, Walter, Kristeva, Labanyi...).
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Redevielfalt und Dialogizität nach Michail Bachtin
- 3. Redevielfalt und Dialogizität in "La Desheredada"
- 3.1. Gesellschaftliche und literarische Sprachen und eingelegte Stile
- 3.1.1. Gesellschaftliche Redetypen
- 3.1.2. Berufliche Fachsprachen
- 3.1.3. Eingelegte Gattungen und Stile
- 3.1.4. Soziale Sprachen
- 3.2. Intertextuelle Bezüge
- 3.2.1. Bibel
- 3.2.2. Ritterroman (Don Quijote)
- 3.2.3. Poesie
- 3.2.4. Französische Zeitungs(Fortsetzungs-)romane
- 4. Funktionen von Redevielfalt, Dialogizität und Intertextualität
- 5. Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die narrative Dialogizität in Benito Pérez Galdós' Roman "La Desheredada" anhand der Theorie Michail Bachtins. Ziel ist es, die verschiedenen Sprachen und Stile im Roman zu identifizieren, zu kategorisieren und ihre Funktion im Gesamtwerk zu analysieren.
- Anwendung der Theorie der Redevielfalt und Dialogizität nach Bachtin auf einen spanischen Roman.
- Analyse der verschiedenen sozialen Sprachen und Stile in "La Desheredada".
- Untersuchung der intertextuellen Bezüge im Roman.
- Klärung der Funktion von Redevielfalt, Dialogizität und Intertextualität im Kontext des Romans.
- Vergleich des spanischen mit dem französischen Naturalismus.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und beschreibt den Kontext der Untersuchung: die Anwendung von Bachtins Theorie der narrativen Dialogizität auf Galdós' "La Desheredada". Sie stellt den Roman im Kontext des spanischen Naturalismus vor und hebt dessen Unterschiede zum französischen Naturalismus hervor, wobei der Fokus auf den mentalen Prägungen der Figuren liegt. Die Arbeit skizziert die methodische Vorgehensweise, die in der Anwendung der Theorie Bachtins auf die sprachliche Vielfalt des Romans besteht.
2. Redevielfalt und Dialogizität nach Michail Bachtin: Dieses Kapitel präsentiert Bachtins Theorie der Redevielfalt und Dialogizität. Es beschreibt Bachtins Verständnis von Sprache als ein nicht einheitliches, sondern ideologisch geprägtes System, das sich in verschiedene soziale, berufliche und gattungsspezifische Sprachen aufteilt. Bachtin betont die dialogische Natur des Wortes, welches stets im Austausch mit anderen Worten und mit dem Bewusstsein des Rezipienten steht. Das Kapitel beleuchtet die verschiedenen Ebenen der Dialogizität, vom einzelnen Wort bis hin zur Intertextualität ganzer Texte. Die metaphorische Darstellung der Lichtbrechung veranschaulicht die komplexe Interaktion verschiedener sprachlicher Elemente.
3. Redevielfalt und Dialogizität in "La Desheredada": Dieses Kapitel wendet Bachtins Theorie auf Galdós' Roman an. Es analysiert die verschiedenen sozialen Sprachen und Stile, die im Roman vorkommen, und kategorisiert sie. Die Analyse umfasst gesellschaftliche Redetypen, berufsspezifische Fachsprachen, eingelegte Gattungen und Stile sowie soziale Sprachen. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieses Kapitels ist die Untersuchung der intertextuellen Bezüge im Roman zu Bibel, Ritterromanen (Don Quijote), Poesie und französischen Zeitungsromanen. Das Kapitel geht auf den Zusammenhang zwischen den verschiedenen sprachlichen Ebenen ein und beleuchtet den Einfluss dieser Vielfältigkeit auf die Gestaltung des Romans.
4. Funktionen von Redevielfalt, Dialogizität und Intertextualität: Dieses Kapitel untersucht die Funktion der in Kapitel 3 beschriebenen Redevielfalt, Dialogizität und Intertextualität im Roman "La Desheredada". Es analysiert, wie diese Elemente zur Gestaltung der Figuren, zur Entwicklung der Handlung und zur Vermittlung der gesellschaftlichen und literarischen Kontexte beitragen. Die Analyse beleuchtet die Wirkung der verschiedenen Sprachschichten auf das Verständnis des Romans und ihre Bedeutung für die Gesamtinterpretation des Werkes. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Ebenen der Dialogizität wird hier in Bezug auf die literarische Wirkung vertieft.
Schlüsselwörter
Michail Bachtin, Dialogizität, Redevielfalt, Intertextualität, Benito Pérez Galdós, La Desheredada, Spanischer Naturalismus, Soziolekte, Gattungssprachen, Literaturwissenschaft.
Häufig gestellte Fragen zu "La Desheredada": Eine Analyse der narrativen Dialogizität
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die narrative Dialogizität in Benito Pérez Galdós' Roman "La Desheredada" unter Anwendung der Theorie Michail Bachtins. Der Fokus liegt auf der Identifizierung, Kategorisierung und Funktionsanalyse der verschiedenen Sprachen und Stile im Roman.
Welche Theorie wird angewendet?
Die Arbeit basiert auf Michail Bachtins Theorie der Redevielfalt und Dialogizität. Bachtin versteht Sprache als ein ideologisch geprägtes, nicht einheitliches System, das sich in verschiedene soziale, berufliche und gattungsspezifische Sprachen gliedert. Die dialogische Natur des Wortes, der Austausch mit anderen Worten und das Bewusstsein des Rezipienten stehen im Mittelpunkt.
Welche Aspekte von "La Desheredada" werden analysiert?
Die Analyse umfasst die verschiedenen sozialen Sprachen und Stile im Roman, darunter gesellschaftliche Redetypen, berufsspezifische Fachsprachen, eingelegte Gattungen und Stile sowie soziale Sprachen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Untersuchung der intertextuellen Bezüge zu Bibel, Ritterromanen (Don Quijote), Poesie und französischen Zeitungsromanen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Darstellung von Bachtins Theorie, Analyse der Redevielfalt und Dialogizität in "La Desheredada", Funktionsanalyse der Redevielfalt, Dialogizität und Intertextualität und Schlussbemerkung. Das Inhaltsverzeichnis bietet einen detaillierten Überblick über die einzelnen Kapitel und Unterkapitel.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Bachtins Theorie auf einen spanischen Roman anzuwenden, die verschiedenen sozialen Sprachen und Stile in "La Desheredada" zu analysieren, die intertextuellen Bezüge zu untersuchen und die Funktion von Redevielfalt, Dialogizität und Intertextualität im Kontext des Romans zu klären. Ein Vergleich mit dem französischen Naturalismus ist ebenfalls Teil der Untersuchung.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Michail Bachtin, Dialogizität, Redevielfalt, Intertextualität, Benito Pérez Galdós, La Desheredada, Spanischer Naturalismus, Soziolekte, Gattungssprachen, Literaturwissenschaft.
Welche Kapitelzusammenfassungen werden geboten?
Die Arbeit bietet detaillierte Zusammenfassungen für jedes Kapitel, welche die jeweiligen Inhalte und Schwerpunkte erläutern. Die Zusammenfassungen geben einen umfassenden Einblick in die Argumentationslinie und die Ergebnisse der einzelnen Kapitel.
Wie wird die Methode der Analyse beschrieben?
Die methodische Vorgehensweise basiert auf der Anwendung von Bachtins Theorie auf die sprachliche Vielfalt des Romans "La Desheredada". Die Analyse untersucht die verschiedenen sprachlichen Ebenen und deren Interaktion, um die literarische Wirkung und die Bedeutung für die Gesamtinterpretation des Werkes zu beleuchten.
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- Ines Müller (Author), 2003, Aspekte narrativer Dialogizität in Benito Perez Galdos´ "La Desheredada", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21052