Liquiditätsrisikomanagement

Theorien und Steuerung


Seminararbeit, 2012

22 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Grundlagen des Liquiditätsrisikos
1.1 Bankenkrisen und Liquiditätsrisiko
1.2 Definition von Liquidität und Risiko
1.3 Einordnung des Liquiditätsrisikos in das Gesamtbankrisiko

2. Liquiditätstheorien als Ausgangspunkt des Liquiditätsmanagements
2.1 Goldene Bilanzregel und die Bodensatztheorie
2.2 Shiftability Theorie
2.3 Bank-Runs und Maximalbelastungstheorie
2.4 Liquidity at Risk

3. Liquiditätsmanagement der Banken
3.1 Ansätze zur Messung des Liquiditätsrisikos
3.2 Liquiditätsrisiko-Stresstests
3.3 Methoden zur Messung des Liquiditätsrisikos
3.3.1 Liquiditätsablaufbilanz
3.3.2 Liquidity at Risk und Liquidity Value at Risk

4. Liquiditätsrisikosteuerung
4.1 Möglichkeiten zur Liquiditätsrisikosteuerung
4.2 Risikokontrolle

5. Resümee und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Grundlagen des Liquiditätsrisikos

1.1 Bankenkrisen und Liquiditätsrisiko

Bankenkrisen sind ein bekanntes Problem der Finanzmärkte. Sie lassen sich nicht geografisch eingrenzen und können in jeder Volkswirtschaft unabhängig dessen Entwicklungsstand auftreten. Historisch gesehen erfolgte eine der ersten Bankenkrisen bereits im Jahre 1720 in der sogenannten Berner Bankenkrise. Die erste moderne Weltwirtschaftskrise ereignete sich nach dem Zusammenbruch des Aktienmarktes im Oktober 1929 und führte zu einer weltweiten Rezession. Die Subprime-Krise im Jahr 2007 welche zu der Finanzmarktkrise in den Jahren 2008­2009 führte zeigt, dass Bankenkrisen auch heute nicht an Aktualität verlieren. Trotz der vielen Unterschiede haben Bankenkrisen ein gemeinsames Muster. Banken gehen bei Ihren Geschäften Risiken ein und erleiden dadurch Verluste. Sind die Verluste zu hoch können Banken in Refinanzierungsschwierigkeiten geraten. Weiter tragen Banken durch die Finanzierung illiquider Anlagen mit kurzfristigen Depositen ein Liquiditätsrisiko. Entstehen durch die Risikogeschäfte Verluste bei gleichzeitigem Abzug von Einlagen geraten Banken in eine Liquiditätskrise.[1] Tatsächliche oder vermutete Liquiditätsengpässe gefährden die Existenz eines Kreditinstituts. Dabei führen Einlagenabzüge sowohl von Banken als auch von Privatanlegern zur tatsächlichen Liquidierung einer Bank. Die Insolvenz von Lehman ist ein aktuelles Beispiel für die Überlagerung der beiden Krisenmuster. Zunächst gab es auf dem Markt Gerüchte über Verluste aus riskanten Geschäften. Daraufhin waren andere Finanzinstitute nicht mehr bereit Lehman Geld für die Refinanzierung zu leihen. Aufgrund des vernetzten Interbankenhandels sind damals auch andere Kreditinstitute als auch das gesamte Finanzsystem in Schwanken geraten.[2]

Liquiditätsrisiken haben in der Regulierung eine besondere Stellung. Die Liquiditätsrisiken werden nur durch Vorgaben begrenzt wogegen die anderen Risikoarten zumeist mit Eigenmittel zu unterlegen sind.[3] Die Finanzkrise führte zu einem Rückgang der Marktliquidität und einem wachsendem Misstrauen zwischen den Marktteilnehmern. Die Folge war das es bei vielen Banken zu Liquiditätsengpässen und durch den folgenden Werteverfall bis zu existenziellen Problemen führte. Der Versuch der Zentralbanken durch zusätzliche Liquidität die Krise einzudämmen führte nicht zur gewünschten Wirkung. Die Pleite der Lehman Brothers als Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2008 zeigte, dass die Begrenzung von Liquiditätsrisiken eine der Hauptaufgaben von bankaufsichtsrechtlichen Regulierungen darstellen sollte. Verglichen an dem Management der Erfolgsrisiken wurde dem Liquiditätsrisiko vor der weltweiten Finanzkriese eher wenig Beachtung zugeteilt. Die Liquiditätsverordnung (LiqV) und die Vorgaben der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) forderten bereits vor der Krise Kreditinstitute auf sich verstärkt mit dem Management dieser Risikokategorie zu beschäftigen. Aktuell bilden beide Vorgaben die grundliegenden Vorgaben für ein erfolgreiches Liquiditätsrisikomanagement Die Liquiditätsverordnung LiqV stellt dabei an das Liquiditätsmanagement mehrere Anforderungen. Eine der wichtigsten davon ist, dass das Kreditinstitut zu jederzeit genügend Liquidität aufweist. Zur Gewährleistung dieser Anforderungen werden dabei Liquiditätskennzahlen benutzt. Die Liquidität wird als ausreichend eingestuft wenn die Kennzahlen dabei festgelegte Schwellenwerte nicht überschreiten.[4]

Die MaRisk stellen dabei eine Verhaltensanweisung an die Kreditinstitute dar. Diese fordern von Kreditinstituten sich verstärkt mit dem Risikomanagement zu beschäftigen. Dabei fordert MaRisk vom Liquiditätsmanagement eine Einrichtung von ausreichenden und nachhaltigen Liquiditätsreserven für den kurzen Liquiditätsbedarf. Weiter sollten Stresstest der Liquiditätsreserven basierend auf unterschiedliche zeitliche und wirtschaftliche Szenarien erfolgen.[5]

Die Anforderungen an das Liquiditätsrisikomanagement erfordern aber auch eine Präzisierung der Bestandteile dieses Begriffs auf welches im Folgenden eingegangen wird.

1.2 Definition von Liquidität und Risiko

Das Liquiditätsmanagement sollte sicherstellen, dass ein Kreditinstitut zu jeder Zeit seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Zur erfolgreichen Umsetzung des Liquiditätsmanagements sollte zunächst eine klare Abgrenzung des Liquiditätsrisikobegriffs erfolgen. Die Begriffsbestandteile Risiko und Liquidität werden im Folgenden erläutert.

Als Risiko wird gemäß der Entscheidungstheorie die Unsicherheit über die zukünftigen Umweltzustände definiert. Das Risiko lässt sich dabei in ein formelles und ein materielles Risiko unterscheiden. Wird ein Schaden bereits im Vorfeld erwartet, handelt es sich um ein materielles Risiko. Das formelle und eigentliche Risiko besteht darin, dass ein Erwartungswert gemäß seiner Standartabweichung Schwankungen unterliegt, wobei die positiven Abweichungen als eine Chance und die negativen Abweichungen als ein Risiko angesehen werden.[6]

Sowohl für Unternehmen als auch für Banken wird die Liquidität als jederzeitige Zahlungsfähigkeit verstanden und ist eine notwendige Nebenbedingung die es streng einzuhalten gilt.[7] Eine der einfachsten Interpretationen der Liquidität ist der Bestand an Zahlungsmittel. Desweiteren kann die Liquidität in objektbezogene und subjektbezogene Liquidität eingeteilt werden. Die Objektbezogene Liquidität beschreibt dabei wie schnell ein Vermögensgegenstand direkt oder indirekt in monetäre Mittel umgewandelt werden kann. Die benötigte Zeit und die bei der Liquidation entstehenden Kosten bestimmen dabei die Geldnähe des Vermögensgegenstandes. Die objektbezogene Liquidität ist umso höher, je schneller eine Transformation in Zahlungsmittel möglich und je geringer der verbundene Wertverlust ist. Die Subjektbezogene Liquidität ist die Fähigkeit alle zwingenden Zahlungsverpflichtungen zu jeder Zeit in voller Höhe nachzukommen.[8]

Die dargestellten Definitionen der Begriffe verdeutlicht, dass eine eindeutige Begriffsdefinition von Liquiditätsrisiko nicht möglich ist und es stets zu differenzieren gilt.[9] Im Schrifttum wird dabei zwischen Liquiditätsrisiko im engeren und im weiteren Sinne unterschieden. Das Liquiditätsrisiko im weiteren Sinn wird als negative Abweichung der Zahlungsströme von ihrem Erwartungswert verstanden. Dabei entsteht für das Kreditinstitut die Gefahr seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachzukommen.[10] Das Liquiditätsrisiko im engeren Sinne stellt dabei verschiedene Einzelkomponenten des Liquiditätsrisikos dar, welche sich in Erfolgsrisiken und Fristigkeitsrisiken untergliedern. Weiter lassen sich die Fristigkeitsrisiken in Terminrisiko, Abrufrisiko und Refinanzierungsrisiko einteilen.[11]

1.3 Einordnung des Liquiditätsrisikos in das Gesamtbankrisiko

Eine Abgrenzung verschiedener Risikokategorien ermöglicht eine effiziente bankbetriebliche Risikosteuerung. Gesamtbanktypische Erfolgsrisiken sind dabei Ausfallrisiken, Marktrisiken und Liquiditätsrisiken. Das Ausfallrisiko unterteilt sich in Adressenrisiko, Sachwertausfallrisiko und das Länderrisiko. Marktpreisrisiken resultieren aus der Gefahr negativer Marktpreisparameteränderungen. Die wesentlichen Marktrisiken sind dabei, das Zinsänderungsrisiko, Aktienrisiko sowie das Währungsrisiko.

Das Liquiditätsrisiko kann in das Refinanzierungsrisiko, Terminrisiko und das Abrufrisiko eingeteilt werden. Das Refinanzierungsrisiko ist die Gefahr, dass bei einem Überschuss an festverzinslichen Darlehen die Refinanzierung nicht zur jeder Zeit gewährleistet ist. Als Terminrisiko wird eine nicht erwartete Verlängerung der Kapitalbindungsdauer von Aktivgeschäften bezeichnet. Das Abrufrisiko stellt die Gefahr dar, dass Kreditzusagen unerwartet in Anspruch genommen werden und Einlagen abgehoben werden.[12]

Ein anderer Ansatz zur Abgrenzung von Liquiditätsrisiken ist die Einteilung in originäre und derivative Liquiditätsrisiken.10 Derivative Liquiditätsrisiken[13] ergeben sich aus der unmittelbaren Konsequenz der Ausfallrisiken, Marktpreisrisiken, Aktienkursrisiken und Zinsänderungsrisiken und beeinflussen vorwiegen die Rentabilität.

Originäre Liquiditätsrisiken erfolgen aus ungleichmäßigen Zahlungsmittelzuflüssen und Zahlungsmittelabflüssen. Auch hier werden diese in Terminrisiken, Abrufrisiken und Liquiditätsanspannungsrisiken[14] zusammengesetzt.[15] Weiter können die originären Liquiditätsrisiken noch in aktivische und passivische Liquiditätsrisiken eingeteilt werden.[16] Eine korrekte Abgrenzung zwischen originären und derivativen Liquiditätsrisiken ist eine wichtige Voraussetzung für ein funktionierendes Liquiditätsrisikomanagement.[17] Die Folgende Abbildung zeigt die originären Liquiditätsrisiken einen Kreditinstituts.

Ein nur am Rande betrachteter Faktor des Liquiditätsrisikos stellt die Zeitdimension dar. Dabei erfolgt eine Einteilung in das dispositive Liquiditätsrisiko und in das strukturelle Liquiditätsrisiko. Bezüglich der zeitlichen Obergrenze für das dispositive Liquiditätsrisiko reicht der in der Theorie vorgeschlagene Zeitraum von zehn Tagen bis zu drei Monaten. Das strukturelle Risiko umschließt den über das dispositive Liquiditätsrisiko hinausgehenden Zeitrahmen.[18] Im folgenden Kapitel werden die grundlegenden Liquiditätstheorien vorgestellt.

2. Liquiditätstheorien als Ausgangspunkt des Liquiditätsmanagements

2.1 Goldene Bilanzregel und die Bodensatztheorie

Traditionelle Verfahren zum Liquiditätsrisikomanagement haben eine lange Geschichte in der bankwirtschaftlichen Literatur. Die Goldene Bilanzregel, welche bereits im Jahr 1854 verfasst wurde fordert, dass die Laufzeit von Aktiva gleich der Laufzeit von Passiva ist. Damit soll eine Fristenkongruenz gewährleistet und eine Fristentransformation ausgeschlossen sein. Zwar wäre damit ein Refinanzierungsrisiko beseitigt, gleichzeitig würde jedoch die Funktion der Banken als Finanzintermediäre nicht mehr möglich sein. Somit steht diese Theorie im Zielkonflikt mit der wichtigen Funktion der Banken als Intermediäre welche aus realwirtschaftlicher Sicht jedoch sehr wichtig und notwendig ist.

[...]


[1] Ibel (2001) S.19

[2] Moch (2007) S. 5

[3] Hartman-Wendels (2010) S. 467

[4] LiqV (2006)

[5] KPMG (2011)

[6] Moch (2007) S. 14

[7] Hartman-Wendels (2010) S. 468

[8] Moch (2007) S. 6

[9] Moch (2007) S. 7

[10] Moch (2007) S. 6

[11] Bauer(1990) S. 2

[12] Grimmer (2003) S. 10

[13] Schierenbeck ( 1994) S. 511ff.

[14] Unter Liquiditätsanspannungsrisiken werden Liquidationsrisiken und Refinanzierungsrisiken subsummiert.

[15] Schierenbeck ( 1994) S. 716

[16] Schierenbeck (2003) S. 7

[17] Moch (2007) S. 12

[18] Moch (2007) S. 11 Pohl (2008) S. 22

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Liquiditätsrisikomanagement
Untertitel
Theorien und Steuerung
Hochschule
Universität Hohenheim
Note
2
Autor
Jahr
2012
Seiten
22
Katalognummer
V212305
ISBN (eBook)
9783656400622
ISBN (Buch)
9783656401230
Dateigröße
522 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Risiko, Liquidität, Risikomanagement, Bankenkrise, Krise
Arbeit zitieren
Waldemar Kessel (Autor:in), 2012, Liquiditätsrisikomanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212305

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