Freiheit in Hobbes' "Leviathan": ein Widerspruch?


Seminararbeit, 2013

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Freiheitsverständnis von Hobbes

3. Folgen absoluter Freiheit im Naturzustand

4. Freiheit im Hobbesschen Staat
4.1 er Vertragsabschluss
4.2 Verbleibende Freiheit im Staat

5. Freiheit im „Leviathan“ – Ein Widerspruch

Literaturverzeich

1. Einleitung

Auch nach knapp 340 Jahren ist Thomas Hobbes in aller Munde. Verschiedene Medien beziehen sich immer wieder auf den Staatstheoretiker, wenn es um das Verhältnis der Menschen untereinander oder aber auch um die Rolle des Staa- tes in tagesaktuellen Fragen aus der Wirtschaft und Politik geht.1 Hierbei ist wohl der meist zitierte Satz, dass der Mensch für den Menschen selbst ein Wolf sei.2 Mit diesem Menschenbild und seinen kriegerischen Konsequenzen be- gründet Hobbes in seinem Werk „Leviathan“ die Notwendigkeit eines Staates mit einem starken Souverän an der Spitze. eshalb wird er als ein Theoretiker und Rechtfertiger der unbegrenzten Staatsgewalt gesehen.3 Oft geht diese Ein- ordnung jedoch mit der Einschätzung einher, dass Hobbes mit seiner Theorie jegliche Freiheit unterdrücken will. iese Arbeit wird den Stellenwert des Frei- heitsgedankens in Hobbes´ Vertragskonzeption untersuchen und versucht die Frage zu klären, ob die Bürger im Hobbesschen Staat noch Formen von Frei- heit zugestanden bekommen.

Hierzu wird als erstes auf Hobbes´ Verständnis von Freiheit eingegangen. An- schließend ist es freilich notwendig, auf den Naturzustand, der den Ausgangs- punkt in seinen Überlegungen bildet, einzugehen, bevor sich dem Aspekt der Freiheit im neu geschaffenen Staat gewidmet wird.

2. Freiheitsverständnis von Hobbes

Hobbes kommt im 21. Kapitel seines Werkes auf den Begriff der Freiheit zu sprechen und stellt eine zweiteilige efinition auf. Zunächst definiert er Frei- heit als „das Fehlen von Widerstand, wobei ich unter Widerstand äußere Bewe- gungshindernisse verstehe.“4 a diese efinition jedoch auch auf Tiere und leblose inge anwendbar, bedarf es einer Konkretisierung für den Menschen.

emnach ist jemand „ein Freier, wer nicht daran gehindert ist, inge, die er auf Grund seiner Stärke und seines Verstands tun kann, seinem Willen entspre- chend auszuführen.“5 Wichtig ist, dass er hier von der natürlichen Freiheit spricht, jener Freiheit, die „allein angemesse Freiheit genannt wird.“6 Wer also durch ein äußeres Hindernis an dem Ausüben seiner Möglichkeiten gehindert wird, verliert seine natürliche Freiheit.7

Mit dieser Auffassung stellt er sich gegen die demokratischen Autoren seiner Zeit, die Freiheit als ein grundlegendes Recht von Geburt an propagierten. ie Abwesenheit willkürlicher Einmischung sieht er nicht als notwendiges, son- dern lediglich als hinreichendes Element für Freiheit. er bloße Umstand, von dem Willen eines fremden Menschen abhängig zu sein, ist für ihn nicht frei- heitsentziehend.8 Indem er strikt zwischen der Abhängigkeit von anderen und dem Fehlen äußerer Hindernisse unterscheidet sowie nur letzterem einen Frei- heitsanspruch zuspricht, wird Hobbes efinition „zu einem Meilenstein in der Entwicklung moderner Freiheitstheorien“9, weil sie in Abgrenzung zu anderen ein enormes iskussionspotenzial entwickelt. Allerdings erhält Hobbes Auffas- sung nicht nur durch diese inhaltliche iskrepanz zu anderen Autoren seiner Zeit eine enorme Relevanz, sondern auch durch das Zuende- enken individu- eller Freiheit im vorstaatlichen Naturzustand. Hobbes zeigt hier schonungslos mögliche Folgen vollkommener Freiheit auf, die er ansatzweise selbst durch die politische Lage Englands im 17. Jahrhundert miterlebte.10 Seine Überlegun- gen zu kriegerischen Grenzen der Freiheit und ihren anarchistischen Ausprä- gungen werden somit auch als „Grundlegung der modernen Staatsphilosophie“11 verstanden.

3. Folgen absoluter Freiheit im Naturzustand

Grundlage seiner Überlegungen ist für Hobbes der vorstaatliche Naturzustand, in dem jeder Mensch frei lebt. Alle Menschen seien jedoch gleich veranlagt und es ergeben sich in der menschlichen Natur folgende drei Konfliktursachen:

„Erstens Konkurrenz, zweitens Mißtrauen [sic], drittens Ruhmsucht.“12 We- sentlicher Ausgangspunkt ist folglich das Individuum und mit ihm seine Frei- heit, von dem die Konsequenzen des natürlichen und später auch politischen Zusammenlebens ausgehen.13 Aufgrund der Konfliktursachen leben die Men- schen im Krieg, der übrigens nicht nur aus tatsächlichen Kampfhandlungen be- steht, sondern auch in der Zeit, in der die Menschen grundsätzlich zu Gewalt bereit sind und sich nicht in Sicherheit fühlen.14 Letztendlich kann gesagt wer- den, dass die Menschen immer zu Gewalt bereit sind – müssen sie sich doch notfalls verteidigen. ies sieht auch Hobbes so und spricht dem Menschen ein Recht zu, das – wie später noch behandelt – über den Naturzustand hinaus an- hält:

as natürliche Recht […] ist die Freiheit eines jeden, seine eigene Macht nach seinem eigenen Willen zur Erhaltung seiner eigenen Natur, das heißt seines eigenen Lebens, einzusetzen und folglich alles zu tun, was er nach ei- genem Urteil und eigener Vernunft als zu diesem Mittel ansieht.15

urch diesen Zyklus an Gewalt wird das menschliche Leben insgesamt „ein- sam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz.“16 Es ist nicht mehr möglich, zwi- schen guten und bösen Menschen zu unterscheiden, sodass der Naturzustand die „absolute Ohnmacht der Subjekte so wie in ihm das natürliche Recht aller auf alles [impliziert].“17

[...]


1 Siehe hier zum Beispiel http://www.welt.de/print/die_welt/literatur/articlell4064046/Steuern- runter-ist-zu-wenig.html (13.03.13) und http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/2016586/ (13.03.13)

2 Wörtliches Zitat: „homo homini lupus“, Hobbes übernahm diesen Spruch von Plautus in sein Vorwort zu „ e Cive“, worin er ebenfalls den Naturzustand charakterisiert.

3 Vgl. Tuck, Richard: Hobbes, Freiburg im Breisgau 2004, S. ll0.

4 Hobbes, Thomas: Leviathan, hrsg. von Iring Fetscher, 7. Auflage, Frankfurt am Main 1996, Kapitel 21, S. 163. Hobbes betont hier die Abwesenheit äußerlicher Hindernisse; Krankheiten und Armut gehören nicht in dieses Spektrum.

5 Hobbes: Leviathan, Kapitel 21, S. 163.

6 Ebd., Kapitel 21, S. 165.

7 Skinner weist in diesem Zusammenhang zurecht darauf hin, dass eine efinition von Freiheit, die nur auf Bewegung und auf den uneingeschränkten Einsatz der menschlichen Kräfte zen- triert ist, den Anforderungen des modernen Begriffs in keiner Weise gerecht wird, allerdings in der Entstehungsepoche des Leviathan weit verbreitet war. Vgl. Anm. 7, S. 97.

8 Vgl. Skinner, Quentin: Freiheit und Pflicht. Thomas Hobbes´ politische Theorie, Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2005, Frankfurt am Main 2008, S. 99 f.

9 Ebd., S. 101.

10 Ereignisse, die für die Formulierung der Thesen im Leviathan als Voraussetzung gelten kön- nen, siehe unter anderem Mieck, Ilja: Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit. Eine Ein- führung, 6. Auflage, Stuttgart 1998.

11 Siep, Ludwig: er Kampf um Anerkennung. Zu Hegels Auseinandersetzung mit Hobbes in den Jenaer Schriften, in: Hegel-Studien 9, Hamburg l974.

12 Hobbes: Leviathan, Kapitel 13, S. 95.

13 Vgl. Willms, Bernard: ie Angst, die Freiheit und der Leviathan. Staatsmechanismus oder po- litische ialektik?, in: Furcht und Freiheit: Leviathan- iskussion 300 Jahre nach Thomas Hob- bes, hrsg. von Udo Bermbach und Klaus Kodalle, Opladen 1982, S. 82. Willms schreibt dem Gedanken Hobbes´, der Ausgangspunkt der politischen Konsequenzen sei das Individuum, in- sofern eine relevante Bedeutung zu, als dieser Ansatz einen wichtigen Aspekt in der Entwick- lung des Rechtsdenkens darstellt: „Seit Hobbes ist es das Individuum, das als Bezugspunkt für Recht und Gesetzgebung angesehen wird.“ ebd., S. 82.

14 Vgl. Hobbes: Leviathan, Kapitel 13, S. 96. 15 Ebd., Kapitel 14, S. 99.

16 Ebd., Kapitel 13, S. 96.

17 Buck, Günther: Selbstwerdung und Historizität, in: Geschichte – Ereignis und Erzählung. Hrsg. von R. Koselleck und W. . Stempel, München 1970, S. 64.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Freiheit in Hobbes' "Leviathan": ein Widerspruch?
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
2,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V212621
ISBN (eBook)
9783656409359
ISBN (Buch)
9783656412526
Dateigröße
401 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
freiheit, hobbes, leviathan, widerspruch
Arbeit zitieren
Nils Heckenauer (Autor:in), 2013, Freiheit in Hobbes' "Leviathan": ein Widerspruch?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212621

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