Im vormals unter dem Namen Celebes bekannten Sulawesi leben mit den Bugis und den Macassar zwei kulturell nahe verwandte Völker, die im Westen vorwiegend für ihre komplexe kriegerische Gesellschaft und vergangene beachtliche Leistungen in Seefahrt (und Piraterie) bekannt geworden sind. Weniger bekannt ist, dass beide Völker zu der geringen Anzahl ethnischer Gruppierungen gehören, bei denen instititutionalisierte Formen von Gender-Transgressionen zu finden sind. Schon kolonialzeitliche christliche Seefahrer berichteten über für sie merkwürdige Formen von Transsexualität, und trotz Konvertierung beider Gruppen zum - nicht unbedingt toleranteren - Islam im 17. Jahrhundert sind sie auch heute noch in ihren traditionellen Rollen zu finden. Nun erfreuen sie sich, im Zuge einer gewissen Zunahme der Popularität der waria, der indonesischen Transsexuellen, verschärfter Aufmerksamkeit von indonesischen Medien und Öffentlichkeit.
Im Gegensatz zu anderen Formen ethnischer Transsexualität sind die Verhältnisse im südlichen Sulawesi aber recht komplex, so komplex, dass eine Ethnologin (Graham 1999) hier nicht nur von dem hinlänglich bekannten „dritten Geschlecht“, sondern gar von fünf Geschlechtern spricht. Die vorliegende Arbeit hat sich das Ziel gesetzt, diese Formen genauer zu untersuchen; Leitfrage ist dabei, wie sich das Verhältnis von sozialer und sexueller Identität bei diesen transsexuellen Formen darstellt und wie man es begrifflich am besten fassen kann. Zu diesem Zweck ist die Arbeit wie folgt aufgeteilt:
Im folgenden Teil (2) soll zuerst ein skizzenhafter Überblick über die Theorie der Gender-Forschung gegeben werden, gefolgt von einem Überblick über die gegenwärtige Situation der indonesischen Transsexuellen allgemein (3). Anschließend wird die Transsexualität im südlichen Sulawesi genauer untersucht (4). Dazu wird erst ein Überblick über die verschiedenen Formen bei den Bugis und Macassar gegeben, um dann beispielartig die kawe-kawe der Macassar näher zu beleuchten; ein Fazit zur Beantwortung der Forschungsfrage schliesst sich an (5.)
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theorie: Sexualität, Gender Roles und sexuelle Identität
- Transsexualität in Indonesien
- Soziale und sexuelle Geschlechtsidentität im südlichen Sulawesi
- Das „dritte“ Geschlecht bei Macassar und Bugis
- Fallbeispiel: kawe-kawe bei den Macassar
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der komplexen Verknüpfung von sexueller und sozialer Geschlechtsidentität im südlichen Sulawesi, insbesondere bei den Bugis und Macassar. Sie untersucht, wie sich das Verhältnis von sozialer und sexueller Identität bei transsexuellen Formen darstellt und welche begrifflichen Rahmenbedingungen dafür am besten geeignet sind.
- Die verschiedenen Formen von Transsexualität bei den Bugis und Macassar
- Die Rolle der Sozialisation und kulturellen Normen in der Geschlechtsidentität
- Die Bedeutung der „fünf Geschlechter“ im südlichen Sulawesi
- Der Vergleich mit anderen Formen von Transsexualität und Gender-Transgressionen
- Die historische Entwicklung und der aktuelle Status von Transsexualität in Indonesien
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Der Text stellt die kulturellen Besonderheiten der Bugis und Macassar vor, die institionalisierte Formen von Gender-Transgressionen aufweisen. Er führt die „fünf Geschlechter“ als Forschungsgegenstand ein und definiert die Leitfrage der Arbeit.
- Theorie: Sexualität, Gender Roles und sexuelle Identität: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über verschiedene Theorien der Gender-Forschung, darunter die Unterscheidung zwischen biologischem Geschlecht, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität und Gender Roles. Es betrachtet die Kontinuität zwischen den Geschlechtern und die vielfältigen Formen von Gender-Transgressionen in der heutigen Gesellschaft.
- Transsexualität in Indonesien: Dieser Teil liefert einen allgemeinen Überblick über die Situation von Transsexuellen in Indonesien und diskutiert die unterschiedlichen Formen von Transsexualität und ihre gesellschaftliche Akzeptanz.
- Soziale und sexuelle Geschlechtsidentität im südlichen Sulawesi: Dieser Abschnitt fokussiert auf die spezifischen Formen von Transsexualität bei den Bugis und Macassar, darunter das „dritte Geschlecht“. Es werden die verschiedenen Kategorien und Rollen beschrieben und Beispiele aus der Praxis vorgestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Transsexualität, Gender-Transgressionen, soziale Geschlechtsidentität, sexuelle Identität, die „fünf Geschlechter“, Bugis, Macassar, Indonesien, kulturelle Normen und Geschlechtsrollen.
- Quote paper
- M.A. Christopher Knapp (Author), 2002, Die „fünf Geschlechter“ im südlichen Sulawesi, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215007