Seit einigen Jahren befindet sich die Bundeswehr in einem Umbruch. Das
Ende der Ost-West-Konfrontation hat sie in eine tiefe Legitimationskrise
gestürzt. Durch die Erweiterung des Sicherheitsbegriffs auf den Schutz
ökonomischer Interessen und durch die langsame Etablierung der Bundeswehr
als Armee auch für internationale Einsätze wurde versucht, dieser Krise
beizukommen.
Auch an der evangelischen Militärseelsorge gingen und gehen diese
Veränderungen nicht spurlos vorüber. Zusätzlich dazu war auch ihre
Legitimation und Struktur aufgrund der Vereinigung von EKD und BEK einem
jahrelangen Streit ausgesetzt.
Den Ergebnissen und Folgen dieses Streites und der gegenwärtigen
Veränderungen in der Bundeswehr für die Militärseelsorge soll in der
vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Aber auch die Militärseelsorge als
Ganzes soll einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Als Leitfrage
wird dabei dienen: Ist die Militärseelsorge in ihrer heutigen Form theologisch
und friedensethisch vertretbar? Dabei soll in einem ersten Teil die „Rahmenvereinbarung über die
evangelische Seelsorge in der Bundeswehr in den neuen Bundesländern“
dargestellt und bewertet werden. Es ist nötig, dem eine Darstellung des MSV
von 1957 voranzustellen. Denn zum einen wird in der RV inhaltlich an ihn
angeknüpft. Zum anderen erwächst erst aus der Kritik am MSV die
Notwendigkeit einer Neuregelung für die östlichen Gliedkirchen.
Der zweite Hauptteil wird sich ausgehend von den Diskussionen um eine
Veränderung der Militärseelsorge stärker mit grundsätzlichen theologischen
und friedensethischen Problemen einiger ihrer strukturellen und inhaltlichen
Elemente beschäftigen. Im Mittelpunkt werden dabei die Struktur der
Militärseelsorge und der LKU stehen, da beide grundlegende und umstrittene
Aspekte der zurückliegenden Diskussion darstellten. Da diese Aspekte aber
nicht von der Militärseelsorge als ganzer getrennt werden können, werden sich
an ihre Bewertung friedensethische Reflexionen über die Militärseelsorge an
sich anschließen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Militärseelsorge ist der Auftrag, Menschen in besonderen Lebenssituationen zu betreuen. Dieses
Problem wird dennoch nicht eigens thematisiert werden, da es aufgrund seiner
Bedeutung an mehreren wichtigen Stellen mitbehandelt wird.
Im Hinblick auf eine gesamtdeutsche Regelung ab dem Jahre 2004 werden
dann im Schlussteil notwendige Veränderungen für den Dienst unter Soldaten
angeregt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Die Rahmenvereinbarung über die evangelische Seelsorge in der Bundeswehr in den neuen Bundesländern
- 1. Der Militärseelsorgevertrag von 1957
- 2. Die Kritik am Militärseelsorgevertrag
- 3. Die Rahmenvereinbarung
- 3.1 Regelungen
- 3.2 Bewertungen
- II. Militärseelsorge in ihrem Verhältnis zu theologischen und friedensethischen Grundgedanken
- 1. Vorüberlegung
- 2. Die Struktur der Militärseelsorge
- 2.1 Der Staatsbeamtenstatus der Militärpfarrer
- 2.2 Der hierarchische Aufbau der Militärseelsorge
- 3. Der Lebenskundliche Unterricht
- 4. Friedensethische Anfragen
- III. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die evangelische Militärseelsorge im Kontext der Veränderungen in der Bundeswehr nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation und der Vereinigung von EKD und BEK. Dabei wird die „Rahmenvereinbarung über die evangelische Seelsorge in der Bundeswehr in den neuen Bundesländern“ dargestellt und bewertet, sowie die grundsätzlichen theologischen und friedensethischen Probleme der Militärseelsorge kritisch beleuchtet. Die zentrale Fragestellung lautet: Ist die Militärseelsorge in ihrer heutigen Form theologisch und friedensethisch vertretbar?
- Die „Rahmenvereinbarung“ und die Kritik am Militärseelsorgevertrag von 1957
- Die Struktur der Militärseelsorge und der Staatsbeamtenstatus der Militärpfarrer
- Der Lebenskundliche Unterricht und seine friedensethischen Implikationen
- Die Vereinbarkeit der Militärseelsorge mit theologischen und friedensethischen Grundgedanken
- Notwendige Veränderungen für den Dienst unter Soldaten im Hinblick auf eine gesamtdeutsche Regelung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Untersuchung und die zentrale Fragestellung dar. Das erste Kapitel befasst sich mit der „Rahmenvereinbarung“ über die evangelische Seelsorge in der Bundeswehr in den neuen Bundesländern. Es werden die Inhalte und Bewertungen der Vereinbarung im Kontext des Militärseelsorgevertrages von 1957 und der Kritik daran beleuchtet.
Im zweiten Kapitel wird die Militärseelsorge in ihrem Verhältnis zu theologischen und friedensethischen Grundgedanken untersucht. Die Struktur der Militärseelsorge, insbesondere der Staatsbeamtenstatus der Militärpfarrer und der hierarchische Aufbau, sowie der Lebenskundliche Unterricht werden kritisch analysiert. Die Kapitel schliessen mit friedensethischen Anfragen an die Militärseelsorge.
Schlüsselwörter
Evangelische Militärseelsorge, Rahmenvereinbarung, Militärseelsorgevertrag, Bundeswehr, Theologie, Friedensethik, Struktur, Staatsbeamtenstatus, Lebenskundlicher Unterricht, Legitimation, Vereinigung, EKD, BEK.
- Quote paper
- Winfried Kändler (Author), 1998, Der Dienst der Kirche unter Soldaten. Status Quo, Bewertungen, Ausblick, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21842