Soziale Ungleichheit. Dimensionen und Theorien


Seminararbeit, 2011

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Natürliche versus soziale Ungleichheit

2. Dimensionen sozialer Ungleichheit

3. Theorien zur sozialen Ungleichheit
3.1 Klassische Theorien
3.1.1 Das Klassenmodell von Karl Marx
3.1.2 Die Theorie Max Webers
3.1.3 Das Schichtmodell Theodor Geigers
3.2 Neuere Theorien
3.2.1 Theorien zu Milieus und Lebensstilen
3.2.2 Die Theorie Pierre Bourdieus
3.2.3 Konzepte zu sozialen Lagen
3.2.4 Individualisierungstheorien

4. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Einleitung

„So lange es noch Verstand und Dummheit, Güte und

Bosheit, Stärke und Schwäche in der Welt giebt,

so lange werden die Menschen sich nicht gleich sein.“

(August von Kotzebue 1791: 438, zitiert nach Endruweit 2000: 1).

Das oben angeführte Zitat von August von Kotzebue hat auch einige Jahrhunderte später noch seine Gültigkeit. Die soziale Ungleichheit ist auch heutzutage in jeder Gesellschaft festzustellen und in allen gesellschaftlichen Gefügen sowohl in Vergangenheit als auch in Gegenwart unvermeidbar und deren Existenz ist aller Wahrscheinlichkeit nach so alt wie die Menschheit.

Das Phänomen der sozialen Ungleichheit, mit der sich die vorliegende Seminararbeit beschäftigt, ist eines der zentralsten und umstrittensten Themen in der Soziologie. Dabei dreht sich die Diskussion um die Entstehungsursachen, Formen und Veränderungen sowie die sozialstrukturellen Grundlagen der sozialen Ungleichheit.

Die Seminararbeit trägt einen deskriptiven Charakter und verfolgt das Ziel, auf Basis der dargestellten theoretischen Grundlagen das Phänomen der sozialen Ungleichheit zu beleuchten und aufgrund der ausgewählten Erklärungsansätze aufzuzeigen, wie sich das Verständnis von der sozialen Ungleichheit im Laufe der Zeit gewandelt hat. Hierfür wird folgenden zentralen Fragen nachgegangen:

1. Was steckt hinter dem Konzept der sozialen Ungleichheit?
2. Welche sind die Dimensionen sozialer Ungleichheit?
3. Wodurch wird sie verursacht und welche Erklärungsansätze gibt es dafür?

Diese drei Fragen liefern den Handlungsrahmen für die vorliegende Arbeit. Zunächst stellt Kapitel 1 die Formen der natürlichen und sozialen Ungleichheit gegenüber. Im Anschluss daran werden in Kapitel 2 die Dimensionen erläutert, in denen sich soziale Ungleichheit äußert und an denen sie gemessen werden kann. Das darauf folgende Kapitel 3 geht auf die Ursachen sozialer Ungleichheit ein und stellt deren theoretische Erklärungssätze vor. Beim Überblick der Theorien werden zunächst die klassischen Modelle, wie das bekannte Klassenmodell von Karl Marx, die Theorie von Max Weber sowie das Schichtmodell von Theodor Geiger, erörtert. Sodann werden neuere, ausdifferenzierte Theorien zu sozialen Milieus und Lebensstilen, sozialen Lagen sowie Individualisierungstheorien beleuchtet. Abschließend erfolgt in Kapitel 4 ein Resümee der gewonnenen Erkenntnisse.

1 Natürliche versus soziale Ungleichheit

Dieses Kapitel befasst sich mit den Begriffen der natürlichen und sozialen Ungleichheit.

Jede Gesellschaft besteht aus Individuen, die sich in vielerlei Beziehungen voneinander unterscheiden, beispielsweise durch äußerliche Merkmale wie die Hautfarbe, das Geschlecht, die Körpergröße, die Haarfarbe, das Alter oder psychische Leistungsfähigkeit. Diese Merkmale sind biologischer Natur, also dem Menschen angeboren und dementsprechend natürlich bedingt. In diesem Zusammenhang spricht man von der natürlichen Ungleichheit. Sie ist erkennbar und somit objektiv feststellbar (vgl. Korte/Schäfers 1995: 128). Aufgrund dieser Merkmale kann eine Gesellschaft in verschiedene Gruppen wie Frauen und Männer, Schwarze und Weiße etc. unterteilt werden, die sich ihrerseits untereinander kombinieren lassen. Auf solche Weise gibt es alte und junge Frauen usw. Darüber hinaus lassen sich die Mitglieder einer Gesellschaft durch individuelle Konstellationen wie verschiedene Lebensläufe und -erfahrungen unterscheiden (Hradil: 1977: 9). Dadurch wird das Individuum geprägt und entwickelt die Eigenschaften, durch die es sich von anderen Individuen unterscheidet.

Neben der Form der natürlichen Ungleichheit gibt es die soziale Ungleichheit.

[Sie] liegt dann vor, wenn Menschen aufgrund ihrer Stellung in sozialen Beziehungsgefügen von den „wertvollen Gütern“ einer Gesellschaft regelmäßig mehr als andere erhalten (Hradil 2001: 30).

Diese Definition ist durch drei Kernbegriffe gekennzeichnet: ungleiche Verteilung, soziales Beziehungsgefüge und wertvolle Güter. Auch diese bedürfen einer genaueren Erklärung.

Eine ungleiche Verteilung liegt vor, wenn bestimmte Güter auf regelmäßige Weise absolut ungleich verteilt sind. Dies induziert, dass bestimmte Mitglieder einer Gesellschaft faktisch mehr besitzen als andere und dadurch bessere Lebensbedingungen und Chancen haben bzw. besser- oder höhergestellt sind. Dies trifft beispielsweise auf Einkommens- und Machtunterschiede zu, die an bestimmte berufliche Stellungen geknüpft sind (vgl. ebd.: 29).

Der Begriff soziales Gefüge beinhaltet zum einen, dass die soziale Ungleichheit das Ergebnis einer bestimmten gesellschaftlichen Position ist, und zum anderen, dass sie weder auf Zufall noch auf natürlichen oder momentanen Faktoren beruht (vgl. ebd.).

Als wertvolle Güter werden solche bezeichnet, deren Besitz bessere Lebensbedingungen verspricht, indem sie zu einer höheren Stellung in der Gesellschaft führen, z.B. Wohlstand, Sicherheit, Gesundheit und individuelle Autonomie (vgl. ebd.: 28). Der Wert eines Gutes hängt dabei von den Wertvorstellungen der jeweiligen Gesellschaft ab und kann daher von Gesellschaft zu Gesellschaft variieren.

Die Unterscheidung zwischen der natürlichen und sozialen Ungleichheit ist keine Errungenschaft der Gegenwart, ihre Wurzel reichen weit in die Geschichte der Menschheit. So drückte Rousseau (1998: 77) einst diese Unterscheidung wie folgt aus:

Ich finde in der menschlichen Gattung zwei Arten von Ungleichheit. Die eine, die ich natürlich oder physisch nenne, weil sie von Natur gegeben ist und im Unterschied des Alters, der Gesundheit, der Körperkraft und der Eigenschaften des Geistes und der Seele besteht. Die andere, die man die moralische oder politische Ungleichheit nennen kann, weil sie von einer Art Übereinkunft abhängt. Sie ist durch die Zustimmung der Menschen gesetzt oder wenigstens ins Recht gesetzt worden. Sie besteht in den verschiedenen Privilegien, die einige zum Nachteil der anderen genießen, wie etwa reicher, angesehener, mächtiger zu sein als andere, oder gar Gehorsam von ihnen verlangen zu können.

Ferner ist zwischen der absoluten und relativen Ungleichheit zu unterscheiden. Absolute Ungleichheit ist dann gegeben, wenn ein Gesellschaftsmitglied mehr an wertvollen Gütern besitzt als das andere. Relative Ungleichheit hingegen besteht im Hinblick auf bestimmte Verteilungskriterien wie Leistung, Bedürfnisse, Dienstalter u.ä. Sie tritt dann auf, wenn bestimmte Personen mehr verdienen, als sie ihrer Leistung gemäß verdienen sollten (vgl. Hradil 2001: 28ff.). Die relative Ungleichheit findet in der vorliegenden Arbeit keine Anwendung und soll daher nicht vertieft werden.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass soziale Ungleichheit nicht mit sozialer Ungerechtigkeit gleichzusetzen ist. Die Beurteilung, inwieweit eine Güterverteilung gerecht ist oder nicht, obliegt der politischen Philosophie.

2 Dimensionen sozialer Ungleichheit

Für die Analyse der sozialen Ungleichheit innerhalb einer Gesellschaft müssen bestimmte Kriterien gesetzt werden, an denen sie beobachtet und gemessen werden kann.

Hradil (2001: 31ff.) gliedert die Dimensionen sozialer Ungleichheit in drei Gruppen – materieller Wohlstand, Macht und Prestige –, indem diese unterschiedlichen Bedürfniskategorien zugeordnet werden. Diese Dimensionen finden sich in unterschiedlichen konkreten Erscheinungen.

Huinink/Schröder (2008: 108ff.) folgen diesem Modell, nehmen aber einige Veränderungen und Ergänzungen vor, welche mehr Ungleichheitsmerkmale umfassen und damit die Systematik des Ansatzes erhöhen. Ihre Gliederung unterscheidet vier Gruppen von Dimensionen: die ökonomischen, die wohlfahrtsstaatlichen, die sozialen und die emanzipatorischen.

Die erste Gruppe bezieht sich auf Aspekte, denen vorrangig Bedürfnisse nach materiellem Wohlstand zugrunde liegen: (Aus-) Bildung und Wissen, Geld und Besitz von Gütern (Einkommen, Vermögen und materieller Besitz). Sie beinhalten das Ausmaß, in dem Individuen über materielle und wissensbezogene Ressourcen verfügen (vgl. Huinink/Schröder 2008: 112).

Die zweite Gruppe sozialer Ungleichheit sind die sogenannten wohlfahrtsstaatlichen Dimensionen. Sie beziehen sich auf Bedürfnisse und Lebensstile, die den Übergang von der Wohlstands- zur Wohlfahrtsgesellschaft markieren, legen den Fokus auf Lebensbedingungen, die nachhaltig Lebenskomfort und soziale Sicherheit garantieren und verweisen auf unterschiedlich starke erwerbsbezogene und andere soziale Risiken im Lebenslauf sowie vorteilhafte infrastrukturelle Lebensbedingungen. Dazu gehören Erwerbschancen, soziale Absicherung, Arbeits- und Freizeitbedingungen sowie Wohnbedingungen (vgl. ebd.: 127).

Als dritte Gruppe nennen Huinink/Schröder (2008: 132) die sozialen Dimensionen, hinter denen sich Bedürfnisse nach Integration und sozialer Teilhabe, sozialem Einfluss und sozialer Anerkennung verbergen.

Die vierte Gruppe sozialer Ungleichheit bezieht sich auf die sogenannten emanzipatorischen Dimensionen. Sie stehen für die unterschiedlichen Chancen zu individueller Selbstverwirklichung, Emanzipation, Entfaltung von Autonomie sowie Partizipation an gesellschaftlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen (vgl. ebd.: 139).

Diese vier Gruppen sind nicht vollkommen trennscharf zu konstruieren, da sie mitein­ander korrelieren und sich gegenseitig ergänzen können.

3 Theorien der sozialen Ungleichheit

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist die Vorstellung von der Existenz der sozialen Ungleichheit so alt wie die Menschheit. Ebenso alt ist die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit deren Erscheinungen. Ihre Wurzeln reichen in die griechische Philosophie zurück, in der die Ansicht vorherrschte, dass die Ungleichheit unter den Menschen auf ihre Natur zurückzuführen sei (vgl. Bolte/Hradil 1988: 25).

Erste wissenschaftliche Beschäftigung mit sozialer Ungleichheit setzte dann ein, als man sie nicht mehr als gott- oder naturgegeben ansah und nach den gesellschaftlichen Ursachen ihrer Erscheinungen fragte. Dies geschah explizit bei Rousseau in seiner bereits zitierten „Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“ sowie bei Ferguson und Millar (vgl. Bolte/Hradil 1998: 25). Letztere haben sich vor allem mit der Bedeutung von Privateigentum für das Auftreten von Ungleichheit befasst.

Im Zuge der intensiven Beschäftigung mit der sozialen Ungleichheit entstand eine Vielzahl von Erklärungsansätzen, die sich in klassisch bzw. älter, modifiziert und erweitert sowie neuer untergliedern lassen (vgl. Burzan 2004: 5). Die vorliegende Seminararbeit beschränkt sich nur auf die grundlegenden Theorien.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Soziale Ungleichheit. Dimensionen und Theorien
Hochschule
Universität Augsburg
Veranstaltung
Einführung in die Modelle sozialer Ungleichheit
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V230399
ISBN (eBook)
9783656459002
ISBN (Buch)
9783656459804
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Soziale Ungleichheit
Arbeit zitieren
M.A., B.A. Natalia Lemdche (Autor:in), 2011, Soziale Ungleichheit. Dimensionen und Theorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230399

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