Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Die Frauenquote und der institutionalisierte Lebenslauf. Hat die Frauenquote die Fähigkeit einen Wandel in institutionalisierten Lebensläufen zu bewirken? Von Silvio Haase
Einleitung
Die Frauenquote
Institutionalisierte Lebensläufe
Der Einfluss der Frauenquote
Fazit
Literaturverzeichnis
Frauen im Management – Warum liegt die Frauenquote soweit zurück? Von Fabian Steinhoff
Einleitung
Europäische Trends
Ursachen des geringen Frauenanteils
Ausblick
Literaturverzeichnis
DiegesetzlicheFrauenquotein Führungspositionen als Instrument beruflicher Gleichstellung in der deutschen Wirtschaft von Mariya Chernoruk
Einleitung
Begriffsdefinition
StatusQuo–Frauen in Führungspositionen
Einwände gegen die gesetzlicheQuotenregulierung
MöglicheAusgestaltungeinergesetzlichen Quotenregelung
Fazit
Quellenverzeichnis
Die Frauenquote und derinstitutionalisierte Lebenslauf.Hat die Frauenquote die Fähigkeit einen Wandel in institutionalisierten Lebensläufen zu bewirken? Von Silvio Haase
2011
Einleitung
Am 18. Januar diesen Jahres veröffentlichte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung eine Studie über die Besetzung der Vorstände der größten Unternehmen Deutschlands. Inhalt der Veröffentlichung, ist die Verteilung von Führungspositionen zwischen Männern und Frauen. Es wurde hier festgestellt, dass es Frauen sehr schwer haben in die Führungsetage deutscher Unternehmen zu gelangen. Man könnte also meinen, dass die Vorstandsposten für Frauen versperrt bleiben. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass bereits zehn Jahre zuvor ein Abkommen zwischen Regierung und Unternehmen zustande kam, in dem sich die Unternehmen freiwillig dazu bereit erklärten, Frauen in Führungspositionen zu fördern. Bis heute hat sich daran jedoch fast keines der Unternehmen gehalten.
Trotz der Tatsache, dass in Deutschland 2010 von 906 Vorstandsposten gerade einmal 29 von Frauen besetzt waren, liegt Deutschland im Mittelfeld im Vergleich zur restlichen Europäischen Union.[1] Für Gleichstellungsbeauftragte und Frauen in ähnlichen Ämtern ist dies natürlich nicht akzeptabel. Die EU-Kommissarin Viviane Reding forderte bereits 2010 eine Erhöhung der Beteiligung von Frauen in Vorstandspositionen. Diese sollte bis Ende 2011 auf freiwilliger Basis erreicht werden. Gleichzeitig sagte sie aber aus, dass bei Nichterreichen über eine gesetzliche Frauenquote nachgedacht werden müsse.[2] Nun stellt sich darauf aufbauend die Frage, wie diese Frauenquote aussehen könnte. Dazu lohnt ein Blick nach Norwegen. Weiterhin taucht die Frage auf, ob eine solche gesetzliche Regelung einen Einfluss auf die Frau, genauer auf ihren Lebenslauf haben kann. Institutionalisierte Lebensläufe bestehen und determinieren sowohl den weiblichen,als auch den männlichen Lebenslauf und sind fester Bestandteil der Gesellschaft. Dies führt jedoch zu einer Ungleichbehandlung der Frau. Wenn also die Fragen auftauchen, wie die Frauenquote aussehen kann und ob eine solche gesetzliche Regelung einen Einfluss auf die Lebensläufe hat, so kann man auch die Frage aufwerfen, ob die Frauenquote die Fähigkeit hat, einen Wandel in den institutionalisierten Lebensläufen zu bewirken.
Die Frauenquote
Zu Beginn der Betrachtung, inwiefern die Frauenquote Möglichkeiten bietet, Einfluss auf institutionalisierte Lebensläufe zu nehmen,gilt es zu verstehen, was die Frauenquote ist. Beispielgebend für das Funktionieren der gesetzlich geregelten Frauenquote ist Norwegen. Hier wurde die Frauenquote bereits im Jahr 2003 eingeführt und das Land war damit Vorreiter für die ganze Welt. Zum besseren Verständnis der Problematik sollen im Folgenden die Voraussetzungen, die politischen Regelungen sowie die konträren Argumentationsketten aufgezeigt werden. Den Abschluss bildet die Betrachtung, inwiefern die Vorgänge in Norwegen von Deutschland adaptiert werden können.
„Das norwegische Experiment“
Das Ziel der norwegischen Bemühungen, zur Einführung der Frauenquote, war es, 40 Prozent der Aufsichtsratspositionen mit Frauen zu besetzen. Dazu ist es wichtig, die Unternehmensstrukturen sowie die politische Einstellung Norwegens zu kennen.[3]
Anders als in vielen Unternehmen in anderen europäischen Ländern, besteht in Norwegen ein System, in dem es nur ein einziges Organ der Geschäftsleitung gibt. Dieses ist der Verwaltungsrat. Er besteht aus Vertretern der Anteilseigner und aus gewählten Mitgliedern der Mitarbeiter. Dieser Verwaltungsrat ernennt einen Geschäftsführer und ist ihm gegenüber weisungsbefugt.[4]
2003 wurde der politische Entschluss getroffen, das Unternehmensgesetz Norwegens zu erweitern. Gesetzlich wurde festgelegt, dass sich in den Führungsetagen der Unternehmen eine Mindestbesetzung von 40 Prozent von jedem Geschlecht durchsetzen sollte. Ein Jahr später, ab Januar 2004, trat das Gesetz in Kraft, war jedoch nur für kommunale und staatliche Betriebe verbindlich. Eine Umsetzung für Aktiengesellschaften wurde erst 2006, also drei Jahre nach Änderung des Unternehmensgesetzes, durchgeführt. Genannte Aktiengesellschaften hatten ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit binnen zwei Jahren die Quote zu erfüllen. Bevor jedoch eine Gesetzesänderung durch das Parlament ratifiziert werden konnte, durchlief die Gesetzesvorlage eine jahrelange Vorbereitung. Nahezu zehn Jahre dauerte es, aus dem Gesetzesentwurf eine ratifizierte und in Kraft getretene Gesetzesänderung zu schaffen. 1999 wurde der erste Entwurf von einem Beratungsgremium des Ministeriums für Kinder und Gleichstellung vorgelegt.[5]
Während der Debatte über die Gesetzesänderung wurden unterschiedliche Stimmen bezüglich einer Regulierung der Quoten laut. So gab es verständlicherweise viele Für- und auch viele Gegenstimmen. Die Gegner einer solchen gesetzlichen Änderung stellten vor allem Arbeitgeberverbände und Vertreter aus Industrie.[6] „Politiker, oft in Schlüsselstellungen in der Regierung, [zählten] zu den Befürwortern“[7]. Die gesamte Debatte hatte drei Hauptlinien, die sehr kontrovers betrachtet wurden:
Linie eins war das Argument der Gerechtigkeit. Die Fürsprecher dieses Arguments führten überwiegend an, dass das „Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern“[8] zu größerer Gerechtigkeit führen soll. Hierbei sei es wichtig, dass eine „positive Diskriminierung“[9] als Gegenpol zur ungerechten Dominanz von Männern in Führungspositionen als notwendige Maßnahme durchgeführt werden muss. Die Gegner des Gerechtigkeitsarguments führten an, dass eine Regulierung keinesfalls gerecht sei, und dass eine Besetzung von Führungspositionen nicht durch eine gesetzliche Quote zu geschehen hat. Die Suche nach dem Geeignetsten für diesen Posten dürfe nicht durch genannte Regelung beeinträchtigt werden, da dies zu einer Ungleichbehandlung von Männern führt[10].
Die zweite Argumentationslinie war die der Fähigkeit. Bei den Befürwortern fanden sich zwei verschiedene Argumente: Zuerst wurde angeführt, dass das „gesamte Talentpotential einer Bevölkerung gleichmäßig auf Männer und Frauen“[11] verteiltist,und durch ein Ungleichgewicht zugunsten der Männer das gesamte Potential der Gesellschaft nicht ausgeschöpft werden könne. Weiterhin würden Frauen durch das geschlechterspezifische Denken und Handeln neue Ideen und Perspektiven eröffnen können. Einem anderen Argument widmeten sich die Gegner in Bezug auf die Fähigkeit. Diese führten an, dass, ähnlich derer in der Linie der Gerechtigkeit, Frauen aufgrund der Quote eher für den vakanten Posten gewählt würden, als weitaus kompetentere männliche Bewerber. Sie gaben weiterhin an, dass es zu wenige Frauen mit der nötigen Erfahrung geben würde. Demzufolge müssten sie vorerst in unteren Ebenen zu ausgebildeten Bewerbern gemacht werden.[12]
Das dritte und auch letzte Argument bildete das der Demokratie. Dieses nutzte vor allem die Regierung zur Legitimierung ihres Vorhabens. Demokratie zeichne sich auch durchdie Beteiligung von Frauen an der Wirtschaft aus. Gegenstimmen nutzten eben diese Demokratie und merkten an, dass eine Regulierung die Wahlfreiheit der Anteilseigner außer Kraft setze.[13] „Die Quotenregulierung stelle die traditionellen Grundsätze der auf Eigentümerherrschaft basierenden Entscheidungsfreiheit in Frage.“[14]
Trotz der genannten Gegenstimmen und dem dadurch entstandenen Diskurs, ist die Frauenquote in Norwegen eingeführt worden. Um darauf schließen zu können, ob eine Einführung und auch ein Funktionieren in Deutschland möglich sind, muss betrachtet werden, was sich in Norwegen verändert hat und wie diese Veränderungen zu Stande gekommen sind.
Im Jahr 2002 begann die statistische Erhebung über den Anteil der Frauen in Verwaltungsräten. Waren es in diesem Jahr noch 6 Prozent, stieg bis 2009 die Beteiligung von Frauen auf 40 Prozent. Dieses vorgeschriebene Minimum wurde aber nicht überschritten.[15] Hier zeigt sich schon, dass die Besetzung von Führungspositionen mit Frauen im Grunde nur durchgeführt wurde, weil dies gesetzlich vorgeschrieben worden ist. Dies zeigt sich auch in Anbetracht der Position des Geschäftsführers. Hier sind 2009 nur fünf Prozent weiblichen Geschlechts.[16] Norwegen hat also das Minimum der Quote erfüllen können. Dies war möglich, weil das Nichterfüllen mit harten Sanktionen verbunden war und sich die Unternehmen ein scheitern an der Quote nicht erlauben konnten. Die Sanktionen begannen bei Geldstrafen und gingen „bis hin zur Zwangsauflösung des Unternehmens“[17].
Nach nunmehr drei Jahren der Frauenquote in Norwegen stellt sich die Frage, wie erfolgreich das Experiment verlaufen ist. Entgegen der Hoffnungen, aber auch der Ängste von Befürwortern und Gegnern, hat die Einführung der Frauenquote weder großartig positiv, noch immens negativ auf Wirtschaft und Unternehmen gewirkt. Ein Qualitätsverlust ist nicht spürbar, da durch Ausbildung ein eventuelles Erfahrungsdefizit ausgeglichen wurde. Für Befürworter und Gegner haben somit nicht die erhofften Auswirkungen eingestellt.[18]
Die Quote in Deutschland
Nachdem am Beispiel Norwegens deutlich wurde, was hinter einer Einführung der Frauenquote steht, was dies bezüglich der Debatte der Diskussionsparteien bedeutet und welche Auswirkungen entstanden sind, soll im Folgenden geklärt werden, ob und inwiefern eine Einführung in Deutschland möglich und denkbar wäre.
Es ist bekannt, dass Männer zu jederzeit an ihrer Ideologie des „Mannes“ festhalten. Sie sind der Ernährer und der umgangssprachliche „Hahn im Korb“. Diese Denkweisen haben in Norwegen unter anderem den Kritikern an der Geschlechterquote den Rücken gestärkt. Dies wurde bereits festgestellt und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf Deutschland beziehbar sein. Weiterhin war es in Norwegen und ist es auch in Deutschland an der Tagesordnung, weniger nach Frauen für eventuelle Führungspositionen zu suchen. Nicht zuletzt wäre eine Einführung in Deutschland ein kritischer Kontakt mit den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft ohne staatliche Kontrolle.
Eine Frauenquote muss jedoch nicht zwangsläufig nur wirtschaftlich verstanden werden. Geht man hin zur Politik, so könnte man meinen, dass Deutschland eine Quote nicht benötigt. Mit der Wahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin im Jahr 2005 hat die Bundesrepublik Deutschlands eine Frau als faktisch mächtigsten Amtsträger im Staatsapparat. Dieses sehr gute Beispiel für dieRegierungsparteiCDU mit einer Frau an der Spitze wird jedoch durch die Schwesterpartei CSU und ihre Parteigliederung in den Schatten gerückt. „Die CSU gilt als die männlichste aller deutschen Parteien“[19] und ist damit weit weg von einer Gleichverteilung der Mitgliedschaften zwischen den Geschlechtern. Hier kommt nun die Frage auf, ob eine Frauenquote nicht doch zweckmäßig wäre.
Gemäß dem §1 Absatz 2 des Parteiengesetzes Deutschlands haben Parteien den Auftrag „die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben [zu] fördern, zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger [heranzubilden]“[20]. Ziel ist es also die Bürger, und damit männliche und weibliche gleichermaßen, politisch zu involvieren und auch dafür zu sorgen, dass Bürger beider Geschlechter ein Amt oder eine Mitgliedschaft in einer Partei bekleiden. De facto ist hier also schon eine Art der Geschlechterquote zu finden, wenngleich keine genaue Forderung aufzufinden ist, wie hoch die jeweilige Beteiligung auszusehen hat. Eine weitere Begründung findet sich in der Tatsache, dass Politik, insbesondere also Parteien, eine Vorbildfunktion inne und somit der Gleichberechtigung zu Gute zu kommen hat.
Möchte man also in der CSU, hier stellvertretend für die deutsche Parteienlandschaft, eine höhere Beteiligung der Frau erreichen, so ergeben sich mehrere Möglichkeiten des Handelns. Betrachtet man die Grundsätze der CSU, so fällt auf, dass „allein Qualität und Leistung“[21] für die Besetzung politischer Ämter entscheidend ist. Eine Besetzung der höheren Positionen mit Frauen findet nur zu zehn Prozent statt. Das bedeutet nun also, dass 90 Prozent der Männer eine hohe Position inneund die Frauen damit nur etwa eine fünfzigprozentige Chance auf ein solches Amt haben. Diese Argumentation würde nun bedeuten, dass Männer doppelt so gute Leistungen wie Frauen erbringen. Eine Aussage die selbstverständlich vollkommen weltfremd ist.[22] Eine erste Handlungsoption, dieser Argumentation entgegen zu wirken, wäre also das gezielte Ansprechen von weiblichen Mitbürgern. Frauen werden meist erst durch gezielte Ansprache politisch aktiv[23]. Besonders schon aktiven und erfolgreichen Politikerinnen ist hier eine besondere Rolle zuzuschreiben. Diese können oftmals erfolgreicher auf neue Mitglieder zugehen und diese motivieren. Dieser Umstand würde noch gefördert werden, wenn ein gewisser Zwang, so zum Beispiel bei Wahlen, zur Aufstellung von Frauen bestehen würde.[24]
Es ist ersichtlich, dass eine Frauenquote hinsichtlich der Politik durchaus denkbar wäre. In Anbetracht der Ergebnisse Norwegens und den Gedanken in Deutschland würde eine Quotenregelung, zumindest innerparteilich, höchstwahrscheinlich aber auch auf wirtschaftlicher Ebene, keine negativen Begleiterscheinungen mit sich bringen. Das Brechen der traditionellen Denkweisen in Unternehmen und auch in Parteien, welches gerade in der heutigen Gesellschaft ausgedient hat, ist ein erster Schritt in Richtung der Gleichstellung von Mann und Frau. Probleme, die es zu bewältigen gilt, sind auch Strukturen in Organisation oder Kommunikation in männlicher Ausrichtung.[25]
Institutionalisierte Lebensläufe
Um eine Antwort auf die Frage zu erhalten, inwiefern die Frauenquote institutionalisierte Lebensläufe aufbrechen kann, wurde geklärt, was genau die Frauenquote ist, wie sie entstand und welche Hintergründe sie hat. Im weiteren Verlauf ist es nun nötig, die institutionalisierten Lebensläufe zu charakterisieren und zu klären, wie diese entstehen und manifestiert sind.
Lebensläufe können durch mehrere Institutionen oder auch durch zeitliche Abläufe festgelegt sein. Mit zeitlichen Abläufen sind Organisationsstrukturen wie Kindergärten, Schulen, oder der Arbeitsmarkt gemeint. Weiterhin kann der Lebenslauf durch das Erwerbssystem, also Ausbildung, Erwerbszeit und die Zeit der Rente, festgesetzt werden. Neben diesen eher einschichtigen Theorien existiert die der Konfiguration[26]. Dabei geht es im Kern um die „Sequenz von Beteiligungsmodi oder Partizipation an Institutionen“[27], man könnte dies als einen Lebenslauf bezeichnen, wie er im klassischen Sinn verstanden wird. Ungeachtet der verschiedenen Arten von genannten Theorien, ergeben sich in jeder ähnliche Erscheinungen bei Männern und Frauen.
Bei einem Blick auf den Arbeitsmarkt ergibt sich für den Mann die Tatsache, dass dieser durch Karriere und Leistungsanforderungen gänzlich gefordert wird. Um im Beruf erfolgreich zu sein, ist der Mann gezwungen hohe Leistungen zu erbringen und jederzeit verfügbar zu sein. Kommt es dabei zu einem Erwerbsausfall durch beispielsweise Krankheit oder Verlust der beruflichen Anstellung, so übernimmt in unserem Sozialsystem der Staat die Zahlung von Hilfen. Familiär gesehen, wird hier immer ein Haushalt mit zwei Personen gefordert.[28] Dies wird deutlich mit einem Blick auf das Finanz- und Zeitmanagement. In der heutigen Zeit ist es schwierig, eine Familie allein zu ernähren, ohne Hilfe durch staatliche Institutionen zu beziehen. Natürlich ist dies möglich, ist aber mit hohem Aufwand durch die ernährende Person verbunden. Auch im Hinblick auf die zeitliche Belastung stellt man ähnliches fest. Genannte Personen müssen neben der Tätigkeit der erwerbstätigen Person auch die Tätigkeit des Erziehers wahrnehmen. Dadurch ist ein hoher Aufwand bereits vorprogrammiert. Kommt es nun zu Krankheit der ernährenden Person, so muss nicht nur der Staat in seiner geldgebenden Funktion einspringen, sondern es müssen eine Vielzahl von Institutionen in Erscheinung treten, um den Ausfall im familiären Umfeld zu kompensieren. Ein Haushalt, der nur aus Mutter respektive Vater und Kind besteht, kann dies nur unzureichend und nicht ohne Hilfe leisten. Man kommt hier also zu dem Schluss, dass der Mann so gesehen eine Person im beruflichen Sinne und eine halbe im familiären Sinne darstellt. Der Mann ist also als Ernährer in einer Supportfunktion und damit ist die Familie für ihn weniger strukturgebend als der Arbeitsmarkt. Die Addition von Mann plus Familie plus Arbeitsmarkt ergibt hier ein positives Ergebnis. Familie und Arbeit sind im männlichen Lebenslauf parallel und ergänzen sich.[29]
Es zeigt sich schon hier, dass die Zuordnung des Mannes allein zur Arbeit und der Frau allein zur Familie mittlerweile fehl am Platz ist. Dennoch steckt in dieser Zuordnung auch ein wenig Wahrheit. Wie bereits genannt, ist der Mann zum größten Teil der Arbeit zuzuordnen. Bei Frauen sieht dies, nicht allein aufgrund der biologischen Unterschiede, anders aus. Weibliche Arbeitnehmerinnen und Mütter müssen einen Balanceakt zwischen beiden Strukturgebern vollführen. Der Arbeitsmarkt, hier vor allem der Berufsabschluss, ist von großer Bedeutung für die berufliche Entwicklung. Als gegensätzlicher Part zeigt sich für die Frau die Familie. Sie wird als strukturlos charakterisiert. Diese Beschreibung entsteht durch die Tatsache, dass Schwangerschaften, Krankheiten von Familienmitgliedern oder ähnliches eine gewisse Unvorhersehbarkeit mit sich bringen. Dies steht der geforderten Kontinuität auf dem Arbeitsmarkt entgegen und wirkt sich karrierehemmend aus. Durch eben diese Diskontinuität kommt es zu Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit und erhöht die Gefahr einer unterqualifizierter Anstellung beim Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit. Es zeigt sich also, dass der weibliche Lebenslauf durch eine wechselseitige Beziehung von Familie und Beruf gezeichnet ist. Dadurch ist die Ausschöpfung der vollen Leistung weder beim einen, noch beim anderen wirklich möglich.[30]
Mit diesem Wissen und dem Blick auf die berufliche Ausbildung werden weitere Probleme zu Tage gefördert. Klassische weibliche Berufsbilder, wie das des Erziehers, zeichnen sich durch vollzeitschulische Ausbildungsgänge aus. Diese sind, entgegen dem erfolgreichen dualen Berufsausbildungssystem, also rein schulisch und wenig praxisorientiert. Weiterhin werden viele Ausbildungen, hier die des Physiotherapeuten genannt, privat durchgeführt und sind dadurch mit höheren finanziellen Belastungen verbunden. Das duale System, dass durch das Berufsbildungsgesetz definiert wird, findet sich in nahezu allen klassischen männlichen Berufen, während die genannten schulischen Ausbildungen „Kulturhoheit der einzelnen Länder“[31] sind. Diesem Umstand ist es geschuldet, dass schon bei der beruflichen Ausbildung benachteiligte Lebenswege entstehen und die Lebensläufe von Frauen dadurch anders determiniert werden, wie die der Männer. Bei Frauen addiert sich also das Geschlecht plus Arbeit plus Familie nicht positiv auf.[32]
Es zeigt sich, dass die Lebensläufe von Frauen und Männern nicht nur biologisch festgelegt sind, sondern Institutionen und Gesellschaft diese beeinflussen. Auch das Verständnis von jeder individuellen Person und dessen Erwartung an den Lebenslauf manifestieren diese Entwicklung. Egal welche Theorie man zum institutionalisierten Lebenslauf aufgreift, zeigt, dass Arbeit die Familie bei Männern einschließt, während es bei der Frau zu einem wiederkehrenden Wechsel zwischen beiden Strukturkategorien kommt. Gerade dadurch wird das traditionelle Geschlechterverhältnis weiter aufrechterhalten.[33]
Der Einfluss der Frauenquote
Nachdem die Entstehung der Frauenquote am Beispiel Norwegen geklärt und ein Beispiel für diese in Deutschland genannt wurde, ist bekannt, was die Frauenquote genau beinhaltet. Um was es sich bei institutionalisierten Lebensläufen handelt, wurde gleichermaßen geklärt. Verbindet man diese beiden Begriffe, so kommt man zu der Frage, ob und wenn ja, inwieweit die Frauenquote Lebensläufe beeinflusst. Dies soll im Hinblick auf die Theorie des Lebenslaufes abhängig vom Erwerbssystem dargestellt werden.
[...]
[1] Vgl. Spiegel-Online. „Ökonomen beklagen miese Frauenquote in Top-Positionen“. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,740072,00.html. Abgerufen am: 22.02.2012
[2] Vgl. Spiegel-Online. „EU will Konzerne mit Frauenquote bändigen“. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,717963,00.html. Abgerufen am: 22.02.2012
[3] AagothStorvik, Mari Teigen (2010): „Das norwegische Experiment – eine Frauenquote für Aufsichtsräte“. http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07310.pdf. Abgerufen am: 23.01.2012
[4] Vgl. Ebd. S. 5
[5] Vgl. AagothStorvik, Mari Teigen (2010): „Das norwegische Experiment – eine Frauenquote für Aufsichtsräte“. http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07310.pdf. Abgerufen am: 23.01.2012. S. 5-6
[6] Vgl. Ebd. S. 6
[7] Ebd.
[8] Ebd.
[9] Ebd. S. 7
[10] Vgl.AagothStorvik, Mari Teigen (2010): „Das norwegische Experiment – eine Frauenquote für Aufsichtsräte“. http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07310.pdf. Abgerufen am: 23.01.2012. S. 7
[11] Ebd.
[12] Vgl. Ebd.
[13] Vgl.Ebd.
[14] Vgl.AagothStorvik, Mari Teigen (2010): „Das norwegische Experiment – eine Frauenquote für Aufsichtsräte“. http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/07310.pdf. Abgerufen am: 23.01.2012. S. 7
[15] Vgl. Ebd. S. 9
[16] Vgl. Ebd.
[17] Ebd.
[18] Vgl. Thomas Borchert (2011): „In Norwegen gehören Frauen in Chefetagen zum Alltag“.http://www.stern.de/politik/ausland/frauenquote-in-norwegen-gehoeren-frauen-in-chefetagen-zum-alltag-1739731.html. Abgerufen am:15.02.2012
[19] Isabelle Kürschner (2010): „Eine Frauenquote für die CSU – Notwendigkeit oder Nötigung“. http://www.hss.de/uploads/tx_ddceventsbrowser/ 100319_Argumentation_kompakt.pdf. S. 1. Abgerufen am: 15.02.2012
[20] § 1 Absatz 2 PartG
[21] Isabelle Kürschner (2010): „Eine Frauenquote für die CSU – Notwendigkeit oder Nötigung“. http://www.hss.de/uploads/tx_ddceventsbrowser/ 100319_Argumentation_kompakt.pdf. S. 4. Abgerufen am: 15.02.2012
[22] Vgl. Ebd.
[23] Roberto Heinrich, Malte Lübker, Heiko Biehl (2002): „Parteimitglieder im Vergleich: Partizipation und Repräsentation“. http://www2.politik.uni-halle.de/schuettemeyer/ downloads/ppp-kurzfassung.pdf. S. 21. Abgerufen am: 15.02.2012.
[24] Vgl. Isabelle Kürschner (2010): „Eine Frauenquote für die CSU – Notwendigkeit oder Nötigung“. http://www.hss.de/uploads/tx_ddceventsbrowser/ 100319_Argumentation_kompakt.pdf. S. 4. Abgerufen am: 15.02.2012
[25] Vgl. Ebd. S. 7
[26] Vgl. Helga Krüger (1995): „Dominanzen im Geschlechterverhältnis: Zur Institutionalisierung von Lebensläufen“ In: Regina Becker-Schmidt, Gudrun-Axeli Knapp (Hg.): „Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften“. Frankfurt/Main, New York: Campus Verlag. S. 197-199
[27] Ebd. S. 199
[28] Vgl. Ebd. S. 202-203
[29] Vgl. Helga Krüger (1995): „Dominanzen im Geschlechterverhältnis: Zur Institutionalisierung von Lebensläufen“ In: Regina Becker-Schmidt, Gudrun-Axeli Knapp (Hg.): „Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften“. Frankfurt/Main, New York: Campus Verlag. S. 202-206
[30] Vgl. Helga Krüger (1995): „Dominanzen im Geschlechterverhältnis: Zur Institutionalisierung von Lebensläufen“ In: Regina Becker-Schmidt, Gudrun-Axeli Knapp (Hg.): „Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften“. Frankfurt/Main, New York: Campus Verlag. S. 201-205
[31] Ebd. S. 211
[32] Vgl. Ebd. S. 211
[33] Vgl. Helga Krüger (1995): „Dominanzen im Geschlechterverhältnis: Zur Institutionalisierung von Lebensläufen“ In: Regina Becker-Schmidt, Gudrun-Axeli Knapp (Hg.): „Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der Sozialwissenschaften“. Frankfurt/Main, New York: Campus Verlag. S. 213-215