Die leistungsorientierte Professorenbesoldung der Universität Witten/Herdecke

Als Beispiel für ein monetäres Anreizsystem an Hochschulen vor dem Hintergrund der Prinzipal-Agenten-Theorie


Hausarbeit, 2013

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Prinzipal-Agenten-Theorie als Grundlage für die Untersuchung der Anreizsetzung an Hochschulen
2.1 Modellvariante „Mehrere Aufgaben“
2.2 Modellvariante „Weitere Präferenzen“

3. Anreizsysteme und ihre Ziele
3.1 Intrinsische und extrinsische Motivation
3.2 Monetäre und nicht-monetäre Anreize

4. Die Universität Witten/Herdecke
4.1 Die leistungsabhängige Professorenbesoldung
4.2 Bewertungskriterien und Begleitmaßnahmen

5. Kritische Bewertung des Modells

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Ziel, die Qualität von Lehre und Forschung an den deutschen Hochschulen zu steigern, ist schon seit langem ein formuliertes Ziel der Politik. Als Schlüsselfaktoren für dieses Ziel wurden bereits früh die Professoren und Lehrbeauftragten als zentrale Akteure der Hochschullandschaft identifiziert und ihre Position sowie ihr Wirken als Ansatzpunkt für eine Qualitätssteigerung benannt. Seit Ende der 1990er Jahre ist dabei eine leistungsabhängige Vergütung der Lehrenden als Anreizmechanismus für die individuelle Leistungssteigerung und damit eine flächendeckende Verbesserung der Lehr- und Forschungsqualität in den Fokus der Debatte gerückt.[1] Die vorliegende Arbeit untersucht vor dem theoretischen Hintergrund der Prinzipal-Agenten-Theorie als Analysemodell von Anreizmechanismen und ihrer Wirkungsweise ein Modell einer leistungsabhängigen Vergütung von Hochschulmitarbeitern. Als Modell-Hochschule wurde die Universität Witten/Herdecke ausgewählt, deren Professoren alle in einem Vergütungssystem mit Leistungszulagen beschäftigt sind. Es stellt sich die Frage, ob die gesetzten Anreize wirklich geeignet sind, die Qualität der Lehre zu erhöhen oder ob sie, der Prinzipal-Agenten-Theorie folgend, evtl. sogar negative Effekte auf die Leistung der Professoren und damit auf die Qualität der Lehre haben?

Im theoretischen Teil werden dafür das Grundmodell der Prinzipal-Agenten-Theorie sowie ausgewählte, für die Anreizsetzung an Hochschulen relevante, Modellvarianten vorgestellt. Außerdem sollen die grundsätzlichen Ziele und Wirkungsweisen von Anreizen in Beschäftigungsverhältnissen sowie die unterschiedliche Motivation einzelner Beschäftigter untersucht werden.

Der zweite Teil der Arbeit stellt das Vergütungssystem der Universität Witten/Herdecke sowie die flankierenden Maßnahmen der Personalführung und der Bewertungskriterien dar. Der Fokus liegt an dieser Stelle sowohl auf den Professoren als auch auf den Dekanen und der Hochschulleitung als zentralen Akteuren des Systems. Anschließend wird das Modell vor dem zuvor erläuterten theoretischen Hintergrund untersucht, um sowohl positive als auch negative Effekte zu erkennen und zu analysieren.

2. Die Prinzipal-Agenten-Theorie als Grundlage für die Untersuchung der Anreizsetzung an Hochschulen

Die Prinzipal-Agenten-Theorie (PAT) als Theorie der Neuen Institutionenökonomik beschreibt die Verhältnisse bzw. das Beziehungsgeflecht zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und dem Ausführenden (Agent). Sie dient dazu, die Motivation der Beschäftigten und die Zielsetzung der Prinzipale darzustellen sowie die verschiedenen Interessen in Relation zueinander zu setzen. Die Theorie macht in diesem Ansatz deutlich, weshalb Anreizsysteme notwendig sind:

„Das Grundproblem dieses Ansatzes besteht darin, dass der Auftraggeber („Prinzipal“) sicherstellen muss, dass ein Auftragnehmer („Agent“) in seinem Sinne handelt. Da es für den Prinzipal in der Regel unmöglich ist, die Handlungen des Agenten umfassend zu kontrollieren, muss er versuchen, die Handlungen des Agenten geeignet zu beeinflussen […]“[2]

Diese Einflussnahme und die damit verbundene Angleichung der Ziele von Prinzipal und Agent lassen sich durch verschiedene Anreizmechanismen erreichen. Die PAT besagt, dass es jedoch verschiedene Probleme im Geflecht zwischen Prinzipal und Agent gibt. Für die vorliegende Arbeit sind besonders die Probleme der „hidden action“ und der „hidden information“ relevant. Erstes besagt, dass der Prinzipal nach Vertragsabschluss das Anstrengungsniveau des Agenten nicht prüfen kann und es ihm so verborgen bleibt, „ob sich der Agent vor der Arbeit drückt oder die Ressourcen des Prinzipals für private Zwecke nutzt“[3]. Das zweite Problem besagt, dass im Falle einer Informationsasymmetrie, „der Agent so die Handlungen wählen [kann], die ihm selbst (und nicht dem Prinzipal) den größten Nutzen bringen“[4]. Diese Probleme sind auch an den Hochschulen präsent und sollen mit den verschiedenen Anreizen vermieden werden.

Demnach ist die PAT für die Analyse der Beschäftigungssituation an Hochschulen sehr gut geeignet, da sie „zum Standard der Wirtschaftswissenschaften gehört und sich insbesondere mit dem beim Hochschuldienstrecht relevanten Anreizproblem befasst“[5]. Alexander Dilger (2001), der die Prinzipal-Agenten-Theorie auf die Hochschulen überträgt, stellt in Bezug auf die Vereinbarkeit von Theorie und Hochschulbereich fest: „Erstens ist die Abgrenzung der relevanten Prinzipale und Agenten im Hochschulbereich schwierig, zweitens sind die Ziele der Prinzipale bzw. der Hochschulen selbst weit weniger klar als im Falle privatwirtschaftlicher Unternehmen“[6]. Derart werden zwei wichtige Fragen für die Anreizgestaltung in Hochschulen benannt. Anreizmechanismen sind deshalb gerade an Hochschulen schwer zu installieren, da es je nach Blickwinkel, verschiedene Agenten und Prinzipale gibt. So stellt sich z.B. die Frage, ob Professoren die Agenten der Hochschule oder die Prinzipale ihrer Mitarbeiter sind. Derartige Unklarheiten lassen sich für fast jede Tätigkeit an den Hochschulen feststellen. Selbiges gilt auch für die Ziele, da nicht jeder einzelne Beschäftigte die gleichen Ziele wie die Hochschulleitung verfolgt.

Vor dem Hintergrund des Anreizsystems der Universität Witten/Herdecke soll an dieser Stelle eine Beschränkung auf die Hochschulleitung als Prinzipal und die Professoren als Agenten erfolgen.

2.1 Modellvariante „Mehrere Aufgaben“

Da das gängige Modell der PAT als Erklärungs- und Analyseansatz für die Anreizstrukturen im Hochschulbereich nicht ausreicht, werden an dieser Stelle die wichtigsten Faktoren und Probleme zweier Modellvarianten vorgestellt und untersucht.

Für den Bereich der Hochschule scheint zunächst vor allem das „Mehrere-Aufgaben-Modell“ relevant zu sein. Dieses besagt, dass der Agent mehrere gleichwertige Aufgaben für den Prinzipal erfüllen soll. Hierbei gilt es für den Prinzipal zu beachten, „nicht Fehlanreize zur Erfüllung vor allem der besser beobachtbaren Aufgaben zu setzen“[7]. In Hochschulen muss dieses Modell besondere Beachtung erfahren, da Leistung in der Forschung meist leichter zu bestimmen und vor allem prestigeträchtiger ist als Leistung in der Lehre. Daraus ergibt sich, dass Anreize am effektivsten in den am schlechtesten zu beobachtenden Aufgaben zu setzen sind, da sich sonst „viele Hochschulangehörige […] auf die Forschung konzentrieren und die Lehre als lästige Pflicht betrachten“[8]. Für den Fall, dass beispielsweise die Leistung in der Forschung (als leicht zu beobachten) vergleichsweise gut entlohnt wird, ist davon auszugehen, dass Beschäftigte ihre Leistung eben in diesem Bereich und nicht in den vom Prinzipal gewünschten Bereichen steigern. Derart ließe sich die gewünschte Qualitätssteigerung in der Lehre also nicht erzielen.

2.2 Modellvariante „Weitere Präferenzen“

Das zweite relevante Modell ist das der „Weiteren Präferenzen“. Dieses Modell beschreibt die „aus Sicht des Prinzipals falsche Prioritätensetzung bei der Arbeit"[9]. Gerade an Hochschulen besteht nämlich die Gefahr, dass Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter ihren Arbeitseinsatz auf ihre speziellen Forschungsinteressen zu begrenzen versuchen und aus diesem Grund Forschung und Lehre in anderen Gebieten, wie ggf. vom Prinzipal gefordert, vernachlässigen. Diese Modellvariante weist zusätzlich auf die Gefahren hin, dass Professoren ihre Ressourcen zu anderen Zwecken einsetzen und „z.B. eine übertrieben teure Büroausstattung anschaffen oder Untergebene horten"[10]. Zuletzt wird auch auf eventuelle Nebeneinkünfte durch außeruniversitäre Publikationen und Vorträge verwiesen, welche die gegebene Zeit und Ressourcen der Agenten binden. Für diese Modellvariante gilt, dass Anreize gesetzt werden müssen, die die Leistungskapazitäten der Professoren an den vom Prinzipal gewünschten Bereich binden und derart gestaltet sind, dass Tätigkeiten außerhalb dieser Bereiche an Attraktivität verlieren. Gleichzeitig darf die Entlohnung nicht zu hoch sein, „um nicht allein an der Bezahlung Interessierte anzulocken“[11]. Mit einem Mittelweg, der sowohl die Erfüllung der vom Prinzipal gewünschten Leistungsindikatoren als auch die intrinsische Motivation der Beschäftigten fördert, kann hingegen für dieses Modell eine Paretoverbesserung erzielt werden.

Beide Modellvarianten zeigen auf, welche Schwächen bestimmte Anreizmechanismen haben und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ausschließlich die erwünschte Produktivitätssteigerung und die Verbesserung der Qualität der Lehre erzielt werden kann. Im Folgenden soll erläutert werden, welche Anreizsysteme denkbar sind und was die exakte Zielsetzung dieser Mechanismen ist.

3. Anreizsysteme und ihre Zielsetzung

Anreizsysteme bezeichnen ein Geflecht verschiedener institutioneller Anreizfaktoren, die dazu dienen, die Produktivität der Beschäftigten zu erhöhen. Anreize können sowohl ohne zusätzliche Ressourcenexpansion, de facto also kostenneutral, als auch mit steigendem Mitteleinsatz agieren um eine Produktivitätssteigerung zu erzielen. Beide Ansätze verbindet jedoch das gemeinsame Ziel, einen deutlich höheren Output, im Falle der Hochschulen also eine an Leistungsindikatoren messbare Steigerung in der Qualität der Lehre und Forschung, zu erreichen.

Anreizmechanismen stellen eine effiziente Variante dar, die Verhaltens- und Arbeitsweise von Beschäftigten derart zu beeinflussen, dass dieser höhere Bildungsoutput erzielt werden kann. Ökonomen sind sich weitgehend einig, dass es unstrittig sei, „dass das Handeln der im Bildungsbereich Tätigen – wie dasjenige aller Menschen – durch Anreize entscheidend beeinflusst wird“[12], was sich in der jüngsten Debatte über eine Neujustierung bestehender Anreize oder die Schaffung neuer Anreizmechanismen gerade für den Bereich der Hochschulbildung niederschlägt. Anreizsysteme sind jedoch dahingehend schwierig zu gestalten, da die Anreize selber in hohem Maße unterschiedlich sein können und sollten:

"Zur Stimulierung der ökonomisch erwünschten hohen Leistungsabgabe müssen spezielle Motivationsinstrumente eingesetzt werden, die in ihrem Umfang und Inhalt sehr vielgestaltig sein können […]"[13]

[...]


[1] Vgl. HANDEL, Kai (2005): Die Umsetzung der Professorenbesoldungsreform in den Bundesländern, S.7

[2] HANDEL, Kai (2005), S. 19

[3] Ebd., S. 20

[4] Ebd., S. 20

[5] DILGER, Alexander (2001): Was lehrt die Prinzipal-Agenten-Theorie für die Anreizgestaltung in Hochschulen?, S. 133

[6] Ebd., S. 133f.

[7] DILGER, Alexander (2001), S. 138

[8] Ebd., S: 138

[9] Ebd., S. 143

[10] DILGER, Alexander (2001), S. 143 f.

[11] Ebd., S. 144

[12] LANGER, Benedikt / SILLER, Jochen (2008): Institutionelle Anreizfaktoren im deutschen Schulsystem: Status quo und Reformoptionen am Beispiel Nordrhein Westfalens, S. 1

[13] BREISIG, Thomas (2003): Entgelt nach Leistung und Erfolg, S. 74

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die leistungsorientierte Professorenbesoldung der Universität Witten/Herdecke
Untertitel
Als Beispiel für ein monetäres Anreizsystem an Hochschulen vor dem Hintergrund der Prinzipal-Agenten-Theorie
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Lehrstuhl für Sozialpolitik und Institutionenökonomik)
Veranstaltung
Bildungsökonomie
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
19
Katalognummer
V230857
ISBN (eBook)
9783656472582
ISBN (Buch)
9783656472711
Dateigröße
559 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
leistungsabhängige Besoldung, Professorenbesoldung, intrinsische Motivation, extrinsische Motivation, Prinzipal-Agenten-Theorie, Bildungsökonomie
Arbeit zitieren
Marcel Jökale (Autor:in), 2013, Die leistungsorientierte Professorenbesoldung der Universität Witten/Herdecke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230857

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