Die Struktur der japanischen Gesellschaft nach Nakane


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

20 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Strukturprinzip der sozialen Gruppe in Japan
2.1. Rahmen und Attribut
2.2. Familienähnliche Gesellschaftsstruktur

3 Eigentümlichkeiten der Gruppenbildung
3.1. Ein-zu-Eins-Beziehung
3.2. Die Grundstruktur vertikaler Beziehungen
3.2.1 Individuelle Beziehungen
3.2.2 Individuelle Beziehungen innerhalb einer soziale Gruppe
3.3. Gemeinsame Strukturmerkmale
3.4. Die Rolle der Führungskraft und die Aufgabenteilung
3.4.1 Führungskraft
3.4.2 Aufgabenteilung

4 Die Gesamtstruktur der Gesellschaft

5 Fazit

1 Einleitung

Japans Aufstieg zur Weltwirtschaftsmacht und die Hochindustrialisierung innerhalb der letzten 30 Jahre haben äußerlich zu einer Verwestlichung der japanischen Gesellschaft geführt. Dahinter existieren aber immer noch die „traditionellen“ Normen und Werte, wie zum Beispiel der hohe Stellenwert der Familie oder die Gruppenharmonie.

Diese charakteristischen „modernen“ und „traditionellen“ Aspekte der japanischen Gesellschaft werden oft als nicht miteinander vereinbar oder sogar einander widersprechend angesehen. Der „traditionelle“ Anteil wird oft als „feudaler“ oder „vormoderner“ Aspekt betrachtet, der im Westen nicht anerkannt wird oder sogar hinderlich für die Modernisierung sein kann.

Die Sozialanthropologin Nakane, Chie, stellt in ihrem Buch „Die Struktur der japanischen Gesellschaft“ eine interessante Frage:

„Ist die japanische Gesellschaft erst einmal vollständig modernisiert, wird sie oder sollte sie genau so werden wie die des Westens?“[1]

Um diese Frage zu beantworten, hat sie sich in ihrem Buch aus sozialanthropologischer Sicht mit dem gegenwärtigen (1967) sozialen Leben in den 1960er Jahren beschäftigt, um die typische Sozialstruktur Japans zu beleuchten.[2] Nakane vertritt die Meinung, dass der „traditionelle“ Aspekt ein Teil desselben sozialen Systems ist, das auch einen „modernen“ Zug aufweist. Das Charakteristikum der sozialen Beziehungen in der japanischen Gesellschaft erklärt Nakane mit dem „vertikalen Prinzip“: „Ein einzelner oder eine Gruppe hat immer eine einzige, besondere Beziehung“.[3]

Anhand dieser Hausarbeit soll der von Nakane genannte strukturelle Kern der japanischen Gesellschaft, das „vertikale Prinzip“ (タテ社会の人間関係)beschrieben werden, um die Frage zu beantworten, welchen Beitrag die japanische Gesellschaftsstruktur zum wirtschaftlichen Erfolg Japans geleistet hat.

Bevor ich konkret auf das „vertikale Prinzip“(タテ社会の人間関係) eingehe, möchte ich auch die spezifischen Eigenschaften erläutern. Bei dem Thema „vertikales Prinzip“ möchte ich mich nur auf die Kernpunkte im Rahmen des Möglichen beschränken.

2 Strukturprinzip der sozialen Gruppe in Japan

2.1. Rahmen und Attribut

Nakane unterscheidet die japanische Gesellschaft, in der das Gruppengefühl bzw. die Zugehörigkeit zu einer Gruppe auf dem „Rahmen“ beruht, von anderen Gesellschaften wie z.B.Indien, wo Kasten aufgrund von Beruf oder Abstammung die sozialen Klassenunterschiede bestimmen, oder von der europäischen Gesellschaft, die auf dem Klassensystem basiert.

Für die soziale Statusidentifikation ist der „Rahmen“ in Japan viel wichtiger als das „Attribut“. „“Rahmen“ kann ein Ort sein, eine Institution oder bestimmte Beziehung, ...ewas, das eine Reihe von Individuen in eine Gruppe einbindet.“[4] Und „“Attribut“ beispielweise liegt vor, wenn man Mitglied einer bestimmten Sippe oder Kaste ist... Das Attribut kann nicht nur durch Geburt, sondern auch durch Leistung erworben werden.“[5]

Wenn z.B. ein Japaner jemand neu kennerlernt, ist er neugierig auf den sozialen Status des Anderen. Für den Japaner ist es wichtiger festzustellen, welche Universität jemand besucht hat oder in welcher Firma oder Institution er tätig ist.(Rahmen) Es ist von geringeren Interessen, ob die Person einen Doktortitel hat oder welche Stellung sie bekleidet.(Attribut)

Attribut Rahmen

Leitender Angestellter Angehöriger der Firma X

Professor Angehöriger der Y-Universitität

Der „Rahmen“ bestimmt das Leben eines Japaners. In einem „Rahmen“ koexistieren Menschen mit unterschiedlichen „Attributen“. Die „Rahmen“ sind für Japaner meistens ihre Arbeitsplätze und der begrenzte Lebensbereich, der für sie besondere Bedeutung hat und in dem sie mit ihrem Umfeld besonderes Gruppenbewusstsein verbindet. Außerhalb eines „Rahmens“ haben Japaner meistens keine sozialen Lebensbereiche, die für sie von Bedeutung sind. In den „Rahmen“ spiegeln sich die Charakteristika der japanischen Haushaltsstruktur(Ie).

2.2. Familienähnliche Gesellschaftsstruktur

Ein wesentliches Merkmal der japanischen Gesellschaft ist das Gruppenbewusstsein, das von Kindheit an gelernt wird. Das Gruppenbewusstsein geht auf die „Rahmen“ zurück. Die Integration in eine soziale Gruppe ist für Japaner von großer Bedeutung. Diese in der japanischen Gesellschaft verwurzelte Vorstellung hat ihren Ursprung im patriarchalischen Familiensystem(Kachou Seido) bzw. in der traditionellen Haushaltsstruktur (Ie), die nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschafft wurden. Die Familie bildete in dieser Zeit eine soziale Gruppe, ein Kollektiv mit gemeinsamem Wohnsitz und stellte oft auch gleichzeitig eine gemeinsame Wirtschaftorganisation dar. In der Familie wurde auf die Harmonie und den guten Zusammenhalt der Mitglieder des Haushalts großes Gewicht gelegt, um wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Außerdem bildete die Familie die Grundlage der geschlossenen Dorfgemeinschaft (Mura Shakai), die eine große Rolle in der traditionellen japanischen Sozialstruktur spielte. Auf die Dorfgemeinschaft möchte ich hier nicht weiter eingehen. Aber in verschiedenen sozialen Gruppen spiegelt sich diese Idee der traditionellen Familienstruktur in Japan heute noch wieder.

3 Eigentümlichkeiten der Gruppenbildung

3.1. Ein-zu-Eins-Beziehung

Kennzeichnend für die japanische Gesellschaft ist eine homogene Sozialstruktur. Nakane erklärt die Homogenität mit dem Konzept der "Ein-zu-Eins-Beziehung".

Die "Ein-zu-Ein-Beziehung" bezeichnet, dass sowohl die zwischenmenschlichen Beziehungen als auch die institutionellen Beziehungen durch linear gebundene Verhältnisse konstruiert werden. Die Zugehörigkeit der Japaner in der japanischen Gesellschaft besteht grundsätzlich nur zu einer einzigen geschlossenen Gruppe.[6] Nakane betrachtet diese Verhältnisse als einzigartige Gesellschaftsstruktur und verdeutlicht sie durch eine bildliche Darstellung des "vertikalen Prinzips". (Abb.1)[7]

3.2. Die Grundstruktur vertikaler Beziehungen

Um das Verständnis des strukturellen Kerns der japanischen Gesellschaft zu erleichtern, werden im folgenden die zwei typischen Arten von Gruppenstrukturen, die „vertikalen Beziehung“ X und „horizontale Beziehung“ Y graphisch dargestellt.

[...]


[1] S9

[2] S. 199 Historiker, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler und Gesellschaftskritiker beschäftigen sich mit den Änderungsprozessen in der Gesellschaft. Ziel war nicht die japanische Gesellschaft zu beschreiben, sondern die japanische Sozialstruktur durch einen interkulturellen Vergleich von Sozialstrukturen zu beleuchten. Dies ist das Anliegen der Sozialanthropologie, das sie von den anderen Sozialwissenschaften unterscheiden

[3] S.10

[4] S.12

[5] S.13

[6] Siehe 2.1.

[7] Jap.S117

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Struktur der japanischen Gesellschaft nach Nakane
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Veranstaltung
Hauptseminar: Arbeitsbeziehung, von Japan und Deutschland im Vergleich
Note
2
Autor
Jahr
2003
Seiten
20
Katalognummer
V23204
ISBN (eBook)
9783638263726
ISBN (Buch)
9783638744232
Dateigröße
588 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Anhand dieser Hausarbeit soll der von Nakane genannte strukturelle Kern der japanischen Gesellschaft, das 'vertikale Prinzip' beschrieben werden, um die Frage zu beantworten, welchen Beitrag die japanische Gesellschaftsstruktur zum wirtschaftlichen Erfolg Japans geleistet hat.
Schlagworte
Struktur, Gesellschaft, Nakane, Arbeitsbeziehung, Japan, Deutschland, Vergleich
Arbeit zitieren
Yumi Oshima (Autor:in), 2003, Die Struktur der japanischen Gesellschaft nach Nakane, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23204

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