Betrachtet man die Werke Martin Scorseses, so fallen vor allem die überwiegend männlich besetzten Hauptrollen auf, von denen sich die meisten im italoamerikanischen Milieu der New Yorker Subkultur wieder finden. „Alles Machos“ -
so möchte man meinen. Doch auf den zweiten Blick erkennt man die Detailgenauigkeit, mit der Scorsese seine Charaktere inszeniert und jedem einzelnen seine Individualität zuspricht.
Dabei stehen vor allem die Definition von Männlichkeit und ihre Inszenierung durch die Figuren selbst im Vordergrund. In diesem Zusammenhang werden verschiedene Formen des Mann-Seins und dessen Rituale untersucht, besondere Verhaltensweisen der Charaktere erklärt und der schmalen Grat zwischen Homoerotik und Homophobie beschrieben, der sich wie ein roter Faden durch die Werke des italoamerikanischen Filmemachers zieht.
Da der Begriff der Männlichkeit eine Gegenüberstellung mit dem der Weiblichkeit nahe legt, wird auch die Rolle der Frau in Scorseses Filmen beleuchtet. Vor allem Ehefrau und Hure stellen für seine Charaktere nicht selten eine Bedrohung dar, gegen die sie sich wehren müssen. Kastrationsangst spielt hier eine große Rolle. Die Arbeit geht den Ursachen auf den Grund und zeigt, durch welche Formen der Kompensation Scorseses Charaktere dieser Furcht begegnen bzw. sie leugnen.
Es ist nicht der Mann, der sich zum Mann macht, sondern die Frau – so scheint die ironische Botschaft des Filmemachers zu lauten. Denn letztendlich scheitern alle seine Figuren an ihrem Konstrukt der Männlichkeit. Scorsese zeigt authentische Typen, die davon träumen, ein Held zu sein. Zitate aus Michael Meusers Untersuchungen über das Thema „Mann sein – was bedeutet das?“ verdeutlichen letztendlich diese Authentizität.
Die Komplexität des Themas macht es unmöglich, sich nur auf einige von Scorseses Filmen zu beschränken, da sich das dort dargestellte Männerbild stetig wandelt, ebenso wie das Bild der Frau. So werden all die Filme besprochen, in denen das Topos Männlichkeit verstärkt auftritt. Hinzu kommen einige Vergleichsbeispiele aus kulturell oder gesellschaftlich veränderter Perspektive, z.B. „Kundun“ und „Alice doesn’t live here anymore.“ Bewusst verzichtet wird auf den Film „The last Temptation of Christ“, da die Wahl des Protagonisten, Jesus Christus, stark von dem in der Arbeit behandelten Männerbild abweicht. Die Besprechung der Filme endet mit „Bringing Out the Dead“.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Kurzbeschreibung der Männlichkeitsformen
- 1. Die traditionsgebundene Familienmännlichkeit der Italowerke
- 2. Weg von der Familie und der Tradition: Einzelkämpfermännlichkeiten
- 3. Aufeinandertreffen zweier Männlichkeitstypen
- 4. Untypische Männlichkeiten
- III. Die homosoziale Gruppe - Homoerotik, Homophobie und männliche Initiation
- 1. Homoerotik
- 2. Homophobie
- 3. Männliche Initiation
- IV. Männlich konnotierte Räume und Rituale
- 1. Bar
- 2. Trinken
- 3. Beruf, Geld, Macht, Besitz
- 4. Sexualität
- 5. Krieg, Gewalt, Aggression
- 5.1. Verbale Gewalt
- 5.2. Körperliche Gewalt
- 5.3. Waffengewalt
- 6. Unterdrückte Sexualität
- 6.1. Nicht zum Zug kommen
- 6.2. Die selbst auferlegte Zurückhaltung des Kriegers
- 6.3. Selbst auferlegte Unterdrückung der Gläubigen
- 7. Krieg
- 8. Omertà
- V. Die Frau - Die Bedrohung Frau
- 1. Die Frau als undurchsichtiges Wesen
- 2. Die kastrierende Frau
- VI. Die Mutter (und der fehlende Vater), Jungfrau-Hure-Dichotomie
- 1. Die Mutter (und der fehlende Vater)
- 2. Die Jungfrau-Hure-Dichotomie
- VII. Kompensationsformen
- VIII. Das Scheitern der Männlichkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Männlichkeit in den Filmen Martin Scorseses. Ziel ist es, verschiedene Männlichkeitsformen zu identifizieren und deren Kontext innerhalb der patriarchalen Strukturen zu analysieren. Die Arbeit beleuchtet die Interaktion zwischen männlichen Figuren und Frauen, sowie die Rolle von Gewalt, Sexualität und Religion in der Konstruktion männlicher Identität.
- Männlichkeitskonzepte in Scorseses Filmen
- Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen
- Gewalt und Aggression als Ausdruck männlicher Identität
- Der Einfluss von Religion und Tradition
- Kompensationsmechanismen für männliche Unsicherheiten
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Männlichkeitsdarstellung in den Filmen Martin Scorseses ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Definition von Männlichkeit in seinen Werken. Sie beleuchtet den patriarchalen Kontext und den Einfluss von religiösen und historischen Traditionen auf die männlichen Protagonisten, insbesondere die Bedeutung des Alten Testaments und des Codex Hammurabi. Der Fokus liegt auf dem Verhältnis der männlichen Figuren zum weiblichen Geschlecht und der daraus resultierenden Konflikte. Die Autorin weist auf die Bedeutung des Verhältnisses zum weiblichen Geschlecht hin, obwohl die Hauptrollen in Scorseses Filmen meist männlich besetzt sind.
II. Kurzbeschreibung der Männlichkeitsformen: Dieses Kapitel beschreibt verschiedene Männlichkeitstypen in Scorseses Filmen. Es werden traditionsgebundene Familienmännlichkeiten der Italowerke, von der Familie und Tradition abweichende Einzelkämpfermännlichkeiten und das Aufeinandertreffen dieser Typen analysiert. Es wird auch auf untypische Männlichkeiten eingegangen, die von den gängigen Normen abweichen. Der Fokus liegt auf der Darstellung unterschiedlicher männlicher Rollenmodelle und deren Charakteristika im Kontext der Filme.
III. Die homosoziale Gruppe - Homoerotik, Homophobie und männliche Initiation: Dieses Kapitel untersucht die homosoziale Gruppe in den Filmen und analysiert die komplexe Interaktion von Homoerotik, Homophobie und männlichen Initiationsriten. Es beleuchtet die Dynamiken innerhalb männlicher Freundschaften und deren Einfluss auf die Konstruktion der männlichen Identität. Die ambivalenten Gefühle und Verhaltensweisen der männlichen Figuren in Bezug auf Homosexualität werden detailliert untersucht und deren Bedeutung im Kontext der patriarchalen Gesellschaft herausgestellt.
IV. Männlich konnotierte Räume und Rituale: In diesem Kapitel werden Orte und Handlungen analysiert, die in Scorseses Filmen eng mit Männlichkeit verbunden sind. Dies umfasst Bars, das Trinken, Beruf, Geld, Macht, Besitz, Sexualität, Krieg und Gewalt. Die Autorin untersucht, wie diese Elemente in der Konstruktion und Darstellung männlicher Identität eine Rolle spielen und wie sie die männlichen Figuren und deren Beziehungen zueinander und zu Frauen beeinflussen. Die verschiedenen Formen von Gewalt (verbal, körperlich, Waffengewalt) und die unterdrückte Sexualität werden im Detail beleuchtet.
V. Die Frau - Die Bedrohung Frau: Dieses Kapitel analysiert die Darstellung der Frau in Scorseses Filmen, die oft als „Bedrohung“ für die männliche Identität dargestellt wird. Es untersucht die ambivalenten und widersprüchlichen Bilder der Frau, die sowohl als undurchsichtiges Wesen als auch als kastrierende Figur dargestellt wird. Die Analyse konzentriert sich auf die Art und Weise, wie die Frauenfiguren die männlichen Figuren herausfordern und deren Identität in Frage stellen.
VI. Die Mutter (und der fehlende Vater), Jungfrau-Hure-Dichotomie: Dieses Kapitel befasst sich mit der Darstellung von Mutter-Kind-Beziehungen, dem Fehlen des Vaters und der Dichotomie zwischen Jungfrau und Hure in den Filmen. Es analysiert den Einfluss dieser Muster auf die Entwicklung und das Selbstverständnis der männlichen Protagonisten. Der Fokus liegt auf der Bedeutung von mütterlichen und väterlichen Rollenbildern und deren Auswirkungen auf die männliche Identität.
VII. Kompensationsformen: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die verschiedenen Kompensationsmechanismen, die männliche Figuren in Scorseses Filmen zur Bewältigung von Unsicherheiten und Ängsten einsetzen. Hierzu gehören Erhebung der Männer, Abwehrmechanismen, Affektverschiebung, Aggression, sexuelle Kontrolle/Besitz und Tötung/Mord. Die Analyse untersucht, wie diese Mechanismen mit der Darstellung von Männlichkeit und der Bewältigung von Konflikten in Verbindung stehen.
Schlüsselwörter
Männlichkeit, Martin Scorsese, Italowerke, Patriarchat, Gewalt, Sexualität, Religion, Homosozialität, Homophobie, Mutter, Frau, Kompensation, Identität.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Darstellung von Männlichkeit in den Filmen Martin Scorseses
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Darstellung von Männlichkeit in den Filmen von Martin Scorsese. Sie untersucht verschiedene Männlichkeitsformen, deren Kontext innerhalb patriarchaler Strukturen und die Interaktion zwischen männlichen und weiblichen Figuren. Schwerpunkte sind Gewalt, Sexualität und Religion in der Konstruktion männlicher Identität.
Welche Männlichkeitsformen werden untersucht?
Die Arbeit unterscheidet verschiedene Männlichkeitstypen: traditionsgebundene Familienmännlichkeiten (z.B. Italowerke), Einzelkämpfermännlichkeiten, und das Aufeinandertreffen beider Typen. Auch untypische Männlichkeiten werden berücksichtigt.
Welche Rolle spielen homosoziale Gruppen?
Die Arbeit analysiert homosoziale Gruppen im Kontext von Homoerotik, Homophobie und männlichen Initiationsriten. Sie untersucht die Dynamiken innerhalb männlicher Freundschaften und deren Einfluss auf die Konstruktion männlicher Identität.
Welche Räume und Rituale werden mit Männlichkeit assoziiert?
Die Analyse umfasst männlich konnotierte Räume und Rituale wie Bars, Trinken, Beruf, Geld, Macht, Besitz, Sexualität, Krieg und Gewalt (verbal, körperlich, Waffengewalt). Auch unterdrückte Sexualität wird untersucht.
Wie wird die Frau in den Filmen dargestellt?
Die Frau wird oft als „Bedrohung“ für die männliche Identität dargestellt, sowohl als undurchsichtiges Wesen als auch als kastrierende Figur. Ihre Rolle im Herausfordern und Hinterfragen männlicher Identität wird analysiert.
Welche Bedeutung haben Mutter-Kind-Beziehungen und die Jungfrau-Hure-Dichotomie?
Die Arbeit untersucht den Einfluss von Mutter-Kind-Beziehungen, dem Fehlen des Vaters und der Jungfrau-Hure-Dichotomie auf die Entwicklung und das Selbstverständnis der männlichen Protagonisten.
Welche Kompensationsmechanismen werden verwendet?
Die Analyse umfasst Kompensationsmechanismen wie Erhebung der Männer, Abwehrmechanismen, Affektverschiebung, Aggression, sexuelle Kontrolle/Besitz und Tötung/Mord zur Bewältigung von Unsicherheiten und Ängsten.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Kurzbeschreibung der Männlichkeitsformen, Die homosoziale Gruppe, Männlich konnotierte Räume und Rituale, Die Frau - Die Bedrohung Frau, Die Mutter (und der fehlende Vater), Jungfrau-Hure-Dichotomie, Kompensationsformen und Das Scheitern der Männlichkeit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Männlichkeit, Martin Scorsese, Italowerke, Patriarchat, Gewalt, Sexualität, Religion, Homosozialität, Homophobie, Mutter, Frau, Kompensation, Identität.
Wo finde ich den vollständigen Inhaltsverzeichnis?
Der vollständige Inhaltsverzeichnis befindet sich im oberen Teil des Dokuments und beinhaltet eine detaillierte Gliederung der einzelnen Kapitel und Unterkapitel.
- Arbeit zitieren
- M.A. Daniela Wolf (Autor:in), 2001, Männerbilder bei Scorsese, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233