Gestaltungsspielräume des Regisseurs im industrialisierten Spielfilm - eine exemplarische Untersuchung anhand dreier Filme von Ridley Scott


Magisterarbeit, 1997

124 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Methode
1.2.1. Die Bedeutung der Szenen- und Einstellungsprotokolle
1.2.2. Erkenntnisinteresse des wiss. Subjekts
1.3. Forschungsstand

2. Filmregie in Theorie und Praxis
2.1. Die Politique des Auteurs
2.1.1. Die Anfänge
2.1.2. Auteurism und die theoretischen Umbrüche von 1968
2.1.3. Auteurism und Strukturalismus
2.1.4. Auteurism und Poststrukturalismus
2.2. Wie arbeitet ein Regisseur?-einige Modelle
2.2.1. Das Studio-System
2.2.2. New Hollywood und die American Independents
2.2.3. Drei Produktionsmodi

3. Drei Filme Ridley Scotts
3.1. Alien
3.1.1. Projektgeschichte
3.1.2. Szenenprotokoll
3.1.3. kurze Filmanalyse
3.2. Blade Runner
3.2.1. Projektgeschichte
3.2.2. Szenenprotokoll
3.2.3. kurze Filmanalyse
3.3. Thelma and Louise
3.3.1. Projektgeschichte
3.3.2. Szenenprotokoll
3.3.3. kurze Filmanalyse

4. Ridley Scotts »Handschrift« - signifikante Elemente in Werkzusammenhang und Arbeitsstil
4.1. Markantes Stilmittel: Realismus
4.2. Zentrales Motiv: Frau und Gewalt
4.3. Kampf und Jagd: Einstellungsanalysen
4.4. Dramatische Struktur
4.5. Politische Aussagen
4.6. Ridley Scott und sein Arbeitsstil

5. Schlußfolgerung

6. Anhang
6.1. Einstellungsprotokolle
6.2. Faksimile: Szenenprotokoll-Systematik nach L. Leffs
6.3. Faksimile: Szene aus Thelma and Louise (final shooting script)
6.4. Literaturverzeichnis

1 . Einleitung

Spätestens seit Einführung des Tonfilms Ende der Zwanziger Jahre und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Konzentrati- onsprozesse ist das Hollywood-Kino gekennzeichnet durch eine Ten- denz zum ökonomisch möglichst sicheren und gestalterisch möglichst konservativen Produkt, das darauf perfektioniert ist, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bedienen. Ungeachtet dieser Tendenz hat die Fabrik Hollywood immer wieder unumstritten großartige Filme hervorgebracht, von denen sich die interessantesten dadurch aus- zeichnen, daß sie sowohl den populären als auch den avantgardisti- schen Geschmack befriedigen.

In den fünfziger Jahren haben sich französische Filmkritiker und Filmemacher aus dem Umfeld der Zeitschrift Cahiers du Cinéma mit diesem Phänomen beschäftigt und Vermutungen über die Ursachen angestellt. Herausgekommen ist dabei die politique des auteurs, eine kritische Methode, die die Person und die kreative Leistung des Regisseurs zum Referenzpunkt der Filmkritik und -theorie macht.

Die politique des auteurs hat offenkundige Schwächen, vor allem eine Tendenz zum Personenkult, die sich etwa in der vielzitierten Auffassung, der schlechteste Film von X sei allemal besser als der be- ste Film von Y, äußert, oder in dem Versuch von Andrew Sarris, eine Art ewiger Bestenliste der amerikanischen Regisseure aufzustellen. Ungeachtet dessen bleibt die Politique des auteurs der deutlichste Erklärungsansatz für das oben angesprochene Phänomen: immer wieder gelingt es Filmen, die unter den üblichen ökonomischen Maßgaben und unter Einhaltung typischer dramaturgischer Erfolgsre- zepte hergestellt wurden, die Fesseln der Konvention abzustreifen und neue künstlerische Wege zu beschreiten.

Der bekannteste amerikanische Vertreter der politique des au- teurs (die im englischen Sprachraum meist auteur theory genannt wird), Andrew Sarris, beschreibt die Rolle des Regisseurs dabei wie folgt:

The director is both the least necessary and most important component of film-making. He is the most modern and most decadent of all artists in his relative passivity toward everything that passes before him. He would not be worth bo- thering with if he were not capable now and then of a subli- mity of expression almost miracously extracted from his money-oriented environment.1

1.1. Fragestellung

In der folgenden Arbeit soll der Frage auf den Grund gegangen werden, welchen Einfluß auf sein Werk der kommerzielle Regisseur heutzutage nehmen kann. Hierbei wird auf die politique des auteurs zurückgegriffen, deren über 40 Jahre alte Postulate nicht einfach auf heutige Gültigkeit überprüft werden können, sondern zunächst in den Zusammenhang des filmwissenschaftlichen Diskurses seit den fünfziger Jahren gesetzt werden müssen. Das Werk eines Regisseurs wurde exemplarisch herausgegriffen. Die Wahl fiel auf den Anglo- Amerikaner Ridley Scott. Scotts oeuvre ist für gegenwärtige Verhält- nisse bemerkenswert gemischt, denn mehr als früher werden Regis- seure heute auf bestimmte Genres festgelegt. Zwar gab es immer Regisseure, die sich in Ihrem Wirken auf ein bestimmtes Fach be- schränkten wie z. B. Hitchcock oder Frank Capra, doch daneben gab es früher mehr allrounder, Regisseure, die in ganz unterschiedlichen Genres und auch mit verschiedenen Stilen Erfolg hatten, wie etwa Howard Hawks oder Roberto Rossellini, um gleich zwei Lieblinge der auteur- Schule zu nennen. Ich erwähne dies hier, um klarzustellen, was mit »individueller Handschrift« nicht gemeint ist: die perma- nente Wiederholung charakteristischer Erfolgsrezepte, die für die heutige Wahrnehmung von Regisseuren typisch ist.

In den Filmen Ridley Scotts tauchen zwar ebenfalls bestimmte Motive und Elemente regelmäßig auf, jedoch ist er nicht auf ein Genre oder einen bestimmten Stil festgelegt. Neben drei richtungs- weisenden Filmen, die ihr jeweiliges Genre weiterentwickelt haben und bei Kritik und Publikum gleichermaßen auf Interesse stießen, hat Scott auch eine Handvoll absolut belangloser Durchschnittsfilme vor- gelegt. Dies sollte nicht vergessen werden, obwohl in dieser Arbeit der Schwerpunkt auf Scotts drei überragenden Filmen liegen wird. Es handelt sich hierbei um Alien (GB 1979), Blade Runner (USA 1982) und Thelma and Louise (USA 1991).

1.2. Methode

Anhand dieser drei Filme soll nach einer individuellen Handschrift des Regisseurs gesucht werden. Mit den Mitteln der Filmanalyse werden die Filme auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede im erzäh- lerischen wie im technischen Bereich hin geprüft. Neben Untersu- chungen auf der Ebene der kompletten Filme soll eine Detailanalyse von Actionsequenzen aus allen drei Filmen vorgenommen werden.

Ergänzend wird nach Parallelen auf der inhaltlichen Ebene gefragt. Vermittelt Ridley Scott ein kohärentes Gedankengebäude, ein persönliches Weltbild? Welche Bedeutung haben wiederkehrende Topoi und Motive - etwa das in allen drei Filmen zentrale Motiv der gewaltbereiten Frau? In diesem Bereich wird zur Absicherung bestimmter Beobachtungen gelegentlich auch auf andere Filme Scotts zurückgegriffen werden müssen.

Da in dieser Arbeit nach dem unmittelbaren Verhältnis de Regis- seurs zu seiner Arbeit gefragt wird, ergibt sich, daß filmtheoreti- sches, filmwissenschaftliches und filmkritisches Material nur eine un- tergeordnete Rolle spielt, ebenso wie rezeptionsorientierte Texte. Die Fragestellung hebt nicht auf Rezeption und Wirkungsgeschichte der Filme ab, sondern explizit auf deren Entstehungsprozeß. Im Mit- telpunkt stehen daher die Filme selbst, die zur Einschätzung kreativer Entscheidungen des Regisseurs besonders genau betrachtet werden müssen. Als wichtigste Hilfsmittel dienen Texte über die Entste- hungsgeschichte der drei Filme sowie veröffentlichte Interviews mit beteiligten Künstlern, Technikern und Produzenten. Ergänzt wird dieses Material z. T. durch biographische Texte über die Hauptdar- steller, die jedoch im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt kritisch be- trachtet werden müssen, da sie sich - im Gegensatz zu dem in Bran- chenblättern und wissenschaftlichen Publikationen geführten Aus- tausch über Einzelheiten der Produktion - an ein breites Publikum, nämlich vor allem an die Fans dieser Filmstars, richten. Als Funda- ment für die Produktions- und filmpraktisch orientierte Analyse wird ein kurzer Überblick über den Methode, Theorie und Wirkungsge- schichte der Politique des auteurs. vorangestellt. Hierbei liegt der Schwerpunkt darauf, zu zeigen, wie die Frage nach dem Autor die Filmkritik und Filmtheorie der letzten Jahrzehnte beeinflußt hat. Dem schließt sich ein Überblick über einige gängige Arbeitsverhältnisse amerikanischer Filmregisseure an.

1. 2. 1. Die Bedeutung der Szenen- und Einstellungsprotokolle

Aus diesem möglichst nah an den Filmen orientierten Vorgehen ergibt sich die Notwendigkeit einer von der Sekundärliteratur unab- hängigen Nutzbarmachung des Ausgangsmaterials für diese Arbeit. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die Szenenprotokolle, die ei- nen breiten Raum einnehmen werden. Im plot -zentrierten konven- tionellen Spielfilm ist der Handlungsverlauf und seine narrative Or- ganisation primäres Strukturmerkmal. Für das Vorhaben, den Film szenenweise so präzise zu protokollieren, daß die Protokolle selbst bereits zur Erhellung der Fragestellung beitragen, erwiesen sich die in der deutschsprachigen FIlmwissenschaft üblichen Sequenzproto- koll-Verfahren als nicht hinreichend exakt.2

Es wurde deshalb auf die hierzulande weniger bekannte Systema- tik des Amerikaners Leonard C. Leff zurückgegriffen. Die »Szenen« dieses Verfahrens sind präziser definiert als die in der hiesigen Lite- ratur üblichen »Sequenzen«, das ganze Verfahren ist etwas feinglie- deriger;3 ausserdem ist durch die standardisierte Angabe von Ort, Zeit und Personen ein solches Protokoll selbst für diejenigen Lesen- den von Gewinn, die den betreffenden Film nicht gesehen haben. Schließlich sorgt die präzise Nomenklatur für Übersicht und garan- tiert die wissenschaftliche Austauschbarkeit der Ergebnisse.

Darüber hinaus wurden aus allen drei Filmen Szenen ausgewählt (der Vergleichbarkeit halber Szenen großer Aktionsdichte und dra- maturgische Höhepunkte), die einstellungsweise protokolliert wur- den nach Inhalt, Kadrierung, Länge (bei kurzen Einstellungen aufs Feld genau) und Kamerabewegung. Anders als die Szenenprotokolle bieten diese Einstellungsprotokolle ohne Interpretation kaum Er- kenntnisgewinn, sie stellen vielmehr ein Rohmaterial für die Analy- sen in Kapitel drei und vier dar. Aus diesem Grund wurden sie aus der Arbeit ausgegliedert. Sie sind jedoch in Anhang 6.1. dokumen- tiert.

1. 2. 2. Erkenntnisinteresse des wiss. Subjekts

Für ein geisteswissenschaftlich korrektes Vorgehen ist es unabdingbar, das spezifische Erkenntnisinteresse des wissenschaftlichen Subjekts, in diesem Falle: des Autors dieser Arbeit, transparent zu machen. Dies will ich hiermit kurz tun:

Dies ist die Abschlußarbeit eines Studiums, an das sich eine be- rufliche Tätigkeit nicht als Filmwissenschaftler, sondern als Filmema- cher anschließen wird. Hieraus ergibt sich das Interesse an Frage- stellungen, die unmittelbar mit dem Prozeß des Filmschaffens zu- sammenhängen. Dieses Interresse war für die Themenwahl aus- schlaggebend. Für die Auswahl von Ridley Scotts Filmen als Untersu- chungsgegenstand war neben deren Beispielhaftigheit in Bezug auf den Entstehungsprozeß (cf. Kapitel 2) auch persönliche Präferenz entscheidend. Aus dessen Schaffen die genannten drei Filme auszu- wählen und die übrigen in den Hintergrund zu stellen, ist jedoch kon- form mit der herrschenden Meinung in der Filmkritik und -theorie, wo diese drei Filme in weiten Kreisen als epochal gelten, die anderen Filme Scotts jedoch als Dutzendware.

1.3. Forschungsstand

Die Frage nach dem Regisseur ist in der Filmwissenschaft eine der etablierten Fragestellungen. Besonders seit Ende des zweiten Welt- krieges, als auch bei Beschränkung auf herausragende Filme die Werkanzahl insgesamt langsam unübersichtlich wurde, bemüht man sich, durch Sortierkriterien Übersicht zu schaffen. Neben der überge- ordneten Kategorie der Nation als konstituierendem Zusammenhang einer Gruppe von Werken, wie sie etwa in der Geschichte des Films von J. Toeplizsch verwandt wird, werden seit den fünfziger Jahren in der Hauptsache zwei große Kategorisierungs-Ansätze verfolgt. Zum einen soll die Einordnung in Genres Zusammenhänge herstellen, zum anderen der Blick auf den Regisseur als individuellen Schöpfer einer Werkgruppe.

We might call criticism “applied film theory,” just as we call engineering “applied physical science.” But we must always remember that film criticism can be random and casual or, as in the two cases at issue here (genre and auteur study) i t can be systematic, progressive, and formal.4

Dieser zweitgenannte Ansatz ist von solcher Bedeutung, daß er - wie angekündigt - im folgenden Abschnitt 2.1. ausführlich hergelei- tet werden soll. Drei englischsprachige Werke zum Thema sollen be- sonders erwähnt werden: The New Wave, 1968 von Peter Grahem herausgegeben, stellte eine erste Bestandsaufnahme nach gut einem Jahrzehnt nouvelle vague dar, in der die prägenden Texte zur politi- que des auteurs von Astruc, Truffaut, Bazin, Chabrol und Godard ver- sammelt sind. Einen nützlichen Reader, der auch die weitere Debatte über den auteur-structuralism bis hin zu Michel Foucault erfaßt, legte John Caughie 1981 mit Theories of Authorship vor. Eine anspruchs- volle und dennoch lesbare Zusammenfassung filmtheoretischer Ide- engeschichte mit ausführlicher Berücksichtigung der auteur -Strö- mung ist 1988 von Robert Lapsley und Michael Westlake erschienen: Film Theory: An Introduction.

2. Filmregie in Theorie und Praxis

2.1. Die Politique des Auteurs

2.1.1. Die Anfänge

Die Idee geht zurück auf einen Essay von Alexandre Astruc, der 1948 in der Ecran fran ç ais, erschienen war.5 In diesem Aufstaz hatte Astruc den Begriff »la caméra stylo« geprägt: die Kamera als Zeichen- stift, mit dem der Regisseur seine Gedanken und seine Gefühle aus- drücken kann. Dieser Befund fiel in eine Zeit, in der das europäische Kino stark vom italienischen Neorealismus geprägt wurde, einem tat- sächlich besonders intimen und persönlichen Filmstil.6

Der Begriff politique des auteurs wurde in den fünfziger Jahren re- gelmäßig in der Zeitschrift Cahiers du Cinéma verwendet. Zunächst hatte Truffaut den Begriff auteur - als den bewußt ein filmisches Werk Schaffenden - in Kontrast mit dem metteur-en-sc è ne gesetzt, der »nur« eine Handlung inszeniert. Der Kern dieser Gegenüberstel- lung - die mit der späteren Auffassung der auteurists im Widerspruch stand und daher oft falsch verstanden worden ist - lag darin, daß metteur-en-sc è ne denjenigen Regisseur bezeichnete, der überfrach- tete Vorlagen in Bilder umsetzte, wobei die Kritik, wie Giannetti be- schreibt, nicht primär den Regisseuren, sondern dieser Sorte Film galt:

Furthermore, those films that were often praised for their artistic value were dominated by writers, who were generally regarded as the main creators of the best films. Too often, “artistic films” were merely thematically pretentious, these critics [the auteurists, G. H.] scoffed, written by bland, if sin- cere liberals. These movies dealt with “Big Themes,” which were often praised for their “seriousness” and “maturity,” but as movies they were dull, plodding, and visually unimagina- tive. The director was viewed as a kind of excutive assistant, a metteur-en-scène whose job was essentially interpretive, and who merely staged the production, much like a theatrical director staged a theatrical play.7

Aus der Beobachtung, daß »große«, »ernste«, literarische Filme häufig so langweilig ausfielen, ergab sich die Vermutung, daß weni- ger pompöse Themen eher zu guten Filmen führen würde. Chabrol vertrat die These, daß ein Film umso größer sein könne, je kleiner das Thema sei.8 So rückte der - von der damals etablierten »seriö- sen« Kritik verschmähte - amerikanische Genrefilm ins Blickfeld. Er- zählerische Eleganz, Stil, technische Brillanz, all das wurde nun an den besseren der Gangsterfilme, Western oder Musicals bewundert.

Natürlich waren sich die jungen Kritiker im klaren über den be- grenzten Einflußbereich des Regisseurs in Hollywoods altem Studio- System. So ergab sich im weiteren Verlauf eine Abkehr von der Dichotomie auteur vs. metteur-en-sc è ne, denn schließlich war die Inszenierung der Handlung exakt der Bereich, in dem der Regisseur dem Film seinen persönlichen Stempel aufdrücken konnte.

In response to criticism that it discussed films in primarily thematic terms, Cahiers had already begun to concentrate on the mise-en-scène, which, lying between the script and the editing room, is the characteristic domain of directorial choice: lighting, camera, sets, acting and so on. By taking a script written by someone else and by imposing his directo- rial style, an auteur makes the film his own, they argued.9

Es ist also festzuhalten, daß sich die politique des auteurs explizit auf den klassischen Hollywood-Produktionsprozess bezieht und nicht etwa, wie im deutschen Sprachbereich häufig fälschlicherweise an- genommen, auf den »Autorenfilm« - den genau gegenteiligen Ent- stehungsprozess, in dem sich Autorenschaft dadurch definiert, daß der Regisseur auch für Drehbuch, Schnitt, Casting etc. (und oft auch die Produktion) verantwortlich ist. Den auterists galten hingegen gerade die Restriktionen des Studio-Systems als größte Herausforde- rung für den Regisseur:

Indeed, for some, Hollywood films had the best chance for greatness, for it was presumed … that the Hollywood studio system was a great obstacle to the personal expression of the master filmmakers, and, in consequence, that their overco- ming this obstacle made their achievements all the more me- ritorious.10

Für die Fragestellung dieser Arbeit bedeutet dies, daß der Versuch, die Maßstäbe der politique des auteurs an das Werk von Ridley Scott anzulegen, zulässig ist, denn trotz einiger noch zu erörternder Unterschiede zwischen »Studio-System« und »New Hollywood« sind die Produktionsbedingen vergleichbar.

In den USA wird die politique des auteurs insbesondere von Andrew Sarris aufgegriffen. Dieser stellt 1962 mehrere Postulate auf wie :

- the director’s competence is a criterion for judgement
- the director’s personality is evident in his method
- the tension created between the director’s personality and the material he is working with will bring out the interior meaning of the material.11

Das Übertragen der politique nach Amerika betonte nochmals die Frage nach der Möglichkeit, innerhalb des Studiosystems einen indi- viduellen Stil zu entwickeln. Können kommerziell angelegte und in- dustriell gefertigte Produkte der Unterhaltungsindustrie Kunst sein?

Sarris beantwortet diese Frage mit ja, indem er 1968 ein Buch vorlegt, in dem er die bekanntesten amerikanischen Regisseure seit Einführung des Tonfilms in einer hierarchischen Ordnung erfaßt.12 Dieses Vorgehen hat einiges dazu beigetragen, daß Spielfilme end- lich in weiten Kreisen als Kunst akzeptiert wurden,13 hat Sarris aber auch ob seiner Rigidität Kritik von vielen Seiten eingetragen. Lapsley/Westlake bemängeln:

Of [the auteurists in the United States], the most zealous was Andrew Sarris, who in renaming la politique ’the auteur theory’ imputed to it a consistency and rigour rarely apparent in any of its manifestations, least of all his own. Whatever else it may have been, auterism was never a theory. What i t did become, through Sarris, was an extraordinary plea for the superiority of American cinema over that of the rest of the world, specifically through the agency of a hierarchy of direc- tors from ’the Pantheon’ downward.14

Andrew Knight setzt auteurism und den Beitrag von Sarris gleich, und vermutet schlichte Faulheit als Grund für den Erfolg seines Kon- zeptes:

Just possibly, the immediate impact of auteurism to the college crowd was the ability that it afforded them to become, without excessive study, instant authorities. If Sarris inexplicably placed Howard Hawks in his “pantheon,” Raoul Walsh in his “third line,” and William Wellman among his “fallen idols”—and listed Stanley Kubrick as a “minor dis- appointment”—then, obviously, you didn’t have to see all those movies. You saved both time and money by being able to assess them in advance.15

Ein weiterer gängiger Einwand besteht darin, die französische politique des auteurs anhand des Sachverhalts zu kritisieren, daß seine Protagonisten es nicht bei der Filmkritik beließen, sondern selber Filme machten.

Die Autorentheorie war ein moralischer Imperativ, ein Werkzeug, mit dem Kritiker (Truffaut, Godard, Chabrol, Roh- mer), die Regisseure werden wollten, sich Ihren Weg zur Macht bahnten.16

Ironischerweise ist dieser Kritikansatz selbst ausgesprochen au teurist, indem er versucht, sich einem Text über die Biographie seiner Autoren zu nähern.

2. 1. 2. Auteurism und die theoretischen Umbrüche von 1968

Die Vertreter des Auteur-Ansatzes griffen relativ eklektisch be- stimmte Filme heraus, die sie zu Kunstwerken erklärten. Besonders nach den ideologischen Verschiebungen, die nach den Studentenre- volten 1968 zur herrschenden Meinung im filmtheoretischen Diskurs geworden sind, ergaben sich hierdurch Gratwanderungen zwischen politischen Ansprüchen und Geschmacksurteilen, die außerhalb des damaligen Kontextes nur schwer nachvollziehbar sind. So weigerten sich die Cahiers du Cinéma, den Weg der Cinéthique mitzugehen, die rundheraus den gesamten Mainstream-Film als eine Art modernes Opium fürs Volk verwarf:

For Cinéthique virtually the whole of commercial cinema did no more than offer mere pseudo-pleasures as compensation for the alienation engendered by capitalism. Under the guise of innocence, it presented the ideological perspective of the ruling class as the truth, and therefore should be condemned in its entirety.17

Die Cahiers du Cinéma -Autoren wollten nicht ihre geliebten Filme, darunter Klassiker aus dem Mainstream, mit über Bord werfen und entwickelten daher ein siebenstufiges Klassifizierungsschema: Kategorie A für den überwiegenden Teil des Mainstreams, der, in- haltlich und formal konservativ, abzulehnen ist. Kategorie B bezeich- net die interessantesten Filme, nämlich solche, die sowohl auf in- haltlicher wie auf formaler Ebene revolutionäres Potential aufwiesen. Ebenfalls hoch geschätzt wurden Filme der Kategorie C, die zwar keine explizit politischen Inhalte aufwiesen, aber durch experimen- telle Gestaltung den Zuschauer herausforderten. Interessanterweise waren diese Filme bei den Cahiers höher angesehen als solche, die oppositionelle Inhalte in konventioneller Form präsentieren - Katego- rie D, etwa die Filme von Costa Gavras. Die letzte Spielfilmkatego- rie18 E war solchen Filmen vorbehalten, die auf den ersten Blick zur Kategorie A gehören, aber - nach Auffassung der Redaktion - Sub- texte oder innere Brüche aufweisen, die im Gegensatz zur herr- schenden Ideologie stehen und durch diese Widersprüche Raum für verschiedene Interpretationen offenlassen.19

Diese Kategorie wurde explizit für Filme von Ford, Rossellini und anderen vor 1968 bei den Cahiers hochgeschätzten Auteurs geschaf- fen. Es darf vermutet werden, daß diese ganze Konstruktion dem Um- stand zu verdanken ist, daß die Cahiers -Redaktion zwar von der Poli- tisierung durch die 68er-Bewegung - namentlich durch die seitens der Estates General aufgeworfenen Fragen nach der systemstabilisie- renden Rolle des Mainstream-Films und den potentiellen Möglichkei- ten eines radikal oppositionellen Kinos - begeistert war, aber trotzdem nicht die liebgewonnenen auteurs des Mainstream-Films aus ihrem Kanon verbannen wollte.

Hat die Politique des auteurs vermittels dieser theoretischen Win- kelzüge den Innovationsschub von 1968 einigermaßen überstanden, so war sie mit den folgenden akademischen Moden weniger kompa- tibel. In der marxistischen Denktradition wirft der Autor-Ansatz aber noch mehrere interessante Probleme auf, beispielsweise die Positio- nierung des künstlerischen Subjektes in Basis/Überbau-Modellen. In der Phase nach 1968 war das Verhältnis von Subjekt und Ideologie von vorrangigem Interesse. Wenn die Ideologie der herrschenden Klasse stets die herrschende Ideologie ist, wie Marx sagt,20 auf wel- che Weise verbreitet sich dann die andere, die revolutionäre Ideolo- gie? Wie kommt das revolutionäre Subjekt (hier: der Künstler) zu sei- ner Ideologie, und wie kann es sie weiterverbreiten? Ist das Subjekt hierbei durch seine materiellen Lebensumstände weitestgehend de- terminiert, oder gibt es eine relativ weitreichende Autonomie? Diese Fragen waren nicht zuletzt deshalb eminent wichtig für die 68er, weil - erstmalig in der Geschichte der sozialisti- schen/kommunistischen Bewegung - weite Teile der Studierendenund der Intelligenz von der revolutionären Ideologie begeistert war, während die hierfür theoretisch zuständig Menschen, die Arbeiterklasse in den entwickelten Industrienationen, spürbar weniger enthusiastisch waren.21

Unter künstlerischen Gesichtspunkten ergaben sich anhand dieser Fragestellungen Anknüpfungspunkte zur sowjetischen Avantgarde der Zwanziger Jahre, für die Filmtheoretiker primär zu Sergej Eisen- stein, dem einzigen Filmemacher von Rang, der gleichzeitig ein be- deutendes theoretisches Werk hinterlassen hat. Bei Eisenstein ging es im Kern um die gleichen Fragen, die die 68er bewegten: wie muß revolutionäre Kunst beschaffen sein, um die Massen im fortschrittli- chen Geiste zu erziehen? Eisenstein vertrat die avantgardistische Po- sition, mit der inhaltlichen müsse stets eine formale Herausforderung einhergehen. Die Konsequenz dieser Auffassung läßt sich heute noch in seinem filmischen Werk erkennen: während in den USA der klassi- sche Hollywood-Stil22 eben erst etabliert wird und die »unsichtbare Montage« zum obersten stilistischen Prinzip erhoben wird, arbeitet Eisenstein bereits mit seinem Gegenkonzept, der Kollisionsmontage, bei der der Zuschauer nicht nur stärker assoziativ arbeiten muß, son- dern auch den artifiziellen Charakter des Gezeigten deutlicher wahrnimmt.

Ein ähnlicher Kurs wurde im Theater von Bertolt Brecht eingeschlagen, der dadurch nach 1968 ebenfalls ins Zentrum des filmtheoretischen Interesses rückte.23

Die Rezeption von Eisenstein und Brecht in der westeuropäischen Linken nach 1968 wurde jedoch durch den Umstand getrübt, daß beide in den sozialistischen Ländern zwar nominell in Ehren gehal- ten wurden, ihre künstlerischen Konzepte jedoch z. T. erbittert be- kämpft wurden. In Sowjetrußland hatte sich spätestens 1924 das Stildiktat des »sozialistischen Realismus« durchgesetzt, das ver- langte, daß revolutionäre Inhalte formal so simpel wie möglich ver- mittelt werden, auf das auch die ungebildetsten Massen das Darge- botene verstehen könnten.24

2. 1. 3. Auteurism und Strukturalismus

Die Enttäuschung der 68er mit dem »real existierenden Sozialis- mus« beschränkte sich nicht auf die Kulturpolitik. Hinzu kamen die oben skizzierten Probleme mit der Arbeiterklasse in den eigenen Ländern und weitere Enttäuschungen mit der konkreten Politik, die den Wunsch nach theoretischen Konzepten nährten, die zwar auf Marx basieren, aber die politischen, kulturellen und theoretischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts stärker berücksichtigen.

Das entsprechende Angebot, das von Film- und anderen Kul- turtheoretikern am begeistertsten angenommen wurde, kam von Louis Althusser. Althusser hat, kurz gesagt, Marx strukturalistisch in- terpretiert. Besondere Schwerpunkte hierbei waren der Wissen- schaftsbegriff, Fragen der Kausalität (des Verhältnisses von Ursache und Wirkung) sowie die oben angeschnittenen Fragen der Ideologie. Althusser interpretierte Marx Auffassung vom Individuum als »Personifikation ökonomischer Kategorien«, als »Träger von bestimmte Klassenverhältnissen und -interessen«25 als direkten Vorläufer strukturalistischer Konzepte. Er macht hier einen deutlichen Bruch mit den humanistischen Auffassungen des jungen Marx aus, isoliert diese Abstraktion vom Individuum und erklärt sie zum Garant der Wissenschaftlichkeit. Lapsley/Westlake fassen Althussers Bemühen um einen strukturellen Kausalitätsbegriff zusammen:

Developed from Spinoza’s conception of God as both crea- tor and creation, structural causality specifies that the ele- ments of the whole are determined by the structure of the whole. Like the Spinozan God, the structure does not stand outside its effects but is immanent within them. From the radical anti-humanism implicit in this position, it follows that history is a process without a subject. Men are no longer actively shaping history, either as individuals or as classes, but rather are supports of the process within the structure.26

Für die Filmtheorie bedeutet dieser Schwenk zum Strukturalismus, daß der auteur genauso aus dem Blickfeld gerät wie alle anderen handelnden Subjekte. Die strukturalistischen Marxisten interessier- ten sich für das Subjekt vor allem unter dem Aspekt seiner Positionie- rung im gesellschaftlichen Raum vermittels der herrschenden Ideolo- gie.27 Das Subjekt ist in diesem Blickwinkel das Resultat bestimmter gesellschaftlicher Prozesse und nicht mehr deren Initiator. Susan Hayward verdeutlicht dies anhand Althussers Konzept der »ideologi- schen Staatsapparate«:

According to Althusser, ideological state apparatuses (ISAs) interpellate individuals as subjects, that is, as pre-exi- sting structures ISAs function to constitute the individual as a subject to ideology. ISAs manifest themselves as instituti- ons of the state: the police, government monarchies are ISAs. … The individual is, therefore, an effect of ISAs ad not an agent. As subject-effects, individuals give meaning to ideo- logy by colluding with it and acting according to it.28

Die Vertreter des auteurism suchten angesichts des durch diesen Denkansatz drohenden Verlustes des handelnden Subjekts nach ei- nem rettenden Strohhalm, und glaubten ihn in der strukturalistischen Anthropologie von Claude Lévi-Strauss zu finden, der postuliert hatte, daß Anthropologen ähnlich wie Linguisten vorgehen sollten und z. B. bei der Erforschung von Volksmythen nach universellen, un- bewußten Strukturen zu suchen, die diesen zugrunde lägen.29

Ähnlich wie ein System von Mythen sollte nun das Gesamtwerk eines Regisseurs nach strukturellen Elementen durchforstet werden, in der Hoffnung, dem Autor-Ansatz auf diese Weise zu mehr wissen- schaftlicher Systematik zu verhelfen. Hauptrepräsentant dieser Strö- mung war Peter Wollen mit dem Band Signs and Meaning in the Cinema.30 Allerdings führte der Versuch, die Methode von Lévi- Strauss in die Filmwissenschaft zu übernehmen, nicht zu befriedi- genden Ergebnissen. Zunächst war das Werk eines Regisseurs ein- fach nicht mit der Mythengeschichte eines Volkes zu vergleichen.

The fact that myths have no authorial center, do not originate in a subject, indeed rely on interchangeability of subjects for their perpetuation through constant retelling, makes them strictly non-comparable with a corpus of films whose distinctive signature is that of the author.31

Darüber hinaus geriet das Werk von Lévi-Strauss selbst bald zunehmend in Mißkredit:

Moreover, Lévi-Strauss’s central concept of a collective unconscious came to be seen as only weakly explanatory once the scientific pretensions of his work were challenged. Even more damning than its lack of scientificity were its ahistoricality and its idealism….32

Ein weiterer Versuch, die Kategorie auteur in einen strukturalisti- schen Ansatz hinüber zu retten, stammt von Stephen Heath. In sei- nem breit rezipierten Essay Film and System: Terms of Analysis unter- sucht er syntagmatische Strukturen in Touch of Evil von Orson Wel- les. Gegen Ende seiner Analyse räumt er ein, daß noch eine Katego- rie »author« verbliebe, die er umgehend definiert als »the inscription of the cinéaste as an effect of the text«.33 Heath ordnet sodann den Autor am Beispiel strukturalistisch ein:

When Welles declares “I hate women but I need them” … which is effectively the position of the narrative economy of Touch of Evil in the force of its logic … the conclusion is not that the film is the expression of Welles but that it is to be understood in its functioning in relation to an Œdipal logic which is the subject-positioning of film and Welles.34

Aber auch dieser Ansatz wurde nicht weiter verfolgt, möglicher- weise deshalb, weil im Dunkeln blieb, welcher Erkenntniswert einer derartigen »Autor-Struktur« überhaupt noch abzugewinnen war. Verallgemeinert läßt sich sagen, daß die Stärken strukturalistischer Filmtheorie in der detaillierten Betrachtung kleinerer Einheiten lie- gen, speziell in der Anwendung linguistischer Methoden auf die Filmanalyse, die etwa den Fragenkomplex von Sprache, Code und Zeichenhaftigkeit des filmischen Bildes ins Blickfeld rückte, und nicht in den von den auteurists verfolgten großen Zusammenhängen von Kunstwerk, Urheber und Gesellschaft.

2. 1. 4. Auteurism und Poststrukturalismus

Die kulturtheoretische Diskurs bewegte sich im folgenden weiter in Richtung Poststrukturalismus. Film blieb dabei unter strukturellen Gesichtspunkten interessant, nicht zuletzt in seiner Eigenschaft als Machtinstrument. So bezeichnete Teresa de Lauretis das Kino als »a set of regulated procedures, mechanisms and techniques of reality control.«35

Wenn in diesem Zusammenhang ein Subjekt vorkommt, dann ist es nicht als handelndes Individuum von Interesse, sondern als Funktion eines Diskurses. Unter diesem Aspekt hat sich Foucault eingehend Fragen der Autorenschaft gewidmet. Hierbei ging es je- doch just darum, den Vorgang der Urheberschaft vom Urheber abzu- koppeln36 - ein Vorgehen, das im Hinblick auf die Fragestellung die- ser Arbeit nicht weiterführt und hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt sein soll.

Spezifisch auf die Filmtheorie angewandt wurde unter poststruk- turalistischen Gesichtspunkten die aus der bildenden Kunst schon etwas länger bekannte Frage nach dem Ort der Bedeutungsproduktion. In der Kette auteur - Film37 - Publikum wird nun der Anteil des letzteren an der Bedeutungsproduktion zur Streitfrage. Nach Roland Barthes sollte der death of the author glich- zeitig die birth of the reader bringen.38 Die triviale Feststellung, daß Bedeutung nur durch den Akt des Lesens/Betrachtens/Wahrnehmens entstehe, denn: »an encoded message (text) remains only a s potential meaning until it is decoded by a reader (or spectator)« sorgt lange Zeit für Verwirrung.39 Vielfach wird infolge dieser Beobach- tung die Bedeutungsproduktion allein oder prim ä r den Betrachten- den/Lesenden zugeschrieben, vom »spectator as auteur« ist die Rede.40 Speziell auf den Film bezogen entstehen in der Folge allerlei Theorien über das Publikum, die in erster Linie unter psychoanalyti- schen Fragestellungen Problemen der Identifikation auf den Grund gehen.41

Als Tendenz bleibt festzuhalten, daß die Frage nach dem Autor in der Filmtheorie nach 1968 zunehmend an Bedeutung verloren hat. Dies hängt - wie gezeigt - direkt mit der Verschiebung der theoreti- schen Paradigmen hin zu Strukturalismus und Poststrukturalismus zu- sammen. Der theoretischen Abkehr vom Auteurism zum Trotz bleibt die Frage nach dem Regisseur eine der Kernfragen in der alltäglichen Rede über den Film, auch unter Cinéasten und filmtheoretisch aus- gebildeten Menschen, ein Widerspruch, auf den auch Laps- ley/Westlake hinweisen:

A persistent authorial discourse runs from publicity (“the new Francis Ford Coppola”), to critical reception in print and on television (“an interesting addition to the Coppola 37 Die Strukturalisten sprachen an dieser Stelle statt vom »Film« eher vom »filmischen Text«, eine Unsitte, die sich in weiten Kreisen bis heute gehalten hat. Wenn ich im folgenden nicht nur vom »betrachten«, sondern auch vom »lesen« spreche, dann möchte ich damit keinesfalls der Auffassung, Film sei auch eine Textsorte, das Wort reden, sondern verdeutlichen, daß die beschriebene Debatte ebenso in der Literaturtheorie geführt wurde.(Film ist eben kein Text, da er nicht auf Repr ä sentation durch Zeichen/Codes sondern auf Abbildung seines Gegenstands basiert.)

[...]


1 Sarris, 37.

2 Cf . Faulstich, Korte.

3 Beim Szenenprotokoll nach Leff ergeben sich etwa dreimal soviele getrennte Szenen als beim hierzulande üblichen Sequenzprotokoll, allerdings auch nur knapp 50% der Anzahl der Szenen nach Drehbuch-Systematik. Die Abweichung ist darauf zurückzuführen, das Leff nach narrativen Einheiten vorgeht, das Skript jedoch nach produktionstechnischen Erfordernissen. So ist ein Telefonat in Schuß/Gegenschuß nach Leff eine Szene, im Skript jedoch mindestens zwei.

4 Andrew(1976 ), 5.

5 in englischer Übersetzung in Grahams Sammelband enthalten (17-23).

6 Cf . Giannetti, 428-33.

7 Giannetti, 438-9.

8 Giannetti, 438.

9 Lapsley/Westlake, 107.

10 Carroll, 3.

11 Encyclopædia Britannica, 1992 ed. 1:722.

12 Cf. Sarris.

13 Diese Weihen der hohen Kunst werden allerdings durch den Rückgriff auf das romantische Konzept des Künstlers als individuellem Genie erkauft, das der modernen Filmproduktion kaum angemessen ist.

14 Lapsley/Westlake, 106.

15 Knight, 320.

16 Monaco (1985), 53.

17 Lapsley/Westlake,9.

18 Die beiden verbleibendemnKategorien waren dem cinema veritégewidmet und tun hier nichts zur Sache.

19 Cf. Lapsley/Westlake 8-11 .

20 Marx. [ Die deutsche Ideologie. ] , 18-25.

21 Einige romanische Länder ausgenommen.

22 Dieser Begriff wird hier im Sinne von Bordwell/Staiger/Thompson gebraucht.

23 Cf. Lapsley/Westlake, 164-65.

24 Cf . Gianetti, 423-427.

25 Marx, . [ Das Kapital. Vorwort zur ersten Auflage.] MEGA II-5:14.

26 Lapsley/Westlake, 6.

27 Carroll, 5.

28 Hayward, 18-19.

29 Dieser Ansatz war auch für andere Felder der Filmtheorie eine Inspiration, etwa für Fragen nach Narration und Narrativität.

30 Cf . Giannetti, 448-9.

31 Lapsley/Westlake, 110. Die Autoren nennen den britischen Filmkritiker Brian Henderson als Urheber dieses Einwandes.

32 Lapsley/Westlake 112.

33 Heath, (part II), 107.

34 Heath, (part II), 107.

35 De Lauretis, 84.

36 Caughie, 282-92.

38 Cf. Caughie.

39 Phillips, 155.

40 Phillips, 155.

41 Hayward, 331-33; 371-378.

Ende der Leseprobe aus 124 Seiten

Details

Titel
Gestaltungsspielräume des Regisseurs im industrialisierten Spielfilm - eine exemplarische Untersuchung anhand dreier Filme von Ridley Scott
Hochschule
Universität Hamburg  (Fachbereich 07 (Sprachwissenschaften))
Note
gut
Autor
Jahr
1997
Seiten
124
Katalognummer
V2492
ISBN (eBook)
9783638115223
Dateigröße
889 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gestaltungsspielräume, Regisseurs, Spielfilm, Untersuchung, Filme, Ridley, Scott
Arbeit zitieren
Gerrit Haaland (Autor:in), 1997, Gestaltungsspielräume des Regisseurs im industrialisierten Spielfilm - eine exemplarische Untersuchung anhand dreier Filme von Ridley Scott, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2492

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