Ernährung, Bewegung, Verhalten – Wie spreche ich für eine Gewichtsreduktionsmaßnahme im Kontext VHS meine Zielgruppe an?


Bachelorarbeit, 2008

58 Seiten, Note: 2,4


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung und Problemstellung

2. Zielsetzung

3. Gegenwärtiger Kenntnisstand
3.1. Der Body Mass Index
3.2. Soziodemografische Merkmale
3.3. Ernährungsverhalten/Ernährungswissen
3.4. Bewegungskenntnis/ -verhalten
3.5. Wie erleben wir Stress?
3.6. Gesundheitsprogramme in der VHS
3.7. Das Unternehmen Stadt inForm.

4. Methodik
4.1. Entwurf des Fragebogens
4.2. Entwurf des Ernährungstagebuches
4.3. Online-Datenbankerstellung
4.4. Auswahl der Kooperationspartne
4.5. Zeitplanung der Feldarbei
4.6. Datenschutz
4.7. Öffentlichkeitsarbeit/ Medieninformation

5. Ergebnisse
5.1. Fragen 1-7 - Anthropometrische Daten und Bildung
5.2. Fragen 8-29 - Ernährungsverhalten und Ernährungswissen
5.3. Fragen 30–32 - Stress-Check
5.4. Fragen 33–41 - Bewegungswissen/Bewegungsverhalten
5.5. Beurteilung VHS
5.6. Auswertung Ernährungstagebuch

6. Diskussion
6.1. Die Zielgruppe – Information, Motivation, Bewusstmachung
6.1.1. Informieren und Wissenslücken füllen
6.1.2. Motivieren und Begleiten
6.1.3. Bewusstmachung und Selbstverantwortung
6.2. Kooperationspartner – Informieren und Netzwerke pflegen
6.2.1. Partner informieren und gewinnen
6.2.2. Netzwerke pflegen und erweitern
6.2.3. Bereichsübergreifende Arbei
6.3. Gewinnung der VHS
6.4. Online-Programme nutzen
6.5. Demografische Entwicklung

7. Zusammenfassung

8. Literatur (thematisch geordnet

9. Abbildungen und Verzeichnisse

10. Anlagen

Vorwort

Die Entwicklung guter Methoden und Ansätze zur Bekämpfung von Übergewicht und Zivilisationskrankheiten bleibt noch immer ein notwendiges Ziel, denn die moderne Lebenswelt mit ihrem angenehmen und bequemen Wesen ist nach wie vor ein hartnäckiger Nährboden für einen ungesunden Trend: Wir essen zu viel, zu energiereich und bewegen uns nicht.

Dass niemand dick und krank sein will, ist klar. Doch so einfach scheint es nicht zu sein, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, wenn das satte modernde Leben den Menschen mit ebenso satten Pfunden krank in die Knie gezwungen hat. Zu viele und immer mehr Menschen sind übergewichtig und bleiben es, trotz immer neuer Anläufe, ihre Situation durch Diäten und halbherzig begonnene Bewegungsübungen zu verbessern.

Diese empirische Arbeit widmet sich daher einem wichtigen Thema und versucht dazu beizutragen, bestehende Maßnahmen zur Bekämpfung von Übergewicht und daraus resultierenden Krankheiten durch ein paar Ideen zu bereichern.

Ich danke allen Menschen, die im Rahmen meines Forschungsprojektes durch ihre Teilnahme an meiner damit verbundenen Fragebogenaktion dazu beigetragen haben, verwertbare Ergebnisse und somit Lösungswege bereitzustellen. Ohne diese große Bereitschaft und Unterstützung wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen.

Ebenso danke ich Frau Prof. Dr. Andrea Pieter und Dr. med. Thorsten Albers für die Hilfe bei der Themenfindung und Betreuung sowie für wertvolle Anregungen und Ratschläge. Gedankt sei auch Nadine Sohrauer für die Ermöglichung der Online-Befragung, Lisa Duhme für orthographische Durchsicht sowie sprachliche Tipps und meinem Ausbilder und Freund Jens Benscheidt für seine zuverlässige Unterstützung. Schließlich möchte ich auch noch meine Familie erwähnen, die mich mir viel Kraft und Motivation geschenkt und damit meinen Arbeitsprozess sehr bereichert hat.

Flensburg, im Juli 2008

René Paasch

1. Einleitung und Problemstellung

In Deutschland gehören die vielfach durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel bedingten Krankheiten Adipositas, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen heute zu den häufigsten chronischen Gesundheitsstörungen. 20 Jahre nach der ersten bundesweiten Verzehrsstudie, die von 1985 bis 1988 für das alte Bundesgebiet im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durchgeführt wurde, legte die Nationale Verzehrsstudie II (NVS II) zu Beginn des Jahres 2008 ihre neuesten Daten zum Ernährungsstatus und Ernährungsverhalten der deutschen Bevölkerung vor. Nach diesen Untersuchungen haben über 20 % der Erwachsenen einen BMI >30 und sind damit behandlungsbedürftig adipös. Neben den organischen Beschwerden leiden die Betroffenen auch unter einer erheblichen psychosozialen Benachteiligung. Die Prävalenz der Adipositas (BMI >30) nimmt seit Jahrzehnten zu, nur noch etwa ein Drittel der erwachsenen Deutschen weist ein gesundheitlich wünschenswertes Gewicht auf. Epidemiologen prognostizieren für die nächsten Jahre eine weitere Zunahme von ernährungsabhängigen Gesundheitsproblemen. Zusätzlich zu den direkten Kosten für das Gesundheitssystem entsteht ein bedeutender ökonomischer Schaden durch krankheitsbedingte Arbeitsausfälle etc. (vgl. beispielsweise DAK Gesundheitsbericht, 2008). Die jüngste NVS-II-Studie hat gezeigt, dass Übergewicht trotz zahlreicher Maßnahmen und Programme nach wie vor weiter auf dem Vormarsch ist. (vgl. NVS II, 2008) Die Frage bleibt bestehen: Wie lässt sich dieser Trend stoppen?

Vor dem Hintergrund dieses bundesweiten und sicher auch noch über unsere Grenzen hinausgehenden Problems soll hier mit einer kleinen regionalen Feldarbeit versucht werden zu erforschen, was getan werden könnte, um die Bevölkerung eines kleinstädtischen Gebietes erfolgreich und nachhaltig für eine gesunde Lebensführung mit Gewichtsabnahme zu sensibilisieren.

Für das Unternehmen Stadt inForm, welches das Projekt dieser Arbeit unterstützt, können sich anschließende erfolgversprechende Maßnahmen von Bedeutung und Interesse sein, da es sich als Bindeglied zwischen der anvisierten Zielgruppe und den zur Bereitstellung zukünftiger Gesundheitsangebote notwendigen Kooperationspartnern versteht.

2. Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, für ein noch zu entwickelndes VHS-Programm zur Gewichtsreduzierung an der Volkshochschule Flensburg die geeignete Ansprache der diesbezüglichen Zielgruppe zu erforschen, damit übergewichtige Menschen einerseits besser dafür gewonnen werden können und ihnen dann andererseits auch besser zu einer nachhaltigen Gewichtsabnahme und einer gesunden Lebensführung verholfen werden kann. Die zentrale Frage zur Zielsetzung ist: Wie spreche ich die ausgewählte Zielgruppe erfolgreich an?

Um zu ermitteln, wie auf die ausgewählte Zielgruppe am besten zugegangen werden kann, ist es notwendig, zunächst Informationen über die Zielgruppe zu sammeln. Zu diesem Zweck wurde ein Fragebogen erarbeitet, der Aufschluss darüber geben soll, was zur erfolgreichen Gewinnung der Menschen für das geplante Programm zu berücksichtigen ist.

Auch übergreifende Informationen zum Kenntnisstand über Ernährung, Bewegung und Verhalten sind hier von Bedeutung und müssen für die richtige Ansprache der Zielgruppe in Betracht gezogen werden.

Die VHS ist für die Zielgruppengewinnung und das sich anschließende Gesundheitsprogramm ein geeigneter Partner, da es in ihr möglich ist, ein niedrigschwelliges, für alle zugängliches und alle Bevölkerungsgruppen ansprechendes Angebot zur Gewichtsreduzierung, welches Ernährung, Bewegung und Verhalten einschließt, zu etablieren. Ihre Philosophie ergänzt das Ziel vielversprechend. So heißt es im Leitbild der VHS Flensburg unter anderem: „Wir sind für alle da, die an Bildung und Begegnung interessiert sind, unabhängig von Einkommen, Nationalität, Vorbildung, Alter und Geschlecht. Wir sind Weiterbildungspartner für Firmen, Behörden, Einrichtungen und Organisationen.“ (vgl. VHS Flensburg im Internet: http://www.vhs.flensburg.de, Stand 20.7.2008)

Die VHS ist auch deshalb ein interessanter Partner, weil es in ihr – sowohl regional als auch deutschlandweit – nur wenige Angebote der geplanten Art gibt.

Welche Barrieren dennoch bei der Zusammenarbeit mit der VHS Flensburg auftauchten, soll im späteren Verlauf dieser Arbeit zur Sprache kommen.

3. Gegenwärtiger Kenntnisstand

Um einen maßgeschneiderten Fragebogen für die Zielstellung der Arbeit zu entwickeln, der den Status Quo, die Kenntnisse, Verhaltensweisen, Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe möglichst gut widerspiegelt, ist zunächst der aktuelle Kenntnisstand zur behandelten Gesundheitsthematik zu berücksichtigen.

Die bekannten Informationen, die zur Erarbeitung des Fragebogens herangezogen wurden, lieferte zum Themengebiet der Ernährung unter anderem die jüngste Nationale Verzehrsstudie II (2008) sowie Informationsquellen zu Ernährung und Bewegung, Verhalten und Stress, auf welche im Laufe dieser Arbeit noch Bezug genommen wird und die zudem im Literaturverzeichnis übersichtlich nach Bereichen geordnet aufgeführt sind.

Auch die gegenwärtige Situation der regionalen VHS sowie der VHS-Einrichtungen in Deutschland allgemein soll im Vorfeld skizziert werden sowie die Ausgangssituation des Unternehmens Stadt inForm, über welches ein erfolgreich ansprechendes Gesundheitsprojekt schließlich eingeführt werden könnte.

Folgende Informationen zum heutigen Stand sind für die Zielsetzung von Interesse:

3.1. Der Body-Mass-Index

Die Ermittlung des Body-Mass-Index (BMI) gehört in eine Datenerhebung der vorliegenden Art auf jeden Fall hinein, doch es ist ebenso wichtig, mit dieser Bemessungsgröße richtig umgehen zu können.

Der BMI ist eine Kenngröße, die das Körpergewicht eines Menschen bewerten soll. Wichtig ist zu wissen, dass der BMI nur ein grober Richtwert sein kann, denn er berücksichtigt nur das reine Gewicht eines Menschen und lässt die Körperzusammensetzung außer Acht. Ein Mensch mit einer großen Muskelmasse kann daher leicht aufgrund seines hohen Gewichtes als adipös eingestuft werden. Dies kann zu sehr verzerrten Ergebnissen führen.

Auch wenn die Frage, inwieweit Übergewicht und Adipositas ein gesundheitliches Risiko darstellen - und besonders, ab welchem BMI-Wert - in der Literatur teilweise kontrovers diskutiert wird, so wird überwiegend dennoch von einer verminderten Lebenserwartung Fettsüchtiger ausgegangen, da zum einen die Morbidität durch vermehrtes Auftreten unterschiedlicher Erkrankungen gesteigert und zum anderen die Letalität bestehender Erkrankungen durch die Fettsucht erhöht wird (vgl. Gromus et al., 1985).

Einige Autoren sehen ein größeres Krankheitsrisiko schon bei geringem Übergewicht (vgl. Hubert et al., 1983; Hauner, 1991; Kannel et al., 1996; Warsy/El-Hazmi, 1999), wohingegen andere dies nicht unterstützen (Stunkard/Wadden, 1992; Larsson et al., 1984; Berger 1995).

Es besteht außerdem ein statistischer Zusammenhang zwischen Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen, Alkoholmissbrauch und psychosozialen Anpassungsschwierigkeiten, also Risikofaktoren, die für sich alleine und in ihrer wechselseitigen Beeinflussung einen Beitrag zur Gesundheitsschädigung leisten (vgl. Diedrichsen, 1990; Hauner, 1991).

In Deutschland sind 66,0 % der Männer und 50,6 % der Frauen übergewichtig (BMI ≥ 25 kg/m2). Das heißt, jeder 2. Mensch in unserem Land ist betroffen. Bei den Typ-II-Diabetikern sind es sogar 80 %, die übergewichtig sind. Jeder fünfte Bundesbürger ist adipös, d. h. er hat einen BMI über 30 kg/m2. Selbst 10-20 % unserer Schulkinder sind bereits übergewichtig (vgl. außer den dokumentierten NVS-II-Daten auch: WHO, 2004a; Leitzmann, 2003).

Folgende Tabelle gibt Übersicht über die BMI-Klassifizierung der WHO:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1. Klassifizierung des BMI (WHO 2000)

Doch nicht nur der Fettanteil überhaupt, sondern auch das Fettverteilungsmuster ist hinsichtlich gesundheitlicher Risiken bedeutsam. Vague (1950) unterschied schon 1947 zwei Unterformen der Adipositas, die androide und die gynoide Form, welche mit Hilfe der sogenannten Waist-Hip-Ratio (WHR = Taillen-Hüft-Umfang) ermittelt werden. Die androide Form, bei der die Fettverteilung um die Bauchregion zu finden ist, stellt nach verschiedenen Untersuchungen unabhängig vom Gesamtkörperfettanteil ein eigenständiges Gesundheitsrisiko dar. (vgl. Simoneau/Bouchard,1995).

Der NVS II zufolge ist der Anteil an Männern und Frauen mit stark erhöhtem Taillenumfang (27,4 % bzw. 31,8 %) deutlich höher als der Anteil an Männern und Frauen mit erhöhter Waist-Hip-Ratio (WHR, 14,7 % bzw. 22,8 %). (vgl. NVS II, Teil 1, 2008, S. 14)

3.2. Soziodemografische Merkmale

Auch soziodemografische Merkmale sind von Relevanz bei der Sammlung von Informationen über die anvisierte Zielgruppe und müssen in einem Fragebogen Berücksichtigung finden.

Die neuesten durch die NVS II erhobenen Daten zu soziodemografischen Merkmalen ergaben, dass mit höherem Schulabschluss der BMI bei Männern und Frauen geringer war. Auch mit steigendem Pro-Kopf-Nettoeinkommen zeigte sich bei Männern und Frauen ein Absinken des BMI. Zudem war bei ledigen Personen ein größerer Anteil Normalgewichtiger als bei Verheirateten, Geschiedenen oder Verwitweten. Regionale Unterschiede konnten nicht ausgemacht werden. (vgl. NVS II, Teil 1, 2008, S. 15)

3.3. Ernährungsverhalten/Ernährungswissen

Zur Erarbeitung erfolgreicher Ansprachewege ist der aktuelle Kenntnisstand von Ernährungsverhalten und Ernährungswissen sehr bedeutsam, der im Folgenden anhand einiger Quellen dargestellt werden soll.

Laut NVS II können nur 8 % der erwachsenen Deutschen (19-80 Jahre) ihren persönlichen Energiebedarf richtig einschätzen. 31 % schätzen ihn mit einer großen Abweichung zum Richtwert für die Energiezufuhr falsch ein (meist zu gering). Mehr als die Hälfte (53 %) hat überhaupt keine Angabe gemacht. (vgl. NVS II, 2008; siehe zu Richtwerten zur Energiezufuhr auch: DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 2000)

12 % der Deutschen halten eine Diät ein, davon 7 % aufgrund einer Erkrankung (Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen) und 5 % um Gewicht abzunehmen.

Während die älteren Teilnehmer häufiger eine Erkrankung als Grund für eine Diät angeben, führen die jungen Frauen (bis 24 Jahre) Reduktionsdiäten durch.

Für zwei Drittel der Deutschen, die sich über Ernährung informieren, sind die Printmedien, Angaben auf Lebensmittelverpackungen, persönliche Kontakte über Freunde und Familie und das Fernsehen Hauptinformationsquellen. Ein Drittel der Teilnehmer informiert sich gar nicht über Ernährung.

Die Bedeutung der „5 am Tag“-Kampagne (DGE) wird von einem Drittel richtig erkannt, zu einem Drittel mit der Empfehlung „5 Mahlzeiten am Tag essen“ verwechselt oder zu einem Drittel nicht gekannt (vgl. NVS II, 2008, S. 25).

Zahlreiche Lebensmittel werden mit Qualitäts- und Gütesiegeln ausgezeichnet. Der Bekanntheitsgrad erweist sich als unterschiedlich. Das CMA-Gütezeichen wird von den NVS-Teilnehmern mit 76,6 % erkannt, dicht gefolgt vom Bio-Siegel mit 74,2 % und dem Bioland-Siegel mit 67,4 %. Der Hälfte der Teilnehmer 49,0 % ist das DLG-Gütezeichen bekannt, 19,2 % kennen das TransFair- und 8,1 % das QS-Zeichen. Diese Aspekte des Ernährungswissens weisen eine deutliche Abhängigkeit von der Schulbildung auf; je höher der Schulabschluss desto häufiger wurden probiotischer Joghurt, ACE-Getränke, die „5 am Tag“ Kampagne sowie die Qualitäts- und Gütesiegel erkannt (vgl. NVS II, 2008, S. 25; siehe zum Ernährungsverhalten und –wissen auch: WESTENHÖFER/PUDEL, 1990)

3.4. Bewegungskenntnis/ -verhalten

Der Gesundheitsbericht Deutschland oder auch Daten der WHO zeigen es schwarz auf weiß: 60 bis 80 % der Weltbevölkerung bewegen sich kaum, 45 % der Deutschen sind körperlich gar nicht und 30 % nur ab und zu aktiv. Gerade mal 13 % lassen sich ermitteln, deren Bewegungsverhalten für präventive Zwecke ausreicht (vgl. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2006; siehe hierzu auch: Löllgen, 2003 und Löllgen/Löllgen 2004). In der sogenannten FINGER-Studie stellten WOLL/TITTLBACH fest, dass die erwachsene Bevölkerung im Durchschnitt wöchentlich nur 300 kcal für sportliche Aktivität verbraucht (vgl. Woll/Tittlbach., 1999).

Selbst Risikogruppen ändern nach einer Diagnosestellung ihr Verhalten nicht angemessen. So hat, um ein Beispiel zu nennen, eine Befragung zum Bewegungsverhalten Typ-II-Diabetiker ergeben, dass 80 % der Erkrankten nach Diagnosestellung ihr Sportverhalten gar nicht geändert und 9,4 % dem Sport sogar komplett eine Absage erteilt haben. Nur 7,1 % haben eine sportliche Betätigung aufgenommen. (vgl. Völker/de Groot/Fromme/Mooren, 2001, S. 7 f)

Auch für die kardiovaskulären Krankheiten ist der Zusammenhang von Übergewicht und Bewegungsmangel längst bewiesen. So kann das Risiko, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erleiden durch vermehrte körperliche Bewegung und Gewichtsreduzierung abgewendet werden, wenn zugleich auch andere kardiovaskuläre Risiken vermieden werden. In diesem Zusammenhang weist der Sportmediziner Löllgen daraufhin, dass in mehr als 30 Studien mit mehr als 400.000 Teilnehmern gezeigt werden konnte, dass körperliche Aktivität einem Tod an Herzkreislauferkrankungen vorbeuge. Zudem schütze Bewegung nicht nur vor Herzinfarkt, Schlaganfall und Bluthochdruck. Sie verbessere auch die Hirnfunktion und sei in der Lage, den geistigen Abbau im Alter aufzuhalten. Selbst für drei Krebsarten (Brust-, Dickdarm- und Prostatakrebs) stellt körperliche Aktivität laut Löllgen eine gesicherte Prävention dar. (vgl. Löllgen 2004; vgl. auch Berg/König, 2004, S. 210 ff)

Es ist mittlerweile erwiesen, dass nicht die moderne Ernährung alleine zu Übergewicht und Adipositas führt, sondern dass gerade der enorme Bewegungsmangel unserer Bevölkerung und überhaupt der Menschen aller westlichen Industrienationen eine erhebliche Rolle spielt bei Entstehung und weiteren Ausbreitung von Adipositas und den durch sie verursachten Krankheiten (vgl. Hauner/Berg, 2000, S. 768).

In einer ebenfalls mittels Fragebogen geführten Untersuchung, dem „Freiburger Fragebogen“ (vgl. Frey/Grathwohl/Keul, 1999, S. 55 ff), wurde für die Bevölkerung der dortigen Region ein Bewegungsergebnis ermittelt, das ebenfalls repräsentativ für den heutigen Trend ist. Jene Studie brachte hervor, dass leichte bis moderate Belastungen den größten Teil der Gesamtaktivität ausmachten. In Anlehnung an die Empfehlungen zum Bewegungssoll waren nach Paffenbargers Harvard-Alumni-Studie (vgl. Paffenbarger, 1978 und Sesso/Paffenbarger/Lee, 2000) (2000 kcal/Woche Gesamtaktivität) 40 % der Befragten zu wenig aktiv, nach den Empfehlungen des American College of Sports Medicine (weiterführende Informationen zum ACSM im Internet: http://www.acsm.org//AM/Template.cfm?Section=Home_Page, Stand 20.7.2008) (1000 kcal/Woche durch Training) waren dies 63 % der Befragten.

3.5. Wie erleben wir Stress?

Stress, Überforderung und Erschöpfung gehören auch zu den „modernen Krankheiten“ unserer Gesellschaft. Vor allem in der schnelllebigen und leistungsbetonten Berufswelt ohne Pause drücken Zeit, Belastung und Aufgabenfülle den Menschen in die Überforderung. (vgl. dazu auch Siegrist, 1996)

Doch auch zwischen Übergewicht und Stress besteht Studien zufolge ein sehr enger Zusammenhang. In einer noch nicht lange zurückliegenden Studie in Illinois beantworteten 883 Personen der dortigen Universität im Alter von 18 bis 83 Jahren einen Stress- und Essfragebogen. Von diesen Teilnehmern waren 55 % übergewichtig. In der Auswertung wurden die Personen nach unterschiedlichem Stresslevel in vier Gruppen eingeteilt. Dabei zeigte sich, dass die Personen mit dem stärksten Stresslevel, d. h. diejenigen, die am wenigsten mit Stress umgehen konnten, einer 13-mal höheren Wahrscheinlichkeit ausgesetzt waren, übergewichtig zu sein. (vgl. Ozier et al., 2008)

Auch in manchen Studien zuvor wurde bereits die wichtige Beziehung zwischen Stress und einem Anstieg des Körpergewichtes diskutiert. Experimente zeigten, dass unter Stressbelastungen Menschen dazu neigen, möglichst fetthaltige und damit auch hochkalorische Nahrung zu sich zu nehmen. Urgeschichtlich könnte dies mit den besonderen Lebensbedingungen und nicht immer verfügbaren Nahrungsmitteln besonders in Stressbelastungen (Gefahren) zu tun haben.

Das im Körper zirkulierende Stresshormon Cortisol, das in höheren Konzentrationen bei Stressbelastungen ausgeschüttet wird, scheint dabei auch die Speicherung von Fetten unter Stressbelastung im Körper zu fördern bzw. den Abbau zu hemmen.

Auch bei Patienten, die sich einer Diät oder anderen Gewichtsreduktionsprogrammen unterziehen, werden sehr stark mit Stress konfrontiert. Daher muss bei entsprechenden Maßnahmen dem Stressmanagement, d. h. dem Umgang mit Stress und Belastungen auf jeden Fall Aufmerksamkeit geschenkt werden. (vgl. hierzu auch Karlson et al., 2003; Ryden et al., 2003, Kaluza, 2007)

3.6. Gesundheitsprogramme in der VHS

Die Volkshochschule ist nicht nur der Ort, an welchem schließlich ein Gesundheitsprogramm zur Gewichtsabnahme stattfinden soll, sie gehört auch zu den Partnern, über welche die gezielte und erfolgreiche Ansprache erfolgen muss. Der gegenwärtige Umgang mit der Thematik ist daher zu berücksichtigen.

Wie schon eingangs in der Zielstellung kurz erwähnt, gibt es in den Volkshochschulen unseres Landes nur sehr wenige Angebote zu Gewichtsreduktionsprogrammen. Vereinzelt haben Volkshochschulen das Programm „Abnehmen – aber mit Vernunft“ aufgenommen. Hierbei handelt es sich um ein Gewichtsreduktionsprogramm des Institutes für Therapieforschung (IFT) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), das bereits 1980 entwickelt wurde und Konzepte der Ernährungs- Bewegungs- und Verhaltenstherapie in sich vereint. Es lässt sich gut in ein Volkshochschulprogramm aufnehmen, da es in eine Kursstruktur mit 14 Unterrichtseinheiten aufgebaut ist, die sich in einem Volkshochschulsemester unterbringen lassen. Auch wenn Evaluationsergebnisse diesem Konzept Erfolg bescheinigen, sind es nur sehr wenige Volkshochschulen, die dieses komplexe Gewichtsreduktionsprogramm anbieten. Auch die Erfahrungen mit dem Programm sind nach stichprobenartiger Befragung einiger Volkshochschulen sehr unterschiedlich. Insgesamt überwiegen die positiven Erfahrungen, doch gibt es auch von manchen VHS-Kursleiterinnen aus der Resonanz der Teilnehmer Änderungs- und Aktualisierungsvorschläge bezüglich beispielsweise Dauer und Inhalt. Dies genau zu analysieren würde jedoch eine breitflächige Befragung deutscher Volkshochschulen erfordern, was den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und natürlich auch nicht Gegenstand der Studie ist. Daher sei hier nur die Information wichtig, dass es mit dem Programm Abnehmen – aber mit Vernunft bereits Ansätze in die richtige Richtung gibt. (für weitere Informationen zum Programm „Abnehmen – aber mit Vernunft“ siehe im Internet: http://www.iftabnehmen.de/index.php?option=com_content&task=view&id=14&Itemid=28, Stand 20.7.2008)

Vereinzelt gibt es in Volkshochschulen auch Kursangebote, die einzelne Komponenten der Gewichtsreduzierung in den Fokus nehmen, ohne die Komplexität der Thematik zu berücksichtigen. So finden sich Gymnastik-Kurse für „Mollige“, Kochkurse mit Werbe-Slogans wie „Schlank und fit“, jedoch sind dies keine geschlossenen Konzepte, die Ernährung, Bewegung und vor allem auch verhaltenstherapeutische Ansätze gemeinsam anbieten.

3.7. Das Unternehmen Stadt inForm

Das Franchise-Unternehmen Stadt inForm, dessen Schwerpunkt auf gesundheitsorientiertem Krafttraining liegt, ist vor Ort für das geplante Projekt das geeignete Bindeglied zwischen VHS, Zielgruppe und weiteren notwendigen Kooperationspartnern. Dort gibt es bereits erfolgreiche Ansätze mit dem noch unveröffentlichtem Ernährungskonzept „Gesund und erfolgreich abnehmen“, auf welches sich die Idee der Weiterentwicklung des Konzeptes in Richtung VHS-Projekt ebenfalls stützt. (weitere Informationen zum Unternehmen Stadt inForm im Internet: http://www.stadt-inform.de/index.php?site=Home, Stand 20.7.2008)

4. Methodik

Nach dem Studium der gegenwärtigen Situation zur Thematik und zahlreichen dazugehörigen Informationsquellen wurde bei der Durchführung der Arbeit nach folgender Methode und mit folgenden Mitteln vorgegangen:

Die Planung und Vorbereitung der Arbeit beinhaltete den Entwurf des Fragebogens und ein begleitendes Ernährungstagebuch, die Akquise nebst Ansprache der Kooperationspartner, die Online-Datenbankerstellung, die Zeitplanung des Projekts sowie die Behandlung von Fragen zu Datenschutz und Medien- bzw. Öffentlichkeitsansprache.

4.1. Entwurf des Fragebogens

Zu Beginn stand der Entwurf des Fragebogens nebst Prüfung desselben durch das Tutorenteam der DHPG. Der Fragebogen berücksichtigt unter anderem die neuesten Erkenntnisse durch die NVS II (Die Fragen 18, 19, 20 und 24 des Fragebogens wurden dem NVS-Fragebogen entnommen, was hiermit kenntlich gemacht werden soll.).

Doch auch andere Erkenntnisse zur Ernährung wurden bei der Erstellung des Fragebogens berücksichtigt. So zum Beispiel eine bevölkerungsrepräsentative Erhebung, bei der in zwei Stichproben die bis auf einen Begriff gleichen Fragen gestellt wurden: „Worauf legen Sie bei Ihrer Ernährung den größten Wert?“ bzw. „Worauf legen Sie bei Ihrer Ernährung oder dem Essen den größten Wert? Das Ergebnis war interessant: Der Begriff „Ernährung“ führt zu kognitiv-rationalen Antworten, die in der traditionellen Ernährungsaufklärung immer wieder propagiert werden. Der Begriff „Essen“ dagegen wird viel mehr mit emotionalen Bezügen verbunden. (vgl. WESTENHÖFER/PUDEL, 1990)

Auch bezüglich der Notwendigkeit von Ernährungsprogrammen gab es eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (2001) unter mehr als 4000 Bürgern, welche zeigte: Appelle an ein vernünftiges Ernährungsverhalten sind wenig erfolgversprechend: 68 % der Befragten lehnten starre Regeln oder Programme für eine gesunde Ernährung ab. (vgl. INSTITUT FÜR DEMOSKOPIE ALLENSBACH, 1999)

Sehr wichtig für die Konzeption des Fragebogens sind auch ernährungspsychologische Kriterien zum menschlichen Essverhalten wie zum Beispiel die verschiedenen Essmotive des Menschen. Überhaupt ist die Ernährungspsychologie ein Feld, welches die gesamte interdisziplinäre Erstellung eines Gesundheitskonzepts zur Gewichtsreduzierung begleiten muss. (vgl. hierzu Diedrichsen, 1990)

[...]

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Ernährung, Bewegung, Verhalten – Wie spreche ich für eine Gewichtsreduktionsmaßnahme im Kontext VHS meine Zielgruppe an?
Hochschule
Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement GmbH
Veranstaltung
Bachelor of Arts Ernährungsberatung
Note
2,4
Autor
Jahr
2008
Seiten
58
Katalognummer
V262700
ISBN (eBook)
9783656514992
ISBN (Buch)
9783656514602
Dateigröße
1353 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sport-Psychologe und Sportwissenschaftler
Schlagworte
ernährung, bewegung, verhalten, gewichtsreduktionsmaßnahme, kontext, zielgruppe
Arbeit zitieren
René Paasch (Autor:in), 2008, Ernährung, Bewegung, Verhalten – Wie spreche ich für eine Gewichtsreduktionsmaßnahme im Kontext VHS meine Zielgruppe an?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262700

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