Erfolgreicher Schriftspracherwerb im Elementar- und Primarbereich


Hausarbeit, 2013

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Charakteristika der Schrift

3. Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb
3.1 Zur sprachlichen Bildung durch Literacy
3.2 Anregungen für Literacy-Aktivitäten im Elementar- und Primarbereich
3.3 Das phonologische Bewusstsein
3.4 Begriffsbildungen von Kindern zum Lesen und Schreiben

4. Woran sich Schulanfänger beim Schreiben orientieren

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Lehrerin beschloß, das Rechnen jetzt aufzugeben. Sie meinte, daßes Pippi viel leicht mehr Spaßmachen würde, lesen zu lernen. Sie holte ein kleines, hübsches Bild hervor, das einen Igel vorstellte. Vor der Nase des Igels stand der Buchstabe i. „ Jetzt, Pippi, sollst du etwas Lustiges zu sehen bekommen “ , sagte sie schnell. „ Hier siehst du einen Iiiigel, und dieser Buchstabe vor dem Iiiigel heißt i. “ „ Ach, das glaube ich im Leben nicht “ , sagte Pippi. „ Ich finde, das sieht aus wie ein gerader Strich mit einem kleinen Fliegenpunkt drauf. Aber ich möchte wirklich gern wissen, was der Igel mit dem Fliegenpunkt zu tun hat. (Lindgren 1997, S. 63)

Dieser Dialog aus Astrid Lindgrens berühmter Erzählung Pippi geht in die Schule macht deutlich, was man sich als Schriftkundiger nur noch selten vor Augen führt: in Alpha- betschriften sind die einzelnen Buchstaben nicht durch Ähnlichkeit sondern durch Kon- vention mit dem, was sie bezeichnen, verbunden und lassen dadurch keinen direkten Schluss auf die Bedeutung des gemeinten Wortes zu. Das Erlangen eben dieser Er- kenntnis ist nur eine von zahlreichen Hürden, welche Kinder im Verlauf des Schrift- spracherwerbs überwinden müssen. Vor allem die Eltern der Schulanfänger „erleben häufig mit Verwunderung, wie mühsam sich die ersten Schritte beim Lesen und Schrei- ben gestalten“ (Andresen 2005, S. 11).

Neben der Darstellung dieser sowie weiterer Schwierigkeiten, denen Kinder auf ihrem Weg des Lesen- und Schreibenlernens begegnen, soll im Rahmen der vorliegenden Ar- beit gezeigt werden, wie komplex der Prozess des Schriftspracherwerbs ist, vor allem aber, welche Faktoren ihn begünstigen, woran sich Schulanfänger beim Schreiben ori- entieren und welche Handlungsempfehlungen aus den jeweiligen Erkenntnissen für die Arbeit der Pädagogen im Elementar- und Primarbereich abgeleitet werden können.

2. Charakteristika der Schrift

Keine Definition, aber eine mögliche Annäherung an den Begriff des Schriftspracherwerbs, stellt die Umschreibung dar, dass es sich beim Schriftspracherwerb um die Aneignung einer Sprache durch die Schrift handelt. Dieser Umschreibung nach scheint es sinnvoll, sich selbst erst einmal die charakteristischen Eigenschaften von Schrift vor Augen zu führen, wenn man sich als Erwachsener damit auseinandersetzen möchte, wie der Schriftspracherwerb bei Kindern begünstigt werden kann.

Andresen stellt heraus, ein Vorteil von Schrift im Gegensatz zu anderen Zeichensyste- men läge darin, dass man prinzipiell alles das, was sprachlich ausgedrückt werden kann, auch schriftlich fixieren kann. Ein Problem sieht sie hingegen darin, dass die Notation sprachlicher Einheiten recht hohe Anforderungen an das Abstraktionsvermögen der Schreibenden und Lesenden stellt und ein gewisses Maß an Sprachanalyse verlangt (vgl. ebd., S. 174). Im Rahmen dieser Sprachanalyse wird von Kindern gefordert, dass sie erkennen, dass Schrift sprachliche Einheiten auf eine bestimmte Art und Weise reprä- sentiert und somit sichtbar macht. In einer Alphabetschrift wie dem Deutschen stehen die Schriftzeichen, also unsere Buchstaben, für Phoneme, den kleinsten bedeutungsun- terscheidenden Einheiten unserer Sprache. Welcher Laut (welche Variante eines Pho- nems) welchem Buchstaben zugeordnet ist, beruht dabei auf einer „inhaltlich willkürli- chen, sozial konstituierten und tradierten Festlegung“ (ebd., S. 170), welche sich jeder aneignen muss, der eine Alphabetschrift erlernt. Auch in logografischen Schriften wie dem Chinesischen sind die Schriftzeichen nicht durch eine wahrnehmbare Ähnlichkeit mit dem, wofür sie stehen verbunden, nach der Klassifizierung des amerikanischen Se- miotikers Charles Sanders Peirce gehören logografische Schriftzeichen damit ebenso wie die alphabetischen zur Gruppe der symbolischen Zeichen in Abgrenzung zu den ikonischen (vgl. ebd., S. 169). Der Unterschied von logografischen Schriftzeichen zu denen einer Alphabetschrift liegt allerdings darin, dass sie Bedeutungsrepräsentationen wiedergeben, ohne den Weg über die Lautung von Wörtern zu nehmen, was jedenfalls in Bezug auf das Abstraktionsvermögen weniger von Schreibanfängern abverlangt.

Neben der Erkenntnis des Aufbaus unserer Schrift, also dass in unserem alphabetischen Schriftsystem Laute, Wörter und Sätze graphisch repräsentiert werden, ist es genauso wichtig, zu verinnerlichen, welche Funktion Schrift übernimmt. Ein wichtiger Aspekt ist dabei der, dass es mit Sprache in schriftlicher Form im Gegensatz zur mündlichen Umsetzung möglich ist, raum- und zeitunabhängig zu kommunizieren, wobei der Empfänger der gesendeten Nachrichten sowohl der Verfasser selbst als auch eine andere Person oder Gruppe sein kann (vgl. Sasse 2005, S. 197). Das Erfassen des intentionalen und kommunikativen Aspekts schriftsprachlicher Tätigkeit ist für Kinder ebenso wichtig wie das Interesse am segmentalen Aspekt der Schrift.

3. Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb

Der Begriff Schriftspracherwerb ist kein Synonym für früher verwendete Termini wie Erstleseunterricht oder Anfangsunterricht im Lesen und Schreiben, denn er umfasst mehr als nur das Erlesen und die korrekte Verschriftung von Wörtern und Sätzen. Im Verlauf des Schriftspracherwerbs müssen Kinder, so Andresen, Komponenten wie Feinmotorik, Auge-Hand-Koordination, auditive und visuelle Wahrnehmung, Spracha- nalyse, Bedeutungsverstehen und intentionales Handeln beherrschen lernen (vgl. Andresen 2005, S. 182). Dieses Bündel verschiedener Komponenten basiert auf kom- plexen Voraussetzungen, von denen die sprachlich-kognitive Entwicklung, die frühe Teilhabe an schriftsprachlich orientierten kulturellen Praktiken und das phonologische Bewusstsein als zentrale Aspekte zu nennen sind (vgl. ebd., S. 236f.). Deutlich wird an dieser Stelle, dass Lesen- und Schreibenlernen nach der modernen Auffassung der Di- daktik ein jahrelanger Prozess ist, welcher nicht erst mit dem Schuleintritt beginnt und dann zum Ende der Schulanfangsphase wieder abgeschlossen ist. Heute wissen wir, dass Kindern mit unterschiedlichem Vorwissen und vielseitigen Erfahrungen in Bezug auf Schriftsprache eingeschult werden: einige können schon lesen, andere kennen einige Buchstaben, wieder andere kennen das Wort Buchstabe, wissen aber nicht, dass es sich dabei um den Repräsentant eines Lauts unserer Sprache handelt.

Auch wenn das Lesen- und Schreibenlernen in Deutschland dem Primarbereich vorbehalten und diese Zuordnung allgemein akzeptiert ist, scheint in Anlehnung an das gegenwärtige Verständnis zum Schriftspracherwerb fragwürdig, ob solch eine „prinzipielle Abgrenzung von Schule und Ablehnung jeglicher Beschäftigung mit Schrift und dem Schreiben im Vorschulalter für die Kinder angebracht ist“ (Ulich 2003, S. 14), denn wie bereits angedeutet wurde, zeigen Kinder schon lange vor Schuleintritt häufig ein ausgeprägtes Interesse am Lesen und Schreiben.

Im Sinne dieser Beobachtungen haben seit 2003 fast alle Bundesländer in ihren Bil- dungsprogrammen Bildungsziele im Bereich Sprache und Kommunikation verankert, welche dazu beitragen sollen, Kindern frühzeitig Erfahrungen mit Schriftkultur zu er- möglichen und das Interesse an Schrift und Schreiben zu verstärken oder zu wecken (vgl. Sasse 2005, S. 192; Ulich 2003, S. 14). Besonders hervorzuheben ist dabei bei- spielsweise das Bildungsprogramm für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kin- dern in Tageseinrichtungen bis zu ihrem Schuleintritt des Landes Berlin, welches sich im Rahmen seiner Handlungsempfehlungen für die Erzieherinnen und Erzieher intensiv auf die in den letzten Jahren unter anderem von Andresen herausgearbeiteten Erkennt- nisse konzentriert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Erfolgreicher Schriftspracherwerb im Elementar- und Primarbereich
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V263073
ISBN (eBook)
9783656518372
ISBN (Buch)
9783656517962
Dateigröße
422 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erfolgreicher, schriftspracherwerb, elementar-, primarbereich
Arbeit zitieren
Luise Glistau (Autor:in), 2013, Erfolgreicher Schriftspracherwerb im Elementar- und Primarbereich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263073

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