„Die Tugend der Töchter ist die Macht der Väter“. In dem bürgerlichen Drama Emilia Galotti spielt das Verhältnis zwischen aufgeklärten Vater und tugendhafter Tochter eine entscheindende Rolle. Welche Folgen hat die Tugendhaftigkeit der Töchter? Warum versagt die aufklärerische Erziehung? Emilia Galotti thematisiert „de[n] Konflikt zwischen dem bürgerlichen Ideal, das in den privaten Kleinfamilien realisiert werden soll, und der höfischen Realität, die durch das Herrschaftssystem des Aufgeklärten Absolutismus im öffentlichen Bereich bestimmt ist“. Dabei greift Lessing in seinem Stück das bürgerliche Vater-Tochter-Verhältnis auf und unterstreicht somit die familiären Werte und den Status der Familienmitglieder. In Hinblick darauf wird in dieser Arbeit das Thema Vater-Tochter-Verhältnis näher erläutert. Zunächst wird das Thema Familie im Drama des 18. Jahrhunderts charakterisiert. Danach wird die Vater-Tochter-Konstellation in Emilia Galotti vorgestellt und die Problematik des Familienverhältnisses sowie ihre Auswirkungen erörtert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Familie im Drama des 18. Jahrhunderts
3 Vater-Tochter-Konstellation in LessingsEmilia Galotti
3.1 Emilia, „die Tochter des Obersten Galotti“
3.2 Odorado Galotti, der aufgeklärte Patriarch
4 Problematik des Vater-Tochter-Verhältnisses inEmilia Galotti
5 Schluss
6 Literaturverzeichnis
1 EINLEITUNG
„Die Tugend der Töchter ist die Macht der Väter“.1 In dem bürgerlichen Drama Emilia Galotti 2 spielt das Verhältnis zwischen aufgeklärten Vater und tugendhafter Tochter eine entscheindende Rolle.3 Welche Folgen hat die Tugendhaftigkeit der Töchter? Warum versagt die aufklärerische Erziehung? Emilia Galotti thematisiert „de[n] Konflikt zwischen dem bürgerlichen Ideal, das in den privaten Kleinfamilien realisiert werden soll, und der höfischen Realität, die durch das Herrschaftssystem des Aufgeklärten Absolutismus im öffentlichen Bereich bestimmt ist“.4 Dabei greift Lessing in seinem Stück das bürgerliche Vater-Tochter-Verhältnis auf und unterstreicht somit die familiären Werte und den Status der Familienmitglieder. In Hinblick darauf wird in dieser Arbeit das Thema Vater-Tochter- Verhältnis näher erläutert. Zunächst wird das Thema Familie im Drama des 18. Jahrhunderts charakterisiert. Danach wird die Vater-Tochter-Konstellation in Emilia Galotti vorgestellt und die Problematik des Familienverhältnisses sowie ihre Auswirkungen erörtert.
2 FAMILIE IM DRAMA DES 18. JAHRHUNDERTS
Der Hauptakzent der bürgerlichen Dramen in der Aufklärung „liegt in der Darstellung und Konzentrierung auf die bürgerliche Kleinfamilien, die als private Sphäre gegen die öffentliche Sphäre des Hofes gesetzt ist“.5 Die sozialen Veränderungen in jener Zeit brachten die neue Lebenssituation, die auf der Arbeitsteilung beruhte, in die bürgerlichen Kleinfamilien. Das Familienoberhaupt arbeitete entfernt von dem Haus, die Frau verrichtete unbezahlt die häusliche Arbeit. So wurde die Frau finanziell abhängig von ihrem Gatten, wodurch der Mann zum Besitzer der Frau wurde.6 Deshalb wurden auch in der Literatur Frauen und Männern neue Eigenschaften zugeschrieben: Frauen wurden zu tugendhaften, emotionalen und treuen Charakteren, Männer wurden dagegen stark, tapfer und patriarchalisch dargestellt. Die Väter wurden zum „Vorbild für den idealen Herrscher und zum Garanten einer Ordnung“7, des Weiteren trafen sie die Entscheidungen, falls es um den Verstoß gegen die gesellschaftliche Regeln, familiären Gesetze oder um die Ehre ging. Die Töchter wurden „auf die Rolle des Opfers festgelegt“.8 Solch eine Figurenkonstellation des bürgerlichen Dramas führte zum tragischen Schluss9 der Protagonistinnen, wie es auch in Lessings Emilia Galotti zu sehen ist.
3 VATER-TOCHTER-KONSTELLATION IN LESSINGS EMILIA GALOTTI
3.1 Emilia, „die Tochter des Obersten Galotti“
Emilia Galotti, 10 Hauptfigur des gleichnamigen Dramas, tritt besorgt und ängstlich auf. Sie berichtet ihrer Mutter Claudia von ihrem plötzlichen Treffen mit dem Prinzen.11 Sie ist außerhalb ihres Vaterhauses gefährdet und fürchtet bereits sündige Gedanken12, da ihre natürliche Schönheit, Unschuld und Tugend für den Prinzen anziehend und nicht unbemerkt geblieben sind. Die tugendhafte Tochter wird zu einem „Genußobjekt“13 des heißblütigen Prinzen14, dem sie nicht widersprechen kann. Schließlich bleibt sie nur passiv15 und denkt an Selbstzerstörung: „Was konnt‘ ich sonst? - Meinen guten Engel bitten, mich mit Taubheit zu schlagen“.16 Dagegen ist ihr Verlobter Graf Appiani „ein sehr würdiger junger Mann, ein schöner Mann, ein reicher Mann, ein Mann voller Ehre“.17 Die Heirat mit ihm ermöglicht den Transfer von der väterlichen Familie in eine neu zu gründende Familie18, da Appiani und Emilias Vater Odorado das gleiche bürgerliche Ideal vertreten, sich sehr ähneln und sich gegenseitig mögen: „Eben hab‘ ich mich aus seinen Armen gerissen: - oder vielmehr er, sich aus meinen.
[...]
1 Stephan, Inge: Aufklärung. In: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. von Wolfgang Beutin, Klaus Ehlert, Wolfgang Emmerich, Christine Kanz u.a. 7.Auflage. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler 2008. S.148-181, hier S. 166.
2 Lessing, Gotthold Ephraim: Trauerspiele. Nathan. Dramatische Fragmente. In: Werke. Zweiter Band. Hrsg. von Herbert G. Göpfert. München: Carl Hanser Verlag Jahr. S. 127-204. Im folgenden zitiert EG, dahinter jeweils die Angabe des Aktes in römischen und die Angabe der Szene in lateinischen Zahlen sowie die Seitenzahl. Ich habe mich für diese Edition entschieden, weil die beachtliche Anzahl von Textverbesserungen gegenüber anderen Editionen zum ersten Mal zu einer authentischen Version des Textes in seiner ursprünglichen Gestalt führt.
3 Vgl. Stephan, I.: Aufklärung. S. 165.
4 Takahashi, Teruaki: Antagonismus zwischen bürgerlichem Ideal und höfischer Realität. Problematik des bürgerlichen Bewusstseins in Lessings „Emilia Galotti“. In: „Sei mir, Dichter, willkommen!“. Studien zur deutschen Literatur von Lessing bis Jünger. Hrsg. von Klaus Garber und Teruaki Takahashi. Köln, Weimar, Wien: Böhlau Verlag 1995 ( = Europäische Kulturstudien). S. 19.
5 Stephan, I.: Aufklärung. S. 167.
6 Vgl. Ebd., S. 167f.
7 Frömmer, Judith: Vaterfiktionen. Empfindsamkeit und Patriarchat in der Literatur der Aufklärung. München: Wilhelm Fink Verlag 2008. S. 23.
8 Stephan, I.: Aufklärung. S. 169.
9 Vgl. Takahashi, T.: Antagonismus zwischen bürgerlichem Ideal und höfischer Realität. S. 26.
10 EG, I/6, S. 138.
11 Vgl. Ebd., II/6, S. 150.
12 Vgl. Hempel, Brita: Sara, Emilia, Luise: drei tugendhafte Töchter. Das empfindsame Patriarchat im bürgerlichen Trauerspiel bei Lessing und Schiller. Heidelberg: Unversitätsverlag Winter 2006. S. 78.
13 Heise, Wolfgang: Krise eines Weltanschauungssystems „Emilia Galotti“. In: Impulse, Nr. 10 (1987). S. 5- 26, hier S. 5.
14 Vgl. Hempel, B.: Sara, Emilia, Luise: drei tugendhafte Töchter. S. 72.
15 Vgl. Guthke, Karl S.: Das deutsche bürgerliche Trauerspiel. In: Sammlung Metzler. Realien zur Literatur. Band 116. 5. Auflage. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler 1994. S. 82.
16 EG, II/6, S. 151.
17 Ebd., I/6, S. 138.
18 Vgl. Hempel, B.: Sara, Emilia, Luise: drei tugendhafte Töchter. S. 76.
- Arbeit zitieren
- Maria Milkova (Autor:in), 2013, Vater-Tochter-Verhältnis in Lessings Emilia Galotti, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263190
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