Wissensmanagement 2.0: Bedeutung von Social Software für die Wissensverwaltung im Unternehmen


Bachelorarbeit, 2011

148 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhalt

Anlagenverzeichnis V

Abbildungsverzeichnis VI

Tabellenverzeichnis VII

Abkürzungsverzeichnis VIII

1 Einleit
1.1 Aufgabenstell
1.2 Zielsetz
1.3 Aufbau der Ar
1.3.1 Glieder
1.3.2 Zusammenh

2 Bedeutung von Wissen in der Gesellsc
2.1 Gesellschaftlicher Wa
2.2 Informations- und Wissensgesellsc
2.2.1 Ursach
2.2.2 Merkm
2.2.3 Probleme und Risik

3 Wissenstheori
3.1 Problemstell
3.2 Begriffsdefinition
3.2.1 Einflussfaktor
3.2.2 Epistemologi
3.3 Wissensträ
3.4 Wissensdimension
3.5 Transformation von Wiss
3.6 Wissensrepräsentati
3.6.1 Repräsentation, Organisation, Ordn
3.6.2 Methoden der Wissensrepräsentati
3.6.3 Klassifikation der Wissensrepräsentati
3.7 Anforderungen an das Wissensmanage

4 Wissensmanage
4.1 Handlungsfel
4.2 Wissensressourc
4.3 Klassifikation von Wissensmanagementmodell
4.3.1 Technokratisches Wissensmanagement / Wissensökolo
4.3.2 Ganzheitliches Wissensmanagement/ Einseitiges Wissensmanage
4.3.3 Dimensionen des Wissensmanage
4.4 Modelle des Wissensmanage
4.4.1 Wissensmarktmodell nach Nor
4.4.2 Münchener Modell nach Reinmann-Rothme
4.4.3 Baustein-Modell nach Probst/Raub/Romh
4.5 Instrumente des Wissensmanage
4.5.1 Repräsentation von Wissen (Identifizierung, Darstellu
4.5.2 Kommunikation und Kollaboration (Austausch, Zusammenarbe
4.5.3 Wissensgenerierung (Erwerb, Entwicklu
4.5.4 Organisatorische Aspe
4.6 Problemstellungen des Wissensmanage
4.7 Zwischenf

5 Web 2.0 und Enterp
5.1
5.1.1 Grundlage des
5.1.2 Konzepte und Leitideen des
5.1.3 Anwendungen im
5.1.4 Technologien des
5.2 Klassifizierung der Web 2.0-Anwendung
5.2.1 Klassifizierung mit dem „Social Software Dreie
5.2.2 Klassifizierung mit „SLAT
5.2.3 Klassifizierung mit „FLATNESS
5.3 Enterp
5.3.1 Enterprise 1.0 vs. Enterp
5.3.2 Merkmale des Enterp
5.3.3 Vorteile des Enterp
5.3.4 Probleme und Risiken des Enterp
5.3.5 Wirkungsbereiche des Enterp

6 Wissensmanagement im Enterp
6.1 Enterprise 2.0 –Eignung zum Wissensmanage
6.1.1 Der Faktor Mensch und dessen Stellung im Unternehm
6.1.2 Der Faktor Organisation und dessen interne Struktur und Kul
6.1.3 Der Faktor Technik und dessen Tauglich
6.2 Wissenstheoretische Parallel
6.3 Anwendungsbereiche von Social Softw
6.4 Herausforderungen des Wissensmanage

7 Praxis – Prototyp des c
7.1 Vorgehenswe
7.2 Bestandsaufna
7.2.1 Organisationsstruk
7.2.2 Organisationskul
7.2.3 Arbeitswe
7.2.4 Medi
7.2.5 Zu verwaltendes Wiss
7.3 Handlungsbedarf und Anforderung
7.4 Konzeptentwickl
7.4.1 Strategisches Kon
7.4.2 Technisches Kon
7.4.3 Vorte
7.5 Technische Basis (Microsoft SharePoi
7.5.1 Architektur von Microsoft ShareP
7.5.2 Komponenten von Microsoft ShareP
7.5.3 SharePoint Enterprise
7.6 Realisier
7.6.1 Ziele und Nutz
7.6.2 Erstellung und Vorbereitung des
7.6.3 Exemplarische Inhaltserstell
7.7 Theoretische Eign
7.7.1 Überprüfung mit FLATNES
7.7.2 Überprüfung der Anforderungen des Zielunternehm
7.7.3 F

8 Fazit und Ausbl
8.1 Zusammenfassung der Ar
8.2 Resumé der Fragestellung
8.3 Ausbl

Literaturverzeichnis IX

Glossar XIII

Anlagenverzeichnis

Anlage A Formular der Aufgabenstellung

Anlage B Erweiterte Übersicht Münchener Modell

Anlage C Erweiterte Übersicht Bausteinmodell

Anlage D Klassifikation von WM-Instrumenten

Anlage E Rahmenbedingungen Teamarbeit

Anlage F Lessons learned-Vorlage und Prozess

Anlage G Steckbrief „Wiki“

Anlage H Steckbrief „Newsfeeds/-Aggregatoren“

Anlage I Steckbrief „Blog“

Anlage J Steckbrief „Microblog“

Anlage K Steckbrief „Social Tagging“

Anlage L Steckbrief „Social Bookmarks“

Anlage M Steckbrief „Social Networking“

Anlage N Steckbrief „Instant Messenger“

Anlage O HTML-Seite und deren Übertragung

Anlage P Funktionsweise von RSS

Anlage Q Content Types des cWiki

Anlage R Page Layout für Projekte des cWiki

Anlage S Startseite des cWiki

Anlage T Reporting Seite des cWiki

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1-1: MindMap als Themenübersicht dieser Ar

Abbildung 3-1: Erweiterte Wissenstreppe nach Nor

Abbildung 3-2: Übersicht über Wissensdimensionen und deren Zusammenh

Abbildung 3-3: Die Wissensspirale nach Nonaka und Take

Abbildung 3-4: Gegenstandsbereiche von Repräsentation, Organisation und Ordn

Abbildung 3-5: Grad der Automatisierung und Vokabular von Indexierungsmethod

Abbildung 3-6: Umfang und Ausdrucksstärke der Wissensrepräsentationsmethod

Abbildung 4-1: Handlungsfelder des Wissensmanage

Abbildung 4-2: Schichtenmodell der Wissensba

Abbildung 4-3: Ausprägung von Wissensmanagement-Modell

Abbildung 4-4: Wissensmarktmodell nach Nor

Abbildung 4-5: Münchener Modell nach Reinmann-Rothme

Abbildung 4-6: Bausteinmodell des Wissensmanagement nach Probst et

Abbildung 5-1: "Social Software Dreieck" zur Gliederung von Web 2.0-Anwendung

Abbildung 6-1: Erweiterte Wissenstreppe (links) im Enterprise 2.0 (rech

Abbildung 7-1: Wissensobjekte des Zielunternehmens (

Abbildung 7-2: SharePoint Server 2010 Architek

Abbildung 7-3: Hierarchie der SharePoint-Komponent

Abbildung 8-1: Entwicklungspfade zum Social Semantic W

Abbildung Anlagen I: Erweiterte Übersicht Münchener Model

Abbildung Anlagen II: Erweiterte Übersicht Bausteinmodell

Abbildung Anlagen III: Klassifikation von Wissensmanagement-Instrumenten

Abbildung Anlagen IV: Günstige Rahmenbedingungen für Teamarbeit XX

Abbildung Anlagen V: Vorlage zur Dokumentation von Lessons learned

Abbildung Anlagen VI: Integration von Lessons learned im Projektprozess

Abbildung Anlagen VII: Prinzip der Anfrage einer (X)HTML-Seite

Abbildung Anlagen VIII: Funktionsweise von RSS

Abbildung Anlagen IX: Projektseite des cWiki im Browser-Editor

Abbildung Anlagen X: Projektseite des cWiki im SharePoint Designer

Abbildung Anlagen XI: Startseite des cWiki

Abbildung Anlagen XII: Reporting Seite des cWiki

Tabellenverzeichnis

Tabelle 4-1: Transfer der Einflussfaktoren in Ziele des Wissensmanage

Tabelle 4-2: Dimensionen des Wissensmanage

Tabelle 4-3: Bewertungskriterien für Wissensmanagement-Mode

Tabelle 4-4: Klassifikation des Wissensmarkt-Modells nach Nor

Tabelle 4-5: Klassifikation des Münchner-Modells nach Reinmann-Rothme

Tabelle 4-6: Klassifikation des Bausteinmodells nach Probst et

Tabelle 4-7: Auswertung der Anforderungen aus der Wissenstheo

Tabelle 4-8: Bewertung der Problemstellungen des Wissensmanage

Tabelle 5-1: Unterschiede zwischen Enterprise 1.0

Tabelle 6-1: Gegenüberstellung Enterprise 2.0 und Wissenstheo

Tabelle 7-1: Erfüllungsgrad der Enterprise 2.0-Merkmale im Zielunternehm

Tabelle 7-2: Einfluss des Wiki auf das Wissensmanage

Tabelle 7-3: Microsoft SharePoint Komponenten nach Bereich

Tabelle 7-4: Funktionen des SharePoint Enterprise

Tabelle 7-5: Gegenüberstellung von FLATNESSES mit c

Tabelle 7-6: Überprüfung der Anforderungen des Zielunternehm

Tabelle Anlagen I: Stechbrief des „Wiki“

Tabelle Anlagen II: Steckbrief des "Newsfeed"

Tabelle Anlagen III: Steckbrief des "Blog"

Tabelle Anlagen IV: Steckbrief des "Microblog"

Tabelle Anlagen V: Steckbrief des " Social Tagging"

Tabelle Anlagen VI: Steckbrief des "Social Bookmarking"

Tabelle Anlagen VII: Steckbrief des "Social Networking"

Tabelle Anlagen VIII: Steckbrief des "Instant Messengers"

Tabelle Anlagen IX: Content Type „Enterprise Wiki Page“

Tabelle Anlagen X: Content Type "Project Wiki Page"

Tabelle Anlagen XI: Content Type "Partner Wiki Page"

Tabelle Anlagen XII: Content Type "Playground Wiki Page"

Tabelle Anlagen XIII: Content Type "Product Wiki Page"

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“

(Francis Picabia, frz. Schriftsteller, 1879-1953)

Ein Richtungswechsel im Denken des Menschen bedeutet, sich von seinen bisherigen Ansichten und Werten abzuwenden, sich Neuem zu öffnen und seine persönlichen Routinen durch geänderte Vorgehensweisen anzupassen. „Das Verlangen nach Gemeinschaft, Zugehörigkeit und sozialer Interaktion steht seit jeher im Mittelpunkt der Menschen. Das Aufkommen von Informationstechnologie und der damit verbundene Übergang in die Informations- und Wissensgesellschaft verursachten weit reichende Auswirkungen auf die Menschen und insbesondere, wie sie Gemeinschaft jetzt und in Zukunft erfahren werden.“[1]

Bereits 1973 propagiert Daniel Bell den Wandel der Gesellschaft von einer Industrie- zu einer Wissensgesellschaft, worin Wissen als Produktions- und somit Wirtschaftsfaktor vor Boden, Arbeit und Kapitel dominiert.[2] 1960 publiziert Peter Drucker die Begriffe „Kopfarbeiter“ und „Wissensarbeiter“[3], die die traditionelle Arbeitskraft durch innovative Ideen- und Konzeptentwicklung ablösen sollen. 2010 möchte selbst die Bundesregierung von Deutschland die Gesellschaft als Informations- bzw. Wissensgesellschaft sehen.[4] Gesellschaft, Bildungspolitik und Wirtschaft fordern von jedem einzelnen Menschen ein Kompetenz-Repertoire – Fähigkeiten und Fertigkeiten sowohl in fachlicher als auch in sozialer Hinsicht – um den Anforderungen der Wissensgesellschaft zu genügen. Die daraus resultierenden wissensintensiven Unternehmen weisen einen erhöhten Bedarf an Wissen aus unterschiedlichen Bereichen auf, um die konzipierten Geschäftsprozesse umsetzen zu können. Qualifikation und Know-How sind die Schlüsselwörter einer jeden geistigen Reife. Durch ein „Mehr an Wissen“ wollen sich Unternehmen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Konkurrenten am Markt erarbeiten. Humankapital ist in der derzeitigen Wissensgesellschaft oder wissensgeprägten Gesellschaft das primäre Kriterium zur Definition eines Alleinstellungsmerkmals.

Vor allem der Durchbruch des Internet hat Einfluss auf die wirtschaftliche Ausrichtung bzw. Aufstellung von Unternehmen genommen. In den Anfängen seiner Entwicklung in den 1960er Jahren wird das Internet im Bereich des Militärs dazu eingesetzt, Daten auf weit entfernen Rechnern abzulegen, um so die Ausfallsicherheit zu erhöhen. Durch die rasante Entwicklung der Technik und die wachsende Benutzerschaft des Internet wird das Medium allerdings auch für Unternehmen relevant, was sich im aktuell propagierten Konzept des Enterprise 2.0 ausprägt. Enterprise 2.0 propagiert den Einsatz von Social Software als Anwendungen und zudem die Konzepte des Web 2.0 im Unternehmenskontext, sodass daraus ein wirtschaftlicher Erfolg bzw. eine Wettbewerbsfähigkeit resultiert. Dass das Web 2.0 als Wirtschaftsinstrument für Unternehmen zur Anwendung kommen kann, zeigt das anerkannte Marktforschungsunternehmen Gartner bereits 2008, nach dem Social Software in der 5-Jahres-Prognose zu den wirtschaftlichsten Instrumenten für Unternehmen bewertet wird.[5]

Die Wissensgesellschaft als Treiber und das Enterprise 2.0 als potentielle Unternehmensstrategie in Kombination wird als Möglichkeit propagiert, ein Wissensmanagement im Unternehmen zu realisieren. Wissensmanagement umfasst Maßnahmen im Unternehmen, Wissen effizient in die Geschäftsprozesse einzubetten bzw. zu verwalten. Dabei umfasst Wissensmanagement neben der Einführung von Instrumenten zur Wissensverwaltung auch organisationparadigmatische Veränderungen in Aufbau- und Ablauforganisation, die durch eine neue Unternehmenskultur unterstützt werden (vgl. hierzu insbesondere das Einleitungszitat). Was Wissensmanagement im engeren Sinne bedeutet, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welche Problemstellungen sich für Unternehmen als Herausforderungen adaptieren soll im weiteren Verlauf der Arbeit geklärt werden.

1.1 Aufgabenstellung

Zur Begründung des hohen Stellenwerts von Wissen und der Notwendigkeit eines Wissensmanagement im Unternehmen sollen zunächst gesellschaftliche Anforderungen erarbeitet werden, um im weiteren Verlauf aus der Analyse der Wissenstheorie Erkenntnisse zu gewinnen, welche Voraussetzungen bzw. Anforderungen erfüllt sein müssen, um die theoretischen Grundlagen im Konzept des Wissensmanagement effizient umsetzen zu können.

Weiter sollen anhand existierender Konzepte bzw. Modelle zum Wissensmanagement erforscht werden, welche Auswirkungen bzw. Eingriffe ein solches Konzept auf das Unternehmen hat bzw. haben kann. Dazu sollen zum einen wissensmanagementtheoretische Aspekte aufgearbeitet als auch eine Auswahl an Wissensmanagement-Modellen beschrieben werden, um die Anwendung bzw. Tragweite von Wissensmanagement im Unternehmen zu verdeutlichen.

Diese Erkenntnisse sollen im Anschluss mit den Leitideen des Enterprise 2.0 in Bezug gesetzt werden, da vermehrt Kritik an den bisherigen Maßnahmen ausgeübt wird und gleichzeitig das Web 2.0 bzw. Social Software als wissensmanagementförderndes Konzept propagiert, aber nur ansatzweise aufgeführt wird.[6]

Im Anschluss sollen die Forschungsergebnisse dazu eingesetzt werden, die Tauglichkeit des Enterprise 2.0-Konzeptes zum Wissensmanagement zu beweisen. Hierzu soll eine Analyse des Zielunternehmens und deren wissensmanagementrelevanten Aspekten durchgeführt und prototypisch der Einsatz von Social Software zum Wissensmanagement aufgezeigt werden.

1.2 Zielsetzung

Der Inhalt und somit Forschungsaufwand dieser Arbeit bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Überprüfung des Enterprise 2.0-Konzeptes für ein Wissensmanagement im Unternehmen. Dabei sollen folgende Fragestellungen beantwortet werden:

Fragestellungen sind:

1. In wie weit unterstützt bzw. repräsentiert das Konzept des Enterprise 2.0 die effiziente Arbeit im Unternehmen und fördert Synergieeffekte bei der Zusammenarbeit?
2. Ist Social Software geeignet für das Wissensmanagement im Unternehmen bzw. welchen Vorteil bieten sie gegenüber den bisherigen Maßnahmen?
3. Wie kann Social Software effizient im Unternehmen eingesetzt werden, um Wissen zu identifizieren, zu erzeugen und zu transferieren?

1.3 Aufbau der Arbeit

1.3.1 Gliederung

Kapitel 2 analysiert gesellschaftliche und wirtschaftliche Aspekte zur Begründung der Notwendigkeit eines Wissensmanagement im Unternehmen. Aus den Ergebnissen werden die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen an Unternehmen und deren Wissensmanagement abgeleitet. Diese dienen als Basis für die weiterführenden Abschnitte.

In Kapitel 3 werden Wissenstheorien erläutert, die als Basis für das Wissensmanagement im Unternehmen herangezogen werden. Hierbei werden Herkunft, Charakteristik sowie Repräsentation von Wissen erläutert. Ergebnis dieses Kapitels sind Erkenntnisse darüber, was Wissen bedeutet und wie es von einfachen Daten oder Informationen abgegrenzt wird. Weiter sollen wissenstheoretische Forschungsergebnisse als Basis zur informationstechnischen Wissensverwaltung erhellt werden. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich Anforderungen an ein Wissensmanagement ableiten, die implizieren, dass die Wissenstheorie bestmöglich Anwendung findet.

Darauf aufbauend wird in Kapitel 4 die Theorie und Praxis des Wissensmanagement diskutiert, indem anhand einer Auswahl an aktuellen Wissensmanagementmodellen die Umsetzung der wissenstheoretischen Anforderungen demonstriert und ausgewertet wird. Zusätzlich sollen traditionelle Wissensmanagement-Instrumente als Analysebasis für die folgenden Kapitel aufgeführt werden. Abschließend werden aktuelle Problemstellungen aufgeführt, die durch die Konzeption bzw. Integration neuer Wissensmanagement-Maßnahmen eliminiert werden sollten.

Kapitel 5 bietet als Basis für die folgenden Abschnitte eine Definition des Enterprise 2.0, indem auf die Charakteristik des Web 2.0 sowie dessen institutionellen Einsatz im Unternehmen eingegangen wird. Hierfür werden sowohl Merkmale, als auch Vorteile und Problem- bzw. Risikofaktoren des Enterprise 2.0 erläutert werden.

Kapitel 6 demonstriert den Einsatz von Social Software im Unternehmen und überprüft die Eignung des Enterprise 2.0-Konzeptes für ein Wissensmanagement im Unternehmen an einem ausgewählten Beispiel. Hierfür wird zunächst eine Bestandsaufnahme durchgeführt, die Aufschluss über zu verwaltende Wissensbestände sowie über bereits praktizierte Wissensmanagement- bzw. Enterprise 2.0-Aktivitäten geben soll. Daraus lässt sich im Anschluss der Handlungsbedarf für ein Wissensmanagement ableiten und sowie ein Konzept entwickeln, wie die Geschäftsprozesse durch das Web 2.0 und dessen Anwendungen effizient unterstützt werden können. Abschließend soll ein Prototyp entwickelt und ein Plan für die Realisierung erstellt werden.

1.3.2 Zusammenhang

Abbildung 1-1 visualisiert den Aufbau und die Zusammenhänge dieser Arbeit und verdeutlicht so den Stellenwert der einzelnen Kapitel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1-1: MindMap als Themenübersicht dieser Arbeit

2 Bedeutung von Wissen in der Gesellschaft

„iD2010 – Informationsgesellschaft Deutschland 2010“[7], so lautet das Aktionsprogramm der Bundesregierung, das 2006 durch das Bundesministerium für politische Bildung veröffentlicht wird. Schlagwörter wie „Innovationspolitik“, „Informationsgesellschaft“, „Telekommunikation“ oder „E-Business-Kompetenzen“ definieren dabei die Ziele des Programms: Durch den strategischen Einsatz von digitalen Medien in Beruf und Bildung und eine staatliche Förderung von Forschungsarbeiten soll Deutschland zu einer Informationsgesellschaft entwickelt werden. Auch findet die Titulierung „Wissensgesellschaft“ immer wieder Verwendung, was darauf schließen lässt, dass „Wissen“ in der heutigen Zeit eine große Bedeutung zukommt. Wissensintensive Unternehmen (wie beispielsweise Google oder Microsoft) stehen im Weltmarkt an den obersten Stellen. Sind nun alle Unternehmen angehalten, wissensintensiv zu werden? Oder liegt in der neuen Gesellschaftsform nur ein Trend vor? Um diese Frage zu beantworten, sollen zunächst Merkmale der Wissensgesellschaft erarbeitet und so die Notwendigkeit für Wissensmanagement in Unternehmen gezeigt werden.

2.1 Gesellschaftlicher Wandel

Jean Fourastié bewertet in der „3-Sektoren-Hypothese“[8] die für die Wirtschaft ausschlaggebenden Wirtschaftssektoren und belegt einen durch technischen Fortschritt und Arbeitsproduktivität geprägten Wechsel: Der primäre Sektor als „Agrarsektor“, in den Land- und Fortwirtschaft fallen, zeichnet sich durch die Rohstoffgewinnung aus. Der sekundäre Sektor („Industriesektor“) ist geprägt durch Produktion und Handwerk als Rohstoffverarbeitung. Der tertiäre Sektor als „Dienstleistungssektor“ schließlich bestimmt sich durch Dienstleistungen wie Handel und Kommunikation. Nach der Theorie von Fourastié wird sich im Wandel der Gesellschaft und vor allem mit technologischem Wachstum und der Arbeitsproduktivität die Beschäftigtenzahl in den jeweiligen Sektoren und somit dessen Vorherrschaft verschieben und die gesellschaftliche Epoche definieren. Diese Verschiebung ist abhängig von der Marktsituation bestimmt aus Angebot und Nachfrage, aus den sozialen Umständen und dem technologischen Fortschritt der jeweiligen Epoche.[9]

Im 18. Jahrhundert weist der primäre Sektor die meisten Beschäftigten auf. Die Wirtschaft bzw. der Handel ist bestimmt durch Bergbau, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft, wodurch sich Deutschland als Agrargesellschaft definiert. Maschinen werden kaum bis gar nicht eingesetzt, Fourastié spricht dieser Ära einen mittelmäßigen technologischen Fortschritt und Arbeitsproduktivität zu. Durch fortschreitende Industrialisierung und Maschineneinsatz entwickelt sich das Land Mitte des 20. Jahrhundert zu einer Industriegesellschaft. Menschliche Arbeitskraft wird zunehmend durch Maschinen ersetzt, was den technologischen Fortschritt beweist. Forschung und Entwicklung gewinnen dadurch an Bedeutung, die Rohstoffverarbeitung ist gefragter als die Rohstoffgewinnung. Vermehrter internationaler Handel und weitere technologische Fortschritte verstärken den Wettbewerb und die Notwendigkeit, strategisch und organisiert vorzugehen. Dazu werden Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen benötigt, wodurch die Beschäftigtenzahl im tertiären Sektor aufgrund der vermehrten Nachfrage nach Dienstleistungen zunimmt. Die deutsche Gesellschaft wandelt sich durch die erhöhte Nachfrage Mitte des 20. Jahrhunderts in eine Dienstleistungsgesellschaft. Der tertiäre Sektor weist aber nach Fourastié nur einen geringen technologischen Fortschritt und eine geringe Arbeitsproduktivität auf.

2.2 Informations- und Wissensgesellschaft

Heute – im 21. Jahrhundert – sprechen Buchautoren und Medien, ja sogar die deutsche Regierung nicht mehr von einer „Dienstleistungsgesellschaft“, sondern von einer „Informationsgesellschaft“, oft auch „Wissensgesellschaft“, in der sich Deutschland befindet. Informationstechnik, Bildung und Wissen sind die Maximen dieses Konzepts, denen eine so große Bedeutung zugeschrieben wird, dass sie für jedermann verfügbar sein sollen. Die damit einhergehende qualitative Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsergebnisse soll Deutschland wirtschaftlich und wettbewerbsfähig machen.

Diese Ansicht geht auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre zurück. " Seit den 70er Jahren hat die Massenproduktion in Deutschland an Stellenwert verloren. Die spezialisierte, auf Innovationen und Wissen beruhende Qualitätsarbeit erlebt eine Renaissance. Neue Technologien treiben den Veränderungsprozess voran. Sie beschleunigen und verbilligen Transaktionen, erleichtern globale Kommunikation und machen Güter und Dienstleistungen schneller und umfassender weltweit verfügbar. "[10]

Es geht also nicht mehr nur darum, Waren zu produzieren oder Dienstleistungen anzubieten, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sondern es zählen auch Spezialisierung, Innovationsgrad, Wissen, Schnelligkeit und Ortsunabhängigkeit als Kriterien für den wirtschaftlichen Erfolg. Durch zunehmende Globalisierung, Automatisierung und Vernetzung ist nicht mehr der menschliche Einsatz alleine gefragt, sondern vielmehr die „mentale Kraft“ in Form von Informationen und Wissen als Alleinstellungsmerkmal. Eine Informationsgesellschaft sei also jene Gesellschaft, „ die in ihren zentralen Funktionen und Leistungen zu einem erheblichen Maße von komplexen elektronischen Informations- und Kommunikationsnetzen abhängig geworden[11] ist. „Wissensgesellschaft“ hingegen ist charakterisiert durch den Bedeutungszuwachs von Wissen in allen Lebensbereichen sowie der „ Verwissenschaftlichung auch von Organisationen, Administration und Dienstleistung[12] sowie einem gesteigerten Bedarf an wissenschaftlichen Erkenntnissen. (Angemerkt sei hier, dass es bislang keine einheitliche Definition beider Begriffe gibt. Für diese Arbeit sollen die Charakteristika zur Beweisführung ausreichen.) Kübler beschreibt dabei zwei Trends, nach denen sich diese Gesellschaft entwickeln wird[13] :

-Interne Informatisierung: Die Informationstechnologie breitet sich sowohl in der Industrie als auch im Privatbereich rapide aus. Dadurch werden sich der Intellekt und die Denkfähigkeit des Menschen als zukünftige Wirtschaftsaspekte hervortun.
-Externe Informatisierung: Die Informationstechnologie verändert industrielle Abläufe und Strukturen und wandelt diese im Zuge der Globalisierung und Internationalisierung in flexible, offene und dezentrale Arbeit um.

Entgegen der Prognose von Jean Fourastié hat sich also auch im tertiären Sektor ein technologischer Fortschritt etabliert. Und gemäß seiner Theorie folgt auf einen technologischen Fortschritt in einem der Sektoren – meist dem neuesten, aktuellen Sektor – ein struktureller Wandel. Aus diesen Erkenntnissen lässt sich das volkswirtschaftliche System um einen weiteren Sektor erweitern: den Informationssektor. Diese Erweiterung wird auch als „ökonomische und technische Revolution“[14] tituliert, in der Informationstechnik die zentrale Rolle einnimmt, gleich neben der „Information“ selbst.

Der neue Sektor ist jedoch nicht „neu“, er wird bereits 1982 von Norbert Müllert in einer Übersicht zur Beschäftigungsverteilung in Bezug auf die „Entwicklung von der Agrar- zur Informationsgesellschaft und epochalen Umwälzungen“[15] definiert. Müllert hingegen spaltet den Dienstleistungssektor auf in „Handel, Banken, Verkehr“ und „Informations-, Wissens-, Erziehungsindustrie“ und schreibt letzterem für das Jahr 2000 52% aller Beschäftigten in Deutschland zu.

2.2.1 Ursachen

Begründung findet der strukturelle Wandel sowohl im globalen Wirtschaftssystem als auch in den sozialen Strukturen der Bevölkerung des Landes. Auch der technologische Fortschritt und der vermehrte Technikeinsatz haben ein Umdenken zur Folge.

Berufsstruktur: Bereits in der Dienstleistungsgesellschaft und mit wachsendem Technologieangebot und -einsatz sind technische und administrative Berufe gefragt, die Bildung und Professionalität verkörpern. Wissen und analytisches Denkvermögen gewinnen zunehmend an Bedeutung, es wird nicht mehr nach der „Trial-and-Error“-Methode gehandelt, sondern auf theoretisches Wissen zurückgegriffen.

Technologie: Maschinentechnologie wird durch „intellektuelle Technologie“[16] in Form des Computers ersetzt, wodurch aufwändige Arbeiten einfach abgegeben werden oder eine Software als Optimierer des eigenen Geschäfts fundiert. Die rasche Entwicklung der Informations- und Telekommunikationstechnologie prägt die Medienvielfalt und Kommunikation sowie deren weltweiten Einsatz durch Arbeitserleichterung und ständiger Verfügbarkeit.

Wettbewerb: Durch zunehmende Globalisierung vernetzt sich die deutsche Wirtschaft mit den anderen EU-Staaten und es entsteht eine Abhängigkeit, wodurch die nationale Wirtschaft zunehmend international betrachtet wird. Aus der quantitativen Bewertung von Industrie und Ökonomie wird zunehmend eine qualitative Bewertung anhand der Entwicklungschancen der Menschen.

Wohlstand: Weniger Ursache, dafür mehr Ziel des gesellschaftlichen Wandels ist das, was auch Adam Smith im 18. Jahrhundert durch die Einführung der freien Marktwirtschaft schon forderte: „Wohlstand der Nationen“. Smith sieht dies durch die freie Marktwirtschaft realisierbar, die durch Angebot und Nachfrage sowie den Preis bestimmt ist. Im Laufe des 20. Jahrhunderts aber verschlechtern sich nach Wirtschaftswachstum und Weltkriegen die Chancen auf Wohlstand durch Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit und erhöhtem Wettbewerb. Wohlstand ist nicht mehr selbstverständlich für alle. Um dem entgegen zu wirken, muss ein Wirtschaftsfaktor gefunden werden, der jedem Menschen zugänglich ist und nach dem ein Bedarf besteht.

2.2.2 Merkmale

Vernetzung: Globale, weltweite Vernetzung von Unternehmen ist eines der Merkmale der neuen Gesellschaft. Ein weltweites Netzwerk, in dem die Teilnehmer schnell und zeitnah kommunizieren und agieren können. Dieses Netzwerk – realisiert in Form des Internets - definiert Lutterbeck als „technisch-ökonomische Komponente“, als Wirtschaftsinstrument und sieht die Zukunft der Wissensgesellschaft davon abhängig, „w ie schnell wir verstehen, dass das Internet eine Basis-Infrastruktur für die Erzeugung und Verteilung von Wissen ist – nicht anders als Straßen, Elektrizitätsnetze oder Wasserleitungen für andere menschliche Bedürfnisse.[17] Nach einer Studie der BITKOM nutzen 49% aller Beschäftigten in Deutschland das Internet, 2004 waren es nur 29%[18].

Dezentralisierung: In Bezug auf Entscheidungsfindung zeichnet sich eine Dezentralisierung der Befugnisse ab. Nicht nur die Unternehmensführung, sondern auch die Mitarbeiter selbst sind an Innovationen und Strategieentwicklungen beteiligt. „Communities“, „Teams“ und flexible Arbeitsgruppenkonstellationen zeichnen die Zusammenarbeit von Mitarbeitern und Unternehmen aus.

Medienvielfalt: Mit dem technologischen Fortschritt und dem Wunsch nach globaler Vernetzung sowie der dezentralisierten Datenverwaltung steigt auch die Vielfalt der Medien für Daten- und Informationsverkehr. Gibt es im 19. Jahrhundert das Telefon oder den Rundfunk, so gibt es heute Briefverkehr, Telefon, E-Mail, Mobilfunk oder Kurznachrichtendienste wie SMS oder MMS. Hinzu kommen das Internet und dessen neue Medien (vgl. 5.1.3 Anwendungen im Web 2.0).

Politik, Gesellschaft und Kommunikation: Durch die Medienvielfalt ergeben sich auch neue Wege zur Kommunikation. Computerbasierte Kommunikation ersetzt mehr und mehr die traditionellen Möglichkeiten. „Öffentlich“ kann nun auch „im Forum“ oder „bei Facebook“ bedeuten. Auch will die Politik die „Informatisierung“ verkörpern und fordert so eine informierte Gesellschaft durch mehr Transparenz und mehr Mediennutzung der Regierung.

Bildung und Qualifikation: Gleichzeitig wächst der Anspruch an Personal, das die strategische Ausrichtung eines Unternehmens unterstützt und die nötigen Qualifikationen mitbringt, um die Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten. In wissensbasierten Berufen und mit zunehmender Spezialisierung auf ein Teilgebiet soll dies erreicht werden. „Die Kompetenzen, die wir heute benötigen, um unsere Ziele zu erreichen, sind komplexer geworden und erfordern mehr als nur die Beherrschung einiger eng definierter Fähigkeiten und Fertigkeiten.“[19] Zugleich lässt sich beobachten, dass Bildungswege nicht mehr linear, sondern flexibler gestaltet sind. Kübler spricht hier von „Patchwork-Biblio-graphien“[20].

2.2.3 Probleme und Risiken

Informationsflut: Neben all den positiven Auswirkungen gibt es dennoch kritische Aspekte: Mit der Anzahl der Medien und der Anzahl der Benutzer nimmt auch die Informationsquantität zu. Kritisiert wird hier, dass sich diese Informationsexplosion nicht unbedingt auch auf die Qualität übertragen lässt. Weiter steigt die Informationsproduktion im Gegensatz zur Informationsverarbeitung viel schneller, wonach gar nicht alle Informationen abgearbeitet und beachtet werden können. Dauerte es zu Beginn des Buchdrucks 300 Jahre, bis sich das Weltvolumen an Medien verdoppelte, so dauert es heute nur noch ca. 5 Jahre[21].

Wissensintensität: Durch die zunehmende Nachfrage nach intelligenten Produkten und nach wissensintensiven Berufen steigt auch die Wissensintensität, über die Mensch und Unternehmen verfügen müssen. Auch durch die schnellere Alterung von Wissen müssen Unternehmen zusätzliche Maßnahmen einleiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Im Zuge der Informatisierung aller Lebensbereiche und in Bezug auf die vergangenen Wirtschaftsspannen bedeutet dies vor allem auch die Erweiterung der wirtschaftlichen Produktionsfaktoren um einen weiteren Aspekt, der das Wirtschaften im neuen Sektor ermöglichen soll: Information bzw. Wissen soll neben Boden, Arbeit und Kapital der neue volkswirtschaftliche Einsatz sein, um Wirtschaftsgüter- oder -erzeugnisse herzustellen. Durch Ausnutzung der Wechselwirkung, in der diese Faktoren zueinander stehen kann der strategische Einsatz dergleichen dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Marktkonkurrenten verschaffen. In Zeiten der Globalisierung und Internationalisierung und verstärktem nationalen Wettbewerb und der andauernden technologischen Fortschritte und dem damit geforderten Verständnis der Technologien ist das Wissen des Menschen derjenige Faktor, der Unternehmen voneinander unterscheidet und somit konkurrenzfähig macht. Wissen ist dabei an der gesamten Wertschöpfung im Unternehmen beteiligt und bildet die Grundlage für Organisation, Prozesse und Produkte. Auch und im Gegensatz zu den anderen Produktionsfaktoren ist „ Wissen der einzige Produktionsfaktor, der nicht unter das Gesetz des abnehmbaren Ertrags fällt.[22] Somit ist es notwendig für Unternehmen, ein strategisches Konzept zum Einsatz der wertvollen Ressource „Wissen“ zu erarbeiten, um langfristig erfolgreich zu sein. Mit dieser Aufgabenstellung – der Verwaltung von Wissen im Unternehmenskontext - befasst sich das Wissensmanagement.

3 Wissenstheorien

Sowohl „Wissensgesellschaft“ als auch „Wissensmanagement“ fokussieren das „Wissen“ als zentralen Aspekt: Die Wissensgesellschaft ist durch einen verstärkten Wertezuwachs des Wissens als eigenständigem Produktionsfaktor definiert. „Wissensmanagement“ zielt auf die Verwaltung der Ressource Wissen ab. Um eine Verwaltung jedoch zu ermöglichen, soll zunächst die Auffassung von „Wissen“ definiert und dessen wesentlichen Charakteristika ausgearbeitet werden.

3.1 Problemstellung

Mit der Begrifflichkeit von „Wissen“ und dessen Theorien beschäftigen sich die Psychologie und Soziologie, in geringen Teilen auch die Systemtheorie, wonach sich in den letzten Epochen viele Ansätze hervorgetan haben, aus denen bisher noch keine allgemeingültige, umfassende Definition hervorgegangen ist.

Zu den Kritikpunkten zählt zum einen, dass sich die Ansätze meist nur auf eine Klassifizierung von Wissen beschränken, ohne dabei eine klare Definition zu liefern. Zudem divergieren die Ansätze und berücksichtigen nicht die bereits gewonnenen Erkenntnisse früherer Zeiten[23]. Einige Wissenschaftler schreiben dem Menschen als Subjekt bzw. dessen subjektiver Auffassung der Welt sowie deren intersubjektiven, sozialen Handlungen im Kollektiv den Ursprung des Wissens zu[24] (Konstruktivismus), andere objektivieren den Wissensbegriff[25] (zweckrational) und streben allgemeingültige Definitionsversuche an. Auch die verwendeten Begrifflichkeiten werden nicht durchgängig äquivalent eingesetzt.

Um eine einheitliche theoretische Basis zu schaffen, sollen zunächst die verwendeten Begriffe definiert und erläutert werden, die in dieser Arbeit Verwendung finden. Dazu soll Wissen im Hinblick auf folgende Kriterien analysiert werden, um eine Klassifikation und somit ein Management zu ermöglichen:

·Material: Ist Wissen materiell oder immateriell (Begriffsdefinitionen)?

· Quelle: Wo kommt Wissen her bzw. wer verfügt über Wissen (Wissensträger)?

·Verfügbarkeit: Wann ist welches Wissen verfügbar (Wissensdimensionen)?

·Wachstum: Wie wird vorhandenes Wissen erweitert (Transformation von Wissen)?

3.2 Begriffsdefinitionen

Um den Bezug zum Wissensmanagement im Unternehmen herzustellen, wird die Wissenstreppe nach K. North[26] als Ausgangspunkt gewählt, da dieses Modell die Begrifflichkeiten im Hinblick auf die Integration im Unternehmenskontext näher spezifiziert. Denn „für das integrierte Verständnis […] ist es unerlässlich, […] zwischen Daten, Informationen und Wissen zu unterscheiden […], andererseits aber auch […] deren Zusammenhänge zu erkennen.“[27] North definiert dabei mehrere Ausprägungen von Wissen entlang einer Treppe und veranschaulicht durch Angabe der Veränderung von der einen zur nächsten Stufe den Zusammenhang zwischen den Begrifflichkeiten (s. Abbildung 3-1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-1: Erweiterte Wissenstreppe nach North[28]

Jede dieser Stufen muss durch ein Unternehmen geplant und abgehandelt werden, um an die oberste Stufe zur Wettbewerbsfähigkeit zu gelangen. Ausgangsbasis bilden einfache Zeichen, die durch Syntaxregeln zu Daten werden (wie es in der menschlichen Sprache der Fall ist). Durch Anreicherung mit einem Bedeutungsgehalt werden aus Daten Informationen, die - vernetzt und auf einen Kontext bezogen – zu Wissen heranwachsen[29]. Alle folgenden Stufen definieren speziellere, komplexere Arten bzw. Anwendungen von Wissen, die nötig sind, um wettbewerbsfähig zu sein: Vom Wissen alleine (wissen WAS) ist kein Erfolg abzuleiten, erst aus der Anwendung von Wissen (wissen WIE) entsteht ein Handeln, das – situationsabhängig richtig angewendet – zu einer Umwandlung von Wissen in eine Fertigkeit und somit zu einer Kompetenz im Sinne von Können wird. Wenn diese Kompetenz einzigartig ist, ist nach North ein Alleinstellungsmerkmal und somit die Wettbewerbsfähigkeit gegeben.

Daraus lassen sich folgende Definitionen ableiten[30] :

Datensind Symbole, die weder interpretiert noch kontextabhängig sind. Sie stehen mehreren Menschen in gleicher Form (materiell) zur Verfügung.

Informationensind Daten, die eine Bedeutung in einem Kontext aufweisen, aber nicht interpretiert oder ausgewertet sind.

Wissenist die kontextbasierte Vernetzung von Informationen mit bereits Bekanntem und deren Nutzung in bestimmten Situationen, „die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Personen zur Lösung von Problemen einsetzen. Dies umfasst sowohl theoretische Erkenntnisse als auch praktische Alltagsregeln und Handlungsanweisungen.“[31]

Kompetenzist dabei die situationsabhängige, zweckorientierte Transformation von Wissen in Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie deren Anwendung. Im Unterschied zum normalen Handeln drückt sich Kompetenz erst bei der Anwendung von Wissen aus. Zudem bedeutet Handeln nicht zwangsläufig auch richtig handeln.

3.2.1 Einflussfaktoren

Gemäß der Wissenstreppe ist aus dem Vorhandensein von Daten noch kein Wissen und aus Wissen noch lange keine erfolgsversprechende Kompetenz gegeben. Erst durch Interpretation und kontextbezogener Vernetzung und Aufbereitung durch den Menschen entsteht Wissen und durch richtige Anwendung des Wissens entsteht Kompetenz. Wissen und Kompetenz sind im Kopf des Menschen gespeichert und stark personenabhängig. Wird dieses Wissen dokumentiert und persistent gemacht, so wird es personenunabhängig und für andere verfügbar. Somit lassen sich die Stufen einteilen in personenunabhängige und personenbezogene, aber auch in technik-, menschen- und unternehmensbezogene Stufen.

Technikbezogen sind Zeichen, Daten und Informationen, die die Basis von Wissen bilden. Diese Basis ist für alle Betrachter gleich und somit personenunabhängig. Die Elemente Zeichen, Daten und Informationen sind die Formen, in der Wissen kommuniziert, gespeichert und verteilt wird.

Der FaktorMenschkonvertiert diese Datenbasis durch Interpretation und Vernetzung in Wissen oder Kompetenzen. Dieses Element ist somit personenabhängig und „entsteht als individueller Prozess in einem spezifischen Kontext und manifestiert sich in Handlungen.“21 Wissen ist demnach nicht objektiv, sondern subjekt- und prozessgebunden.

In einerOrganisationoder einem Unternehmen bestehend aus mehreren Menschen tritt individuelles Wissen in erhöhtem Maße auf und bildet in der Gesamtheit betrachtet kollektives Wissen. Das Unternehmen muss dieses Wissen nun kombinieren, konzentrieren, verwalten und richtig einsetzen, um daraus Aktionen und Handlungen abzuleiten, Kompetenzen aufzubauen und somit die Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen.

3.2.2 Epistemologien

Ist Wissen nun ein dokumentiertes, austauschbares Objekt oder ein immaterieller, personenbezogener Prozess? Mit Bezug auf das Wissensmanagement und die Wissenserzeugung im Unternehmen versuchen sich Von Krogh und Roos[32] der Antwort auf diese Frage durch die Definition von drei Epistemologien zu nähern, die den Einflussfaktoren (s. 3.2.1 Einflussfaktoren) unterschiedliche Gewichtung zuschreiben:

In der informationsverarbeitenden Epistemologie wird Wissen mit Informationen gleichgesetzt. Informationen sind diejenigen Einheiten, die mit Hilfe von Technik persistent festgehalten und austauschbar sind. Nach diesem Ansatz wirkt sich die Investition in die Informationstechnik bzw. –Verarbeitung positiv auf die Wissenserzeugung bzw. –Verwaltung im Unternehmen aus. Je höher also die Informationsverarbeitungskapazität, desto größer ist die Wissensentwicklung.

Nach derNetzwerk-Epistemologieerzeugen Menschen in Gruppen (Teams und Organisationen) Wissen durch gemeinsame Arbeit, Interkation und Kommunikation. Es ist also ein sozialer Vorgang, der durch intensive, vermehrte Zusammenarbeit und den Einsatz von Kommunikationstechnik und die Gestaltung von Rahmenbedingungen unterstützt und gefördert werden muss. Je größer die Möglichkeiten zum gemeinsamen Arbeiten, desto größer ist die Wissensentwicklung.

Die selbstbezogene Epistemologie hingegen stellt das Subjekt als Wissensträger in den Mittelpunkt und definiert Wissen als subjektiven, kreativen Prozess pro Person. Wissen wird demnach nicht objektiviert oder materialisiert, stattdessen legt dieser Ansatz fest, dass das, was für eine Person Wissen ist, für eine andere Person nur „Rohdaten“ sind (aber durchaus als Zünder für neues Wissen dienen kann). Wenn mehrere Personen aber die gleichen Informationen als Wissen interpretieren und über den gleichen Kontext verfügen, kann von gemeinsamem, kollektivem Wissen gesprochen werden. Je mehr Personen sich einen Kontext teilen, desto größer ist die Wissensentwicklung.

Von Krogh und Roos definieren weiter, dass sich ein Unternehmen in Abhängigkeit der aktuellen Situation und den Anforderungen zwischen allen drei Ausprägungen wiederfindet. An dieser Stelle ist auf eine angemessene Anwendung der drei Epistemologien zu achten.

Ausschlaggebend für die Sicherung von Wissen im Unternehmen ist auch, dass sich das Gewusst WAS in Form von materiellen Daten und Informationen erfragen und anschließend dokumentieren lässt, das Gewusst WIE – also die praktische Umsetzung durch Fähigkeiten und Fertigkeiten in immaterieller Form – lässt sich nur schwer extrahieren und kann nur durch Beobachtung, Nachahmung oder Lehren durch die tragende Person erfolgen.[33] Um also die Wissenstreppe (langfristig) erfolgreich besteigen zu können, muss ein Unternehmen Einsatz und Wahrung der Faktoren Technik, Mensch und Unternehmen strategisch planen.

3.3 Wissensträger

Alle drei Einflussfaktoren sind am Wertschöpfungsprozess zur Wettbewerbsfähigkeit beteiligt und können somit als Träger des Wissens identifiziert werden. Dabei ist Technik diejenige Einheit, die an der Bereitstellung von Informationen und Mensch sowie Organisation auch an der Sammlung sowie an der Ableitung von Wissen beteiligt sind. Dabei lassen sich die Träger wie folgt charakterisieren:

DasIndividuumals Einzelperson trägt den größten Teil zum Wissensportfolio im Unternehmen bei. Jeder Träger bringt dabei eigenes Wissen in Form von Fähigkeiten Kompetenzen mit und ist im optimalen Fall in der Lage, aus den durch das Unternehmen bereitgestellten Daten Wissen abzuleiten und dieses zur Umsetzung der Unternehmensstrategie einzusetzen.

Aus mehreren Individuen setzt sich eineGruppezusammen, die sowohl über das Einzelwissen ihrer Mitglieder, als auch über Synergieeffekte zwischen jenen verfügt und somit über einen erweiterten Wissensvorrat verfügt. Ein Projektteam beispielsweise setzt sich aus Mitarbeitern verschiedener Abteilungen zusammen, die den Arbeitsprozess mit ihrem Wissen anreichern. Daraus resultiert ein Wissensvorteil, da auch das Verstehen und Verstehen-Wollen der anderen Individuen zu einem sozialen Lern- und Entwicklungsprozess gehört, das wiederum neues, für die Gruppe notwendiges Wissen als Synergieeffekt zur Folge hat. Dieses Ergebnis beruht auf den konstruktivistischen Erkenntnissen der frühen Wissensforschung, nach denen Wissen die Weltanschauung von Gruppen repräsentiert.

In einerOrganisationkommen mehrere Gruppen in Form von Teams zusammen. Dies erhöht zum einen den gemeinschaftlichen Wissensvorrat, zum anderen aber auch die Synergieeffekte. Durch eine erfolgreiche Kombination verschiedener Individuen und Teams in verschiedenen Prozessen entsteht so ein organisationales Wissen, das – im Unternehmen verbreitet – auch andere Entscheidungen prägen kann. Zudem ist organisationales Wissen allein der jeweiligen Organisation verfügbar und kann durch Außenstehende nicht genutzt werden, weshalb es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil ist – auch, weil „einmal erarbeitetes kollektives Wissen […] von Wettbewerbern nur begrenzt aufgeholt werden“[34] kann.

3.4 Wissensdimensionen

Nachdem die Wissensträger als Quelle des Wissens festgelegt sind, muss nun die Frage geklärt werden, aus welcher Quelle Wissen genommen werden kann und welcher Träger über welches Wissen verfügt. Dabei wird der Erkenntnis von Michael Polanyi, dass „wir mehr wissen, als wir zu sagen wagen“[35], eine große Bedeutung zugeschrieben. Er unterteilt Wissen dabei in zwei Dimensionen: Implizites und explizites Wissen.

Implizites Wissen als deutsche Übersetzung von „tacit knowledge“ (stilles Wissen) bezeichnet Wissen, über das ein Mensch zwar verfügt, sich dessen aber nicht bewusst ist. Es ist „still“ und lässt sich nur schwer oder gar nicht in Worte fassen, weil es meist im Unterbewusstsein lokalisiert ist und der Mensch keinen direkten Zugriff darauf hat. Es tritt in theoretischer, kognitiver (Wissen) oder praktischer, technischer (Können) Form auf (vgl. 3.2 Begriffsdefinitionen, die Stufen „Wissen“ und „Kompetenz“ in der Wissenstreppe) ist fest an eine Person, deren Gedanken und Erfahrungen und beim Erwerb an den jeweiligen Kontext gebunden (mentales Modell). Dadurch begründet wird die schwere Artikulation des impliziten Wissens, denn sie lässt sich kontextunabhängigen Personen nicht deutlich mitteilen. Diese Wissensdimension hilft dem Menschen bei der Problemanalyse und –Lösung sowie der Bewertung und Übertragung der gefunden Lösung auf andere Bereiche und wird deshalb auch als „hochgradig ‚managementrelevant‘“[36] verstanden.

Träges Wissen ist eine Art impliziten Wissens, dass dem Menschen zwar bewusst ist, es kommt aber nicht zur Anwendung, weil dem Träger die Relevanz nicht bewusst ist. Diese Wissenskategorie ist geprägt von Intuition und Gefühlen, die den Menschen Dinge zwar erkennen lässt, diese aber nicht bewusst reflektiert (Fingerspitzengefühl oder Bauchgefühl)[37]. Es gilt entweder als selbstverständlich oder es wird intuitiv oder aus einem Gefühl heraus angewendet. Polanyi setzt dabei Gefühle bzw. Einfühlung mit implizitem Wissen gleich und kommt zu dem Entschluss, dass „ungetrübte Klarheit unser Verstehen komplexer Sacherhalte zunichtemachen kann“[38], da dann das implizite Wissen übergangen wird.

Explizites Wissenbildet die Opposition zum impliziten Wissen. Diese Dimension ist diejenige, die der Mensch kommuniziert und dokumentiert und demnach nicht nur einem Individuum, sondern auch einer Gruppe oder Organisation zur Verfügung steht. Explizites Wissen lässt sich einfach in Worte fassen und problemlos an andere Menschen vermitteln. Meist liegt es dokumentiert vor, beispielsweise in Büchern, Wikis, oder Gesprächsprotokollen. Schanz bezeichnet diesen Transfer als „Kollektivierung expliziten Wissens“, wonach schon eine einzige Person Wissen an eine Gruppe übermitteln kann und so den Wissensvorrat der Gruppe erweitert[39]. Wie das implizite Wissen auch tritt das explizite Pendant in theoretischer oder praktischer Form auf, wobei theoretisches Wissen von einer Person alleine, praktisches Wissen aber meist im Beisein des Trägers übertragen bzw. aufgenommen werden kann. Der Prozess der Übertragung und somit Transformation von Wissen auf einen anderen Träger wird als „Externalisierung impliziten Wissens“[40] bezeichnet und bildet die Grundlage für menschliche Kommunikation bzw. Artikulation.

Neben implizitem und explizitem Wissen kann Wissen in Abhängigkeit des Trägers in individueller oder kollektiver Form vorliegen.

Individuelles Wissen ist dem Individuum zugeordnet und bildet das persönliche Wissen, über das jeder einzelne Mensch verfügt. Individuelles Wissen kann in impliziter oder expliziter Form vorliegen.

Kollektives Wissen oder auch organisatorisches Wissen stellt das Wissen innerhalb einer Gruppe oder Organisation dar und wird durch das individuelle Wissen beeinflusst. Dieses Wissen besteht aus den Strukturen, Prozessen oder Werten innerhalb einer Organisation.

Dieses kollektive Wissen ist in jeder Organisation vorhanden. In Abhängigkeit von der eigenen Position kann das kollektive Wissen intern oder extern sein.

Internes Wissen definiert das Wissen innerhalb der eigenen Organisation, dass sowohl implizit als auch explizit vorliegen kann. Die Organisation hat zu diesem Wissen bereits Zugang und kann es verwerten.

Externes Wissen setzt sich aus allen Wissensbeständen der umgebenen Organisationen wie beispielsweise Kunden, Lieferanten, Partnern oder Beraterunternehmen zusammen. Diese Art des Wissens ist der eigenen Organisation ggf. vorenthalten und unbekannt oder wird entweder durch Erwerb in den eigenen Wissensbestand transferiert oder durch den Einsatz externer Wissensträger direkt verwertet.

Um den Zusammenhang zwischen den Wissensdimensionen zu verdeutlichen, sind diese in Abbildung 3-2 gegenübergestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-2: Übersicht über Wissensdimensionen und deren Zusammenhang

3.5 Transformation von Wissen

Explizites Wissen ist ebenso wichtig wie implizites Wissen, denn daraus resultiert wiederum neues Wissen in anderen Zusammenhängen und das dient wieder als Basis für neue Überlegungen. Denn alles, „was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben wissen, wissen wir durch Massenmedien. Das gilt nicht nur für unsere Kenntnis der Gesellschaft und Geschichte, sondern auch für unsere Kenntnisse der Natur“[41]. Neben den (Massen-)Medien ist auch die Kommunikation zu nennen, die uns Wissen explizit übermittelt. Gäbe es keine Medien und keine Kommunikation, gäbe es nur wenig Verständnis über die Vergangenheit oder die Wissenschaft, denn solche impliziten Erkenntnisse sind wertlos, „solange sie der einzelne nicht in explizites Wissen umsetzen kann, um sie mit anderen zu teilen“[42]. Ohne explizites Wissen wäre ebenso wenig Wissensmanagement nötig. Aus diesem Grund soll die Explikation von Wissen erläutert werden. Dabei werden zwei Ansätze unterschieden:

Betriebswirtschaftlicher Ansatz

Der betriebswirtschaftliche Ansatz sieht im „Wissen“ einen ökonomischen Wirtschaftsfaktor und zielt auf einen optimalen Einsatz dieser Ressource ab. In einer „Kodifizierungsstrategie“ werden diejenigen Maßnahmen und Methoden identifiziert und umgesetzt, die das individuelle, implizite Wissen der Mitarbeiter so explizieren, dass es persistent abgelegt werden kann und somit zu explizitem, kollektivem und wiederverwendbaren Wissen wird. Dabei stehen technologische Unterstützung und elektronische Datenhaltung im Vordergrund. Hierin ist die informationsverarbeitende Epistemologie wiederzufinden (vgl. 3.2.2 Epistemologien).

Pädagogisch-psychologischer Ansatz

Der pädagogisch-psychologische Ansatz vertritt hingegen die Auffassung, dass Wissen eine stark persönliche Ressource ist, die es mit einer „Personifizierungsstrategie“ zu explizieren gilt: Die Transformation von implizitem in explizites Wissen soll hier durch geeignete Maßnahmen und Methoden durch Kommunikation und Artikulation gefördert werden. Somit kommt elektronisch gespeicherten Daten weniger Bedeutung zu, als dem kommunikativen Informationsaustausch. Hierbei wird die Netzwerk- sowie die selbstbezogene Epistemologie fokussiert (vgl. 3.2.2 Epistemologien).

Ziel ist es bei beiden, subjektives Wissen eines Individuums durch geeignete Maßnahmen zu externalisieren, sodass es anderen Personen in möglichst allen Situationen als potentielle Information für neues Wissen dienen kann (und es an dieser Stelle wieder implizit werden kann). Dabei geht es maßgeblich um die Generierung neuen Wissens, deren Prozess Nonaka und Takeuchi aus der „Notwendigkeit einer Theorie zur Wissensschaffung im Unternehmen“ heraus im Konzept der „Wissensspirale“ definieren.

Wissensspirale zur Wissenstransformation

Die Wissensspirale – auch bekannt als „SEKI“-Modell - baut auf der Klassifizierung von Wissen in implizites und explizites Wissen auf und definiert insgesamt vier Formen der Wissenstransformation als kontinuierlichen Lernprozess „zur Eingliederung expliziten Wissens in das implizite Wissen“[43] (s. Abbildung 3-3 Die Wissensspirale nach Nonaka und Takeuchi):

Abbildung 3-3: Die Wissensspirale nach Nonaka und Takeuchi[44]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sozialisationist der Startpunkt der Spirale und beschreibt die Transformation von implizitem in implizites Wissen. Dabei geht es um die Vermittlung von Wissen in Form von Fähigkeiten und Erkenntnissen ohne den Einsatz von Sprache, sondern durch Beobachtung und Nachahmung oder einfach gemeinsame Erlebnisse. Voraussetzung ist allerdings, dass die Beteiligten einen gemeinsamen Kontext z.B. in Form von Vorwissen haben. Ein Beispiel hierfür ist die Vermittlung eines Handwerks von einem Meister an seinen Lehrling.

Externalisierung definiert die Umwandlung von implizitem in explizites Wissen. Da implizites Wissen nur schwer in Worte gefasst werden kann, geschieht dies mit Hilfe von bildhaften Ausdrucksformen wie Metaphern, Analogien, Modellen und Hypothesen, die reflektiert und diskutiert werden.

Kombination steht für die Transformation von explizitem in explizites Wissen. Vorhandenes explizites Wissen wird mit neu entstandenem explizitem Wissen verknüpft, sortiert oder gemeinsam klassifiziert, sodass aus dieser Kombination neues, abgewandeltes explizites Wissen entsteht. Das geschieht mit Hilfe von Medien jeglicher Art wie beispielsweise Dokumente, dem Telefon oder dem Internet. Auch die Anwendung von explizitem Wissen aus den Medien ist Teil der Kombination (Learning by doing).

Internalisierung schließt letztendlich einen Zyklus ab, indem explizites Wissen in implizites Wissen überführt wird. Dabei wird expliziertes, in Dokumenten oder Sprache ausgedrücktes oder über Beobachtung aufgenommenes Wissen vom Leser, Zuhörer oder Beobachter aufgenommen, verarbeitet und in Form von implizitem Wissen im Kopf abgelegt.

Das Modell ist spiralförmig, da sich nach einer Internalisierung der Bestand an implizitem Wissen vergrößert und der nächsten Sozialisation somit eine andere Ausgangsbasis zugrunde liegt, als im vorherigen Zyklus. Weiter berücksichtigt der Prozess auch die Wissensträger (vgl.3.3 Wissensträger). Um das Modell bzw. den Prozess im Unternehmen durchlaufen zu können, müssen nach Nonaka und Takeuchi fünf Voraussetzungen erfüllt sein[45] :

1. Durch die Definition einerIntentiondurch das Unternehmen werden den Mitarbeitern die Ziele und Visionen des Unternehmens vermittelt und dadurch die Ausrichtung des Wissens determiniert.
2. Mitarbeiter haben durch Autonomie die Möglichkeit, selbstständig zu handeln, eigene Ideen zu entwickeln und somit selbstständig Wissen zu generieren, was dann wiederum in den Wissensvorrat des Unternehmens einfließt und dem Kollektiv zur Verfügung steht.
3. Durch Fluktuation im Sinne von Mehrdeutigkeiten soll Diskussionsstoff geboten und somit die Ideen gefördert werden (Abwägen von Alternativen und verschiedenen Auslegungen). Durch (beabsichtigte) Krisen- oder Spannungssituationen soll ein kreatives Chaos entstehen, um die Mitarbeiter zum Denken und Handeln anzuregen (Motivation zum Problemlösen).
4. Wiederholte Informationen stärken das Bewusstsein darüber. DieseRedundanzsoll die Wissensgenerierung fördern, da auch implizites Wissen wiederholt artikuliert wird und so durch andere besser verstanden wird. Problematisch sehen Nonaka und Takeuchi hier die erhöhte Informationsmenge und raten zur „richtigen Balance zwischen Schaffung und Besitz von Informationen“[46] sowie einer Unternehmensdefinition, wo Informationen abgelegt werden.
5. Durch eine personelle und auf die verfügbaren Informationen bezogeneVielfaltim Unternehmen sowie einen schnellen und direkten Zugriff darauf soll unternehmens- und funktionsübergreifendes Wissen entstehen. Die Organisationsstruktur sowie die Personenkonstellationen sollen sich stetig ändern, damit die Mitarbeiter Informationen aus anderen Funktionsbereichen verarbeiten müssen.

3.6 Wissensrepräsentation

Neben der Transformation von Wissen ist auch die (informationstechnische) Darstellung bzw. Abbildung von explizitem Wissen als Teil der Wissenstheorie zu nennen, um dieses zu verwalten, denn „dass Wissen […] vorhanden ist, heißt noch lange nicht, dass es für einen Nutzer jederzeit problemlos vorläge“.[47] Bevor auf die Möglichkeiten dafür eingegangen wird, soll zunächst ein grundlegendes Begriffsverständnis erzeugt werden.

Für die Darstellung von Wissen ist es zwingend erforderlich, dass dieses in expliziter, also fixierter, systematisierter Form vorliegt und formal (Syntax als verwendetes Zeichensystem) sowie logisch (Semantik als Inhalt bzw. Bedeutung) zugänglich ist.[48] Dieses Wissen ist z.B. in Büchern, Filmen oder Bildern zu finden und beschreibt den Inhalt bzw. die Themen dieser Dokumente. Nach der Gegenstandstheorie von Meinong werden diese Themen als (thematisierte) Gegenstände aufgefasst, die entweder einzeln (Objekt) oder gemeinsam bzw. verbunden (Sachverhalt) existieren.[49]

3.6.1 Repräsentation, Organisation, Ordnung

Stock und Stock definieren die Wissensrepräsentation als Obermenge von Wissensorganisation und Wissensordnung. Abbildung 3-4 stellt die Teilbereiche der Wissensrepräsentation sowie Realisierungsmöglichkeiten grafisch dar, deren Elemente im Folgenden näher betrachtet werden.

Wissensrepräsentation im Allgemeinen beschreibt die Darstellung von Wissen aus textuellen und nichttextuellen Dokumenten in einem System, um anhand dieser Beschreibung auf die Themen des Dokuments schließen zu können. Anders ausgedrückt geht es um die Vertretung des Wissens durch ein System. Kobsa definiert Folgendes:

Wissensrepräsentation = „Repräsentation des Wissens W durch X in einem System S“[50]

X steht dabei als Vertreter bzw. Repräsentant des Wissens, also die Art und Weise, wie das Wissen im System beschrieben ist. Dies kann je nach Beschaffenheit des Wissens (z.B. Wissenschaftlicher Text, Bild) variieren, basiert jedoch immer auf den Elementen der Gegenstandstheorie: Gemäß dieser sind bei der Abbildung von Wissen aus Dokumenten die Themen bzw. Gegenstände zum einen als Objekt und weiter im Kontext mit anderen Objekten zu betrachten. Weiter umfasst die Wissensrepräsentation das (automatische) Schlussfolgern, bei dem aus mehreren Aussagen neue Aussagen abgeleitet werden können (z.B. kann aus den Aussagen „Alle fliegenden Tiere sind Vögel“ und „Mein Haustier kann fliegen“ „Mein Haustier ist ein Vogel“ impliziert werden).[51]

- Die Objekte (Themen) werden dabei in Form von Begriffen beschrieben
- Die Sachverhalte (Themenverbindung) werden durch Aussagen beschrieben Daraus lassen sich die Teilbereiche der Wissensrepräsentation ableiten:
-Begriffe dienen als Informationsfilter (Index)
-Aussagen dienen als Informationsverdichtung (Referenz)
-Durch Implikationen zwischen Aussagen entstehen Schlussfolgerungen

Wissensorganisation als Untermenge der Wissensrepräsentation beschreibt die Abbildung von Wissen aus Dokumenten mit Hilfe von Begriffen. Dabei werden sowohl die im Dokument enthaltenen als auch die ihm zugeordneten Begriffe betrachtet. Maßnahmen der Wissensorganisation fungieren demnach als Informationsfilter, durch die das Wissen in den Dokumenten zugänglich und zur Selektion verfügbar gemacht wird.

[...]


[1] Stocker, A. / Tochtermann, K. (2008) S.64

[2] Vgl. Bell, D. (1996)

[3] Drucker, P. (1969

[4] BMWi (2006)

[5] Vgl. Gartner (2008); Vgl. auch Gartner (2009)

[6] Vgl. North, K. (2010) S. 315ff ; Probst, G. / Raub, S. / Romhardt, K. (2010) S. 84ff

[7] BMWi (2006)

[8] Fourastié, J. (1996); Urspr. von A. Fisher und C. C

[9] Fourasité, J. (1996) S.

[10] BMWi (2011b)

[11] Kübler, H.-D. (2005) S.

[12] Kübler, H.D. (2005) S. 94-95

[13] Vgl. Kübler, H.-D. (2005

[14] Rürup, B. / Sesselmeier, W. (2001) S.250

[15] Müllert, N. (1982) in Kübler, H.D. (2005

[16] Kübel, H.-D. (2005

[17] Lutterbeck, B. (2005

[18] BITKOM (2011)

[19] OECD/DeSeCo (2005

[20] Vgl. Kübler, H.-D. (2001

[21] Vgl. Probst, G./ Raub, S./ Romhardt, K. (2010

[22] John Maurice Clark (1884-1963), amerik. Nationalökonom, Werk unbekannt

[23] Vgl. Kübler, H.-D. (2005) S.97; Renzl, B. (2004

[24] Vgl. Schütz, ; Bourdieu, (1982); Russel, (2003)

[25] Vgl. Stehr, N. (1994)

[26] Vgl. North, K. (2011) S. 35ff

[27] Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (2010

[28] Entnommen aus: North

[29] Vgl. Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (2010) S. 15f; Bell, D. (1973) in Kübler, H.-D. (2005) S. 122f

[30] Vgl. North, K. (2011) S. 36ff

[31] Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (2010) S. 23; Vgl. North, K. (2010

[32] Vgl. North, K. (2011) S. 44f , aus Von Krogh, G. /Roos, J., (1996)

[33] Vgl. Hasler Roumois, U. (2007

[34] Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (2010

[35] Polanyi, M. (1985) S.14

[36] Vgl. Schanz, G. (2006

[37] Vgl. Schanz, G. (2006) S. 14f

[38] Polanyi, M. (1985

[39] Vgl. Schanz, G. (2006) S.12

[40] Vgl. Schanz, G. (2006) S. 9; Polanyi, M. (1985) S. ; Hasler Roumois, U. (2007) S. 39ff

[41] Luhmann, N. (2009

[42] Nonaka, I. / Takeuchi, H. (1997

[43] Nonaka, I. / Takeuchi, H. (1997

[44] Mit Änderungen entnommen aus: Nonaka, I. / Takeuchi, H. (1997)

[45] Vgl. Schanz, G. (2006) S.27ff

[46] Nonaka, I. / Takeuchi, H. (1997

[47] Stock, W. G. / Stock, M. (2008

[48] Vgl. Henrichs, N. (1978

[49] Stock, W. G. / Stock, M. (2008

[50] Kobsa, A. (1982

[51] Vgl. Stock, W. G. / Stock, M. (2008

Ende der Leseprobe aus 148 Seiten

Details

Titel
Wissensmanagement 2.0: Bedeutung von Social Software für die Wissensverwaltung im Unternehmen
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim, früher: Berufsakademie Mannheim
Note
1,2
Autor
Jahr
2011
Seiten
148
Katalognummer
V263223
ISBN (eBook)
9783656520313
ISBN (Buch)
9783656526834
Dateigröße
6945 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wissensmanagement, bedeutung, social, software, wissensverwaltung, unternehmen
Arbeit zitieren
Melanie Fröscher (Autor:in), 2011, Wissensmanagement 2.0: Bedeutung von Social Software für die Wissensverwaltung im Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263223

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