Aspekte sozialer chinesischer Netzwerke

Konzeptualisierung und Transformation von Guanxi. Netzwerken im Kontext chinesischer Arbeitsmigration


Magisterarbeit, 2010

141 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

liste der Abbildungen

Karte volksrepublik china

Vorwort

1. Einleitung

2. Die CHINESISCHEN NETZWERKE
2.1 Die großen Angelegenheiten und die kleinen Aufmerksamkeiten

3. überblick über den gegenwärtigen guanxi-diskurs

4. Guanxi und Migration

5. Vorstellung des forschungskontextes
5.1 Das Innere der gruppe aus Sichuan
5.2 Formung des Inneren durch das Außen
5.3 Die Baustelle und die Dominanzkultur.
5.4 Politische Stigmatisierung und das Haushaltsregistrierungssystem
5.5 Narrative der rückmigration
5.6 Stadtnarrative

6. Die moralische einbettung und modi von sozialer nähe
6.1 Soziale Nähe und das moralische verhalten auf der baustelle
6.2 Soziale Nähe und moralisches verhalten gegenüber dem netzwerk des herkunftsortes

7. Gesicht und Ansehen
7.1 Gesicht und ansehen unter den arbeitern
7.2 Gesicht, ansehen und moral
7.3 Symbolische Macht, aushandlung und sprache

8. Tauschraten zwischen formen des kapitals
8.1 Kulturelles Kapital auf der makroebene
8.2 Verflechtung von Mikro- und makroebene

9. Gemeinschaft und transformation
9.1 Gesellschaftliche brüche und die ungleichzeitigkeit
9.2 Von stolzen bauern, einer verlorenen generation und der harmonie in der kurzfristigkeit
9.3 Widersprüche und Ungleichzeitigkeit auf der Makroebene

10. Die Frau in der Migration

11. schluss

Anhang

Literaturverzeichnis

Glossar

Wanderarbeiter aus sichuan

verwaltungseinheiten sichuans und herkunft der arbeiter

Kurzdefinitionen wichtiger begrifflichkeiten

Liste der Abbildungen

Abb. 1: Lebenswelt Baustelle

Abb. 2: Containerzeile mit blockwart

Abb. 3: Stadt-Land Migration und Stadt-Stadt-Migration im Vgl.

Abb. 4: Heroische Bauern am Mao Masoleum (Peking)

Abb. 5: Gruppenleiter Xian Xu

Abb. 6: Kampagne gegen die Benachteiligung von mädchen in Peking

生一个网

Das Leben, ein Netz.

Gedicht von Bei Dao (北島) (1978)

VOLKSREPUBLIK CHINA

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.handintravel.com/China/index.htm

Vorwort

Der praktische Teil dieser Ausarbeitung beruht auf einer Feldforschung, die ich im Kontext chinesischer Wanderarbeit von Juni bis Oktober 2008 in Hangzhou, einer Großstadt in der Provinz Zhejiang durchgeführt habe. Hangzhou - im Westen weitgehend unbekannt – liegt im Yangtze-Delta etwa zwei Zugstunden von ihrem populären Nachbarn Shanghai entfernt. In China zählt die Stadt zu einer der bedeutendsten des Landes, nicht nur weil sie zu einer der Wiegen der chinesischen Kultur zählt, sondern auch da sie während der südlichen Song-Dynastie (1132-1276) Hauptstadt war. In jener Zeit entstand eine umfassende Literatur über die Schönheit Hangzhous, allem voran mit Dichtungen über den malerischen Westsee im Süden der Stadt.

Hangzhou hat geschätzte 6,4 Millionen Einwohner und aufgrund des Status als Kulturstadt und als eines der Aushängeschilder des Inlandstourismus, begannen in den letzten Jahren großflächige Stadtsanierungsmaßnahmen. Die bedeutendsten Projekte stellen die Erbauung eines kompletten Stadtteiles für etwa 80 000 Einwohner im Nordosten der Stadt dar, sowie die Errichtung eines vollständigen U-Bahn-Netzes mit fünf Linien. Diese Projekte zogen und ziehen eine Vielzahl von Wanderarbeitern an, die aufgrund ihrer billigen Arbeitskraft gebraucht werden. Sie werden mit zeitlich begrenzten Aufenthaltsgenehmigungen ausgestattet, die es der Stadtverwaltung erlaubt, sie je nach Bedarf zu binden und sie schließlich nach getaner Arbeit auszuweisen.

Ich habe bei einer Gruppe von Wanderarbeitern aus der Provinz Sichuan teilnehmend beobachtet, die aus zwölf Männern zwischen 19 und 38 Jahren bestanden hat. Sie arbeiteten zu diesem Zeitpunkt an einem Tunneleingang und an einem Bahnhof für eine U-Bahn-Linie im Zentrum der Stadt. Die Baustelle stellte mit etwa 150 Arbeitern – inklusive der Vorgesetzten Kontraktarbeiter – einen Einsatzort mittlerer Größe dar. Für mich war der Arbeitsplatz aufgrund der Lage vorteilhaft, da zahlreiche Garküchen, Restaurants und fliegende Händler unmittelbar an der Baustelle angesiedelt waren bzw. die sich dort regelmäßig aufhielten. Diese Treffpunkte sollten mir zunächst bei einer ersten Kontaktaufnahme mit den Wanderarbeitern helfen. Die Lebhaftigkeit in den Garküchen erachtete ich zudem als vorteilhaft, da Wanderarbeit in China nach wie vor ein heikles Thema ist und ich nicht mehr Aufsehen erregen wollte als nötig. So wird es zwar nicht mehr wie lange Zeit dementiert, dass es Arbeitsmigration in einem großem Rahmen gibt, allerdings wird sich von offizieller Seite über die Lebensbedingungen der Arbeiter weitgehend ausgeschwiegen.

Ein weiterer Grund für die Auswahl dieses Umfeldes als Ort meiner Untersuchung war die Zugangsmöglichkeiten zu den Akteuren. Der Zutritt zu den Baustellen ist verboten, was durch Blockwarte und Sicherheitsbeamte überwacht wird. Letztere hatten nicht nur ein Auge darauf, dass sich kein Unbefugter auf den Bauplätzen aufhielt, sondern sie beobachten ferner die Arbeiter und deren Gewohnheiten bezüglich des Verlassens des Geländes und erstatten den Vorgesetzten regelmäßigen Bericht. Dadurch war mein Spielraum ohnehin eingegrenzt und ich sah in den Garküchen, als einer der wenigen Versammlungsorte der Arbeiter den einzig möglichen Treffpunkt, um einen regelmäßigen Kontakt zu einer Gruppe von Akteuren aufbauen zu können. So verbrachte ich die ersten Tage vor Ort viel Zeit damit, mit Yi - meiner Sprachpartnerin und Assistentin, die ich aus ihrem Auslandsjahr in Berlin kannte und die aus Hangzhou stammt - in einer der Garküchen Nudelsuppe zu essen und Tee zu trinken, bis schließlich ein Gespräch mit einem jungen Arbeiter aus Sichuan zustande kam, dessen Chinesisch ich ob seiner Herkunft glücklicherweise gut verstanden habe. Gleiches galt für einen Großteil der Gemeinschaft, zu der er sich zählte, deren Mitglieder allesamt aus derselben Provinz stammten.

In der Folge gelang es mir, die Beziehung zu der Gruppe zu intensivieren, wodurch es nach etwa zwei Wochen zu täglichen Treffen kam. Da sich die zwölf Arbeiter auf zwei Schichten verteilten, gelang es mir schließlich, immer wieder Zeit mit den verschiedenen Mitgliedern der Gemeinschaft zu verbringen, wobei der junge Weilan Chen mein Hauptinformant war, der mir letztendlich gemeinsam mit seinem Freund Nai Wang einen Großteil seiner spärlichen Freizeit widmete. Vor meiner Rückreise hatte ich ferner noch das Glück, mit Weilans älterem Bruder zu sprechen, der zu diesem Zeitpunkt auf einer Baustelle für die anstehende Weltausstellung Expo in Shanghai arbeitete. Diese Erfahrungen gaben mir die Möglichkeit, einen kurzen, aber dennoch intensiven Einblick in die Lebenswelt und in die Netzwerke der Arbeiter zu erlangen, auf die ich in dieser Ausarbeitung detailliert eingehen werde.

太上貴徳其次務施報禮尚往來往而不來非 禮也來而不往 亦非禮也。

Im höchsten Altertum bewertete man die Tugend. Und danach beschäftigte man sich mit dem Geben und Nehmen und was damit verbunden war. Der Wert des rechtmäßigen Handelns ist Geben und Nehmen. Gebe ich etwas und kriege nichts zurück dann ist es unrechtmäßiges Handeln. Kriege ich etwas und gebe nichts, so ist dies ebenfalls unrechtmäßiges Handeln.

1. Einleitung

Betrachtet man den Titel dieser Ausarbeitung – Aspekte sozialer chinesischer Netzwerke -, so sollte dem Leser klar sein, dass dies in der Formulierung bereits einen Schritt hin zu einem westlichen Blick auf die chinesische Welt der Netzwerke darstellt. Eine Trennung zwischen sozialen, politischen und ökonomischen Aspekten innerhalb persönlicher Bindungen war zumindest innerhalb meines Untersuchungsfeldes nicht klar erkenn- bzw. trennbar, ebenso wenig waren sie meinen Informanten als separate Sphären verständlich zu machen. Zwar gibt es das politisierte Netzwerk ( zhengzhi guanxi ), allerdings wäre auch jenes ohne Elemente wie Vertrauen, Nähe und zumindest moralischen Anstand für den Akteur nicht denkbar. Nicht auszudenken wären in diesem Zusammenhang schriftlich fixierte Verträge. Auf der Baustelle in Hangzhou, auf der meine untersuchte Gruppe aus Sichuan arbeitete, gab es keinen Wanderarbeiter, der ein Dokument besaß, welches etwas über seine Funktion, seine Pflichten, sein Verdienst und schon gar nicht über seine Rechte aussagte. Alles, was von Belang war, bestand aus mündlichen Absprachen zwischen den einzelnen Personen und sie schienen das einzige Richtmaß für die Verortung des Individuums in seinem Kontext zu sein – der Arbeitsmigration.

Nachdem ich im Sommer 2008 in Hangzhou angekommen war, traf ich mich mit meiner Sprachpartnerin und Assistentin Yi und ihrem Vater – einem selbständigen Unternehmer – zum Abendessen. Yi hatte sich bereit erklärt, mir bei der Kontaktaufnahme mit einer Gruppe von Wanderarbeitern zu helfen, bei denen ich meine Lehrforschung durchzuführen gedachte. Dies weckte die Neugierde ihres Vaters, der sich fragte, warum ich mich ausgerechnet für Arbeiter vom Lande ( nongmingong ) interessieren würde, die in der Stadt von der Hand in den Mund leben würden ( shengchi jianyong ). Nachdem ich seine Vermutung recht schnell ausräumen konnte, dass es mir nicht um die Offenlegung von Missständen ging, welche durch die Kommunistische Partei verursacht werden, fragte er mich was denn an ihnen so besonders sei. Ich erklärte ihm, dass mich die chinesischen Netzwerke die man Guanxi nennt, interessieren würden und dass ich sehen möchte, wie diese in der Migration funktionieren. Ein leicht ungläubiger Blick traf mich, woraufhin Yis Vater entgegnete, dass sie nicht im Besitz von Guanxi seien ( tamen meiyou guanxi ), da sie alle, die für ein solches Netzwerk infrage kommen würden, wie Verwandte, Freunde und Nachbarn, in ihrer Heimat zurückgelassen haben. Deshalb könnten sie ihrer Pflicht als Kinder nicht nachkommen und ihre Eltern in angemessener Weise ehren. Es sei sogar meist der Fall, dass ihre eigenen Kinder von den Großeltern großgezogen werden müssen, wodurch sie auch der Erziehungspflicht nicht nachkommen würden.

Das sei mitunter einer der Gründe, weshalb man in China von den Wanderarbeitern als einer verlorenen Generation sprechen ( shiluo yidai ) würde. Diese Bürde übertragen sie zudem unweigerlich an ihre Kinder, da jene durch die Abwesenheit der Eltern von einer Generation erzogen werden, die nicht mehr für das Vermitteln von Wissen bestimmt ist. Ihnen würden dadurch nur die alten Dinge beigebracht, welche nicht mehr zeitgemäß und adäquat sind.

Das Gespräch, welches mich zunächst bezüglich meines Forschungsvorhabens etwas entmutigte, zeigte mir jedoch nach weiteren Überlegungen eine interessante Sichtweise auf. Die Wanderarbeiter gelten als verloren, weil sie den klassischen Ritualen nicht angemessen folgen können. Ihre Kinder sind hingegen verloren, da sie nicht adäquat auf die Einflüsse einer sich verändernden Welt vorbereitet werden. Meine Anmerkung in diesem Gespräch, dass auch Schulen diese Veränderungen bewirken könnten, wofür die Arbeiter schließlich unter anderem das Geld heranschaffen, ließ er nicht gelten. Lässt man hierbei mal außer Acht, dass seine Tochter einen Großteil ihrer Zeit auf einer Internatsschule verbracht hat und selbst selten die Erziehung ihrer Eltern genossen hat, so ist in seiner Ansicht der Blick auf Vergangenes und Zukünftiges in eigentümlicher Weise miteinander verschränkt.

Die Mitglieder der Familie und somit des Netzwerkes der Wanderarbeiter wurden von Yis Vater in einen langzeitlichen Rahmen verortet, bei dem jeder Person eine zentrale Funktion zukommt. Die räumliche Nähe stellt einen elementaren Faktor für das Aufrechterhalten der Familie dar. Entnimmt man eine Person, so wird das gesamte Netzwerk destabilisiert und ihre Mitglieder scheinen das Stigma des Verlorenen zu erhalten. Dabei wird scheinbar die Tatsache vernachlässigt, dass das Phänomen der Arbeitsmigration eben Teil einer sich verändernden Welt darstellt. Des Weiteren wird unterstellt, dass es keine Möglichkeit von angemessenem Verhalten gibt, das in solchen Fällen angewandt werden kann. Wäre die rurale Gesellschaft in Harmonie, so dürfte es demzufolge keine Wanderarbeiter geben.

Wie und ob nun diese Netzwerke funktionieren, wenn ein Familienmitglied weit entfernt arbeitet, sollte dann auch ein Aspekt meines Erkenntnisinteresses sein. Wichtiger schien mir jedoch, wie der Einzelne persönliche Bindungen vor Ort etabliert, da grundlegende Elemente wie verwandtschaftliche Nähe oder ein nachbarschaftliches Verhältnis zunächst – wie auch Yis Vater betonte - fehlen. Die langzeitliche Ausrichtung scheint nicht gegeben zu sein. Fühlt sich der Wanderarbeiter tatsächlich verloren in Zeit und Raum oder konstruiert er differente Referenzrahmen, um sozialen Halt zu erlangen?

Fragen wie dieser möchte ich in dieser Arbeit nachgehen, wobei ich es zunächst als wichtig erachte, den Blick auf den chinesischen Netzwerkbegriff im Allgemeinen zu richten, um die Differenz zur westlichen Vorstellung dieses Konzeptes zu verdeutlichen und erste wichtige Begrifflichkeiten vorzustellen. Anschließend sollen Aspekte der Migration näher beleuchtet und verschiedene Handlungsstrategien und -möglichkeiten erläutert werden. Es gilt zu klären, inwieweit es sich bei der Wanderarbeit in China um einen besonderen Kontext handelt, dem man wissenschaftliche Beachtung schenken sollte. Dann werde ich mein Forschungsfeld und die einzelnen Akteure vorstellen, wobei ich auch meine Vorgehensweise im Feld näher ausführen werde. Einzelne zentrale Konzepte, die in dem Begriff des Netzwerkes inkorporiert sind, sollen schließlich im Lichte vorhandener Literatur dargelegt und im Rahmen meiner Untersuchungen und den Betrachtungen von weiteren SozialwissenschaftlerInnen diskutiert und kontrastiert werden.

2. Die chinesischen Netzwerke

Um die Struktur chinesischer Netzwerke zu veranschaulichen, bedient sich der chinesische Soziologe und Ethnologe Xiaotong Fei einer Wasserringmetapher, die sich bereits im Buch der Riten[1] findet (Fei 1992, S.63). Hierbei ist das Individuum gleich einem Stein, der ins Wasser geworfen wird. Die konzentrischen Ringe die sich um ihn bilden, stehen sinnbildlich für Personen im Umkreis des Individuums. Die Ringe im Inneren sind dem Stein nicht nur am nächsten, sie schlagen auch die höchsten Wellen. Dies stellt in der konfuzianischen Theorie den grundlegenden Charakter der verwandtschaftlichen Beziehungen dar, wobei die Eltern als wichtigste Personen dem Zentrum am nächsten sind. Durch sie ist das Individuum mit dem moralisch anspruchsvollsten Konzept der sogenannten Kindespietät ( xiao ) verbunden. Es verweist auf die absolute Notwendigkeit seinen Eltern folge zu leisten und sie zu ehren. Betrachtet man das Konzept bezüglich der Reziprozität, so ist das Kind dadurch, dass es von den Eltern großgezogen wird, bereits in einer ewigen Bringschuld.

Etwas schwächer mutet dann bereits die Verpflichtung gegenüber dem älteren Bruder ( ti ) an, dem in erster Linie Liebe ( ai ) und Respekt ( jing ) entgegengebracht werden sollte (Shun 2003, S.794). Auf die Verwandtschaftsbeziehungen folgen schließlich die freundschaftlichen Beziehungen, denen Loyalität ( zhong ) und Vertrauen ( xin ) zugrunde liegt. In dieser Weise wird jede menschliche Bindung durch eine ihr spezifische soziale Ethik gestützt (Fei 1992, S.74). Die Verbindung von persönlichen Beziehungen mit einem bestimmten ethisch-moralischen Kontext bringt Xiaotong Fei zu dem Vergleich mit einem gewebten Netz, wobei jeder Knotenpunkt in dieser verwobenen Struktur seine eigene Qualität besitzt (Fei 1992 , S.78). Jedes dieser Netzwerke ist einzigartig, da kein Individuum ein und dieselben Verwandten und Bekannten besitzt. Selbst bei Geschwistern ist dies nicht der Fall, da ihre Beziehung zueinander eine differente ist. Aufgrund dessen spricht Xiatong Fei im Bezug auf die Netzwerke und deren Konstruktion von einem differenzierenden Modus von Verbindungen ( chaxugeju ).

Dieser Modus der renlun [2] – der Anordnung oder Ordnung von Menschen – ist ein in hohem Maße formales System, indem der Handelnde sich dem vorgegebenen Kontext gemäß verhalten muss. Um diese Rolle in angemessener Weise zu erfüllen, ist es oftmals notwendig, seinen eigenen Willen zu verbergen (Luo 2000; S.7f). Aus der graduellen Differenzierung einzelner moralischer Konzepte im Bezug auf verschiedene Personen innerhalb eines Netzwerkes ergibt sich ein grundlegender und unverrückbarer hierarchischer Rahmen, dem sich der Einzelne unterzuordnen hat. Die Gesamtheit der moralischen Handlungen - deren inhärente Symbolik nicht zu überschätzen ist - ergibt den Verhaltenskodex eines Akteurs. Verhält er sich innerhalb seiner Beziehungen und Bindungen korrekt, verhilft er dem System zur Harmonisierung. Folgen alle den Richtlinien, so herrscht Harmonie ( he ), die man in höchster Form als große Gleichheit (datong) bezeichnet, einem alten konfuzianischen Ideal, welches ebenfalls im Buch der Riten zu finden ist (Bauer 1973, S.127).

Die hierarchische Struktur der Netzwerke zeigt, dass Harmonie im Chinesischen nicht die Gleichheit aller Menschen bedeutet , sondern gerade auf deren Differenz verweist. Das Konzept der Menschlichkeit ( ren ) drückt sich demzufolge auch nicht in der Gleichbehandlung aller Menschen aus, sondern in dem Verfahren mit Personen ihrem Status entsprechend. Dies bezeichnet das Konzept renlun, womit die Beschriebenen Modi der Differenzierung von Bindungen gemeint ist (Fei 1992, S.65)[3] .

Für die Expansion des Netzwerkes verwenden die konfuzianischen Texte häufig den Begriff tui, was soviel wie drücken oder ausdehnen bedeutet. Durch die Einhaltung des moralischen Kodex ist es dem Selbst möglich, sich auszuweiten und dadurch andere Personen in sein Netzwerk zu inkorporieren (ebd., S.66). Es ist das systematische Anfügen von Ringen um sein Zentrum. Hierbei ist die Inkorporation einer vollständig fremden Person in das Netzwerk zumindest in der theoretischen Konzeptionalisierung nicht möglich[4] . Das Etablieren weiterer Bindungen gleicht einer Verkettungsreaktion, bei der eine Person auf weitere übergreift. So bleibt ein Netzwerk letztlich ein in sich geschlossener Kosmos, basierend auf gegenseitiger Vertrautheit.

Richtmaß für den möglichen Grad der Ausdehnung des Selbst ist das Ansehen ( lianmian ) einer Person, welches die moralische Integrität einer Person in seiner Gesamtheit widerspiegeln soll. Erlangt wird dieses vorwiegend durch stetes Ansammeln von Gesicht ( mianzi ) - einer ethischen Alltagskategorie - das in nahezu jeder Handlung eine Rolle spielt und über welches noch ausführlich zu sprechen sein wird. Durch Zugewinn und Verlust von Letzterem gewinnen die Netzwerke ein hohes Maß an Elastizität, wodurch sie sich weit ausdehnen und zusammenziehen können.

In der hierarchischen Strukturierung der chinesischen Gesellschaft sieht Xiaotong Fei den grundlegenden Unterschied zu dem Aufbau moderner westlicher Gesellschaften, den er als organisatorischen Modus von Gemeinscha ft ( tuantigeju ) bezeichnet (Fei 1992, S.61). Um diese Struktur zur verdeutlichen, benutzt er das Bild von einzelnen Reishalmen, welche zu kleinen Bündeln zusammengefasst werden. Dieses Bündel wird wiederum zu einem größeren Stapel gebunden. In dieser Weise formen Individuen Organisationen mit klaren Grenzen. Fei merkt noch an, dass sich ein Reishalm allerdings auch in mehreren Bündeln gleichzeitig wiederfinden kann. Demnach ist es dem Individuum möglich, in mehreren Organisationen gleichzeitig zu partizipieren.

Dennoch besteht die Gesellschaft aus einer Vielzahl abgegrenzter Räume wie Familie, Freundeskreis, Arbeitsplatz, etc, die nichts miteinander zu tun haben müssen. In dieser Form liegt beispielsweise auch eine klare organisatorische Trennung von privater und öffentlicher (sozialer und politischer) Sphäre vor (Fei 1992, S.62).

Betrachtet man als Kontrast die chinesischen Netzwerke, so scheinen hierbei die Übergänge fließender. Dies wird bereits auf sprachlicher Ebene deutlich. Der Begriff Jia wird beispielsweise meist für Familie verwendet und bedeutet soviel wie Haus oder Haushalt (ebd.). Jia kann allerdings auch auf alle Bekannten ausgedehnt werden, zu denen man in irgendeiner Weise in Verbindung steht. In diesem Falle werden alle Personen mit einbezogen, die in dem Haus der Familie ein- und ausgehen. Einen klar abgrenzbaren Raum gibt es demnach nicht. Jedes Individuum besitzt sein Netzwerk, während jeder, der dabei partizipiert, wiederum im Besitz eigener persönlicher Bindungen ist. Nimmt man das Bild Feis, so überlagern sich zahlreiche konzentrische Ringe der verschiedenen Netzwerke.

Der Aspekt des Räumlichen spielt eine entscheidende Rolle, was ebenfalls der Begriff Jia veranschaulicht. Mit Menschen, zu denen man persönliche Bindungen im Hier und Jetzt unterhält, trifft man sich zumindest zu gelegentlichen Anlässen in den Wohnhäusern. Letztere sind Orte, an dem rituelle Handlungen wie Feste, Feierlichkeiten und Bankette abgehalten werden, um die Bindungen durch bekundete Teilnahme zu sanktionieren. Der Begriff Jia legt hiervon Zeugnis ab. Das Zeitliche ist dem Netzwerkbegriff ebenso inbegriffen. Es ist die Verbindung zu den Vor- und Nachfahren. Mit den Ahnen ist wiederum konkret die Ahnenhalle ( zuting ) verbunden, was einen Ortsbezug herstellt. Der temporäre Aspekt eröffnet dem Individuum die Möglichkeit, Verflechtungen mit Personen zu konstruieren, mit denen man selbst, Verwandte und Bekannte in irgendeiner Weise verbunden waren oder sind. Dieses Mittel des Rückgriffs auf Geschehenes und des etwaigen Vorgriffes auf Kommendes verhilft den Netzwerken zu weiterer Elastizität. Nicht nur der Begriff des Fremden wird dadurch relativiert, es führt ferner zu einer Kopplung von Zeit und Raum, bei der sich Konstellationen persönlicher Bindungen zu einer bestimmten Zeit auf Gegenwart und Zukunft ausdehnen bzw. fortpflanzen können[5] . Gleichwohl darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich bei Fehlverhalten in bestimmten Situationen die Netzwerke auch schnell wieder verkleinern können, was ebenfalls Teil dieser Elastizität ist. Das Sprichwort wenn der Baum fällt, flüchten die Affen ( shu dao husun san ), legt bildlich Zeugnis von dem Verlust persönlicher Bindungen ab (Fei 1992, S.64).

Die Geschichtsperspektive des konfuzianischen Gelehrten Dong Zhongshu (179-104 v.Chr.), die von einem Zyklus der ständigen Expansion und dem anschließenden Zerfall Chinas in seine Einzelteile spricht, lässt sich auch auf die Natur der persönlichen Bindungen übertragen. Auch ihnen ist die Natur von steter Fusion und Fission inhärent. Die Logik jenes Aufbaus erschließt sich gar erst aus dem Mikrokosmos, da sich die Balance der Netzwerke im Kleinen immer weiter ausdehnen, bis die Struktur raumübergreifend wirkt und sozusagen eine Superstruktur entsteht[6] . Da allerdings alles einem steten Wandel unterworfen ist, ist Entstehen sowie Vergehen ihr Schicksal.

Sowohl zum Erhalt bestehender Beziehungen als auch zur Etablierung neuer Bindungen bedarf es eines aktiven Aufwandes von Seiten des Einzelnen. Gemeint ist, was der chinesische Gelehrte gemeinhin als Selbstkultivierung ( yang ) bezeichnete. Es ist ein Begriff, welcher zahlreiche konfuzianische Texte wie ein roter Faden durchzieht. Damit unmittelbar verbunden ist das Einfinden in ein Rollenmuster. Die Frage ist nun, wie dies der Einzelne bewerkstelligen kann und was im Einzelnen mit der Kultivierung des Selbst gemeint ist. Betrachtet man das einleitende Zitat aus dem Buch der Riten, so finden sich darin zwei zentrale Konzepte, welche dem Individuum den richtigen Weg ( dao ) weisen und wodurch er im Einklang mit seiner Umgebung ist. Zum einen ist es das, was als Geben und Nehmen ( bao ) übersetzt ist und zum anderen ist es das rechtmäßige Handeln ( li ). Nur durch sie kann der Idealzustand eines harmonischen Netzwerkes erreicht werden kann. Ersteres ist der Begriff der Reziprozität, welcher verlangt, dass auf eine Aktion wie der Darbietung einer Gabe eine angemessene Reaktion zu erfolgen hat. Ist dies der Fall, dann erfüllt man die Richtlinie des rechtmäßigen Handelns, wodurch sich der Kreis schließt und der rituelle Zyklus vollendet wird[7] .

Um Beziehungen und Netzwerke allerdings langfristig erhalten zu können, bedarf es der ständigen Erneuerung solcher Zyklen, wodurch zahllose symbolische Tauschvorgänge zwischen den Mitgliedern eines Netzwerkes ablaufen müssen, um die Balance aufrecht zu erhalten. Vorgegeben wird dies durch den jeweiligen moralischen Kontext. Dieser Aspekt verleiht dem Netzwerk erst seine Komplexität und Dynamik, da der Einzelne eine Vielzahl von Verpflichtungen ebenso wie Möglichkeiten in Betracht ziehen kann und muss, um seine Beziehungen zu anderen Personen kultivieren zu können. Erst dieser Umstand schafft die Voraussetzung für die Expansion von Beziehungskonstellationen, durch die sich der Akteur letztlich selbst verwirklicht (dazu an späterer Stelle mehr). Um den Vorgängen des gegenseitigen Austauschs Ausdruck zu verleihen, benutzt man im Chinesischen den Begriff Guanxi. Der Begriff beinhaltet all jene Facetten, die eine spezifische Beziehungskonstellation ausmachen und die im Laufe geschichtlicher Transformationsprozesse eine Vielzahl von Veränderungen durchgemacht haben, welche nicht immer im Sichtfeld der Konfuizianer lagen. Es ist der Blick auf jenes, was sich zwischen den Menschen abspielt und was flüchtiger ist als die scheinbar feststehende menschliche Grundordnung ( renlun ).

Übersetzt bedeutet Guanxi soviel wie Beziehung, Bindung oder Kontakt, der zwischen Objekten, Kräften oder Personen vorherrschen kann (Yang 1994, S.1). Während wir mit der menschlichen Ordnung ( renlun ) einen festen Rahmen haben, bietet Guanxi den Raum, in dem sich dynamische Handlungen zwischen Personen vollziehen. Dieser Raum ist wiederum gefüllt mit moralisch-ethischen Vorstellungen, die den einzelnen Aktionen und Aussagen der Akteure Bedeutung verleihen. Es ist ein System der Dispositionen, eine Vielfalt möglicher Handlungsstrategien, auf die der Einzelne zurückgreift, um wiederum den Bestand der menschlichen Ordnung – der renlun - zu sanktionieren. Da beide Konzepte in steter Weise rekurrieren, ist das eine ohne das andere nicht denkbar. Ohne die Interaktion – den Gabentausch – kann innerhalb der Netzwerke keine menschliche Verbindung erhalten bleiben bzw. zustande kommen, geschweige denn eine Ordnung. Ebenso bedarf es jedoch auch einer Struktur, um Richtlinien für die reziproken Transaktionen festlegen zu können.

Demnach handelt es sich ganz im Sinne von Bourdieus Habitustheorie um ein System von Erzeugungsschemata, welche einer ihr spezifischen Logik folgen, die dauerhaft systematisch ist (Bourdieu 1993, S.102). Es ist jene konditionierte und bedingte Freiheit, welche der unvorhergesehenen Neuschöpfung ebenso fern ist, wie der simplen mechanischen Reproduktion (ebd., S.103). Obwohl es diesen immensen konfuzianischen Korpus von Texten gibt, der in enzyklopädischer Genauigkeit über die Jahrhunderte hinweg Beispiele des rechtmäßigen Handelns in einer Vielzahl von Situationen beschreibt, so ist es den Gelehrten nur begrenzt gelungen, diese zu vermitteln bzw. in gedachter Weise auf das Volk zu übertragen. Sie sind in gewisser Weise Opfer ihres eigenen Zeitbegriffes geworden, da sich auch Handlungen in einer steten Transformation befinden und sich Alltagsstrategien kontextuell verselbständigt haben. So wie sich die Bedeutung hinter Worten verschiebt und verändert, so verschiebt und verändert sich der Sinn hinter symbolischen Handlungen[8] . Begriffe wie Loyalität, Redlichkeit, Tugend, Vertrauen etc. wurden in verschiedenen Zusammenhängen allerdings nicht nur in verschiedener Weise aufgefasst und interpretiert, sie wurden über die Jahrhunderte immer komplexer, da auch die alltäglichen Situationen vielschichtiger geworden sind als die schriftlich fixierten Lehrbeispiele. Im Laufe der Zeit sind auf der Basis der einsilbigen Begriffe des konfuzianischen Kodex unzählige Wortkomposita entstanden. Die kulturellen Codes sind vielfältiger geworden, um die zahlreichen Alltagshandlungen in angemessener Weise beschreiben zu können und nicht zuletzt, um den Wert von Gabe und Gegengabe besser aushandeln zu können.

2.1 Die großen Angelegenheiten und die kleinen Aufmerksamkeiten

Im Chinesischen wird sprachlich zwischen zwei Formen des Gabentausches unterschieden: Den großen Angelegenheiten ( dashi ) und den kleinen Aufmerksamkeiten ( xiaoqing ). Bei Ersterem handelt es sich um eine streng formalisierte und institutionalisierte Form wie bei Festen, Feiern und Banketten, bei dem im Idealfall alle Personen eines Netzwerkes anwesend sind (Yan 1996, S.46). Hierbei werden die Geschenke und Gaben meist auf einem Tisch präsentiert. Oftmals wird genau Buch darüber geführt, wer welches Geschenk mitgebracht hat, um zu gegebener Zeit eine angemessene Gegengabe präsentieren zu können. Die Anzahl und Größe der dargebrachten Präsente stehen wiederum sinnbildlich für die Größe des Netzwerkes und somit für das Ansehen des Gastgebers. Die Ereignisse, die in diesem Rahmen vollzogen werden, sind Teil der religiösen oder sakralen Sphäre, bei der die Abläufe einem strengen Verhaltenskodex unterworfen sind. Hierbei finden wir den Begriff Li im Sinne von Zeremoniell oder Ritual, wie es auch in den frühen konfuzianischen Texten seine Anwendung findet.

Die kleinen Aufmerksamkeiten ( xiaoqing ) sind indes die Dinge, die im Alltag unterbreitet werden, um die Nähe zu Personen innerhalb des Netzwerkes zu demonstrieren. In ihnen findet sich der Begriff Li als angemessenes Verhalten oder Regel des richtigen Benehmens wieder. Dies ist das Resultat eines langfristigen geschichtlichen Transformationsprozesses, in dem das sakrale Ritual nach und nach den gesamten sozialen Raum der chinesischen Gesellschaft erfasst hat. Durch diese Erweiterung der Prinzipien von Li in den profanen – den alltäglichen – Bereich übertrug man die konfuzianischen Ideale des richtigen Weges ( dao ) und der menschlichen Tugenden ( de ) als Maßstab alltäglicher Handlungen. Es ist eben jenes, was Max Weber in seiner Studie über den Konfuzianismus als innerweltliche Laiensittlichkeit bezeichnete oder die Umarmung von Qualitäten der Diesseitigkeit, wie es Xiaotong Fei beschreibt (Weber 1991, S.143; Fei 1992, S.92). Die Erfüllung eines sozialen Sinnes erfüllt sich somit in der angemessenen Handlung gegenüber Personen, die Teil des Wertesystems sind. Dadurch gewinnt letztlich jede Aktion oder Reaktion an symbolischer Bedeutung.

Während die Dashi für den Wissenschaftler leichter zu identifizieren sind, so ist dies bei den Xiaoqing mit größeren Schwierigkeiten verbunden. In ihnen finden sich nicht nur materielle Dinge wieder, sondern auch Handlungen wie persönliche Gefallen oder Dienste, die man geleistet hat. Demnach ist die Gabe nicht zwangsläufig von materieller Natur. Eine scheinbar selbstlose Tat kann in ebensolcher Weise eine Schuld erzeugen wie ein überreichtes Geschenk. Vorbildliche Handlungen können vielmehr noch Gesicht und Ansehen innerhalb der gesamten Gruppe steigern. Es bindet somit gleich mehrere Personen, die etwas entgegnen müssen. Die Formulierung eines für die Gesellschaft nützlichen Menschen ( shehui youyong de ren ) verweist auf solche Handlungen. Es verdeutlicht, dass die Personen des Netzwerkes immer auf einen zählen können und zeugt somit von Ansehen.

Neben den Gefallen und Hilfeleistungen gibt es schließlich die kleinen Dinge die stets in Umlauf gebracht werden und für die bei Gelegenheit eine Gegenleistung erbracht werden muss. Alkohol, Zigaretten und Essen waren während meiner Untersuchung bei Baustellenarbeitern in Hangzhou die wichtigsten Gaben des materiellen Tausches.

Diese Form der Tauschvorgänge und des symbolischen Verhaltens sind bisher wenig untersuchte Phänomene, die für die Konstruktion und Aufrechterhaltung von Netzwerken von zentraler Bedeutung sind (Yan 1996, S.46). Durch sie wird die zwischenmenschliche Bindung tagtäglich aufs Neue sanktioniert.

Das, was gegeben und erwidert wird, lässt sich somit nicht auf leblose Dinge reduzieren, sondern umfasst beispielsweise auch Handlungen, Gesicht und Energien. Demzufolge ist das Wort Liwu für die Gabe ebenso uneindeutig. Es setzt sich aus zwei Schriftzeichen zusammen, dem für Ritual ( li ) einerseits und dem für Objekt ( wu ) andererseits. Der Teil Li beinhaltet das bereits angesprochene angemessene oder rechtmäßige Verhalten und ist somit symbolischer Träger von Ethik und Moral, mit dem das Objekt in Verbindung steht. Es betont somit den kulturellen Code und nicht den materiellen Aspekt der Gabe. Das Schriftzeichen Wu kann auf Objekte angewendet werden, die sowohl belebt als auch unbelebt sind[9] . Wie Yunxiang Yan in seinem Forschungskontext beschreibt, ist sich der Handelnde über die komplexe Konnotation des Begriffs vollends bewusst (Yan 1996, 44).

Gefallen, Dienste oder Hilfeleistungen bilden mit dem Begriff renqing eine eigene Kategorie, die eng mit dem Begriff des moralischen Anstandes verbunden ist. Es mangelt ihm ebenso wenig an Komplexität, wie dem Begriff des rituellen Objektes. Er wird oft als Synonym für Guanxi gebraucht und beschreibt neben einer Handlung auch den Rahmen, in dem der Gabentausch eingebettet ist, was wir an späterer Stelle noch sehen werden.

3. Überblick über gegenwärtigen Guanxi-Diskurs

Die Vielfalt der Handlungsstrategien und der inhärenten Konzepte, die man im Bezug auf den Gabentausch innerhalb chinesischer Netzwerke vorfindet wirft die Frage auf, inwieweit Möglichkeiten einer Generalisierung hinsichtlich dieses sozialen Phänomens bestehen. Im Laufe der Zeit ist ein breites Spektrum an sozialwissenschaftlichen Interpretationsansätzen entstanden, welche in unterschiedlicher Weise versucht haben, sich dieses Problems anzunehmen.

Für die Ethnologin Mayfair Yang ist Guanxi eine komplexe Alltagswissenschaft geworden, über die jeder Chinese etwas zu berichten weiß (Yang 1994, S.6). Deshalb spricht sie auch von Guanxixue, von der Lehre oder dem Studium der Netzwerke. Dafür steht im Chinesischen u.a. der Begriff des Zuo Houmen, was soviel wie durch die Hintertür gehen bedeutet (ebd., S.65). Er steht exemplarisch für die bewusste Entscheidung persönliche Bindungen zu benutzen, um an materielle Güter zu gelangen, wodurch er in Opposition zu den staatlichen Institutionen und deren Redistributionssystem steht. Um dies zu bewerkstelligen, gilt es, an den Beziehungen zu ziehen ( la guanxi ) oder die soziale Maschinerie zu ölen ( shangyou ) (Yang 1994, S.65).

Damit trifft Yang die negative Konnotation von Guanxi, die sich auch im öffentlichen Diskurs der Kommunistischen Partei China wiederfindet, wobei sich der Gabentausch in der Sphäre von Vetternwirtschaft und Bestechung bewegt. So sind es bei ihr in erster Linie die großen Ereignisse ( dashi ) der rituellen Handlungen, die sie im Auge hat. Wenngleich sie die Praktiken in erster Linie unter funktionalistischen Aspekten untersucht, so behält sie dennoch auch die identitätskonstituierenden Elemente und Konzepte der Tauschhandlungen im Blick, wie die moralische Einbettung, die Aushandlungsprozesse und die vielfältigen Alltagsnarrative, die sich um die Praktiken spinnen. Zudem zeigt sie die entwicklungsgeschichtlichen Dimensionen auf. Letztere veranschaulichen, dass, wenngleich die Netzwerke in Phasen des Mangels – wie während der Kulturrevolution – für den Fluss und Austausch notwendiger Subsistenzgüter sorgen, ihnen doch auch immer die Aufgabe zukommt, Bedeutung und Gemeinschaft zu stiften. So zeugen die Handlungen innerhalb der Netzwerke von einer alternativen Realität, in welcher das Geleistete und die Anstrengungen des Einzelnen einen Effekt auf die sie umgebende Welt haben (Yang 1994, S.56).

Wie Yang feststellt, rückte der Begriff Guanxi in seiner heutigen Bedeutung erst in den fünfziger Jahren in den öffentlichen Blick. Dennoch bleibt anzunehmen, dass er vorher bereits in Gebrauch war (ebd., S.48).

Diesbezüglich darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es eine Vielzahl von Begriffen gibt, wie der moralische Anstand ( renqing ) oder Gefühle ( ganqing ), die unter Umständen für einen spezifischen Modus – eine bestimmte Beziehungskonstellation mit bestimmten Reziprozitätsanforderungen – von Guanxi stehen und die bereits früh jenes Phänomen bezeichneten. Wenn beispielsweise von Gefühle machen ( zuoge ganqing ) die Rede ist, hat es oft auch mit der Initiierung eines solchen Tauschzyklus zu tun. Dass man dafür zu gegebener Zeit einen Überbegriff fand, ist entwicklungsgeschichtlich nachvollziehbar und somit nicht zwangsläufig relevant, da es nichts über die tatsächliche Entstehung dieser sozialen Praxis aussagt. Nichtsdestotrotz zeigt sie anhand ihrer Forschung bei einer sozialistischen Arbeitseinheit ( danwei ) in einer Fabrik in Peking, wie die Tauschvorgänge ihre Anwendung fanden. Somit gibt ihre Untersuchung Aufschluss darüber, wie scheinbar Altes im Neuen existierte und wie Dinge, die es für das Regime der Kommunistischen Partei zu überwinden galt, in einer differenten Umgebung und mit einer eigenen Dynamik praktiziert wurden.

Die gesellschaftsstabilisierenden Komponenten von Guanxi arbeitete der Ethnologe Yunxiang Yan – wie Mayfair Yang ein Amerikaner mit chinesischem Migrationshintergrund – in zwei Monographien heraus, nachdem er in den siebziger, achtziger und neunziger Jahren insgesamt etwa zehn Jahre Feldforschung in einem Dorf in der Provinz Heilongjiang absolvierte. Zum einen widmet er sich in The Flow of Gifts dem Gabenfluss in erster Linie bei den feierlichen Anlässen ( dashi ) (Yan 1996). Die moralische Einbettung und die verschiedenen Modi von sozialer Nähe werden bei ihm im Zusammenhang von Transformationsprozessen zur Zeit des Sozialismus - während der Reform- und Öffnungspolitik im Speziellen – beleuchtet[10] . Mit letzterer befasst er sich auch in seiner zweiten Monographie, wobei es ihm in Private Life under Socialism um die Veränderung menschlicher Beziehungen im Allgemeinen geht (Yan 2003). Hierbei werden Prozesse, wie eine zunehmende Migration in die Städte oder auch die Veränderung des Rituals (beispielsweise das Heiratsrituals) ins Auge gefasst. Seine Arbeiten sind mit denen Mayfair Yangs die Eckpfeiler dieser Arbeit im Bezug auf Guanxi-Praktiken, da beide den Versuch unternehmen, die symbolische Komplexität und die strukturbildenden Eigenschaften dieser Handlungsschemata zu durchleuchten. Gerade Yunxiang Yan geht es darum, sich ein möglichst umfassendes Bild der Tauschvorgänge und all seinen Begleiterscheinungen zu machen, wodurch er tiefere Einblicke in die sozialen und emotionalen Aspekte des sozialen Phänomens gewährt .

Eine weitere Arbeit, die ebenfalls von Bedeutung ist, ist der funktionalistische Ansatz von Kwang-kuo Hwang Face and Favor: The Chinese Power Game (Hwang 1987) . Bei ihm stehen wie die Überschrift bereits vermuten lässt, die Akkumulation von Macht und Prestige im Vordergrund. Somit fasst er ähnlich wie Mayfair Yang bewusste Handlungsstrategien ins Auge, die zum Zweck des Erreichens von individuellen Zielen ihre Anwendung finden. Der Aufbau einer Identitätsrelation zwischen Personen auf der Basis moralischer Wertvorstellungen - wie man es bei Guanxi vorfindet – ist somit bei ihm vorwiegend eine bewusste mikropolitische Taktik der Protagonisten, die der Akkumulation von Macht dient (ebd., S.946). Mit Bourdieu gesprochen hält er es für eine symbolische Arbeit, bei der unvermeidlich eigennützige Verhältnisse durch eine ehrlich gemeinte Fiktion eines uneigennützigen Tausches, in freiwillige Verhältnisse verwandelt werden soll (Bourdieu 1993, S.205). Bei dieser Strategie der Verschleierung der eigentlichen Funktion des Tausches spricht Hwang von einer sozialen oder kulturellen Kompetenz, die der Akteur bei der Machtakkumulation besitzen muss (Hwang 1987, S.957). Diese zeichnet sich hauptsächlich durch das Vermögen aus, bereits bei der Gabe ihre Erwiderung antizipieren zu können. Daran angelehnt, werden die Modi von sozialer Nähe, wie der moralische Anstand ( renqing ) beispielesweise, stärker zum Aufbau eines sozialen Drucks und der Ausbeutung Einzelner genutzt, als um eine ausgleichende Balance zwischen den Mitgliedern des Netzwerkes herzustellen (Hwang 1987, S.957).

Der amerikanische Ethnologe Andrew Kipnis Guanxi hingegen, betrachtet die Netzwerke aus einer völlig anderen Perspektive. Er sieht die soziale Praxis als komplexes Kontinuum, indem Menschen Beziehungen kreieren, manipulieren und auch beenden (Kipnis 2002). Um der Vielfalt möglicher Intentionen gerecht zu werden, spricht er von Praktiken der Guanxi- Produktion. Kipnis greift einzelne Konzepte heraus und untersucht sie bezüglich ihrer Anwendung. Er begreift menschliche Gefühle ( ganqing ) als inneren Zustand, welcher Teil menschlicher Subjektivität ist, und welche als Medium der Kommunikation innerhalb der Netzwerke dienen (Kipnis 2002, S.24). Mittels Guanxi-Praktiken können die Akteure ihren Beziehungen nicht nur Ausdruck verleihen, sondern sie können des Weiteren Emotionen kreieren und manipulieren. Kinpnis sieht nun die Gabe als kommunikatives Element, um seinen Emotionen Ausdruck zu verleihen (Kipnis 1996, S.286). Sie ist sozusagen die Konkretisierung oder die Materialisierung von Gefühlen. Durch die Gabe werden verborgene Emotionen sichtbar gemacht, was wiederum eine spezifische Methode auszudrückt (ebd., S.25). Er stellt somit die unmittelbare Verbindung von Gefühl und rituellem Objekt her. Ist die Generierung von Ganqing erfolgreich, dann überträgt sie sich auf andere Personen im Umfeld. Es zeigt ein hohes Maß an Symbolik, die den Handlungen inhärent sind. Dies finden wir bereits bei Marcel Mauss, der ebenfalls beschreibt, wie durch den steten gegenseitigen Austausch von Gaben Intimität erzeugt wird (Mauss 1990, S.51).

In der Verflechtung von Emotionalität und Ökonomie sieht Kipnis letztlich auch ein analytisches Problem im Hinblick auf die westlichen Wissenschaften und den Umgang mit Guanxi-Praktiken. Diese sehen beide Sphären (Emotionalität und Ökonomie) aufgrund ihrer eigenen Entwicklungsgeschichte als getrennte Einheiten an, während sie in China immer vermischt werden (Kipnis 2002, S.33).

Im selben Sammelband wie Kipnis Arbeit zur Emotionalität, findet sich ein Artikel der Herausgeber Thomas Gold, Doug Guthrie und David Wank, die einen wirtschaftlich-ökonomischen Diskurs führen. Allen voran Guthrie konstatiert nach mehreren Interviews mit Fabrikmanagern in Shanghai, dass durch eine rationale Gesetzgebung und die Marktwirtschaft in China, Guanxi zwangsläufig an Einfluss verlieren wird (Gold 2002, S.15). Er sieht die Praktiken als ein Phänomen, welches aufgrund einer Mangelwirtschaft seinen Aufstieg nahm und welches durch den zunehmenden Einfluss des globalisierten Marktes nach und nach verschwinden wird.

Zur Veranschaulichung benutzen die Autoren das Modell der Kapitalformen von Bourdieu, um Guanxi zu verorten. Hierbei halten sie es in einem abstrakteren Sinn für soziales Kapital, während das Interesse der Akteure darin besteht, es in ökonomisches, politisches oder symbolisches Kapital zu transferieren (Gold 2002, S.7). Da der Schwerpunkt hierbei auf der Beziehung zwischen einzelnen Personen liegt, halten sie es für eine eigens chinesische Kategorie, welche jedoch im Bezug auf ihre Ausrichtung Gemeinsamkeiten zu dem russischen Blat -System aufweist. Als symptomatisch erachten sie deren Grundlage, da sie beide in Mangelwirtschaften mit schlechten legalen Infrastrukturen florierten, wodurch Netzwerke basierend auf Vertrauen fundamentaler Teil ökonomischer Transaktionen wurde (Gold 2002 S.14). Dies zeigt den westlichen Blick auf die Netzwerke und schafft ferner einen Widerspruch in ihren Ausführungen dahingehend, als dass sie die Grundlage der Netzwerke aus Xiaotong Feis gesellschaftlicher Strukturanalyse herleiten, der die Ursprünge dieser Praktiken, bereits vor mehr als 2000 Jahren sieht und nicht erst im 20. Jahrhundert (Gold 2002, S.10).

Die Beispiele zeigen die Vielfalt möglicher Herangehensweisen und die Differenz der verschiedenen Befunde, die im Bezug auf Guanxi in den letzten Jahrzehnten konstatiert wurden. Es sei anzumerken, dass es sich hierbei ausschließlich um zentrale sozialwissenschaftliche Ausarbeitungen handelt. Alles in allem ist die Literatur in westlicher Sprache bislang überschaubar geblieben.

In den Wirtschaftswissenschaften ist hingegen ein äußerst umfangreicher Korpus an Schriftgut zu Guanxi entstanden. Dies geschah scheinbar meist aus dem praktischen Grunde, um einen Zugang für westliche Unternehmen oder Unternehmer in dieses fremde Feld des Wirtschaftens zu finden. Wie und ob dies tatsächlich über die Netzwerke und den Gabentausch möglich ist, soll in dieser Ausarbeitung allerdings nicht weiter diskutiert werden, es sei nur angemerkt, dass ich während meiner Forschung immer außerhalb der Gruppen ( fangwai ) stand, ob nun bei meiner Gastfamilie oder bei den Baustellenarbeitern[11] . Das Erscheinungsbild war meist schon ein zentrales Argument, wodurch ich als nicht hinreichend kompetent angesehen wurde, um an den Tauschvorgängen zu partizipieren.

Denken wir an die Ausführungen von Marcel Mauss bezüglich des Gabentausches als einem totalen gesellschaftlichen Phänomen, indem religiöse, rechtliche und moralische Institutionen mit einem Schlag zum Ausdruck kommen, so stellt sich die Frage ob diese Komplexität für den Forschenden vollends zu erfassen ist (Mauss 1990, S.17). Freilich wurden Versuche unternommen, um Guanxi im Hinblick auf diese ganzheitliche Perspektive zu untersuchen. Wie die einzelnen Ansätze zeigen, ist dies jedoch nur bedingt gelungen. Die Frage stellt sich nun, warum es ein derart schwieriges Unterfangen zu sein scheint, die sozialen Praktiken in ihrer Gänze zu erfassen oder zumindest in gewisser Weise verallgemeinernde Aussagen zu treffen, welche auf die verschiedenen Kontexte anwendbar sind.

In der Ethnologie sieht Yunxiang Yan das Problem darin, dass der Gabentausch meist in Verbindung mit relativ einfachen Gesellschaften steht, wobei die Lokalgesellschaft nur marginal vom politischen Staat beeinflusst wird, während die Soziologie bei Formen des sozialen Austausches hauptsächlich moderne Industriegesellschaften im Blick hat, mit demokratischen politischen Systemen und einer freien Marktwirtschaft (Yan 1996, S.162). Dies trifft gerade im Bezug auf die ländliche Gesellschaft in China nicht zu, die einer strikten Kontrolle des Zentralstaates unterworfen ist, bei einer Planwirtschaft, der ein System staatlicher Redistribution zugrunde liegt (ebd.). In diesem regulierten staatlichen Gebilde finden sich schließlich die Guanxi-Praktiken, die zwar einerseits beeinflusst sind , aber andererseits eine eigene Dynamik besitzen. Der Gabentausch ist immer von dem Maß abhängig, in dem der Staat durch Kontrollen eingreift, wie beispielsweise durch eine Geburtenkontrolle oder das staatliche Aufenthaltsrecht.

Einflüsse einer zunehmenden Öffnung des Landes und der damit verbundenen Globalisierung spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, da mittlerweile auch in den kleinsten Dörfern zumindest der Fernseher ein verbreitetes Medium ist. Dieser liefert neue symbolische Inhalte, rüttelt an Wertvorstellungen und schafft neue imaginierte Persönlichkeiten. So konstatiert Yan zu Beginn der neunziger Jahre einen Vormarsch der romantischen Liebe in dem Dorf Xiajia, welche eine Form von Intimität verlangt, die wiederum in einem Mehrgenerationenhaushalt nicht gegeben ist[12] . Dies hebt die bisherigen Vorstellungen von Familie mit all den daran gekoppelten Pflichten aus den Angeln und führt zwangsläufig zu Konflikten mit den älteren Generationen.

Die Komplexität, die durch die historischen und prozessualen Entwicklungen entsteht, macht es schwer, verallgemeinernde Aussagen über Guanxi-Praktiken zu treffen. Es bedarf der Untersuchung spezifischer sozialer Settings. Denn die Dinge liegen nicht so klar, wie sie Mauss hinsichtlich chinesischer Rechtsvorstellungen formulierte, dass sich die Kultur aus archaischen Zeiten eben jenes Rechtsprinzip bewahrt hat das uns interessiert, wobei sie das unlösbare Band einer jeden Sache mit ihrem ursprünglichen Besitzer anerkennt, und das durch die übergebene Sache (sei sie nun ersetzbar oder nicht) die eingegangene Verbindung keine nur momentane ist, sondern dass die Kontrahenten in immerwährender Abhängigkeit stehen (Mauss 1990, S.155).

Die archaischen Prinzipien haben einen langen Weg genommen und alleine die Kommentare von den Gelehrten einzelner Epochen und Dynastien seit Konfuzius, haben sich wie Jahresringe um die idealisierten Vorstellungen klassischer Texte gelegt und immer wieder neue Interpretationen bezüglich der Reziprozität ( bao ) und dem angemessenen Verhalten ( li ) vorgelegt, bis unter dem sozialistischen Regime Guanxi-Praktiken von offizieller Seite vollends verboten wurden. Alleine der makroskopische und schriftlich fixierte Diskurs liefert uns eine Vielzahl an tiefgreifenden Veränderungen, ohne dass wir auch nur einen Blick auf die alltäglichen Vorgänge geworfen haben.

Da nun aber die chinesische Gesellschaft – wie alle komplexen Gesellschaften – nicht nur eine Einzige ist, bedarf es immer des Blickes auf das Spezielle, um tatsächlich Einblicke in die Totalität des Phänomens Guanxi zu erhalten. Nur so können wir uns in angemessener Weise dem emischen Verständnis der Praktiken nähern, da es in vielerlei Zusammenhängen ein facettenreiches und sich ständig veränderndes System ist, welches die Interpretation und Repräsentation zu einem komplexen und schwierigen Unterfangen macht (Yang 2002, S.459), da das tief verankerte Reziprozitätssystem kulturellen Prämissen unterliegt, die in verschiedenen Kontexten differente Anwendung finden (Yan 1996, S.214).

4. Guanxi und Migration

In der Ethnologie sind Guanxi-Netzwerke in der Arbeitsmigration ein kaum untersuchtes Gebiet. Yunxiang Yan geht in seiner Untersuchung zu dem Dorf Xiajia am Rande auf diese Problematik ein und beschreibt sie lediglich in einem größeren Zusammenhang mit weiteren Veränderungen im Hinblick auf die Reform- und Öffnungspolitik ab 1978 (Yan 2003). Da er weitgehend in den achtziger Jahren forschte, spielte Wanderarbeit noch keine zentrale Rolle. Lediglich ein kleiner Teil der Dorfbewohner befand sich während seiner Untersuchungen in einer längeren Arbeitsmigration, die während der Asienkrise 1997 dann auch kurzfristig rückläufig war (Yan 2003, S.20f). Ein Wirtschaftswachstum wie es Ende der Neunziger und zu Beginn des neuen Jahrtausends in China einsetzte und der damit verbundene landesweite Bedarf an billigen Arbeitskräften war ein Phänomen, welches in Yans Beschreibungen noch keinen Niederschlag finden konnte. Dennoch zeigt er eine Vielzahl von möglichen Veränderungen innerhalb familiärer Strukturen auf, welche durch die Migration noch verstärkt wurden. So konstatiert er bereits in seiner Studie eine zunehmende Vernachlässigung der Kindespietät von Seiten der jüngeren Generation und einer damit verbundenen mangelnden Ehrung der Eltern (Yan 2003, S.170). Während die Transformation in Yans Untersuchung aus dem Kontext heraus entsteht, dass die jüngere Generation dieses Konzept mitunter als feudalistisch und altmodisch ansieht, so ist es im Bezug auf die Arbeitsmigration schlicht ein Problem der physischen Abwesenheit (ebd., S.171). Die räumliche Nähe, derer es bei einer angemessenen Ehrung der Eltern bedarf, ist durch die Migration nicht mehr gegeben[13] . Letztendlich können seine Ausführungen allerdings eine Hilfestellung leisten, um mögliche Transformationsprozesse besser deuten zu können, die sich in ruralen Gebieten durch die Migration vollziehen.

Die Soziologin Rachel Murphy wirft einen umfassenden Blick auf die Veränderungen, die sich im Zuge einer zunehmenden Wanderarbeit vollziehen. Es geht ihr darum, einen detaillierten Blick auf die Ressourcen, Strategien, Ziele, Werte und Lebensentwürfe der Migranten zu werfen und wie sich diese Faktoren in der Fremde darstellen und verändern. Welchen Einfluss dies letztlich auf die soziale Struktur der ländlichen Gebiete hat, versucht sie ebenfalls herauszuarbeiten (Murphy 2002, S.10). Es ist eine verallgemeinernde Perspektive, basierend auf einer qualitativen Untersuchung in Dörfern und Städten der Provinz Jiangsu (ebd. S.3). Ein zentraler Ansatz ist es, Verflechtungen zwischen einer politischen Makroebene und dem arbeitsmigratorischem Mikrokosmos zu veranschaulichen, da staatliche Eingriffe wie das Haushaltsregistrierungssystem ( hukou ) und die systematische Rückführung der Wanderarbeiter, neben der individuellen Entscheidung zu einer Migration, ebenfalls tiefgreifende Auswirkungen auf Lebensentwürfe und die Form zwischenmenschlicher Bindungen hat (ebd., S.20).

Daraus erwachsen wichtige Fragestellungen auf der Ebene von Entscheidungsprozessen dahingehend, ob es sich bei einer temporären Migration in erster Linie um eine bewusste Rückwanderung handelt, bei der womöglich Faktoren wie eine Institutionalisierung der Wanderarbeit und Übergangsriten eine Rolle spielen, oder ob langfristig eine Ansiedlung in der Stadt mit neuen Netzwerken geplant ist (ebd., S.204).

Bei dem Blick Murphys auf die persönlichen Verbindungen der Wanderarbeiter sowohl in der Fremde als auch auf die des Herkunftsortes, spricht sie von der Etablierung einer bipolaren Welt mit Verflechtungen auf zahlreichen Ebenen. Hierbei greifen ihrer Meinung zufolge nicht nur die Analysemethoden eines strukturalistischen Modells zu kurz, welches von einem modernen städtischen Zentrum und einer traditionellen Peripherie ausgeht (Murphy 2002, S.20). Ebenso liefert der modernistische Ansatz einer geradlinigen und positiven Entwicklung bei dem die Arbeiter ausschließlich die Erleuchtung der Moderne auf das Land bringen, kein adäquates Erklärungsmodell (ebd., S.89).

Der Ethnologe Arjun Appadurai sieht im Bezug auf das Untersuchungsfeld der Migration und den Umgang der Ethnologie mit dieser Problematik ähnliche Schwierigkeiten wie Murphy (Appadurai 1996). Auch er hält Modelle von Zentrum und Peripherie – auch nicht im Sinne multipler Zentren und Peripherien – nicht mehr für angemessen, ebenso wenig wie einfache Modelle von Push- und Pull-Faktoren innerhalb der Migrationsforschung (ebd., S32). Gerade bei Wanderungsbewegungen, bei denen es zu einer neuen Konstituierung von Gruppen und Gruppenidentitäten kommt, bei denen Nachbarschaft und Lokalität in einer differenten Weise konstruiert werden, als dies bei stabilen Gemeinschaften der Fall ist, müssen eine Vielzahl von Aspekten berücksichtigt werden, die bisherige Theorien nicht berücksichtigen (ebd., S.33). Appadurai spricht in diesem Zusammenhang von imaginierten Welten, die das Individuum mitbringt (ebd., S.3). Hierbei hat der Akteur bereits vor dem Aufbruch ein detailliertes Bild von dem Leben in der Fremde vor Augen. Demzufolge ist der Wunsch nach Migration wesentlich komplexer, als nur das Verlangen nach einem größerer Verdienst beispielweise. Es herrschen bereits im Vorfeld konkrete Vorstellungen und Phantasien bezüglich eines Ortes, an den man sich begeben will. Gleichzeitig verändert sich der Blick auf den Herkunftsort nicht erst nachdem man ihn verlassen hat. Heimat und Fremde sind somit imaginierte Gebilde, an denen ständig gedanklich gearbeitet wird.

Nach welchen Maßstäben eine neue Umgebung schließlich erschaffen wird und inwieweit das Individuum überhaupt Einfluss darauf hat, ist ebenfalls ein vielschichtiger Prozess. Es bedarf jedoch immer der Aneignung von Raum, welcher von einer Gruppe zumindest temporär in Besitz genommen wird. Hierbei kommt es laut Appadurai zu einer Verflechtung von Lokalität und sozialem Leben. Indem eine Ansammlung von Menschen soziale Handlungen reproduziert, erfolgt das Entstehen einer Nachbarschaft. Mit der Bewusstwerdung von routinierten Handlungen verändert man den ursprünglichen Platz, der erst dadurch zu einem Ort wird (Appadurai 1996, S.183). Diese Produktion von Nachbarschaft erfordert bewusste Anstrengungen von Seiten der Gemeinschaft, da sie sich aus einer Differenzierung heraus von ihrem Umfeld absetzen muss. Eine Form der Exklusivität muss sich bei einer derartigen Raumaneignung herausbilden. So arbeitet nicht nur die Dominanzgesellschaft - in die sich die Migranten verorten - mittels Unterscheidung, sondern es erfolgt ebenso eine Abgrenzung von Seiten der Gruppe. Jede Form einer solchen Besiedlung hat ihren eigenen chronotypischen und historischen Moment (ebd.). Diese Orte, die von Menschen in Bewegung gebildet werden, nennt Appadurai Ethnoscapes. Touristen, Migranten, Flüchtlinge, Exilanten und nicht zuletzt Wanderarbeiter sind Teil dieser sich bewegenden Welt (ebd., S.33).

Um die Prozesse der Bildung dieser Ethnoscapes zu erfassen, ist es notwendig, die spezifischen Gruppenidentitäten hinsichtlich ihrer Einzigartigkeit zu untersuchen, um sich ein genaues Bild von der jeweiligen imaginierten Welt zu machen. Dazu ist es nötig, die Symbolsysteme zu erfassen, aufgrund derer Gemeinschaft und Lokalität erzeugt werden. Ferner gilt es zu erfahren, aus welchen Kontexten heraus diese Symbole erzeugt werden. Die Vorstellungen und Lebensentwürfe müssen zumindest in gewisser Weise bei jedem Gruppenmitglied kohärent sein, da sie ansonsten keine Gemeinschaft stiften können.

Die globalisierte Welt ist aus dem Grunde eine geschichtlich einzigartige, da die Quellen vielfältig geworden sind, aus denen das Individuum Symbole beziehen kann und mittels derer es sich in spezifischer Form Vorstellungen konstruiert[14] . Was den Ethnologen in dieser Hinsicht zusätzlich vor neue Herausforderungen stellt, ist, dass es sich bei den Untersuchungsfeldern nicht um abgeschlossene soziale Systeme handelt, sondern um Felder welche immer auch von einer Vielzahl differenter Institutionen beeinflusst werden (der von Yunxiang Yan benannte staatliche Einfluss in der sozialistischen Planwirtschaft ist nur einer von vielen). Ebenso wirken sich allerdings auch die zahlreichen Ethnoscapes auf die politischen Entscheidungsprozesse der Makroebene aus, wie das Massenphänomen der Wanderarbeit in China beweist.

Es steht im Zentrum meines Erkenntnisinteresses, mich dem System der Bedeutung eines dieser Ethnoscapes in einem Geertzschen Sinne anzunähern (Geertz 1975, S.4). Dabei geht es um die Suche nach symbolischen Formen, wie Aussagen, Vorstellungen, Institutionen und Verhalten, die Menschen im gegenseitigen Austausch verwenden (Geertz 1976, S.225). So versuche ich Aufschluss darüber zu erlangen, wie Wanderarbeiter aus der Provinz Sichuan, die sich größtenteils vorher nie begegneten, eine gemeinsame Gruppenidentität bilden. Bei dieser sprachen sie von einem Netzwerk persönlicher Beziehungen ( guanxiwang ). Welche Elemente bei der Konstruktion und Stabilisierung dieser Gemeinschaft eine Rolle spielen, soll gezielt dargelegt werden.

[…]


[1] Das Buch der Riten ist das umfangreichste der sogenannten fünf kanonischen Bücher des Konfuzianismus. Teile stammen bereits aus der vorkonfuzianischen Zeit (vor 551 v.Chr.). Seit der Han-Zeit (206 v.Chr.) wurde das Studium der Klassiker verpflichtend für jeden, der sich der konfuzianischen Ausbildung zuwandte (Franke 1968, S.53). Im Zentrum des Ritenklassikers steht Li, was man mit Ritual, Zeremoniell oder mit Regeln der angemessenen Handlung übersetzen kann (Cua 2005, S.370). Das Ritual hatte die Aufgabe Menschen in verschiedene Klassen zu unterteilen (Bauer 1971, S.33). Jeder Klasse kam ein bestimmter Verhaltenskodex zu, den das Individuum zu befolgen hatte. Nur durch die Einhaltung dieser Vorschriften ist die Gesellschaft in Balance und somit in Harmonie ( he ).

[2] In den klassischen Texten des Konfuzianismus spricht man von den Wu Lun, den fünf Ordnungseinheiten menschlicher Beziehungen oder wie es Fei vielleicht ausdrücken würde, den fünf Wasserringen die sich um das Zentrum bewegen. Hierbei handelt es sich um die Bindungen Prinz und Volk, Vater und Sohn, älterer und jüngerer Bruder, Mann und Frau, Freund und Freund.

[3] Bezüglich des unveränderbaren menschlichen Rahmens innerhalb der konfuzianischen Sozialstruktur beschreibt das Buch der Riten: Zwischen den Vertrauten gibt es nur Vertrautheit, zwischen den Respektierten nur Respekt, zu den Höheren gibt es nur Ehrerbietung und zwischen Mann und Frau nur Unterschiede (Fei 1992, S.66). Der Begriff Lun ist bezeichnend für eine solche Abfolge oder Verkettung von Dingen (er ist auch häufig in klassischen Texten mit Sequenz oder Abfolge zu übersetzen).

[4] Dies findet seinen Ausdruck nicht nur im Argwohn gegenüber nomadischen Verbänden als die klassischen Fremden, sondern auch in dem schlechten Ansehen von Händlern oder Kaufleuten in der Vergangenheit und Wanderarbeitern im aktuellen Kontext. Zu ihnen besteht keine Basis, eine mögliche Vertrautheit zu konstruieren.

[5] Dem zuträglich ist beispielsweise eine vergleichsweise geringe Anzahl von chinesischen Nachnamen, auf deren Basis man einfach eine frühere Verwandtschaft konstruieren kann.

[6] Diese Verkettungsidee findet sich in einem zentralen konfuzianischen Werk, dem Großen Lernen. Es ist Teil des Buches der Riten und wurde von den Neokonfuzianern während der Song-Dynastie (960-1270) zu einem der vier Bücher ( si shu ) ernannt, welche mit den fünf Klassikern ( wu jing ) die wichtigsten Werke der Gelehrtenwelt in den Kaiserreichen darstellten. Es besagt, dass die Vorfahren wenn sie ihre Tugend auf das Reich übertragen wollten, zunächst den Staat ordneten. Um den Staat zu ordnen, ordneten sie ihre Familien. Um die Familie zu ordnen, kultivierten sie zuerst ihr Selbst. Nachdem ihr Selbst kultiviert war, war ihre Familie geordnet. War die Familie geordnet, so wurde der Staat richtig regiert. Wurde ihr Staat richtig regiert, war das gesamte Reich ruhig und friedlich (Fei 1992, S.69).

[7] Der Begriff Li bietet eine Vielzahl von Übersetzungsmöglichkeiten. Dies ist seiner mehr als zweitausendjährigen Geschichte geschuldet. Ich möchte mit Cua verfahren und den Begriff als Regeln des richtigen Benehmens verstanden wissen. Es impliziert die Einhaltung formaler Prozeduren und ein regelbestimmtes Verhalten (Cua 2005, S.370). Ob dies eine bewusste Handlungsstrategie ist oder eine unbewusste, inkorporierte Verfahrensweise, muss im jeweiligen Kontext diskutiert werden.

[8] Die Bedeutungsverschiebung von Begrifflichkeiten lässt sich an den chinesischen Schriftzeichen zum Teil sehr gut beobachten. Der Begriff des Gebens und Nehmens oder der Reziprozität ( bao ) beispielsweise zeigt im rechten Teil einen Kriminellen und im linken Teil zeigt es eine Hand mit einem Amtssiegel. So kündigte es ursprünglich vermutlich eine Sanktion auf eine unrechtmäßige Handlung an, die bereits begangen wurde oder es sollte zeigen, dass auf Fehlverhalten eine mögliche Sanktion erfolgt. Derjenige der nichts weitergibt oder erwidert ist kriminell und hat von offizieller Seite etwas zu befürchten.

Im heutigen Kontext ist der sanktionierende Charakter nicht mehr erkennbar. Bao ist ein Bestandteil vieler Begriffskomposita geworden, u.a. für einen Bericht oder eine Meldung ( baogao – wörtlich weitersagen ), durch den Wissen oder Neuigkeiten weitergegeben werden oder er ist auch Teil des indischen Begriffes für Karma ( baoying ), bei dem ebenfalls konditionierte Energien gesammelt und weitergegeben werden. Das strikte und bestrafende Element ist ihm mehr oder weniger abhanden gekommen. Es wird als selbstverständlich angenommen und ist inkorporiert, sprachlich wie performativ.

[9] Die beiden Schriftzeichen Dongwu beispielesweise bedeuten wörtlich übersetzt soviel wie sich bewegende Dinge und meinen Tiere.

[10] Die Reform- und Öffnungspolitik ( gaige kaifang ) markierte eine entscheidende Veränderung in Chinas Außen- und Innenpolitik. Zwei Jahre nach dem Tod Mao Zedongs leitete der neue Ministerpräsident Deng Xiaoping 1978 die sogenannten Vier Modernisierungen ( si ge xiandaihua ) in Industrie, Landwirtschaft, Verteidigung, sowie Wissenschaft und Technik ein. Faktisch bedeutete es in der Außenpolitik das Ende der Abschottung früherer Jahre und die zunehmende Öffnung des chinesischen Marktes für ausländische Devisen. Auf dem Lande kam es zur Auflösung der Volkskommunen und zur Rückgabe des Landes an die Bauern. An der Ostküste wurden Sonderwirtschaftszonen eingerichtet und man erlaubte fortan die Gründung privatisierter Betriebe, was die zentralen innenpolitischen Reformen darstellte (Spence 1995, S.767ff.).

[11] Mein Informant erzählte mir, dass man Menschen aus dem Westen häufig als Geister ( guizi ) bezeichnet, da wir blass seien, kurz auftauchen würden und dann meist ganz plötzlich wieder weg wären. Das Klischee des kurzen Auftretens macht uns als Akteure für ein langzeitlich angelegtes Netzwerk unbrauchbar.

[12] Die Stadt Hangzhou ist mit ihrem Westsee beispielsweise zu einem Wallfahrtsort für Paare geworden, die eine romantische Trauung vollziehen wollen. Die Frau und der Mann finden sich meist kurz vor der Heirat mit einem Fotografen am Westsee ein und inszenieren romantische Szenarien ganz nach dem Vorbild alter Hollywood-Klassiker. Die Frau trägt hierbei in den meisten Fällen ein weißes Kleid mit Schleier, während der Mann in einem Anzug in westlichem Stil gekleidet ist.

[13] Davon legt auch die vielfach verwendete Aussage Zeugnis ab, dass die Eltern an der Seite der Kinder leben sollten ( fumu yingai zhuzai haizi de shenbian ).

[14] Appadurai benennt fünf Dimensionen, welche die Vorstellungswelt von Individuen in einer globalisierten Welt beeinflussen und die ihren eigenen Regeln folgen. Neben den Ethnoscape, nennt er die Mediascapes, Technoscapes, Financescapes und die Ideoscapes (Appadurai 1996, S. 33). Wichtig für meine Untersuchung war der Begriff der Ethnoscapes, welche jedes Untersuchungsfeld zu einem spezifischen Kontext machen, der eigenen Regeln folgt.

Ende der Leseprobe aus 141 Seiten

Details

Titel
Aspekte sozialer chinesischer Netzwerke
Untertitel
Konzeptualisierung und Transformation von Guanxi. Netzwerken im Kontext chinesischer Arbeitsmigration
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Institut für Ethnologie)
Note
1,1
Autor
Jahr
2010
Seiten
141
Katalognummer
V263842
ISBN (eBook)
9783656526568
ISBN (Buch)
9783656537632
Dateigröße
4831 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Studie beinhaltet ein ausführliches Verzeichnis mit der relevanten chinesischen Terminologie in Zeichen sowie in Pinyin. Im Verzeichnis sind zudem wichtige Begrifflichkeiten und Idiome festgehalten, die von Seiten der Arbeitsmigranten im alltäglichen Sprachgebrauch sowie in den Interviewsituationen verwendet wurden. Die Herkunft der Arbeiter ist anhand einer Übersichtskarte im Anhang veranschaulicht. Im Anhang finden sich ferner Cross-Case-Displays von den zentralen Akteuren der Untersuchung sowie eine Auflistung und Kurzdefinition der relevanten Begriffe, die bei der Kodierung der Interviews eine Rolle spielten.
Schlagworte
aspekte, netzwerke, konzeptualisierung, transformation, guanxi, netzwerken, kontext, arbeitsmigration
Arbeit zitieren
Mike Bernd (Autor:in), 2010, Aspekte sozialer chinesischer Netzwerke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263842

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Titel: Aspekte sozialer chinesischer Netzwerke



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