Kölner Frauenarbeit im Spätmittelalter

Handel und Handwerk


Hausarbeit, 2012

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Lebenssituation deutscher Frauen in der spätmittelalterlichen Stadt
2.1 Die bürgerrechtliche Stellung
2.2 Die soziale und wirtschaftliche Stellung

3 Die berufliche Situation Kölner Frauen im Spätmittelalter

4 Kölner Frauen im Handel
4.1 Kölner Frauen im Weinhandel
4.1.1 Weinzapf
4.1.2 Weinimport
4.1.3 Weinexport

5 Kölner Frauen im Handwerk
5.1 Kölner Garnmacherinnen

6 Die weitere Entwicklung der Frauenarbeit

7 Schlussbemerkungen

8 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Für heute lebende Menschen in der westlichen Welt ist es selbstverständlich, dass Frauen in hoher Anzahl Berufe ausüben und eine zumindest weitgehende Gleichberechtigung der Geschlechter in wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Hinsicht besteht.

Denkt der Laie an vormoderne Verhältnisse, so ist er sicher, dass die Situation für Frauen seinerzeit weitaus schlechter ausgesehen haben muss und das weibliche Geschlecht vermutlich nicht am Erwerbsleben beteiligt war, sondern ihr Arbeits-bereich auf „Haus und Herd“ beschränkt blieb.

Doch begann die kategorische Trennung von Haus und Beruf erst in der Moderne, während Frauen im Mittelalter in zahlreichen Berufszweigen präsent waren.[1]

Dennoch hat die historische Forschung das Leben der alteuropäischen Frau – ihren Alltag wie auch ihre Erwerbsmöglichkeiten – lange Zeit ausgeklammert und sich auf Machthaber und Eliten – die naturgemäß männlich waren – konzentriert. Seit Etablierung der „Geschichte von unten“ in den 1970er Jahren, die sich mit der Alltagsgeschichte und dem Leben „einfacher Menschen“ beschäftigt, nehmen sich jedoch immer mehr Historiker dieses Themas an.

Zwar sind noch viele Fragen offen und es ist weiterhin zu bedenken, dass die Vergangenheit niemals in Gänze rekonstruierbar ist, sondern aufgrund des geringen Verschriftungsgrades sowie der Zufälligkeit und Unvollständigkeit an Überlieferungen stets fragmentarisch und schemenhaft bleiben wird. Doch konnte aufgrund ausgiebiger Frauenforschung in den letzten Jahrzehnten ein erster Eindruck davon gewonnen werden, wie das weibliche Geschlecht in der Vergangenheit gelebt hat.

In meiner Hausarbeit möchte ich mich eingehender mit der Frauenarbeit im spätmittelalterlichen Köln befassen. Der Schwerpunkt liegt darin, herauszu-arbeiten, in welchem Maße weibliche Angehörige verschiedener sozialer Schichten zu jener Zeit in die Berufszweige des Kölner Handwerks und Handels eingebunden waren und welche Tätigkeiten sie dort entgeltlich entrichteten.[2] Daneben möchte ich ergründen, wie die Frauenerwerbstätigkeit in Köln im Vergleich zur Frauenarbeit in anderen deutschen Städten zu bewerten ist. So soll herausgefunden werden, ob die berufstätige Kölnerin seinerzeit wirklich eine deutsche Ausnahmeerscheinung darstellte, wie häufig erklärt wird.

2 Die Lebenssituation deutscher Frauen in der spätmittelalterlichen Stadt

2.1 Die bürgerrechtliche Stellung

Das für die Frauenarbeit relevanteste Recht war im Spätmittelalter das Bürger-recht, welches Frauen grundsätzlich besaßen, wenn ihre bürgerlichen Väter oder Ehemänner dieses bereits inne hatten, so auch in Köln. Für die Töchter galt wohl zusätzlich, dass sie selbst in der entsprechenden Stadt geboren sein mussten.[3] Zogen Frauen dagegen neu in eine Stadt, so war der Bürgerrechtserwerb mancherorts zwingend, etwa in Zwickau oder Mühlhausen, in Berlin unter gewissen Umständen. Grundsätzlich wurde er jedoch von Stadt zu Stadt unterschiedlich geregelt, war aber in der Regel mit einer Geldzahlung (dem Aufnahmegeld) sowie der Leistung des Bürgereids verbunden. Schließlich verpflichtete der Bürgerstatus zur Steuerabgabe und dazu, Wach- und Verteidigungsdienste zu leisten. Da besagte Dienste auch von einem Stellvertreter ausgeführt werden konnten oder man ihnen durch Zahlung eines bestimmten Geldbetrages entgehen konnte, waren diese Pflichten auch für Frauen tragbar. Aufgrund der für die Erfüllung der Auflagen benötigten (vorwiegend finan-ziellen) Mittel war es allerdings meist nur vermögenden Frauen aus der Mittel- und Oberschicht möglich, selbstständig das Bürgerrecht zu erwerben, was erklärt, dass der Anteil weiblicher Neubürger im späten Mittelalter bloß zwischen null und acht Prozent lag.[4] In Köln betrug die Frauenquote in den Jahren 1356-1399 3 Prozent, im 15. Jahrhundert 0,8 Prozent. Viele Kölnerinnen erwarben das Bürger-recht aus beruflichen Gründen, etwa um in eine Bruderschaft oder Zunft aufge-nommen zu werden.[5] So war es Bedingung für unabhängiges Wirtschaften.[6] Neben den bereits genannten Bürgerpflichten mussten sich Kölner Bürger auch am Unterhalt der Stadtmauern beteiligen.[7]

Die Vorteile, die Frauen durch den Bürgerstatus erhielten, können folgendermaßen zusammengefasst werden:

„Sie können Rechtsgeschäfte durchführen, Verträge abschließen, als Bürgen, Gerichtszeugen, Testamentsvollstrecker und mitunter auch für Kinder und Enkel als Vormünder handeln. Sie dürfen gerichtliche Klagen zur Sicherung ihres Vermögens und zur Schuldeneintreibung vor fremden Gerichten in anderen Städten, ohne Vormund, mit der Unterstützung des Rates ihrer eigenen Stadt führen.“[8]

Für Kölner Frauen galten ähnliche Bestimmungen, wobei sie wichtige persön-liche Freiheitsrechte auch ohne Bürgerstatus für sich beanspruchen konnten, solange es sich bei ihnen um Eingesessene handelte.[9] Trotz der Gemeinsamkeiten zwischen seinerzeit bestehenden Rechten in Köln und anderen deutschen Städten stellt Margret Wensky einige davon (das Abschließen von Verträgen, die Berechtigung zum Amt des Testamentsvollstreckers wie auch das Recht, Zeugen-aussagen abzugeben) als Sonderfälle für die Stadt Köln sowie als Beleg für die hohe Rechtsfähigkeit dort lebender Frauen heraus und kommt so zu dem Schluss, die rechtliche Situation für Frauen sei in Köln günstiger gewesen als „in den meisten deutschen und nordwesteuropäischen Handelsstädten“[10], obgleich keine deutschen Städte, sondern nur Antwerpen und Metz als Gegenbelege heran-gezogen werden.[11]

Lediglich von der Ratswahl und damit von politischer Partizipation waren alle Frauen im Spätmittelalter ausgeschlossen, dies auch in Köln.[12] Allerdings hatte auch die große Mehrheit der Männer weder Einfluss auf Politik noch Regiment.[13]

2.2 Die soziale und wirtschaftliche Stellung

Im späten Mittelalter war eine deutliche Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung der Frau zu beobachten, was sich vor allem in den Bereichen Wirtschaft und Beruf niederschlug.[14] Durch die gewachsene wirtschaftliche Aktivität des weiblichen Bevölkerungsteils entwickelten sich Leibrentenkauf, Erwerb, Mietung und Vermietung von Wohn- und Verkaufsraum in jener Zeit sehr gut, ebenfalls verliehen Frauen Geld gegen Zins oder erwarben Mühlenanteile.[15]

Auch in Köln sind Kapitalgeschäfte (städtische Anleihen und Leibrentenkäufe) nachzuweisen. Etwa 10 Prozent der Hausbesitzer in der Großstadt waren weib-lich. Einige Kölnerinnen – so jene, deren Familienmitglieder dem Rat angehörten – waren Teil der Oberschicht: 1515 war fast ein Viertel der reichsten Kölner weiblichen Geschlechts. Lohnarbeiterinnen gehörten der Unterschicht an, der Großteil selbstständig arbeitender Frauen dagegen einer breiten Mittelschicht.[16] Frauen zahlten meist erst dann eigenständig Steuern, wenn ihre Ehemänner verstorben waren. Da sie zu diesem Zeitpunkt aber bereits häufig eine gewisse Summe des Familienvermögens an ihre Kinder verteilt hatten, sind Erhebungen, nach denen Steuerzahlerinnen meist der unteren Vermögens- und Steuerschicht angehörten, nicht unbedingt repräsentativ und entsprechende Thesen mit Vorsicht zu betrachten.[17] In Nördlingen etwa sind ledige Frauen und Witwen nach-zuweisen, die das zweit- oder drittgrößte Vermögen der Stadt in ihrem Besitz hatten, wobei zur Witwe hinzuzufügen ist, dass sich deren Besitztum nach dem Tode des Ehemannes sogar noch vermehrte. Ähnliches gilt für Kitzingen.[18]

Stichhaltiger erscheint mir eine Untersuchung, derzufolge im Wismar des Jahres 1475 26,2 Prozent der Frauen in Buden oder Kellern lebten, während bloß 7,8 Prozent von ihnen Häuser bewohnten.[19] Ein Hauptgrund dafür, dass Frauen im Mittelalter häufig unter der Armutsgrenze lebten, ist darin zu sehen, dass sie deutlich geringere Erwerbsmöglichkeiten hatten als Männer.[20]

Betreffend der Größe damaliger Haushalte existieren Berechnungen, nach denen gegen Ende des späten Mittelalters zirka 20 Prozent aller Steuerzahler und damit auch aller Haushaltsvorstände in den Städten weiblichen Geschlechts waren.[21] Die Familien im Spätmittelalter waren eher klein: Im Jahre 1459 bestanden sie in 57 Prozent der Fälle lediglich aus ein bis drei Personen, wobei auch diese Angabe auf Nördlingen bezogen ist. Dem Haushalt angehöriges Gesinde ist darin nicht enthalten, doch scheint beinahe jeder dritte Haushalt über Personal verfügt zu haben.[22]

3 Die berufliche Situation Kölner Frauen im Spätmittelalter

Seit den Forschungen Karl Büchers aus dem Jahre 1882 gehen Historiker immer wieder von einem mutmaßlichen Frauenüberschuss im Spätmittelalter aus, der als Argument dafür herangezogen wird, dass Frauenarbeit aufgrund der Vielzahl vermeintlich unverheirateter Frauen notwendig gewesen sei.[23] Inzwischen wird diese These jedoch von zahlreichen Forschern in Zweifel gezogen und widerlegt. Peter Ketsch legt aufgrund mehrerer Quellen dar, dass das Geschlechterverhältnis im Spätmittelalter relativ ausgeglichen gewesen sein müsse, ähnlich betrachtet von Ingrid Bátori, Klaus Arnold und Erika Uitz.[24] Edith Ennen weist auf die Problematik hin, aufgrund von Einzeldaten ein Gesamtbild aller deutscher Städte entwerfen zu wollen, und kommt zu dem Schluss, dass ein deutlicher Frauen-überschuss weder angenommen noch widerlegt werden könne. Dennoch glaubt sie, in der Stadt Köln sei das weibliche Geschlecht im späten Mittelalter allem Anschein nach in der Überzahl gewesen.[25]

Obgleich ein Frauenüberschuss nicht mehr mit Sicherheit vorausgesetzt werden kann, liegt doch die Vermutung nahe, dass die Mehrheit der Frauen aus finan-zieller Notwendigkeit zur Arbeit gezwungen war, ob verheiratet oder nicht (was oftmals nicht einmal festgestellt werden kann).[26] Zudem sollte man bedenken, dass verheiratete Frauen aufgrund der Vormundschaft des Ehemanns grund-sätzlich nicht über den gemeinsamen ehelichen Besitz bestimmen durften oder ihnen lediglich kleine Wirtschaftsausgaben gestattet waren.[27] Eigenständig Geschäfte tätigen und somit aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmen konnten sie nur mit selbst verdientem Geld.

Insgesamt ist zu beobachten, dass Frauen aus allen Gesellschaftsschichten des Dritten Standes, der äußerst heterogen war, am spätmittelalterlichen städtischen Handel und Gewerbe beteiligt waren, so auch diejenigen aus der Kölner Ober- und Mittelschicht, bei denen offenbar der schlichte Wille zur Arbeit sowie das Streben nach einem höheren Lebensstandard ausschlaggebend waren. Daneben war eine politische Karriere des Mannes wahrscheinlich nur durch entsprechende finanzielle Mittel möglich, die durch ein doppeltes Gehalt verständlicherweise leichter zu beschaffen waren.[28]

[...]


[1] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, 1991, S. 10; vgl. Knapp, 1984, S. VI.

[2] Zu den Kölner Gesellschaftsschichten im Spätmittelalter vgl. Ennen, 1994, S. 158-159.

[3] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 73; vgl. Wensky, 1980, S. 14.

[4] Vgl. Uitz, 1992, S. 141-144; vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 106.

[5] Vgl. Wensky, S. 16-17; vgl. Ennen, S. 155.

[6] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 19.

[7] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 50-51.

[8] Uitz, S. 143.

[9] Vgl. Wensky, S. 13; vgl. Ennen, S. 155.

[10] Wensky, S. 29.

[11] Vgl. ebd., S. 24-26.

[12] Vgl. Uitz, S. 143; vgl. Wensky, S. 15.

[13] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 74.

[14] Vgl. Uitz, S. 11.

[15] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 104-105; vgl. auch Ennen, S. 148-149.

[16] Vgl. Wensky, S. 306, S. 310; vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 44, S. 66.

[17] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 44; vgl. Ketsch, 1983, S. 30; vgl. Kroemer, 1986, S. 92.

[18] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, ebd.

[19] Vgl. Ennen, S. 183; vgl. Ketsch, S. 45.

[20] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 45, S. 79.

[21] Vgl. ebd., S. 29; vgl. auch Ketsch, S. 27; vgl. auch Uitz, S. 140.

[22] Vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 31.

[23] Vgl. Wensky, S. 2-3; vgl. Kroemer, S. 73.

[24] Vgl. Ketsch, S. 16-17; vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 29-30, S. 71-72; vgl. Uitz, S. 92.

[25] Vgl. Ennen, S. 143-145, S. 172.

[26] Vgl. Kroemer, S. 73-74; vgl. Heß, 1940, S. 50; vgl. auch Wensky, S. 190-191.

[27] Vgl. Ennen, S. 135.

[28] Vgl. ebd., S. 166; vgl. Frauen in der Ständegesellschaft, S. 43.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Kölner Frauenarbeit im Spätmittelalter
Untertitel
Handel und Handwerk
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Historisches Institut)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
23
Katalognummer
V265671
ISBN (eBook)
9783656552772
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Eine durch und durch gelungene Hausarbeit, die hervorragend mit dem frustrierenden Befund umzugehen weiß, daß man immer wieder so genau nichts sagen kann"
Schlagworte
kölner, frauenarbeit, spätmittelalter, handel, handwerk
Arbeit zitieren
Stefanie Bonk (Autor:in), 2012, Kölner Frauenarbeit im Spätmittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265671

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