Das Tierbild als Schlüssel zur Kunst. Strategien der Kunstvermittlung im Primarbereich


Examensarbeit, 2012

103 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

1 Kunstvermittlung im Primarbereich
1.1 Zum Begriffder Kunstvermittlung
1.2 Chancen und Ziele der Kunstvermittlung
1.3 Rezeptionsmodell nach Bettina Uhlig
1.3.1 Rezeptive Voraussetzungen der Grundschüler
1.3.2 Phasen des Rezeptionsmodells
1.4 Werkstattunterricht als eine Methode der Kunstvermittlung im Fach Bildende Kunst
1.5 Zusammenfassung und Fazit

2 Kinder und Tiere - Eine besondere Beziehung
2.1 Das Tier in der Lebenswelt des Kindes
2.2 Kind-Tier-Beziehung: biologische und entwicklungspsychologische Befunde
2.2.1 Das Verhältnis zwischen Mensch und TierBegegnung und Einstellung des Kindes
2.2.2 Bevorzugung und Abneigung von bestimmten Tieren
2.2.3 Zusammenfassung und Fazit: Tierbilder im Kunstunterricht
2.3 Das Tier im Kontext der Kinderzeichnung
2.3.1 Der bildnerische Entwicklungsverlaufdes Kindes
2.3.2 Bildanalyse „Pferdedarstellungen“ - Von der Kritzelstufe bis zum schematisierenden Zeichnen
2.3.3 Zusammenfassung und Fazit: Der bildnerische- Standpunkt des Grundschulkindes

3 Eine Strategie der Kunstvermittlung am Beispiel des Werkstattunterrichts „Das Tier in der Kunst“
3.1. Zum BegriffderTierdarstellung
3.2 Grundschulspezifische Aufbereitung: Das Tierbild in unterschiedlichem funktionalen Kontext - Schwerpunkt Malerei
3.2.1 Das Tier als Symbolträger
3.2.2 Das Tier als Bildmotiv
3.3.3 Das Tier als Hauptthema einzelner Künstler am Beispiel Franz Marcs
3.3.4 Fazit

Schlusswort

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abbildungsnachweis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Rosemarie Trockel: Collage 2000.

Abb. 2 „Martha und Pferd“ (v.l.n.r.), Kugelschreiber und Textmarkerauf Papier (2 Jahre; 9 Monate).

Abb. 3 Pferd, Buntstift auf Papier (4;1 Jahre).

Abb. 4 Pferd, Wachs- und Buntstift auf Papier (4;8 Jahre).

Abb. 5 Zwei Pferde, Filzstift auf Papier (5;2 Jahre).

Abb. 6 Pferde, Filz- und Buntstift auf Papier (6;2 Jahre).

Abb. 7 „Pferdemutter und Pferdekind haben gerade Gras gefressen“, Filzstift auf Papier (6;4 Jahre).

Abb. 8 Pferd in der Landschaft, Buntstift auf Papier (6;10).

Abb. 9 Reitpferd, Buntstift und Ölpastellkreide auf Papier (7;0 Jahre).

Abb. 10 Mädchen mit Pferd auf einer Blumenwiese, Ölpastellkreide auf Papier (8;1 Jahre).

Abb. 11 Pferd, etwa 15 000 bis 10 000 v. Chr., Hohlenmalerei, Lascaux, Frankreich.

Abb. 12 Pablo Picasso: Stier, 1946, Lithografie, 29 x 42 cm

Abb. 13: Pablo Picasso: Stier, 1946, Lithografie, 29 x 42 cm.

Abb. 14: Pablo Picasso: Stier, 1946, Lithografie, 29 x 42 cm.

Abb. 15 Sir Edwin Landseer, Isaac van Amburgh mit seinen Tieren, 1839, Öl auf Leinwand, 113 x 175 cm, Royal Collection at Windsor Castle, Berkshire.

Abb. 16 Diego Velazquez: Portrait des Prinz Balthasar Carlos zu Pferde, 1634-1635, Öl auf Leinwand, 209 x 173 cm, Museo del Prado, Madrid.

Abb. 17 Pablo Picasso: Junge mit Hund, 1905, Pastell auf Papier, 68 x 55 cm, Staatliche Eremitage, St. Petersburg.

Abb. 18 Paolo Uccello: DerHl. Georg und derDrache,1456- 1460, Tempera auf Holz, 52 x 90 cm, Musee Jacquemart Andre, Paris.

Abb. 19 Paolo Uccello: Jagd bei Nacht, um 1460, Tempera auf Holz, 65 x 165 cm, Ashmolean Museum, Oxford (Stirnseite einer Truhe).

Abb. 20 Paolo Uccello: Die Jagd bei Nacht (Detail).

Abb. 21 Theodore Gericault, Das Derby in Epsom, 1821, Öl auf Leinwand, 91 x122 cm, Musee du Louvre, Paris.

Abb. 22 Eadweard Muybridge, Animal Locomotion, 1887.

Abb. 23 John Constable: Das Kornfeld, 1826, Ol auf Leinwand, 143 x 122 cm, National Gallery, London.

Abb. 24 Karin Kneffel: Schwein, Farbradierung, 2005, 20 x 20 cm, Galerie Bode, Nürnberg.

Abb. 25 Karin Kneffel: Tierköpfe 2005 (12 Blätter), Farbradierung, 20 x 20 cm, Auflage 90, Galerie Bode, Nürnberg.

Abb. 26 Emil Schumacher: Senna III, 1990, Öl auf Leinwand, 80,5 x 100,5 cm, Stiftung Kunst und Recht, Tübingen.

Abb. 27 Gerard ter Borch d.J.: Ein Knabe floht seinen Hund, um 1655, Leinwand auf Holz, 35 x 28 cm, Alte Pinakothek, München.

Abb. 28 Carl Spitzweg: Der Schmetterlingsfänger, um 1840, Öl auf Leinwand, 31 x 25 cm, Städtisches Museum Wiesbaden.

Abb. 29 Franz Marc: Das blaue Pferdchen, 1912, Öl auf Leinwand, 58 x 73 cm, Saarlandmuseum.

Abb. 30 Franz Marc: Reh im Klostergarten, 1912, Öl auf Leinwand, Lenbachhaus.

Einleitung

„Das Tierbild fungiert im Primarbereich als Schlüssel zur Kunst“, diese These steht zur Untersuchung im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. Die Annahme basiert zunächst auf persönlichen Beobachtungen, die ich im Zuge meiner Schulpraktika gesammelt habe. Ich konnte feststellen, dass Kinder in der Grundschule eine besondere Vorliebe für lebende Tiere, aber auch für Tierdarstellungen aller Art besitzen. Bei der Betrachtung verschiedener Werke im Kunstunterricht zeigte sich, dass diejenigen mit Tierdarstellungen besonders ansprechend für die Schüler[1] waren. Der Bildzugang gestaltete sich hier scheinbar mühelos. Die meisten Kinder zeigten intrinsisches Interesse und konnten sich mit dem dargestellten Tierbild auf emotionaler, sprachlicher und gestalterischer Ebene gleichermaßen gut auseinandersetzen. Diese Erfahrung weckte mein Interesse, mich näher mit der Thematik Kind und Tier zu beschäftigen. Woher kommt die kindliche Faszination für das Tier? Zur Beantwortung dieser Frage muss ein Blick in die Biologie und Entwicklungspsychologie geworfen werden. Den aktuellen Forschungsstand und empirische Untersuchungen werde ich im Laufe meiner Arbeit darlegen.

Geht man davon aus, dass Kinder einen natürlichen Zugang zu Tieren haben, ergibt sich folgende Frage: Welchen Nutzen für die Unterrichtspraxis kann man daraus ziehen? Der Untertitel meiner Arbeit „Strategien der Kunstvermittlung im Primarbereich“ impliziert bereits, worum es mir geht. Ich möchte grundschulspezifische Strategien zur Optimierung der Arbeit mit Kunstwerken aufzeigen, welche sich aus der Beachtung und Einbeziehung der besonderen Kind-Tier-Beziehung herleiten lassen. Kunstrezeption kann nur fruchtbar sein, wenn das Interesse der Kinder vorhanden und die Möglichkeit einer Identifikation mit dem

Bildthema gegeben ist. Ob diese Möglichkeit auf das Tierbild zutrifft, werde ich im Verlauf der Arbeit offenlegen.

Der Bildbetrachtung im Primarbereich wird in der Schulpraxis eine eher geringe Bedeutung beigemessen. In deutlichem Widerspruch dazu steht die empirisch belegte Tatsache, dass sich gerade Grundschulkinder mit Kunstwerken unvoreingenommen und kreativ auseinander setzen können. Unter meinen Praktika war lediglich eines dabei, in dem ich als Beobachterin daran teilnehmen konnte, wie gute Kunstbetrachtung funktionieren kann. In eigenen Unterrichtsgängen startete ich anschließend den Versuch, das Gesehene umzusetzten. Die Begeisterung der Kinder beeindruckte mich und spornte mich an, nach fundierten Strategien für gelingenden Kunstunterricht zu suchen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, meine eingangs erwähnte These „Das Tierbild als Schlüssel zur Kunst“ zu untermauern, indem ich mich mit der Faszination des Kindes für Tierdarstellungen und ihre Bedeutung für die Kunstvermittlung wissenschaftlich befasse. Hierfür müssen folgende Themengebiete erschlossen werden, die meine Arbeit in drei Kapitel untergliedern: „Kunstvermittlung im Primarbereich“, die besondere „Kind-Tier-Beziehung“ und die sich daraus ableitenden Strategien für die Kunstvermittlung, welche ich anhand des Beispiels „Werkstattunterricht: „Das Tier in der Kunst“ vorstellen werde. Das Fach Kunst hat zwei Bezugsfelder: Zum einen die Kinderzeichnung, sprich das ästhetische Tun des Kindes, zum anderen die Kunst und die gestaltete Umwelt.[2] Aus diesem Grund werde ich der Kinderzeichnung ein eigenes Kapitel widmen, in welchem ich den bildnerischen Entwicklungsstand des Grundschulkindes ausführlich betrachte und kläre, welche Bedeutung er für die Kunstvermittlung hat.

1 Kunstvermittlung im Primarbereich

Im ersten Kapitel wird der Begriff der Kunstvermittlung eingehend betrachtet. Ziel ist es, zunächst eine klare Definition herauszuarbeiten, den historischen Kontext aufzuzeigen und mit dem aktuellen Forschungsstand in Beziehung zu setzen. Zwei wichtige Bezugsgrößen in der zeitgenössischen Kunstpädagogik sind Constanze Kirchner, Professorin für Kunstpädagogik und Bettina Uhlig, Professorin für Kunst und Didaktik mit Schwerpunkt Grundschule. Die von Uhlig entwickelte grundschulspezifische Rezeptionsmethodik werde ich vorstellen und als Ausgangsbasis für eigene Überlegungen heranziehen. Um Chancen und Ziele der Kunstvermittlung auszuloten, habe ich mich insbesondere mit dem aktuellen „Teilrahmenplan Kunst Rheinland-Pfalz“ auseinandergesetzt, der seit August 2012 in Kraft getreten ist.

„Kunstvermittlung ist Kunst“, schreibt der Autor Dieter Ronte resümierend in seinem Essay „Ist Kunst vermittelbar? Ist Kunstvermittlung eine Kunst?“ (1998). Dem stimme ich zu. Welche Methoden und Strategien sich meiner Ansicht nach als sinnvoll erweisen, werde ich anhand zweier exemplarischer Beispiele im weiteren Verlauf darlegen: Zum einen Uhligs Rezeptionsmethode ( 1.3) und zum anderen „Das Tier in der Kunst“ in Form eines Werkstattunterrichts ( 3.2).

1.1 Zum Begriffder Kunstvermittlung

Die Vermittlung von Kunst findet nicht nur im schulischen Rahmen, sondern auch in der kunstpädagogischen Arbeit von Museen und in Vermittlungsangeboten verschiedener Institutionen statt (z.B. an Kindertagesstätten, Volkshochschulen, Universitäten). Die Begriffe Kunstvermittlung und Kunstrezeption müssen klar voneinander unterschieden werden.

Kunstvermittlung ist ein interaktiver Vorgang, der zwischen Vermittler, Kunstwerk und Betrachter stattfindet. Die Rezeption, lateinisch für „Aufnahme“, bezeichnet den Prozess der Aneignung eines Kunstwerkes aus den Bereichen Kunst, Literatur und Musik durch einen Betrachter, genauer Rezipienten. Der Maler und Objektkünstler Marcel Duchamp stellte bereits 1957 fest, dass „ein Werk [erst] vollständig von denjenigen gemacht wird, die es betrachten [...].“[3] Duchamp spricht dem Rezipienten eine aktive und kreative Funktion zu. Das Kunstwerk wird erst durch den Akt der Rezeption zu einem solchen gemacht.[4] Die individuelle Bedeutung und der Sinn eines Kunstwerkes setzen sich aus dem Erwartungshorizont und der situativen, als auch der soziokulturell geprägten Empfänglichkeit des Rezipienten zusammen. Bildung und Geschmack prägen das persönliche Verständnis und somit auch den Zugang zur Kunst. Im Hinblick auf die Arbeit mit jungen Rezipienten in der Grundschule ist vor allem der Entwicklungsstand des Kindes von Bedeutung. Auf die rezeptiven Fähigkeiten von Grundschulkindern werde ich zu einem späteren Zeitpunkt vertiefend eingehen ( 1.3.1).

Die Rezeption von Kunst meint in erster Linie den kognitiven Aufnahme- und Verstehensprozess. Im Teilrahmenplan wird der Kunstunterricht allgemein in rezeptive und produktive Tätigkeiten unterteilt. Unter rezeptive Tätigkeiten fallen solche, die während des Betrachtens auftreten, das heißt im engeren Sinne: selektieren, differenzieren und verstehen. Die produktiven Tätigkeiten sind: erproben und einbeziehen vielfältiger künstlerischer Techniken und Verfahren.[5] Nach neuestem kunstwissenschaftlichen Erkenntnisstand beinhaltet „Rezeption“ eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk, das bedeutet, nicht nur auf denkender, sondern auch auf handelnder Ebene.[6] Beide Tätigkeiten, rezeptiv und produktiv, werden demnach zur Vermittlung von Kunst während des Rezeptionsprozesses eines Kunstwerkes gemeinsam eingesetzt. Wie sich das in der Praxis gestaltet, werde ich anhand des Rezeptionsmodells von Uhlig zu einem späteren Zeitpunkt veranschaulichen ( 2.3.2).

Die Kunstwissenschaft, im Speziellen die Kunstdidaktik, ist für die Kunstvermittlung und deren praxisorientierte Auslegung zuständig. In den letzten Jahrzehnten gab es unterschiedliche Vermittlungstheorien, deren bedeutendsten Vertreter ich an dieser Stelle kurz aufführen möchte. Das theoretische Gebäude der Kunstvermittlung beginnt Ende des 19. Jahrhunderts mit dem deutschen Kunsthistoriker Alfred Lichtwark. Wegweisend ist sein systematisch aufbereiteter „Kunstbetrachtungsunterricht“[7] mit Schülern vor Originalen im Museum. Lichtwark zählt damit zu den Begründern der Museumspädagogik und der Kunsterziehungsbewegung. Etwas später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich der Kunsthistoriker Erwin Panofsky intensiv mit der Erforschung der Bedeutung in der Kunst und wurde zum Mitbegründer der Ikonologie. In der Nachkriegszeit prägte der Kunstpädagoge Gunter Otto für viele Jahrzehnte die Theorie der Kunstvermittlung. Da die moderne Kunstdidaktik im Wesentlichen auf Ottos Modelle und Theorien basiert, werde ich seine Errungenschaften punktuell skizzieren. Er plädierte für eine Erneuerung des Faches und führte die Bezeichnung „Kunstunterricht“ anstelle von „Kunsterziehung“ ein. Unterricht verstand Otto als ein Prozess, der in verschiedenen Phasen abläuft. Er untersuchte erstmals den Zusammenhang zwischen den institutionellen, soziokulturellen und anthropologisch-psychologischen Voraussetzungen unterrichtlichen Handelns, um daraus allgemeingültige formale Kriterien für den Kunstunterricht ableiten zu können. Basierend auf den Erkenntnissen seiner Untersuchungen forderte und etablierte Otto erstmalig die Einbindung von Kunstwerken in den Unterricht auch für die Primarstufe.[8] Weiter erwähnenswert ist die von Otto seit 1968 herausgegebene Zeitschrift „Kunst und Unterricht“, welche seitdem als Medium neuester kunstpädagogischer Wissenschaft und Forschung fungiert.

Der Blick auf gegenwärtige Tendenzen der Kunstvermittlung zeigt, dass Kunstwerke im Unterrichtsalltag zwar immer mehr an Bedeutung gewinnen, die Umsetzung in der Praxis jedoch deutschlandweit oftmals noch mangelhaft ist.[9] Die Auseinandersetzung mit Kunst und Kunstschaffenden aus allen Epochen ist im Rahmenplan der Grundschule RheinlandPfalz mittlerweile fest verankert.[10] Der Umgang mit Kunstobjekten hat den Weg über den Fachunterricht hinaus gefunden und wird beispielsweise im Deutsch- oder Sachunterricht als Anlass zum kreativen Schreiben oder zur Veranschaulichung historischer Lebensweisen eingesetzt. In Religionsbüchern werden biblische Inhalte gerne anhand geeigneten Bildmaterials visualisiert (u.a. Marc Chagall oder Sir Edwin Landseer Abb. 12). Von wesentlicher Bedeutung ist die Tatsache, dass sich die kindliche Kunstrezeption „als allgemein anerkanntes und erstrebenswertes Bildungsziel“[11] etabliert hat. Die seit Anfang der 90er Jahre zahlreich publizierten Kinderkunstbücher[12] verweisen darauf.

1.2 Chancen und Ziele der Kunstvermittlung

Es ist eine Chance, Kinder mit Kunstwerken in Berührung zu bringen, da die Mehrheit der Kinder noch keine Berührungsängste gegenüber historischer und aktueller Kunst aufgebaut hat.[13] Bei der Kunstrezeption gibt es keine Lösung im üblichen Sinne, bestenfalls nähert man sich dem Kunstwerk durch eine persönliche Interpretation an. Dies ermöglicht eine intime Auseinandersetzung mit Kunstwerken und bereichert den individuellen Horizont des Rezipienten. Die Beschäftigung mit Kunst leistet einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung der Kinder.[14] Ziel der Kunstvermittlung ist es, den Kindern Kunst als Schlüssel zur Welt erfahrbar zu machen und nachhaltiges Interesse an Kunst wachzurufen; denn der Dialog mit dem Kunstwerk eröffnet die Chance der Erweiterung und Reflexion eigener Lebenswirklichkeit. „Je mehr individuelle Bezüge ausgelöst werden und je intensiver eine Auseinandersetzung geführt wird“, so formuliert es Kirchner, „desto mehr werden sich die damit verbundenen Erfahrungen in das Gedächtnis einprägen“.[15] Durch das vielsinnliche Wahrnehmen von Kunstwerken kann die kindliche Wahrnehmung intensiviert, sensibilisiert, differenziert und verfeinert werden.

Welche Kunstwerke zur Vermittlung für Grundschulkinder in Frage kommen, ist durch kein Curriculum festgelegt. Die Begründung der ausgewählten Künstler und Objekte liegt somit alleinig in der Hand des Kunstvermittlers. Das birgt die Gefahr, dass die Kunstwerkauswahl der Beliebigkeit anheimfällt, beispielsweise im Kontext fachfremden Unterrichts. Andererseits ist diese Offenheit notwendig, da das Überschreiten von Grenzen ein wesentliches Merkmal der Kunst ist. Es hat sich bewährt, die Legitimierung nach den rezeptiven Fähigkeiten der Schüler und dem festgelegten ästhetischen Bildungsauftrag auszurichten.[16] Die praktische Umsetzung des ästhetische Bildungsauftrag[17] basiert auf sogenannten übergreifenden Handlungskompetenzen: Wahrnehmen, Erproben, Gestalten, Reflektieren und Präsentieren. Neben diesen spielen freilich die klassischen Kompetenzbereiche, wie Personale-, Soziale- und Wissenskompetenzen, eine wichtige Rolle. Der neue Teilrahmenplan Kunst bietet einen Orientierungsrahmen, der sich in fünf Aktionsfelder gliedert: 1) Farbe, 2) Raum und Körper, 3) Fläche, 4) Inszenierung, 5) Kunst und Kunstschaffende. An letztgenanntem Feld „Kunst und Kunstschaffende“ möchte ich kurz innehalten, da hier ein Anknüpfungspunkt für die Binnenstrukturierung meiner Arbeit zu finden ist. Laut Teilrahmenplan sollen „Symbole, Motive und Motivationen von Kunstschaffenden“ verstanden werden, insbesondere das „Streben nach dem Beständigen und Schönen, Religiosität, Weltdeutung und die Verarbeitung von Gefühlen“.[18] Meine Einteilung des Tierbildes in unterschiedliche funktionale Zusammenhänge im Rahmen eines Werkstattunterrichts ( Kapitel 3), wird dieser curricularen Forderung gerecht: „Das Tier als Symbolträger“, „Das Tier als Bildmotiv“ und schließlich „Das Tier als Hauptthema einzelner Künstler“.

Aufgrund des spezifischen Entwicklungsstandes von Grundschulkindern kann es nicht primäres Ziel sein, nach einer möglichst objektiven und kunsthistorisch korrekten Werkbeschreibung zu streben. Auch sollte von Sechs- bis Elfjährigen nicht erwartet werden, dass sie über die künstlerische Qualität von Kunstwerken kompetent urteilen können.[19] Jedes Kunstwerk kann durch den Rezipienten nur im Sinne eines subjektiven Verstehensprozesses erschlossen werden. Über die rezeptiven Fähigkeiten und Ressourcen von Grundschulkindern werde ich im nächsten Kapitel referieren.

Ein grundlegender Vorzug des Kunstunterrichts besteht darin, durch das hohe Maß an „Handlungsorientierung unter Einbeziehung haptischer Erfahrungen“[20] ein Ausgleich zur Dominanz der visuellen und auditiven Reizverarbeitung unserer medial geprägten Gesellschaft zu bieten. Handlungsorientierung in diesem Kontext meint fachspezifische Bildproduktionshandlungen, um mit Busse zu sprechen. Die Handlungsorientierung als tragendes Prinzip des Kunstunterrichts sollte jedoch immer in einem ausgewogenen Verhältnis zu Rezeption und Reflexion stehen.[21] Der Vermittlung von Kunstwerken wird somit eine tragende Rolle zugeschrieben.

1.3 Rezeptionsmodell nach Bettina Uhlig

Bettina Uhlig ist der Meinung, dass es einer speziellen Rezeptionsmethodik für Grundschulkinder bedarf, dem stimme ich zu. Eine altersgemäße Vermittlung ist notwendig, da eine Auseinandersetzung mit Kunst immer an die Lebenswirklichkeit des Rezipienten gekoppelt ist. In ihrem Buch „Kunstrezeption in der Grundschule“ (2005) untersucht Uhlig zunächst die Rezeptionsfähigkeiten der Kinder und erhält ein multiperspektivisches Bild, welches ihr als Basis zur Gewinnung einer kindgemäßen Rezeptionsmethodik dient. Das meiner Meinung nach didaktisch-sinnvolles Vermittlungsmodell werde ich im kommenden Abschnitt vorstellen. Zuvor müssen allerdings die rezeptiven Voraussetzungen der Primarstufenkinder geklärt werden.

1.3.1 Rezeptive Voraussetzungen der Grundschüler

Mehrere Bereiche wirken sich auf die rezeptiven Voraussetzungen der sechs- bis elfjährigen Grundschüler aus: Die individuelle Entwicklung des Denkens, die soziale Entwicklung und die Persönlichkeitsentwicklung ergeben im Zusammenspiel die individuelle Ausgangsposition des Rezipienten. In diesem Kontext nimmt das bildnerische Vermögen, genauer der individuelle bildnerische Entwicklungsstand des Kindes, eine Sonderstellung ein, die eine ausführliche Betrachtung verlangt. Die bildnerischen Fähigkeiten des sechs- bis elfjährigen Kindes entwickeln sich in Korrelation zu den drei genannten Bereichen und spiegeln die Erlebniswelt des Kindes wieder. Ich löse an dieser Stelle die „Kinderzeichnung“ aus dem Verbund[22] der rezeptiven Voraussetzungen heraus, um sie in einem gesonderten Kapitel zu untersuchen ( 2.3). Die gesamte kindliche Entwicklung, von der hier die Rede ist, muss freilich als Wandlungsprozess verstanden werden und nicht etwa als „Veränderungsreihe mit einem definierten Endzustand“.[23]

1.3.1.1 Kognitive Entwicklung

Beginnen wir mit der Betrachtung der Entwicklung des Denkens. Der komplexe Prozess des Denkens setzt bereits mit der Wahrnehmung der Welt ein. Alle sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände werden stets in Beziehung zur eigenen Person gestellt und überprüft. Der Wahrnehmungsvorgang wird von Uhlig als ein vielschichtiger „subjekt- und kontextkonstituierter Denkprozesess“ beschrieben. Zu den Wahrnehmungsperspektiven gehören neben der sinnlichen Wahrnehmung auch Körperempfindungen und Emotionen. Kinder verfügen im Unterschied zum erwachsenen Menschen über eine freie und erfinderische Wahrnehmung, die sich in „Offenheit, Neugier, Abenteuerlust und Entdeckerfreude“ ausdrückt. In dieser Offenheit der Wahrnehmungsperspektive ist ein entscheidender Vorteil des kindlichen, gegenüber dem des erwachsenen Rezipienten auszumachen.[24]

Nach aktuellem neurobiologischem Forschungsstand unterliegt jede Wahrnehmung einer subjektiven Interpretation, da die Sinnesreize erst im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Gehirnregionen verarbeitet werden können.[25] Übertragen auf den kindlichen Rezeptionsprozess bedeutet das: Alles, was im Erfahrungshorizont des Kindes liegt, wird miteinbezogen. Alles, was außerhalb dessen liegt, muss folglich unbeachtet bleiben. Da die Bedeutung eines Werkes durch die „subjektive Sinnstiftung determiniert ist“, sind laut Kirchner „subjektive Zugänge die einzig mögliche Form der Begegnung mit künstlerischen Objekten“[26]. Mit diesem Zitat wird noch einmal deutlich hervorgehoben, dass Wahrnehmung und somit auch die Kunstrezeption, ein ausschließlich subjektiver Prozess ist. Dieser kann zwar absichtsvoll angestoßen werden, entzieht sich aber einer konkret voraussehbaren didaktischen Inszenierung durch die Lehrperson.

Neben der Wahrnehmung bedarf es weiterer Fähigkeiten, um sich die Bedeutung eines Kunstwerkes zu erschließen: die Fähigkeit des Imaginierens und Fantasierens. Häufig findet man in der Literatur eine synonyme Verwendung beider Begriffe, Uhlig jedoch legt Wert auf ein differenzierte Betrachtung: „Imaginationen sind Einbildungen, Fantasien sind Umbildungen von inneren Bildern“[27]. Imaginationen schaffen die Voraussetzung für Fantasien. Mittels Fantasie werden neue und originäre Gedankenbilder kreiert. Es ist allgemein bekannt, dass Kinder als besonders fantasievoll gelten. Die Fantasie benutzt die Wirklichkeit meist als Ausgangspunkt, verändert diese anschließend und generiert daraus neue Wirklichkeiten. Dahinter steckt laut Uhlig das kindliche Bedürfnis nach Erforschung und Verortung seiner eigenen Identität. Bei der Auseinandersetzung mit Werken historischer wie zeitgenössischer Kunst wird der Rezipient oftmals mit Wunschträumen und Utopien der Künstler konfrontiert. Es ergibt sich hieraus die Chance, dass die Kinder durch das Bewusstwerden der fiktiven Weltbilder lernen, ihrem eigenen Vorstellungsvermögen mehr zu vertrauen. Die stetig wachsende Bilderflut des Medienzeitalters birgt die Gefahr einer Verarmung der kindlichen Vorstellungskraft. Es mangelt heutzutage schlichtweg an Gelegenheiten, die genügend Raum für Träume und Fantasien bieten. Eine Möglichkeit dieser Verarmung entgegenzuwirken besteht darin, die Kinder mit Kunstwerken in Kontakt zu bringen, welche im Idealfall altersadäquate Bedeutsamkeit besitzen. Solche Kunstwerke evozieren aufgrund „ihrer Unkonventionalität vielfach Freiräume für imaginative Vorstellungen sowie Impulse für die Fantasie“.[28]

Im Zuge der kognitiven Entwicklung werden des Weiteren verschiedene geistige Fähigkeiten ausgebildet, welche für die rezeptive Tätigkeit von grundlegender Bedeutung sind. Die Sechs- bis Elfjährigen verfügen ansatzweise über folgende analytische Denkfähigkeiten: u.a erkennen, vergleichen, differenzieren, ordnen, klassifizieren. Damit sind sie in der Lage, einfache Inhalt-Form-Zusammenhänge eines Kunstwerkes zu erfassen. Eine Werkuntersuchung nach Kriterien - beispielsweise nach Farbe, Umriss, Oberflächenstruktur, Binnendifferenzierung und Größe - ist durchaus möglich. Den meisten Kindern dürften die eben genannten Kriterien aus ihrem eigenen zeichnerischen Vermögen bekannt und vertraut sein. Auf den bildnerischen Entwicklungsverlauf des Kindes werde ich im 2. Kapitel gesondert eingehen ( 2.3.1). Schwierigkeiten treten erst im weiteren Fortgang der Rezeption auf, sobald es darauf ankommt zu abstrahieren und zu verallgemeinern. Auch wenn es für das Kind nur bedingt möglich ist, das Werk in größere Zusammenhänge (z.B. konkrete Wirklichkeitsbezüge und Denkperspektiven) einzubinden, gelingt es ihm dennoch, überden Sinn tiefergehend zu philosophieren.[29]

Da ich mich im weiteren Verlauf meiner Arbeit vertiefend mit dem Thema Symbolik befasse, möchte ich hier als letzten Aspekt der kognitiven Entwicklung auf die symbolbildenden Fähigkeiten der Primarstufenkinder eingehen. Der Mensch besitzt die grundlegende Fähigkeit, Symbolsysteme hervorzubringen. Um die Symbolisierungsfähigkeit ausbilden zu können, bedarfes des Vermögens, „in Interaktion zu treten, zu beobachten, zu analysieren [und] zu reflektieren“[30]. Symbole fungieren als Schnittstelle zwischen innerer und äußerer Welt des Kindes. Während des Symbolisierens äußert sich das Kind auf individuelle Art und tritt in Kommunikation mit seiner Umwelt. Das Grundschulkind ist in der Lage, eigene Notationssysteme auf Basis anderer Symbolsysteme (u.a. Schriftsprache, gesprochene Sprache, Zahlensysteme, Diagramme) zu kreieren. Jede Kultur besitzt spezifische Notationen, welche zunächst gelernt werden müssen. Das Kind beherrscht meist nur die in seiner kulturellen Umgebung bevorzugten Symbole. An diesem Punkt ergibt sich für die Kunstrezeption eine weitere Chance: Das symbolische Repertoire kann erweitert werden, da Kunstwerke meist unkonventionelle und individuelle Symbolsysteme offenbaren.[31]

1.3.1.2 Soziale Entwicklung

Das Kind als soziales Wesen tritt permanent in Interaktion mit seiner Umwelt und entwickelt sich darin. Folgerichtig entwickeln sich die rezeptiven Fähigkeiten in Abhängigkeit sozialer Determinanten. Die Sozialisation ist ein spezifisch individueller Prozess, dessen Erfassung sich aufgrund der Komplexität und Vielschichtigkeit als äußerst schwierig erweist. Eine Auseinandersetzung mit Kunst kann einen entscheidenden Beitrag zur gelingenden Sozialisation von Kindern leisten: Die im Kunstwerk dargestellte Lebenswirklichkeit wird vom Betrachter assimiliert und mit seiner eigenen reflexiv verglichen, was zu einer neuen Verortung seiner Lebenswelt führen kann.[32]

Grundschulkinder sind in der Regel aufgeschlossen gegenüber ihrer Umwelt und verfügen über vielseitiges Interesse. Zu den sozialen Kompetenzen, die sich im Laufe der Primarstufe entwickeln, zählen die Fähigkeit zur Kooperation, zu Empathie und Perspektivwechsel, als auch zu prosozialem Verhalten.[33] Hervorzuheben ist hier die Fähigkeit zum Perspektivwechsel als relevante Determinante für die Kunstrezeption. Damit gemeint ist das Vermögen, sich in den Horizont des Gegenübers hineinzuversetzen und aus dessen Blickwinkel die Welt zu betrachten. Im Rezeptionsprozess ist diese Fähigkeit Voraussetzung für das Verstehen des Kunstwerkes und der Sichtweise des Künstlers. Dadurch können, wie im vorigen Abschnitt gesagt, persönliche Sichtweisen in einem neuen Licht wahrgenommen und gegebenenfalls in die eine oder andere Richtung verändert werden. Abschließend möchte ich noch einmal unterstreichen, dass „Kunst als Medium der Sozialwerdung“[34] dienen kann.

1.3.1.3 Persönlichkeitsentwicklung

Unter Persönlichkeit versteht man allgemein die spezifische Ausprägung eines Individuums, welche unter dem Einfluss der jeweils vorfindlichen Sozialisation stattfindet, in die man als Kind hineingeboren wird. Die Persönlichkeitsentwicklung ist ein dynamischer und lebenslanger Prozess. Normalerweise lebt das Kind in Anpassung an die Lebensweise des Erwachsenen, der sowohl für die Versorgung der Grundbedürfnisse als auch für das soziale Netz und kulturelle Betätigungen im ersten Lebensjahrzehnt maßgeblich verantwortlich ist. Obwohl die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes damit zu einem großen Teil festgelegt ist, kann man dennoch eine generelle Offenheit gegenüber unbekannten Lebensmodellen als Angebot einer neuen Identifikation feststellen. In unserer heutigen, aus kindlicher Sicht unüberschaubaren Welt, die von Schnelllebigkeit, Enttraditionierung und Heterogenität geprägt ist, wird es immer schwieriger, ein eigenes Selbstverständnis und unterschiedliche Handlungsfähigkeiten zu entwickeln. Der Vorteil an Kunstwerken liegt in der Darstellung und Eröffnung neuer oder fiktiver Lebensweisen. Die Beschäftigung mit Kunst ebnet den Weg zu einem reflektierten Verhalten gegenüber „unterschiedlichen kulturellen, milieuspezifischen und familiären, aber auch individuellen Lebensentwürfen“, so Uhlig, und fördert im Idealfall die Fähigkeit zu Toleranz und Akzeptanz.[35] Beides sind immens wichtige Kompetenzen, um sich in der zunehmend multikulturellen Gesellschaft dauerhaft zurecht finden zu können.

1.3.1.4 Zusammenfassung

Resümierend kann festgehalten werden, dass Grundschulkinder über vielfältige und differenzierte Fähigkeiten zur Rezeption von Kunstwerken verfügen, die sich aus den individuellen Entwicklungsniveaus ergeben. Uhlig schreibt über die Notwendigkeit des Rezeptionsprozesses in der Primarstufe:

Rezeptionsprozesse [...] sind nicht nur möglich und wünschenswert, sondern erforderlich, da sie auf ihre spezifische und durch nichts zu ersetzende Weise Kindern Kunstwerke als kulturelle Phänomene, gleichermaßen aber auch als ausschnitthafte, fragwürdige, faszinierende, emotional berührende u.v.m. Perspektiven aufdie Welt näher bringen.[36]

Diese multiperspektivischen Möglichkeiten können Einfluss aufdie kindliche Lebenswelt nehmen und den Kindern helfen, sich in ihrer Welt zu positionieren. Ferner können eigene Meinungen und Haltungen daran entwickelt werden, die im besten Falle zu einer anhaltenden gedanklichen Flexibilität führen. Dadurch entstehen Potenziale, die - um mit Uhlig zu sprechen - eine allseitige Entfaltung und Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit ermöglichen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass trotz dieser Möglichkeiten dem kindlichen Rezeptionsvermögen freilich auch Grenzen gesetzt sind. Die Grenzen resultieren aus der Entwicklungsspezifik, welche von Kind zu Kind stark variiert. Zu hoch gestellte Anforderungen an das Rezeptionsvermögen können rasch zu einer Überforderung führen, welche sich dann als Hemmnis auswirken kann. Als Ausgangspunkt gilt: Die wesentliche Erfahrungsquelle von Kindern ist ihre persönliche Lebenswelt. Welche Rolle das Tier hierbei spielt, werde ich in Kapitel 2 genauer untersuchen.

1.3.2 Phasen des Rezeptionsmodells

Der Rezeptionsprozess ist ein Experiment mit offenem Ausgang.[37]

Dieses Zitat von Manfred Blohm (1997) möchte ich der Erläuterung des Rezeptionsmodells voranstellen, denn es definiert treffend den Prozess der Rezeption: Der Rezeptionsprozess ist nicht als zielgerichtete Rekonstruktion der vom Künstler implizierten Bildaussage zu verstehen, sondern als eine experimentelle Suchbewegung auf dem Weg zur Entschlüsselung von Sinn und Bedeutung des Kunstwerkes. Hier gilt: Der Weg ist das Ziel. Die Offenheit ist einerseits die logische Konsequenz der Mehrdeutigkeit eines Kunstwerkes, andererseits ermöglicht sie den Raum für individuelle Sinnstiftungen durch den Rezipienten. Der Rezeptionsprozess kann nur in Analogie zum künstlerischen Entstehungsprozess als Problemlösungs- und Erkenntnisprozess verstanden werden. Zur Veranschaulichung soll nun Uhligs Rezeptionsmodell als Exempel näher betrachtet werde.

1.3.2.1 Einstiegsphase

Eine Kunstrezeption kann zu Beginn einer Unterrichtsstunde, inmitten einer Unterrichssequenz oder am Ende stehen. Uhligs Modell fokussiert im Speziellen die Beschäftigung mit einem Kunstwerk oder einer Werkgruppe.[38] Je nach Kunstwerk variieren die einzelnen miteinander verwobenen Phasen in Bezug auf Länge und Intensität. Dem eigentlichen Rezeptionsprozess ist eine sogenannte „prärezeptive“ Phase vorangestellt. Gemeint sind die intraindividuellen Vorerfahrungen eines jeden Rezipienten, wobei das Spektrum von situativer Verfasstheit bis zum persönlichen Weltbild reicht. Der Einstieg gestaltet sich als offener Prozess, welcher auf der Ebene von Assoziationen und vagen Vermutungen stattfindet. Idealerweise gerät der Rezipient in einen „Zustand innerer Erregung“[39]. Diese Erstbegegnung mit dem Kunstwerk benötigt ausreichend Zeit und Raum, damit persönliche Ankerpunkte ausfindig gemacht werden können. Als Ankerpunkt kann sowohl Bekanntes aus der Lebenswelt des Kindes dienen, als auch Unbekanntes, was die kindliche Faszination und Neugierde weckt. Der Einstiegsprozess ist primär gekennzeichnet von Wahrnehmen und freiem Assoziieren. Die Assoziationen finden in Form von spontanen und wertfreien Äußerungen statt, die beispielsweise auch schriftlich fixiert werden können. Anhand dieser kindlichen Fragestellungen können im weiteren Verlauf subjektbedeutsame Perspektiven aufgegriffen werden.

1.3.2.2 VertiefteRezeption

In dieser Phase geht es in erster Linie um das Schaffen von Zusammenhängen zwischen Inhalt und Form. Uhlig bezeichnet die vertiefte Rezeption aufgrund ihres Untersuchungscharakters als „detektivisch“:

Es geht darum, zu beobachten, zu erkunden, zu erkennen, zu analysieren, auszuprobieren, nachzuvollziehen, einzelne Teile zusammenzufügen und Zusammenhänge zu entwickeln.[40]

Hierzu werden einzelne Formelemente aus dem Gesamtwerk separiert betrachtet. Die dadurch entstehenden einzelnen Erkenntnisstränge müssen jedoch immer im Hinblick auf die Ganzheit des Werkes verortet und vernetzt werden. Auf dieser Basis können später erste Interpreationsansätze entstehen.

Im Vorfeld muss die Lehrperson jedes Kunstwerk hinsichtlich seiner Rezeptionsschwerpunkte und didaktischen Potentiale befragen. Darüber hinaus sollte überlegt werden, welche Methoden sich zur Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk am besten eignen. Eine intensive Beschäftigung der Lehrperson mit soeben genanntem ist unverzichtbare Voraussetzung für einen flexiblen und am Kind orientierten Rezeptionsprozess. Eingehende Kenntnisse der formalen Struktur des Werkes (u.a. Komposition, Format, Kolorit, Oberflächenbeschaffenheit, Standort, Position des Betrachters), der Bedeutung der Formelemente und deren ikono- grafisch-ikonologischen Bezüge (u.a. Farb- und Materialwirkung, Symbole, Metaphern) sind ebenso wichtig wie das Wissen über die Persönlichkeit des Künstlers, eingebettet in den zeitlichen und kulturellen Kontext. Die Lehrperson hat die Funktion eines beratenden Moderators, der seine Schüler zur aktiven Teilnahme am dialogischen Prozess motiviert. Dieser Prozess erfordert ein hohes Maß an kognitiven, empathischen und intuitiven Fähigkeiten, welche in seiner Gesamtheit das einzelne Kind häufig überfordert.[41] Im Klassenverband können jedoch solche Defizite leicht kompensiert werden.

Der erste Schritt in die vertiefte Rezeption ist die Analyse des bildnerischen Formenrepertoires. Wie bereits bekannt, orientiert sich diese Analyse an den rezeptiven Fähigkeiten der Sechs- bis Elfjährigen. Aus diesem Grunde kann sie nur in fragmentarischer und exemplarischer Form stattfinden. Man kann davon ausgehen, dass Grundschulkinder kaum über Vorkenntnisse im Hinblick auf formale Bildstrukturen wie beispielsweise Komposition oder Farbkontraste verfügen. Alterstypisch ist deshalb das intuitive Erschließen der Form und eine primäre Orientierung am eigenen bildnerischen Entwicklungsstand[42]. Das bildnerische Vermögen des Grundschulkindes ermöglicht eine erste Identifikation mit dem Kunstwerk. Um sich dem werkspezifischen Inhalt-Form-Zusammenhang zu nähern, bietet sich eine spielerische Vorgehensweise[43] an, beispielsweise vertauschen, verdrehen, verdecken, verfremden oder auch Szenen nachstellen. Hintergrundinformationen über Bild und Künstlerpersönlichkeit nehmen Kinder gerne auf, da sie von Natur aus neugierig und wissbegierig sind. Durch selbstständiges Recherchieren solcher Informationen wird der Erfahrung nach ein höherer Identifikationsgrad erreicht. Das Kennenlernen der Bildsprache ist ein wichtiger Aspekt innerhalb der Rezeption, bildet sie doch den Ausgangspunkt für eigenes bildnerisches Handeln in Phase 3.

Nach dieser Analyse der Formelemente und deren Wirkung und Bedeutung, folgt nun die Interpretation des Kunstwerkes. Der Rezipient kommt bei der Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk, dem vom Künstler intendierten und realisierten Inhalt bestenfalls sehr nahe. Es bedarf der Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen intendiertem, realisiertem und rezipierten Inhalt.[44] Diese Differenzierung ist in methodischer Hinsicht außerordentlich wichtig und folgenreich. Damit die Interpretation nicht beliebig wird, sollte sich der Rezeptionsprozess zwischen dem Rezipient und dem Werk hin und her bewegen, wobei das Kunstwerk selbst als eine Art Referenzgröße fungiert. Interpretation bedeutet hier, das in seiner Gesamtheit erfasste Kunstwerk als Inhalt zu erklären, auszulegen und zu deuten. Von einer authentischen Interpretation kann nach Regel nur die Rede sein, „wenn sie aus dem eigenen originären Bemühen des Rezipienten hervorgeht und etwas zu tun hat mit seiner Lebenswirklichkeit und -situation“[45]. Da Kinder sich ständig auf der Suche nach ihrem Verhältnis zur Welt befinden, können Interpretationen dieser Art adäquate Orientierungen bieten, Standpunkte vermitteln und Identifikationen möglich machen. Die künstlerischen Absichten werden in die kindliche Lebenswelt „transferiert“ und können Prozesse der Selbstfindung und Selbstreflexion anstoßen.[46] Laut einer empirischen Studie von Uhlig sind Grundschulkinder durchaus in der Lage, sich mit scheinbar schwierigen existenziellen Themen, wie beispielsweise Tod, sensibel und offen auseinanderzusetzen. Uhlig plädiert deshalb dafür, diese Themen im Unterricht aufzugreifen und sie nicht etwa - was leider immer noch allzu häufig geschieht - zu tabuisieren. In ihren Augen bietet gerade die Begegnung mit Kunst besondere didaktische Potentiale. Denn: Die interpretatorische Offenheit und Vieldeutigkeit eines Kunstwerkes erlaubt die eigene Bezugnahme zum Thema.

In der Grundschule ist es sinnvoll, der verbalen eine nonverbale Auseinandersetzung folgen zu lassen. Dies geschieht meist in Form von bildnerischer Tätigkeit. Dabei geht es nicht um das bloße gestalterische Nachahmen, dem man in den Fluren der Schulen häufig begegnet, sondern um eine möglichst experimentelle und kreative bildnerische Arbeit unter Einbeziehung unterschiedlicher Gestaltungsmittel und Ausdrucksformen.[47]

1.3.2.3 Transformationsphase

Die Transformation ist an dieser Stelle im Sinne von Übertragung zu verstehen: Der Ertrag des Rezeptionsprozesses - gemeint sind die kindlichen Erlebnis- und Erkenntnisqualitäten - soll möglichst zeitnah in die kindliche Lebenswelt gelangen, um darin eine bestenfalls nachhaltige Wirkung entfalten zu können. Es entzieht sich einer empirischen Überprüfung, in welcher Art und Weise sich Rezeptionsprozesse auf die Alltagswelt des Kindes tatsächlich auswirken. Nachprüfbar ist lediglich die Präsenz der Erinnerung an ein Kunstwerk, welche Uhlig zum Untersuchungsgegenstand einer Studie mit Grundschulkindern gemacht hat.[48] Es ließ sich nachweisen, dass sich die Mehrzahl der Kinder nach über einem Jahr gut und teilweise sehr detailliert an das Kunstwerk erinnern konnten. Auf emotionaler Ebene zeigte sich, trotz der zeitlichen Distanz, eine enge Verbindung zum Thema des Bildes. Dies wirft die Frage auf, inwiefern sich dieser gelingende Transfer, der bekanntlich einen entscheidenden Beitrag zur Persönlichkeitsbildung leisten kann, eventuell doch steuern lässt. Angesichts dieser Möglichkeit macht es als Lehrperson durchaus Sinn, von Anfang an nach vielen Schnittstellen Ausschau zu halten: „zwischen den in der Kunst sichtbar werdenden Gedanken, Ideen, Positionen, Phänomene usw. und dem, was Kinder interessiert, bewegt, beschäftigt“[49]. Ein Kunstwerk sollte primär nicht um seiner selbst willen rezipiert werden, so Uhlig, sondern idealerweise eine Art „Echo“ im einzelnen Betrachter finden. Bevor ich Uhligs Modell als Ausgangsbasis eigener Überlegungen heranziehe, werde ich das Thema „Werkstattunterricht“ als eine Methode der Kunstvermittlung im Fach bildende Kunst aufgreifen und erläutern.

1.4 Werkstattunterricht als eine Methode der Kunstvermittlung im Fach Bildende Kunst

Offene Handlungsformen und Werkstattunterricht eignen sich hervorragend für die Arbeit im Kunstunterricht und sollten nach Kirchner die konventionellen Methoden schon längst abgelöst haben[50]. Werkstattunterricht als methodisches Unterrichtsprinzip kommt dem Bedürfnis nach experimentellem und individuellem Tun der SchülerInnen entgegen, indem er eine vorbereitete Umgebung bietet, welche der kindlichen Wissbegier und Neugierde, als auch dem natürlichen Forscherdrang[51] der Grundschulkinder gerecht wird.[52] Kirchner & Peez schreiben über die Vorzüge des Werkstattunterrichts im Fach bildende Kunst:

Das Prinzip Werkstatt scheint in besonderer Weise geeignet, ästhetische Erfahrungen zu erzeugen, freizusetzen bzw. diesen Ausdruck zu verleihen.[53]

Laut Rahmenplan ist der Kunstunterricht in der Grundschule „dem individuellen Lernen verpflichtet“ und „eigene gestalterische Lösungen“ werden gegenüber gleichförmigen Arbeiten im Klassenverband bevorzugt.[54] Darüber hinaus soll fächerübergreifendes Arbeiten angebahnt und Kreativität gefördert werden. Genau dies lässt sich mit Werkstattunterricht verwirklichen. Das Prinzip Werkstatt wird nicht nur im Fach Kunst und in anderen Schulfächern praktiziert, sondern auch in anderen Bildungsbereichen wie beispielsweise in Kindertagesstätten oder Wald- und Umweltpädagogischen Einrichtungen[55]. Es gibt mittlerweile eine unüberschaubare Fülle an Werkstattliteratur zu verschiedenen Themengebieten: „Feuer-Werkstatt“, „Frühlings-Werkstatt“, „Kartoffel-Werkstatt“ und „Franz-Marc-Werkstatt“, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

Was ist unter Werkstattunterricht zu verstehen? Werkstattunterricht meint im wörtlichen Sinne: Unterricht in Analogie zu einer echten Werkstatt. Charakteristische Merkmale sind unter anderem das selbsttätige und selbstständige Arbeiten innerhalb festgelegter Werkstatt-Regeln, die individualisierte Beschäftigung in einer vorbereiteten Umgebung mit themenspezifischem Material und das handlungsorientierte Lernen als grundlegendes didaktisches Prinzip. Die vorbereitete Umgebung kann hier in Anlehnung an die Montessori-Pädagogik als didaktisch aufbereitetes Lehr-, Lernumfeld verstanden werden, in dem altersadäquate Arbeitsaufträge in Form eines „breitgefächerten, begabungsüberschießenden Lernangebots“[56] bereitgestellt werden.

Die Idee des Werkstattunterrichts hat seine Wurzeln in der Reformpädagogik. Bekannte Reformpädagogen, wie Celestin Freinet oder Maria Montessori erkannten bereits vor über einhundert Jahren die Wichtigkeit des selbstständigen und eigenverantwortlichen Lernens. Die revolutionäre Idee, die Pädagogik am Kind selbst auszurichten, hat sich bis heute erhalten und in unterschiedlichen Bereichen der Erziehung und Bildung Eingang gefunden. Eigenverantwortung und Selbstständigkeit sind Basiskompetenzen, die heute mehr denn je benötigt werden. Der Werkstattunterricht in seiner heutigen Form geht in erster Linie auf den Schweizer Pädagogen Jürgen Reichen zurück, der diesen Ende der 1970er-Jahre konzipierte. Seitdem bildeten sich unterschiedliche Grundformen des Werkstattunterrichts heraus. Der Werkstattunterricht besitzt keine starre Form, sondern ist variabel in Bezug auf vier Hauptaspekte[57]: Zeitdauer, Inhalt, Form und Selbstständigkeitsgrad des Kindes. Die Zeitspanne kann sich über eine Stunde täglich bis mehrere Wochen am Stück erstrecken. Der Werkstattunterricht kann sowohl thematisch gebunden, als auch ungebunden sein. Hinsichtlich der Form kann man unterscheiden zwischen „reinem“ und „begleitendem“ Werkstattunterricht. „Begleitend“ meint Werkstattunterricht als paralleles Angebot zum regulären Klassenunterricht, beispielsweise in Form einer „Mini“-Werkstatt. Der Grad der Selbstständigkeit reicht von zugeteiltem Individualunterricht über Angebotsunterricht bis hin zu freier Schülerarbeit.

Im regulären Schulunterricht findet man üblicherweise zwei Werkstattvarianten[58]: die „themenorientierte“ und die „offene“ Werkstatt. Die themenorientierte Werkstatt ist nach den curricularen Vorgaben der einzelnen Fächer ausgerichtet und präsentiert ein breites Lernangebot zu einem Thema, welches von der Lehrkraft didaktisch aufbereitet zur Verfügung gestellt wird. Im Gegensatz dazu versteht man unter einer „offenen“ Werkstatt ein Arbeitsprinzip, welches über einen längeren Zeitraum als Unterrichtsform praktiziert wird. Das Besondere daran ist, dass hier auch die Schüler in den Prozess der Themenaufbereitung miteinbezogen werden. Das Themengebiet ist offener gehalten und stärker fächerübergreifend ausgerichtet als bei der themenorientierten Werkstatt.

Alle Werkstattformen besitzen ein analoges Gerüst, welches aus verschiedenen Bausteinen besteht. Die nachfolgende Aufzählung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, bietet aber einen Überblick der meiner Ansicht nach wichtigsten Punkte: 1) Selbsttätiges und Selbstständiges Arbeiten 2) Möglichkeit zur Selbstkontrolle 3) Alle Sinne ansprechen: „Kopf, Herz und Hand“ 4) Vielfalt an Lernformen und Arbeitstechniken 5) Dokumentation und Präsentation der Ergebnisse 6) Unterschiedliche Sozialformen: Einzel-, Partner-, und Gruppenarbeit 7)Ästhetischer Anreiz der Materialien 8) Unterschiedliche Niveaustufen 9) Übersichtliche und sachlogische Strukturierung des Themas 10) Pflicht- und Wahlangebote 11) Überangebot 12) Fächerübergreifende Komponenten 13) Werkstattmappe und Arbeits-Pass 14) Werkstattregeln[59]. Mit dieser stichpunktartigen Aufzählung möchte ich das Kapitel „Werkstatt“ beenden. Es ging mir vor allem darum, einen ersten Einblick in die Werkstattarbeit zu vermitteln, was mir mit diesem kurzen Abriss hoffentlich gelungen ist.

1.5 Zusammenfassung und Fazit

Die wichtigsten Ergebnisse der bisherigen Untersuchung möchte ich an dieser Stelle noch einmal zusammentragen und anschließend das Fazit ziehen. Das aufkeimende Interesse an der Beschäftigung mit Rezeptionsmethoden und Vermittlungsstrategien ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Vermittlung von Kunst mittlerweile von der Gesellschaft als allgemeines Bildungsziel anerkannt und erwünscht ist. Das angestrebte Grobziel der Kunstvermittlung ist, den Kindern Kunst als Schlüssel zur Welt erfahrbar zu machen und nachhaltiges Interesse an Kunst zu wecken. Als Feinziele haben wir die Intensivierung, Differenzierung und Verfeinerung der kindlichen Wahrnehmung kennengelernt. Dazu gehört beispielsweise die Erweiterung des symbolischen Repertoires, als auch die Erweiterung und Reflexion der eigenen Lebenswirklichkeit. Und wir wissen: Je mehr individuelle Bezüge bei der Betrachtung eines Kunstwerkes ausgelöst werden können, desto intensiver ist die Einprägung der damit verbundenen Erfahrung in das Gedächtnis. Dieser Wahrnehmungsvorgang ist nach Uhlig ein vielschichtiger subjekt- und kontextkonstituierter Denkprozess. Das heißt, der Zugang zur Kunst ist ausschließlich durch subjektive Sinnstiftung möglich, welche sich aus dem situativen Kontext und dem Horizont des Betrachters konstituiert.

[...]


[1] In der vorliegenden Arbeit verwende ich aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form, wenn Personen (der Schüler, der Rezipient u.a.) oder Personengruppen gemeint sind (die Schüler, die Lehrer u.a.). Dabei schließe ich selbstverständlich das weibliche Geschlecht mit ein.

[2] Vgl. Constanze Kirchner, in: Meyer, Torsten/ Sabisch, Andrea [Hg.] (2009): Kunst Pädagogik Forschung. Aktuelle Zugänge und Perspektiven, S. 86.

[3] Marcel Duchamp in seinem Vortrag „The creative act“ von 1957, in: Stauffer, Serge [Hg.] (1981): Marcel Duchamp. Die Schriften, S. 202.

[4] Vgl. Uhlig, Bettina (2005): Kunstrezeption in der Grundschule, S. 84.

[5] Vgl. Rahmenplan Grundschule Rheinland Pfalz: Teilrahmenplan Kunst. Weiterentwicklung der Grundschule. Stand: Dezember 2011, S.6-7.

[6] Vgl. Kirchner, Constanze [Hg.] (2009): Kunstunterricht in der Grundschule, S. 132.

[7] Vgl. Kiyonaga, Nobumasa: Alfred Lichtwarks Kunstbetrachtungsunterricht, in: Meyer/ Sabisch [Hg.] (2009), S. 123-148.

[8] Vgl. Kirchner, Constanze (1999): Kinder und Kunst der Gegenwart. Zur Erfahrung mit zeitgenössischer Kunst in der Grundschule, S. 29.

[9] Vgl. Kirchner (1999), S. 31.

[10] Vgl. Teilrahmenplan Kunst, S. 15.

[11] Vgl. Kirchner, ebd.

[12] Beispiele für Kinderkunstbücher: u.a. Björk, Christina (1987): Linnea im Garten des Malers./ Antoine, Veronique (1996): Kunst für Kinder. Pablo Picasso entdecken./ Giordano, Mario (2003): Der Löwe im Atelier. Tiere in der Kunst./ D'Harcourt, Claire (2006): Was macht der Bär im Museum?/ Dickins, Rosie (2006): Kunst - Ein Entdeckerbuch für Kinder.

[13] Vgl. Kirchner (2009), S. 132.

[14] Vgl. Kirchner (1999), S. 20.

[15] Ebd., S.102.

[16] Ebd., S. 20.

[17] Vgl. Teilrahmenplan Kunst, S. 9-11.

[18] Ebd., S. 29.

[19] Vgl. Uhlig, Bettina: Unterdie Haut gehen. Kunstrezeption in der Grundschule, S.4. In: Busse, Klaus-Peter [Hg.] (2003): Kunstdidaktisches Handeln. Dortmund. URL: http://www.phludwigsburg.de/fileadmin/subsites/2d-kuns-t-01/user files/Uhlig/U Unter.PDFS. 4. (Stand:

01.10.2012).

[20] Teilrahmenplan Kunst, S. 7.

[21] Vgl. Busse, Klaus-Peter(2011): Blickfelder: Kunst unterrichten. Die Vermittlung künstlerischer Praxis, S. 18.

[22] Der„bildnerische Entwicklungsstand“wird von Constanze Kirchner in zahlreichen Büchern wissenschaftlich untersucht und analysiert. Bettina Uhlig bezieht sich zwar auf Kirchners Erkenntnisse, geht aber in ihrem Buch „Kunstrezeption in der Grundschule“ nicht im Speziellen darauf ein, so wie ich es in der vorliegenden Arbeit tun werde.

[23] Uhlig (2005), S. 34.

[24] Uhlig (2005), S. 35-36.

[25] Vgl. ebd., S. 37.

[26] Kirchner, zitiert nach Uhlig (2005), S. 38.

[27] Uhlig (2005), S. 38.

[28] Uhlig (2005), S. 40.

[29] Bettina Uhlig hat gemeinsam mit Ludwig Duncker und Hans-Joachim Müllerein Buch zum Thema „Philosophieren mit Kindern“ u.a. im Kontextder Kunstrezeption veröffentlicht: Betrachten - Staunen - Denken: Philosophieren mit Kindern zwischen Kunst und Sprache (2010).

[30] Uhlig (2005), S. 49.

[31] Vgl. Uhlig (2005), S. 50.

[32] Ebd., S. 51 -53.

[33] Ebd., S. 54.

[34] Uhlig (2005), S. 55.

[35] Uhlig (2005), S. 59.

[36] Uhlig (2005), S. 67

[37] Blohm, Manfred (Die documenta X als Feld für ästhetische Forschungsprojekte von Schülerinnen und Schülern, in: BDK-Mitteilungen 3/1997, S. 24), zitiert nach Uhlig (2005), S. 89.

[38] Die vergleichende Bildbetrachtung ist zwar ebenso möglich, wird aber von Uhlig ausgeschlossen, da das Miteinbeziehen den Rahmen ihrer Arbeit übersteigen würde.

[39] Regel, Günter (Medium bildende Kunst. Bildnerischer Prozess und Sprache der Farben und Formen. Berlin 1986, S. 260), zitiert nach Uhlig (2005), S. 147.

[40] Uhlig (2005), S. 148.

[41] Vgl. Uhlig (2005), S. 153.

[42] Der bildnerische Entwicklungsverlauf des Kindes wird in 2.3.1 analysiert.

[43] Vorschläge und Ideen zurspielerischen Bildbetrachtung findet man in: Vogt, Susanne (2007): Bildbetrachtung - aktiv: 90 Ideen für Grundschulkinder. Verlag an der Ruhr.

[44] Uhlig (2005), 153.

[45] Regel, Günter (Ebd. S. 281), zitiert nach Uhlig (2005), S. 154.

[46] Regel, zitiert nach Uhlig (2005), S. 154.

[47] Vgl. Uhlig (2005), S. 155.

[48] Uhlig (2005), S. 154.

[49] Ebd., S. 156.

[50] Kirchner, Constanze (2008): Kinder & Kunst. Was Erwachsene wissen sollten, S. 147.

[51] Der kindliche Forscherdrang ist zentrales Thema der deutschen Pädagogin und Sachbuchautorin Donata Elschenbroich (2005): Weltenwunder. Kinder als Naturforscher.

[52] Kirchner (2008), S. 147.

[53] Kirchner, Constanze/ Peez, Georg [Hg.] (2001): Werkstatt: Kunst. Anregungen zu ästhetischen Erfahrungs- und Lernprozessen im Werkstattunterricht, S. 12.

[54] Teilrahmenplan Kunst, S. 7

[55] Als regionale BeispielefürWald- und Umweltpädagogische Einrichtungen sei hierauf die „Waldwerkstatt Taubensuhl“ und die „Zoowerkstatt“ im Rahmen der „Zooschule“ Landau i. d. Pfalz verwiesen.

[56] Reichen, Jürgen: Was istWerkstattunterricht?; URL: http://www.heinevetter- verlag.de/10/wu01 .pdf (Stand: 09.10.2012)

[57] Reichen, ebd.

[58] Vgl. Darboven, Sabine (2011): Werkstattunterricht in der Grundschule, S. 16-18.

[59] Eine Auflistung kindgerechter Werkstattregeln findet man in: Schubert, Barbara (2000): Blaues Pferd und grüne Kuh - Eine Franz Marc-Werkstatt, S. 5.

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Das Tierbild als Schlüssel zur Kunst. Strategien der Kunstvermittlung im Primarbereich
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
103
Katalognummer
V266989
ISBN (eBook)
9783656572046
ISBN (Buch)
9783656572039
Dateigröße
4440 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
tierbild, schlüssel, kunst, strategien, kunstvermittlung, primarbereich
Arbeit zitieren
Anna Uhl (Autor:in), 2012, Das Tierbild als Schlüssel zur Kunst. Strategien der Kunstvermittlung im Primarbereich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266989

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