Journalismus und Public Relations


Hausarbeit, 2012

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Hinführung zum Thema nach Schmidt/Zurstiege
2.1 Entwicklung und Kernaufgaben des Journalismus
2.2 Entwicklung und Kernaufgaben der PR

3. Verhältnis von Journalismus und PR in Theorie und Praxis
3.1 Kodizes von Journalismus und PR
3.2 Empirische Forschungen – PR auf dem Vormarsch?
3.3 Journalismus und PR in der Praxis – Vermischung von „getrennten Welten“?

4. Fazit

5. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

„Kein Anschluss unter dieser Nummer.“[1] Mit dieser süffisanten Schlagzeile kommentierte die „Süddeutsche Zeitung“ Ende Oktober die Affäre um den ehemaligen Pressesprecher der CSU, Hans Michael Strepp. Dieser hatte zuvor versucht, durch Anrufe in der Redaktion der ZDF-Sendung „heute“, eine Berichterstattung über den Parteitag der SPD und ihren Spitzenkandidaten Christian Ude zu verhindern. Strepp sprach dabei von „Diskussionen im Nachklapp“[2] falls das ZDF im Alleingang sende, sodass Intendant Thomas Bellut zu der Einschätzung kommt: „Die Intention des Anrufs war eindeutig.“[3]

Versuchte Einflussnahme auf Redaktionen ist jedoch, zumindest in der CSU, kein Einzelfall. Im März 2011 intervenierte die Sprecherin des damaligen bayerischen Umweltministers Markus Söder beim Bayerischen Rundfunk (BR) und forderte einen kritischen Bericht, der die Haltung Söders zur Atomenergie thematisierte, aus dem Programm zu nehmen.[4] Tatsächlich wurde der Bericht nicht weiter ausgestrahlt. „Laut BR waren es journalistische Gründe, die dazu führten, dass der Zusammenschnitt von Söders Äußerungen nur einmal gesendet wurde.“[5]

Natürlich kann man diese Fallbeispiele nicht generalisieren, da sie nicht repräsentativ für das gesamte Verhältnis von Journalismus und Public Relations (PR) sind. Trotzdem zeigen sie, dass PR immer öfter und wie in den vorliegenden Fällen immer dreister versucht, Einfluss auf Redaktionen zu nehmen. Dabei sind PR-Praktiker ebenso wie Journalisten bestimmten Kodizes verpflichtet, die das berufliche Handeln auf eine normative Grundlage stellen. Doch wie werden diese umgesetzt und ist PR wirklich auf dem Vormarsch, wie die beschriebenen Fallbeispiele suggerieren?

Ziel der Arbeit ist es, nach einem kurzen Exkurs zur Entwicklung der beiden Disziplinen, das Verhältnis zwischen Journalismus und PR zu untersuchen und dabei vor allem auf die Frage einzugehen, ob Journalismus und PR sich mehr und mehr vermischen. Im Rahmen dieser Fragestellung werden sowohl die berufsspezifischen Kodizes als auch deren Umsetzung vorgestellt und dabei besonders auf die Unterschiede zu den Positionen des Netzwerks Recherche verwiesen. Zudem werden empirische Ergebnisse thematisiert und deren Relevanz im Hinblick auf die weitere Entwicklung von Journalismus und PR beurteilt. Am Ende werden die Arbeitsergebnisse zusammengefasst und kurze Ausblicke auf das zukünftige Verhältnis von Journalismus und PR gegeben.

2. Theoretische Hinführungen zum Thema nach Schmidt/Zurstiege

Bevor näher auf das Verhältnis von Journalismus und PR eingegangen wird, ist es zunächst wichtig, sich zu vergegenwärtigen, wie sich die beiden Felder entwickelt haben und welche Charakteristika sie ausmachen.

2.1 Entwicklung und Kernaufgaben des Journalismus

Zunächst etablierte sich die Beschäftigung mit Literatur zu einem „eigenen gesellschaftlichen Funktionssystem (…), in dem die Produktion, Verbreitung, Rezeption und Verarbeitung literarischer Texte institutionalisiert und professionalisiert wurde.“[6] Die Literatur bewegte sich Ende des 18. Jahrhunderts nun in festen Strukturen, die von Schriftstellern, vom Buchmarkt, von Verlagen und Lesern sowie Kritikern vorgegeben wurden.[7] Auch die Formen der Kommunikation veränderten sich durch die neuen Strukturen. So verlief die Kommunikation entlang spezifischer Diskurse, die selektierten, „welche Beiträge in welcher Form zu bestimmten Themenkomplexen“[8] passten. In der Literatur wurden diese Diskurse oft als literarische Diskurse „fiktional“[9] geführt, d.h. nicht alle behandelten Themen wurden von Akteuren dieser Diskurse als Wirklichkeit anerkannt. Zugleich schaffte der fiktionale Diskurs einen großen Raum an Freiheit, in dem sich die gesellschaftliche Selbstreflexion „wie sonst in keinem anderen Sozialsystem in der vollen Bandbreite zwischen Realismus und Surrealismus“[10] vollziehen konnte.

Aus diesem Konstrukt von literarischen und fiktionalen Diskursen entwickelte sich nun, wenn auch nur in ersten Ansätzen, der Journalismus, der „die Institutionalisierung einer konkurrierenden Selbstbeschreibung der Gesellschaft nach den Leitwerten Authenzität und Aktualität“[11] darstellte. Im Gegensatz zum literarischen Funktionssystem wurden keine fiktionalen Diskurse geführt, da der Journalismus den Anspruch auf Wirklichkeit zu einer seiner Maximen erklärte. Vielmehr nutzte der Journalismus die „Differenz zum Literatursystem, um die eigene Aussagenproduktion als objektiv, aktuell und öffentlich relevant zu deklarieren.“[12] Journalismus verstand sich von nun an als Mediator, dessen Hauptaufgabe es war und immer noch ist, Informationen zu filtern, um anschließend die relevanten Informationen in verständlicher Art und Weise „an den Leser zu bringen“. Dabei operiert der Journalismus in vollständiger Unabhängigkeit und stellt sich frei von eigenen Interessen in den „Dienst der Wahrheit und Aktualität der Berichterstattung.“[13]

Der Journalismus konzentrierte sich von nun an auf gesellschaftliche Vorgänge und versuchte, den Status quo der Gesellschaft sachgerecht abzubilden. Dazu bediente er sich verschiedener journalistischer Darstellungsformen, wie beispielsweise Nachricht und Kommentar, die sowohl die reine Information als auch eine pointierte Meinung darstellen konnten.

Heutzutage müssen längst auch ökonomische Gesichtspunkte in Bezug auf den Journalismus bedacht werden. Die „journalistische Aussagenproduktion (...) hat sich in modernen Redaktionen längst zu einer industriellen Produktion von Medienangeboten gewandelt, die sich nach dem unterstellten Bedarf der Kunden und nach der Finanzierbarkeit dieses Bedarfes richtet.“[14] Bei der Abschätzung dieses Bedarfs orientiert sich der Journalismus an der sogenannten „öffentlichen Meinung“ und selektiert auf deren Basis Themen.

Trotz der zunehmenden Digitalisierung bleiben die Kernaufgaben eines Journalisten gleich. Er soll kontinuierlich und aktuell über Themen berichten, für die „ein öffentliches Interesse unterstellt wird“[15]. Des Weiteren sollte er seinen Berichten eine intensive Recherche zugrunde legen und auf den Neuigkeitswert seiner Nachrichten achten. Er ist der Wahrheit verpflichtet und berichtet über Themen, die „auf Tatsachen beruhen.“[16]

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich der Journalismus als Funktionssystem der gesellschaftlichen Selbstreflexion etabliert hat und sogar ab und an als „vierte Gewalt“ bezeichnet wird. Er bietet der Gesellschaft die Möglichkeit, sich selbst zu beobachten und dadurch eventuell Missstände aufzudecken. Dabei erreicht Journalismus vor allem dann Publizität, wenn über aufsehenerregende Neuigkeiten oder Störungen des Normalen und Unerwarteten berichtet wird, für die man sich „Interesse in möglichst vielen gesellschaftlichen Bereichen erwartet.“[17]

2.2 Entwicklung und Kernaufgaben der PR

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich, vor allem durch das schnelle Aufkommen der Massenmedien geprägt, die Disziplin der Public Relations. In den auf Wahrheit basierenden Diskursen, die im Journalismus geführt wurden, hatte nicht jeder Akteur den „selbstlosen Anspruch, zu berichten, was sich tatsächlich an bemerkenswerten Ereignissen zugetragen hatte.“[18] Durch die zunehmende Komplexität der Wirtschaft und der durch Ausdifferenzierung unübersichtlicher gewordenen Gesellschaft wuchs „der Bedarf vieler Instanzen, sich in der Öffentlichkeit darzustellen, die eigenen Aktivitäten vorzustellen oder Kritik an diesen zu begegnen.“[19]

So auch in den USA, wo die ersten Ansätze von PR-Strategien praktiziert wurden. In den USA war die Entwicklung von PR vor allem eng mit der Kohle-, Mineralöl- und Eisenlobby verquickt. Großkonzerne der verschiedenen Industriezweige waren gezwungen, auf die „zunehmende Kritik an ihrem ausbeuterischen Kapitalismus zu antworten.“[20] Sie beauftragten Journalisten, Zeitungen mit positiven Berichten über die jeweilige Organisation oder das Unternehmen zu bespielen, um so die „öffentliche Meinung“ zu beeinflussen.[21] PR gab sich den Anschein, uneigennützig zu handeln und nur weitere Informationen für die unterschiedlichen Diskurse bereitzustellen. So sagte der Sprecher von John D. Rockefeller 1906: „Man wolle keine Werbung und keine geheime Beeinflussung der Presse betreiben, sondern die Presse rasch informieren, damit diese wiederum rasch die Öffentlichkeit informieren könne.“[22]

Diese neue Art der Kommunikation, die man heute als Öffentlichkeitsarbeit respektive PR bezeichnet, war anders als der Journalismus nicht bestrebt, die Öffentlichkeit kontinuierlich und objektiv zu informieren, sondern versuchte vielmehr „Organisationen und Parteien in der Öffentlichkeit durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen ein erwünschtes positives Image zu verschaffen.“[23]

PR kann daher nicht unabhängig sein, da sie im Sinne einer Organisation handelt und so auch immer deren Ziele und Werte vertritt. Trotzdem gibt PR sich den Anschein der „Vertrauenswürdigkeit“[24], um die Inhalte, die sie vertritt und publiziert, normativ zu legitimieren. Dabei nutzt PR den Journalismus, um durch ihn zu kommunizieren und von dessen „Renommee zu profitieren.“[25]

Die Kernaufgabe von PR besteht also darin, in den unterschiedlichen Medien möglichst unternehmensfreundliche Berichte zu platzieren, um einerseits Publizität für das Unternehmen zu generieren und andererseits in den Köpfen der relevanten Stakeholder ein positives Image zu verankern. Dadurch sichert PR den Unternehmen Legitimation und die Erhaltung von Handlungsspielräumen. Inwiefern das PR gelingt und wie das Verhältnis von Journalismus und PR in Theorie und Praxis aussieht, wird im nächsten Kapitel thematisiert.

3. Verhältnis von Journalismus und PR in Theorie und Praxis

Nachdem im letzten Kapitel die Entwicklungslinien von Journalismus und PR aufgezeigt wurden, werden nun die normativen Grundlagen, welche sich in den berufsspezifischen Kodizes manifestieren, erläutert und die Diskrepanzen zu den Positionen des Netzwerks Recherche aufgezeigt. Des Weiteren soll auch geprüft werden, inwiefern die Kodizes umgesetzt werden. Darüber hinaus wird in diesem Kapitel anhand empirischer Forschungsergebnisse der Einfluss von PR auf Journalismus untersucht und die Konsequenzen, die sich daraus in der Praxis ergeben, dargestellt.

[...]


[1] URL: http://www.sueddeutsche.de/politik/zdf-affaere-kein-anschluss-unter-dieser-nummer-1.1506704 [Stand: 12.12.2012].

[2] Vgl. ebd.

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. URL: http://www.sueddeutsche.de/bayern/csu-und-pressefreiheit-soeder-sprecherin-rief-beim-br-an-beitrag-verschwand-1.1507488 [Stand: 12.12.2012].

[5] URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bayerischer-rundfunk-sprecherin-von-soeder-intervenierte-gegen-beitrag-a-863738.html [Stand: 12.12.2012].

[6] Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido: Orientierung Kommunikationswissenschaft. Was sie kann, was sie will, Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000, S.177.

[7] Vgl. ebd.

[8] Ebd.

[9] Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido: Orientierung Kommunikationswissenschaft. Was sie kann, was sie will, Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000, S. 178.

[10] Ebd.

[11] Ebd., S. 178.

[12] Ebd.

[13] Ebd.

[14] Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido: Orientierung Kommunikationswissenschaft, Was sie kann, was sie will, Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000, S. 180.

[15] Ebd.

[16] Ebd., S. 180.

[17] Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido: Orientierung Kommunikationswissenschaft. Was sie kann, was sie will, Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000, S. 181.

[18] Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido: Orientierung Kommunikationswissenschaft. Was sie kann, was sie will, Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000, S. 178.

[19] Ebd.

[20] Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido: Orientierung Kommunikationswissenschaft. Was sie kann, was sie will, Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000, S. 183.

[21] Ebd.

[22] Ebd., S. 183.

[23] Schmidt, Siegfried J. / Zurstiege, Guido: Orientierung Kommunikationswissenschaft. Was sie kann, was sie will, Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2000, S. 179.

[24] Ebd.

[25] Ebd.

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Details

Titel
Journalismus und Public Relations
Hochschule
Hochschule Osnabrück  (Institut für Kommunikationsmanagement)
Veranstaltung
Seminar: Medienarbeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
23
Katalognummer
V268110
ISBN (eBook)
9783656587187
ISBN (Buch)
9783656587170
Dateigröße
627 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
journalismus, public, relations
Arbeit zitieren
Lars Urhahn (Autor:in), 2012, Journalismus und Public Relations, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268110

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