„Die Faszination von Patriotismus und Nationalismus - Die „neue Rechte“ und die Mittelschichten“ - so das Thema des Referats, aus dem sich die vorliegende Arbeit entwickelt hat. Untersuchungsgegenstand waren die gesellschaftlichen Trägergruppen von Imperialismus und Nationalismus, oder genauer: Die Trägergruppen, die sich in der Hochphase des Imperialismus in den „nationalen Verbänden“ eine organisatorische Form gaben. Diese nationalen Verbände sollen auch in der folgenden Arbeit im Zentrum des Interesses stehen. Hierbei handelt es sich zunächst um ein europäisches Phänomen: Im Referat wurde versucht, dem Rechnung zu tragen, indem die diesbezüglichen Entwicklungen im Deutschen Kaiserreich und in Großbritannien umrissen wurden.
Gerade aus dieser komparativen Perspektive heraus fiel bereits bei der Lektüre zum Referat eine Besonderheit der Entwicklung in Deutschland auf: Den nationalen Verbänden im Kaiserreich wird in der gesamten Literatur zum Thema ein besonderes, politisches wie gesellschaftliches Durchsetzungsvermögen attestiert.
So weist Hans-Ulrich Wehler darauf hin, daß die „Alldeutschen“, d.h. die Mitglieder des radikalsten Exponenten des nationalen Verbandswesens, noch in den 1890er Jahren bei Konservativen als „Stammtischpolitiker“ galten - vor dem Weltkrieg jedoch „wichtige Berater- und Vermittungsfunktionen“ wahrnehmen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung: Die nationalen Verbände im Kaiserreich.
- 1. Europäische Perspektiven
- 2. Erkenntnisinteresse, historische und historiographische Relevanz
- 3. Vorgehensweise und Gliederung
- II. Der Ausgangspunkt: Die Charakteristika der Verbände
- 1. Das neue Nationsverständnis
- 2. Selbstverständnis und Verhältnis zu den Parteien
- 3. Struktur und Strategie
- 4. Soziale Zusammensetzung und Mitgliederentwicklung.
- III. Strukturgeschichte und Sozialimperialismus - Die nationalen Verbände im Urteil der „kritischen“ Geschichtswissenschaft.
- 1. Der historiographische Kontext
- a) Entstehungszusammenhänge
- b) Die Bewertung des Kaiserreichs.
- 2. Die strukturellen Determinanten der Entwicklung nationaler Verbände im Kaiserreich
- a) Industrielle Revolution und Agrarkrise in Deutschland
- b) Die Folgen der Modernisierung
- c) Die politische Verarbeitung der Transformationsprozesse.
- 3. Anmerkungen zum „Sozialimperialismus“.
- IV. „Rethinking German History“ and „Reshaping the Radical Right“ - Die Kritik aus Großbritannien.
- 1. Der historiographische Kontext
- 2. Die Untersuchungen der nationalen Verbände
- V. Schlussbetrachtung: „A synthesis of these various interpretations“ - a mission impossible ?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Entwicklung nationaler Verbände im Deutschen Kaiserreich und untersucht deren Bedeutung für die deutsche Gesellschaft und Politik. Sie stellt die Frage, warum diese Verbände so großen Einfluss gewinnen konnten und welche Faktoren zu ihrer Entstehung und Entwicklung beigetragen haben.
- Die Rolle und Bedeutung nationaler Verbände im Kaiserreich
- Die unterschiedlichen Erklärungsansätze für die Entstehung und Entwicklung der Verbände
- Die historiographische Diskussion um das nationale Verbandswesen im Kaiserreich
- Die Verknüpfung des Themas mit der Gesamtbewertung des Kaiserreichs und dem „deutschen Sonderweg“
- Die Analyse der „kritischen“ Sozial- und Strukturgeschichte und der britischen „Rethinking German History“ -Bewegung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Gegenstand der Arbeit und den Forschungsstand zum Thema vor. Sie beleuchtet die besondere Rolle der nationalen Verbände im Kaiserreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern.
Kapitel II analysiert die Charakteristika der nationalen Verbände, untersucht deren Selbstverständnis und Verhältnis zu den politischen Parteien sowie deren Struktur und Strategie. Es wird zudem auf die soziale Zusammensetzung und Mitgliederentwicklung der Verbände eingegangen.
Kapitel III befasst sich mit dem Urteil der „kritischen“ Geschichtswissenschaft über das nationale Verbandswesen. Es werden die Entstehungszusammenhänge und die Bewertung des Kaiserreichs aus dieser Perspektive beleuchtet. Zudem werden die strukturellen Determinanten der Entwicklung nationaler Verbände im Kaiserreich analysiert.
Kapitel IV stellt die Kritik aus Großbritannien dar, die sich gegen die etablierte „kritische“ Geschichtsauffassung richtet. Es wird die Entwicklung einer „Rethinking German History“ -Bewegung und deren Einfluss auf die Bewertung des nationalen Verbandswesens untersucht.
Schlüsselwörter
Nationales Verbandswesen, Kaiserreich, Imperialismus, Nationalismus, Sozialimperialismus, „Kritische“ Sozialgeschichte, „Rethinking German History“, Historiographie, Historische Relevanz, Strukturelle Determinanten, Europäische Perspektiven, Politische Kultur, Gesellschaftliche Trägergruppen, Parteien, Modernisierung, Transformationsprozesse.
- Arbeit zitieren
- Jan Jansen (Autor:in), 1998, Das nationale Verbandswesen im Kaiserreich: Merkmale, Erklärungsansätze und historiographische Zusammenhänge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27035