Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Neo-institutionelle Perspektiven: Entwicklung, Definition, Grundannahmen
2.1 Entwicklung
2.2 Definition
2.3 Grundannahmen
2.3.1 Legitimität
2.3.2 Isomorphie
2.3.3 Diffusion
3. PR-Beratung aus neo-institutioneller Perspektive
3.1 Stand der PR-Beratung
3.2 Neo-institutionelle Konzepte im Kontext der PR-Beratung
3.2.1 PR-Beratung und Legitimität
3.2.2 PR-Beratung und Isomorphie
3.2.3 PR-Beratung und Diffusion
3.3 Modell der Agentschaft
4. Fazit
5. Literatur- und Quellenverzeichnis
1. Einleitung
In der heutigen – durch die Globalisierung geprägten – Welt bewegen sich Individuen fast überall im Spannungsfeld von Organisationen. Egal welchen Aktivitäten man sein alltägliches Leben widmet, stets kommt man direkt oder indirekt mit Organisationen in Berührung. „Erziehung erfolgt zu weiten Teilen in Kindergärten und Schulen. Wenn von Religion die Rede ist, dann sind in der Regel auch kirchliche Organisationen angesprochen. Beim Rechtswesen denkt man schnell an Gerichte und Anwaltskanzleien, beim Gesundheitssystem an Krankenhäuser, Pflegeheime und Krankenkassen“[1] – die Liste der von Organisationen durchdrungenen Gesellschaftskomplexe ließe sich beliebig fortführen. Verfechter der Organisationstheorie sprechen mittlerweile sogar von einer „ Organisationsgesellschaft “[2]. Organisationen bieten Individuen dabei quasi eine Art Orientierungsrahmen, durch dessen Hilfe sie ihren Alltag in einer komplexen Welt strukturieren können. Manche Organisationen erreichen in diesem Zusammenhang einen so hohen Legitimitätsstatus, dass sie von den Akteuren einer Gesellschaft irgendwann kaum noch hinterfragt und gewissermaßen als ontologisch gegeben erachtet werden. Dass Organisationen jedoch nicht nur auf andere Parameter – wie Akteure und ihre Handlungen – einwirken, sondern ihrerseits unter dem Einfluss bestimmter Faktoren stehen, ist heruntergebrochen auf eine simplifizierende Formel, eine der Hauptthesen des organisationalen Neo-Institutionalismus (NI)[3]. Als maßgeblichen Einflussfaktor auf Organisationen macht der NI dabei – wie es der Name bereits suggeriert – Institutionen aus, die durch verschiedene Prozesse auf Organisationen einwirken. Schon einer der Vorreiter der Disziplin, der Soziologe Émile Durkheim (1858-1918) betonte die Wichtigkeit von Institutionen und sprach in seinen „Regeln der soziologischen Methode“ von der Soziologie als „Wissenschaft von den Institutionen“[4]. Doch wie äußert sich der Einfluss von Institutionen auf organisationale Bereiche und was versteht man eigentlich unter dem Terminus der „Institution“? Diese Fragen werden im ersten Teil der Arbeit, der sich mit der wissenschaftlichen Entstehungsgeschichte des NI sowie mit seinen Kernbegriffen und Grundannahmen befasst, beantwortet. Anschließend sollen die neo-institutionellen Konzepte auf das Feld der PR-Beratung übertragen werden, das momentan – wie fast alle Bereiche der Consulting-Branche – stark expandiert.[5] Anhand der Überschneidungen zwischen theoretischen Konstrukten des NI und angewandter Praxis in der PR-Beratung soll herausgestellt werden, dass eine multi- respektive interdisziplinäre Betrachtungsweise zu fruchtbaren Ergebnissen für die PR-Forschung führen kann. Außerdem soll mithilfe dieses Ansatzes die bereits aufgeführte zunehmende Inanspruchnahme von Beratungsleistungen zu erklären versucht werden.
2. Neo-institutionelle Perspektiven: Entwicklung, Definition, Grundannahmen
Bevor es im Hauptteil im Detail um die Einbettung neo-institutioneller Paradigmen in die PR-Beratung geht, ist es zunächst wichtig zu erklären, was unter dem Terminus des NI überhaupt verstanden wird und auf welche wissenschaftlichen „Gründungsväter“ er zurückgeht. Ziel dieses Kapitels ist es daher, einen Grundstock an Kernbegriffen und Thesen des NI zu vermitteln, auf den das anschließende Kapitel zur PR-Beratung aufbauen kann.
2.1 Entwicklung
Im wissenschaftlichen Segment des NI gibt es eine ungeheure Bandbreite an Forschungsansätzen, die zum Teil sehr unterschiedliche Schwerpunkte setzen und in ihrer Anwendung auf die PR-Beratung im Endeffekt zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würden. Bezogen auf die Theorie des NI gilt daher: „Es gibt nicht den Neo-Institutionalismus als integriertes Theorieprogramm, sondern je nach Autor(en) und disziplinärer Herkunft verschiedene Ausprägungen und Interpretationen.“[6] Aufgrund des geringen Volumens dieser Arbeit ist also eine Eingrenzung der vorhandenen Theorieprogramme vonnöten, weshalb sich die nachfolgenden Betrachtungen ausschließlich auf den soziologischen respektive organisationalen NI konzentrieren.
Die wissenschaftliche Entwicklung des Institutionalismus, die von den sogenannten „Old Institutionalists“ vorangetrieben wurde, beginnt hauptsächlich in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts und hat ihren Ursprung in den USA.[7] Die Arbeiten der dortigen Wissenschaftsriege stützten sich dabei in erster Linie auf Klassiker der Soziologie, wie beispielsweise den Bürokratieansatz von Max Weber (1864-1920), den er als Antwort auf die von ihm festgestellten Rationalisierungsprozesse in der Gesellschaft entwarf.[8] Weber erkannte zwar die Notwendigkeit bürokratischer Strukturen in einer sich immer rascher wandelnden und komplexer werdenden Welt, fürchtete jedoch, dass Individuen durch die Bürokratisierung gravierende Einschnitte in der Entfaltung ihrer Freiheit hinnehmen müssten.[9] In diesem Zusammenhang taucht auch der mit Sicherheit am häufigsten zitierte Begriff Webers von der „Entzauberung der Welt“[10] durch Rationalisierung und Intellektualisierung auf. Webers Bürokratieansatz beinhaltete in letzter Instanz also bereits eine Annahme, die sich für den Institutionalismus der 50er-Jahre als wichtig erweisen sollte, weshalb es für die Soziologen jener Zeit nicht schwierig war, an Webers Ideen anzuknüpfen. Sowohl Weber als auch die Organisationssoziologen des „Old Institutionalism“ betonten nämlich, dass Organisationen ein „bedeutendes strukturgebendes Moment moderner Gesellschaften“[11] seien. Der Beitrag der Organisationssoziologen des „Old Institutionalism“ bestand nun darin, ausgehend von der Tatsache, dass Organisationen Gesellschaften beeinflussen, zu erklären, wie dies vonstatten geht. Besonders der bedeutendste US-amerikanische Soziologe jener Zeit, Talcott Parsons, war dabei mit seinem Ansatz des Strukturfunktionalismus wegweisend für die Organisationssoziologie. Seine Argumentation basierte auf der Tatsache, „daß [!] Struktur und Operationsweise von Organisationen einerseits von der internen Funktionserfüllung abhängig sind, andererseits [aber auch] von der Umwelt, innerhalb derer Organisationen operieren.“[12] Damit wurde erstmalig innerhalb eines organisationalen Theorieansatzes die These aufgestellt, dass Organisationen nicht nur die Umwelt/Gesellschaft beeinflussen, sondern die Umwelt/Gesellschaft ihrerseits die Organisationen beeinflussen, dass es sich also um ein wechselseitiges Verhältnis handelt. Parsons ging in seinem Ansatz sogar noch einen Schritt weiter und verortete Organisationen in einem größeren sozialen System als Teil der Gesellschaft.[13] Zwar folgten nicht alle Soziologen in den nachfolgenden Jahren dem Parsonschen Ansatz, dieser blieb jedoch vorerst der prominenteste in der institutionellen Organisationstheorie und sollte sich für die spätere Entwicklung des NI als wichtig herausstellen. Konsens bestand für die „Old Institutionalists“ aber weiter darüber, dass Organisationen im Hinblick auf gesellschaftliche Entwicklungen und Zusammenhänge betrachtet werden müssen.[14]
In den fast zwei Jahrzehnten nach den ersten Ansätzen der „ersten Generation Organisationssoziologen“ [synonym verwendeter Begriff zu „Old Institutionalists“, d. Verf.] passierte auf dem wissenschaftlichen Gebiet institutioneller Organisationssoziologie relativ wenig. Erst Mitte bis Ende der 70er-Jahre erlebte der Gedanke eine Renaissance im wissenschaftlichen Diskurs. Startpunkt war die Studie „Institutionalized organizations: Formal structure as myth and ceremony“ der Organisationsforscher John W. Meyer und Brian Rowan aus dem Jahre 1977.[15] Die Forscher stießen bei einer Untersuchung zum Status quo des kalifornischen Bildungssystems mehr oder weniger zufällig auf zwei Phänomene, die sich in ähnlicher Weise auch in anderen Institutionen des öffentlichen Lebens wie Krankenhäusern, Verwaltungen oder Unternehmen widerspiegelten.[16] Das erste Phänomen, von den Forschern auch als „Anomalie“ bezeichnet, beschrieb den Umstand, dass viele der untersuchten Organisationen trotz mangelnder Effizienz existierten.[17] Eine Tatsache, die der damals – und zuweilen auch heute noch – gängigen Annahme von der Rationalität der Märkte sowie der sie unterhaltenden Akteure klar widersprach. Zudem wurde im Rahmen der Untersuchung festgestellt, dass „Organisationstypen trotz ihrer Verschiedenartigkeit ausgesprochen ähnliche Formalstrukturen aufweisen.“[18] Diese zwei Erkenntnisse sollten in den folgenden Jahren Untersuchungsgegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Beiträge zum NI werden. Sie gipfelten letztlich in der provokanten These, dass „Organisationen [..] nicht das Ergebnis rationaler Entscheidungen [sind], sondern die Folge und Konsequenz soziale[r] und kulturelle[r] Konstruktion.“[19] Und diese Konstruktion erfolgt letztlich durch die Institutionen einer Gesellschaft. Damit war auch ein neues Fundament für den Institutionalismus gelegt. Basierend auf dem Erbe des „Old Institutionalism“, ging fortan auch der „New Institutionalism“ davon aus, dass Organisationen „nicht als autonome Einheiten, sondern immer als „embedded in“ und beeinflußt [!] durch die Gesellschaft, genauer durch die Institutionen der Gesellschaft“[20], betrachtet werden müssen. Dies schließt zumindest ansatzweise an den zuvor dargestellten Ansatz von Parsons an, der Organisationen in einem wechselseitigen Verhältnis mit der Gesellschaft beschrieb. Das Neue am Institutionalismus war nun die Annahme, dass diese Beeinflussungsprozesse nicht immer rational verlaufen müssen. Auf Basis des „Old Institutionalism“ wurde also eine neue Theorie entwickelt, die auch ein neues Erkenntnisinteresse verfolgte – nämlich zu ergründen, warum Organisationen ineffizient, aber überlebensfähig und untereinander homogen sind. Daher die fortan geprägte Bezeichnung „New Institutionalism“ oder auf deutsch eben „Neo-Institutionalismus“ (NI).
Im Anschluss an die Untersuchung von Meyer und Rowan entstanden, wie bereits angedeutet, eine Fülle von Beiträgen zum NI, was auch nicht verwunderlich ist, stellte der NI mit seinen Thesen doch die etablierten Modelle der „rational choice“ in Frage und war somit als Forschungsgebiet besonders spannend und attraktiv. Im wissenschaftlichen Diskurs waren in der Folge jedoch vor allem die Beiträge, die den NI weiterentwickelten, von Bedeutung. Wichtig für die weitere Entwicklung des NI waren dabei insbesondere die Beiträge von Lynne G. Zucker aus dem Jahre 1977 sowie von den Forschern Paul J. DiMaggio und Walter W. Powell aus dem Jahre 1983.[21] Während Zucker sich in ihrer Betrachtungsweise auf Handlungsweisen konzentriert, die einen „hohen Institutionalisierungsgrad aufweisen [und somit] keine[r] soziale[n] Kontrolle, im Sinne positiver oder negativer Sanktionen“[22] bedürfen, legen DiMaggio und Powell den Fokus auf eben solche Faktoren der Kontrolle und Sanktion, die zu Angleichungsprozessen führen. An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass beide Beiträge elementar für den NI sind, jedoch nicht in ihrer Gänze nachvollzogen werden können. Zumindest auf DiMaggio und Powell wird im Verlaufe des Kapitels 2.3 aber noch detaillierter eingegangen.
2.2 Definition
Bisher wurde lediglich ein Ausschnitt der wissenschaftlichen Entstehungsgeschichte des NI gezeigt, aber noch keine zentrale Definition der Begrifflichkeiten vorgenommen. Auch der Begriff der „Institution“ wurde verwendet, ohne ihn jedoch zu präzisieren. Eine präzise Definition ist aber unerlässlich, um die weiteren Ausführungen zu verstehen. Daher soll im Folgenden eine Definition des zentralen Begriffs der „Institution“ erfolgen.
Der Terminus des „Neo-Institutionalismus“ ist ein Kompositum aus dem Präfix „neo-“ und dem Substantiv „Institutionalismus“, das in letzter Instanz natürlich auf den Begriff der „Institution“ zurückgeht. Warum man diese Form des „Institutionalismus“ als „Neo-Institutionalismus“ bezeichnet, wurde bereits im vorherigen Kapitel verdeutlicht. Vereinfacht gesagt ist dies der Fall, weil der NI eben in vielerlei Hinsicht auf einen „alten Institutionalismus“ zurückgeht, ihn jedoch um bestimmte Aspekte erweitert. Man könnte auch argumentieren, dass allein der Akt der Wiederentdeckung des Institutionalismus der 50-er Jahre in den 70-er Jahren an sich das Präfix „neo-“ begründet. Egal, welcher Argumentation man folgt, die Verwendung des Präfixes ist in jedem Fall verständlich und nachvollziehbar. Schwieriger ist es hingegen bei dem Begriff der „Institution“. Obwohl es sich um einen zentralen Begriff des NI handelt, hat es die Organisationssoziologie bis heute versäumt, ihn grundlegend zu definieren.[23] Statt einer grundlegenden Definition existiert vielmehr ein Konglomerat an unterschiedlichsten Definitionsansätzen. So definieren die Organisationsforscher Raimund Hasse und Georg Krücken Institutionen „als gesellschaftliche Erwartungsstrukturen, die darüber bestimmen, was angemessenes Handeln und Entscheiden ist.“[24] Demnach meint der Einfluss von Institutionen auf Organisationen hauptsächlich die Ansprüche der Gesellschaft an eine Organisation, die diesen gerecht werden muss. Etwas abstrakter findet für die Soziologen Peter Berger und Thomas Luckmann Institutionalisierung immer dann statt, „sobald habitualisierte Handlungen durch Typen von Handelnden reziprok typisiert werden. Jede Typisierung, die auf diese Weise vorgenommen wird, ist eine Institution.“[25] Handlungen werden demnach irgendwann derart zur Gewohnheit, dass sie kaum noch hinterfragt werden und sich letztlich zu Handlungstypen, die wechselseitig aufeinander bezogen sind, entwickeln. Unabhängig von den genannten Definitionsansätzen, hat sich in der neo-institutionellen Forschung das Drei-Säulen-Modell nach Richard W. Scott etabliert. Zunächst muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass „Institutionen für Scott alles umfassen, was verbindlich regelhafte Handlungen hervorbringt. Das heißt: Regelhafte Handlungen lassen sich kausal auf die Institution zurückführen [Hervorhebung im Original].“[26] Basierend auf dieser Grundannahme weist Scott den Institutionen verschiedene Funktionen zu. Je nach Funktion lässt sich dabei ein unterschiedlicher Grad der Institutionalisierung erkennen. „Institutionen wirken [nach diesem Modell] auf drei Ebenen auf Organisationen ein: durch regulative Vorgaben und Zwang, durch normative Erwartungen und Wertorientierung sowie durch kulturell-kognitive Sinnstrukturen, die gemeinhin nicht hinterfragt werden.“[27] Für die letzte institutionelle Form, die der kulturell-kognitiven Sinnstrukturen, bedarf es eines relativ hohen Institutionalisierungsgrads, das heißt, dass der Einfluss durch die Institution bereits so groß sein muss, dass er als selbstverständlich angesehen wird. Die kulturell-kognitiven Sinnstrukturen beziehen sich dabei auf „jene Elemente von Institutionen, die die Wahrnehmung der Wirklichkeit in einer Gesellschaft bestimmen und durch die die Wirklichkeit sinnhaft erschlossen wird.“[28] Für das Erkenntnisinteresse des NI ist in dem Drei-Säulen-Modell vor allem die letzte Kategorie entscheidend, wenn auch schwer empirisch zu ermitteln.[29] Zwar stellt das Drei-Säulen-Modell einen ersten ernsthaften Ansatz dar, den Begriff der „Institution“ zu systematisieren, jedoch ist dieser nicht gänzlich frei von methodischen Schwächen. So ist einerseits der Begriff der Institution bei Scott relativ vage gefasst. Alle Gebilde, die „regelhafte Handlungen“ hervorbringen, sind für Scott Institutionen. Doch was ist unter „regelhaften Handlungen“ zu verstehen und kann man nicht jede Handlung unter bestimmten Voraussetzungen als regelhaft bezeichnen? Auch die Soziologin Konstanze Senge kritisiert in ihrem Überblickswerk zum NI: „Nach dieser neo-institutionalistischen Begriffsbestimmung kann alles dem Terminus „Institution“ unterstehen […]: Gesellschaft, Gesetze, Staat, Organisationen, formale Aspekte von Organisationen, Werte, Rollen, Glaubenssysteme, etc.“[30] Die Möglichkeiten einer Eingrenzung bestimmter Einflussfaktoren auf Organisationen werden also mit dieser Perspektive extrem schwierig. Zusätzlich dazu kritisiert Senge, dass Scott die kognitive Ebene auf eine Stufe mit der regulativen und normativen stellt. Wie bereits angeklungen, fallen unter die kulturell-kognitive Ebene diejenigen „Modelle und Skripte, mit denen wir die Wirklichkeit wahrnehmen.“[31] Wenn dem jedoch so ist, nehmen gesellschaftliche Akteure ja auch regulative und normative Phänomene durch den Filter kulturell-kognitiver wahr. Das heißt: alle Institutionen sind im Endeffekt kulturell-kognitiv und es handelt sich um eine institutionelle Suprakategorie.[32] Senge konzipiert ausgehend von ihrer Kritik am Modell von Scott und weiteren neo-institutionellen Beiträgen in ihrem Überblickswerk einen eigenen Definitionsansatz. Demnach ist das Kriterium der „Maßgeblichkeit“ in Verbindung mit der „Dauerhaftigkeit“ einer Institution von Bedeutung. Das heißt, „man spricht nur dann von einer Institution, sofern sie über einen längeren Zeitraum [Dauerhaftigkeit] das Verhalten der Akteure maßgeblich [Maßgeblichkeit] regelt.“[33] Hinzu kommt das Moment der „Verbindlichkeit“, das im Endeffekt darauf verweist, dass institutionelle Regelverstöße, also Verhalten, das den beschriebenen Erwartungsstrukturen der Gesellschaft zuwiderläuft, von eben dieser Gesellschaft sanktioniert wird.[34] Aus allen genannten Faktoren destilliert Senge letztlich folgende soziale Regeln als Handlungsdeterminanten integrierende Definition: „Eine soziale Regel ist dann eine Institution, wenn sie maßgeblich für ein empirisches Phänomen ist, wenn sie in sozialer Hinsicht für einen oder mehrere Akteure verbindlich ist und wenn sie zeitlich von langer Dauer ist.“[35] Diese Definition ist gemeint, wenn im Folgenden von „Institutionen“ die Rede ist.
[...]
[1] Kneer, Georg: Organisation und Gesellschaft. Zum ungeklärten Verhältnis von Organisations- und Funktionssystemen in Luhmanns Theorie sozialer Systeme, in: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 30 (2001), 6, S. 407.
[2] Walgenbach, Peter / Meyer, Renate: Neoinstitutionalistische Organisationstheorie. Stuttgart: Kohlhammer, 2008, S.15.
[3] Um eine bessere Lesbarkeit zu ermöglichen, wird „Neo-Institutionalismus“ im Folgenden mit „NI“ abgekürzt.
[4] Zitiert nach: Hasse, Raimund / Krücken, Georg: Neo-institutionalistische Theorie, in: Georg Kneer / Markus Schroer (Hrsg.): Handbuch Soziologische Theorien, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, S. 237.
[5] URL: http://www.consultingstar.com/managementberatung/beraterverband-bdu-deutsche-consultants-machen-soviel-umsatz-wie-noch-nie.html [Stand: 23.01.2014].
[6] Sandhu, Swaran: Public Relations und Legitimität, Der Beitrag des organisationalen Neo-Institutionalismus für die PR-Forschung, Wiesbaden / Stuttgart: Springer VS, 2012, S. 78.
[7] Vgl. Senge, Konstanze/ Hellmann, Kai-Uwe: Einleitung, in: Dies. (Hrsg.): Einführung in den Neo-Institutionalismus. Mit einem Beitrag von W. Richard Scott, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, S. 8ff.
[8] Vgl. Senge, Konstanze / Hellmann, Kai-Uwe: Einleitung, a.a.O.
[9] Vgl. ebd.
[10] Siehe ausführlich: URL: http://www.goethe.de/ges/phi/prt/de8250983.htm [Stand: 24.01.2014].
[11] Senge, Konstanze / Hellmann, Kai-Uwe: Einleitung, a.a.O.
[12] Ebd.
[13] Vgl. ebd.
[14] Vgl. ebd.
[15] Darüber, dass der Beitrag von Meyer und Rowan den Startpunkt einer neo-institutionellen Betrachtungsweise darstellte, herrscht in der Wissenschaft weitestgehend Konsens (Vgl. exemplarisch Senge/Hellmann 2006, Walgenbach/Meyer 2008, Hasse/Krücken 2009, Sandhu 2012).
[16] Vgl. Sandhu, Swaran: Public Relations und Legitimität, Der Beitrag des organisationalen Neo-Institutionalismus für die PR-Forschung, a.a.O., S. 74f.
[17] Vgl. ebd.
[18] Ebd.
[19] Ebd.
[20] Senge, Konstanze/ Hellmann, Kai-Uwe: Einleitung, a.a.O.
[21] Vgl. Walgenbach, Peter / Meyer, Renate: Neoinstitutionalistische Organisationstheorie, a.a.O., S. 33ff. / S. 41ff.
[22] Walgenbach, Peter / Meyer, Renate: Neoinstitutionalistische Organisationstheorie, a.a.O., S. 41f.
[23] Vgl. exemplarisch Senge/Hellmann 2006, Walgenbach/Meyer 2008, Hasse/Krücken 2009, Sandhu 2012.
[24] Hasse, Raimund / Krücken, Georg: Neo-institutionalistische Theorie, a.a.O., S. 237.
[25] Zitiert nach: Walgenbach, Peter / Meyer, Renate: Neoinstitutionalistische Organisationstheorie, a.a.O., S. 55.
[26] Senge, Konstanze: Zum Begriff der Institution im Neo-Institutionalismus, in: Dies. (Hrsg.): Einführung in den Neo-Institutionalismus. Mit einem Beitrag von W. Richard Scott, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006, S. 39f.
[27] Sandhu, Swaran: Public Relations und Legitimität, Der Beitrag des organisationalen Neo-Institutionalismus für die PR-Forschung, a.a.O., S. 76.
[28] Walgenbach, Peter / Meyer, Renate: Neoinstitutionalistische Organisationstheorie, a.a.O., S. 59.
[29] Vgl. Sandhu, Swaran: Public Relations und Legitimität, a.a.O., S. 76.
[30] Senge, Konstanze: Zum Begriff der Institution im Neo-Institutionalismus, a.a.O., S.39f.
[31] Ebd.
[32] Vgl. ebd.
[33] Ebd.
[34] Vgl. Senge, Konstanze: Zum Begriff der Institution im Neo-Institutionalismus, a.a.O., S.39f.
[35] Ebd.