Die wirtschaftsethische Herleitung der Sozialen Marktwirtschaft jenseits der Ideologien

Eine sachorientierte Analyse


Hausarbeit, 2014

17 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einführung

2. Historischer Kontext

3. Geistige Vordenker der sozialen Marktwirtschaft
3.1 Walter Eucken - Wettbewerb als Entmachtungsinstrument
3.2 Friedrich von Hayek - Wettbewerb als Entdeckungsverfahren

4. Klugheitsargumente für die soziale Marktwirtschaft nach Alfred Müller-Armack

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Arendt, H. (1955). Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Frankfurt a.M.

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.). (2011). Social Justice in the OECD - How do the member states compare?

Engels, F. (1845). Die Lage der arbeitenden Klasse in England. Leipzig.

Eucken, W. (1948). Das ordnungspolitische Problem, in Ordo 1.

Gans-Morse, T. C. (2009). Neoliberalism: From New Liberal Philosophy to Anti-Liberal Slogan, in Studies in Comparative International Development. 44, Nr. 2.

Hansjürgens, B. (2002). Walter Eucken und das Denken in Verfassungen, erschienen in Walter Eucken und die Ordnungspolitik. Tübingen.

Institut für Demoskopie Allensbach (Hrsg.). (2010). Einstellung zur Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland zum Jahresanfang 2010. Bertelsmann Stiftung.

Müller-Armack, A. (1956). Soziale Marktwirtschaft, in Ders. Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspoltik. Freiburg.

Müller-Armack, A. (1997). Müller-Armack, Alfred, in Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 18. Berlin: Dunckeer & Humblot.

Sen, A. (2002). Ökonomie für den Menschen. München.

Streinbrück, P. (2011). Unterm Strich. München: Deutscher Taschenbuchverlag.

von Hayek, F. (1939). Freedom and the economic system, Public policy pamphlet no. 29. Weber, M. (1919). Politik als Beruf, in Gesammelte Politische Schriften . Tübingen.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Allensbach-Studie, in Institut für Demoskopie Allensbach (Hrsg.) Einstellung zur Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland zum Jahresanfang 2010, 2010, S. 2

Abbildung 2 Malthusianische Falle, in Clark, Gregory, A farewell to alms, 2007, S. 2

Abbildung 3 Soziale Gerechtigkeit im internationalen Vergleich, in Social Justice in the OECD - How do the member states compare?, 2011, S. 8

Abbildung 4 Produktivitätswachstum 1929 - 1995, in Lindlar, Ludger, Das mißverstandene Wirtschaftswunder: Westdeutschland und die westeuropäische Nachkriegsprosperität, 1997, S. 17

1. Einführung

Die soziale Marktwirtschaft gilt seit Jahrzehnten in Deutschland als gesamtgesellschaftliche Errungenschaft, die nur in ihren Erscheinungsformen aber selten ernsthaft fundamental in Frage gestellt wird. Es ist über die politischen Lager hinweg eine allgemeine, grundsätzliche Zustimmung zu beobachten, die vermuten lässt, dass die sozialen und ökonomischen Vorteile der sozialen Marktwirtschaft ihre Kosten weitaus übertreffen. Dies zeigt auch folgende Grafik, aus der deutlich wird, dass die Öffentlichkeit eine gute Meinung dazu hat, auch wenn die Zustimmung eher zurückhaltend und weniger euphorisch ist - eine Zustimmung ist es aber allemal1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Allensbach-Studie, 2010

Mit Beginn der Industriellen Revolution und der Mobilisierung breiter Arbeitermassen, veränderte sich auch die Sozialstruktur der entsprechenden europäischen Gesellschaften. Lebte man zuvor noch in autarken, homogenen, überschaubareren, ländlich geprägten immer komplexer werdenden Gesellschaft. Durch die bisherige Einbettung der Individuen im Familienverbund und der Gemeinschaft konnten von diesen soziale Sicherungen getragen werden. Kinder versorgten und pflegten ihre alternden Eltern, Kranke oder Hungernde fanden eine Anlaufstelle in den kirchlichen Gemeinden. Die Allokation von Ressourcen und die Distribution der Gewinne von Arbeit waren aufgrund der Überschaubarkeit der Gemeinschaften einfacher zu leisten. Diese Struktur steigerte nachweislich nicht das Pro- Kopf-Einkommen, wie die Malthusianische Falle zeigt (siehe Abbildung 2) aber sie sicherte die Existenz des Einzelnen.

Mit dem technologischen Fortschritt begann nun in der zweiten Hälfte des 18. aber vor allem mit Beginn des 19. Jahrhunderts die industrielle Revolution, angetrieben von Erfindungen wie der Webmaschine und neuen Produktionsvorgängen. Die Produktions- und Verteilungs- vorgänge wurden rationalisiert,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Malthusianische Falle

effizient gemacht und dadurch auch komplexer. Die Expansion und Intensivierung der Arbeitsteilung steigerte zum ersten Mal in der Geschichte den wirtschaftlichen Output und führte zu einem wesentlich dynamischeren Wirtschaftsprozess. Allerdings schuf dieser Strukturwandel auch hochkomplexe Interdependenzen zwischen den einzelnen Agenten der Wirtschaft aber eben besonders auch in der Gesellschaft2.

Der einzelne Mensch war nunmehr Arbeitskraft in einer der Fabriken und lebte zunehmend in Städten, was oben beschriebene soziale Sicherung durch die Gemeinschaft, in die er zuvor eingebettet war, mehr und mehr auflöste. Eine Verelendung der städtischen Arbeiterschaft war die Folge und forderte Lösungen. Unter anderem Karl Marx und Friedrich Engels gingen dieses Problem (ideologisch) an und legten mit ihren Schriften wie „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“3die Grundlage für den im 20. Jahrhundert erstarkenden Sozialismus. Auch andere Ideologien suchten Mittel und Wege, um die resultierenden Probleme des gesellschaftlichen Strukturwandels zu überwinden und - teils utopische - Ziele anzustreben.

Im Folgenden soll dargestellt werden, welche wirtschaftsethischen Überlegungen zur Einführung der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland führten und wieso dies keine Frage der Ideologie sein muss. Dazu werden eingangs die kritischen Auseinandersetzungen von Friedrich von Hayek und Walter Eucken mit dem aufkommenden Sozialismus und dem gegenüberstehenden Wirtschaftsliberalismus dargelegt. Der Zeitraum und Ort, auf den sich diese Arbeit maßgeblich konzentriert, liegt also in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa in all seinen politischen Erscheinungsformen von der Monarchie über den totalitaristischen, faschistischen Staat bis zur Bundesrepublik. Dies soll verständlich machen, wie es zur Idee der sozialen Marktwirtschaft kommen konnte und was ihre sozialen Errungenschaften für die Sicherung des Wohlstandes für möglichst viele sind. Dabei sind die Begriffe Sozialismus, Wirtschaftsliberalismus, Marktwirtschaft im Zusammenhang mit Wettbewerb zu definieren beziehungsweise zu erläutern, was in den Kapiteln 3 und 4 durch die Ausführungen der Theorien geschieht. Der Begriff des Wohlstandes wird in der Zusammenfassung dargelegt.

Diese Arbeit hat das Ziel, soziale und ökonomische Gesichtspunkte zu verbinden, um ein rundes Bild zu schaffen. Aus diesem Grund ist es wichtig, auch oben genannte ökonomische Begriffe zu erläutern, um Zusammenhänge deutlich zu machen.

2. Historischer Kontext

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war geprägt von neu aufkommenden politischen Ideen und deren Umsetzung. Damit verbunden sind natürlich Umstürze, Experimente und instabile Verhältnisse.

Besonders in Mitteleuropa herrschte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wie auch Max Weber feststellte, eine Erblast des Scheinparlamentarismus. Man begegnete einer Bevölkerung, die nach Jahrhunderten der Beherrschung durch Monarchen und Kirchenfürsten und später Diktatoren politisch unerzogen war und somit keine freiheitlichen, demokratischen Traditionen pflegte4.

Bedingt durch den Strukturwandel im öffentlichen Raum, der von verschiedenen politischen Theoretikern thematisiert wurde, kam es zur Suche nach neuen Ordnungsformen des Politischen und einer Abwendung vom Begriff des Staates und der Herrschaft. Hannah Arendt sah beispielsweise einen realgeschichtlichen Bruch durch die ersten beiden Weltkriege und den stärker werdenden Rassismus und thematisierte mit ihren Schriften wie „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“5ihr favorisiertes Modell einer pluralistischen Aktivbürgerschaft in einer freiheitlichen, republikanischen Ordnung.

Ökonomische Probleme, wie Massenarbeitslosigkeit, Hyperinflation und die daraus resultierende Zukunftsangst beispielsweise der Weimarer Republik bildeten einen reichen Nährboden für totalitaristische Systeme aller Farben. Wie die Geschichte uns lehrte, obsiegten für zwölf Jahre in Deutschland die Nationalsozialisten und hinterließen nach dem zweiten Weltkrieg 1945 eine am Boden liegende Wirtschaft, die zuvor von der zentralen Regierung planmäßig auf Kriegsproduktion ausgerichtet wurde und nun keine Versorgung der Bevölkerung mit Gütern zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse sicherstellen konnte. In Osteuropa, besonders zu nennen in Russland, der späteren Sowjetunion, wuchs seit Ende des ersten Weltkrieges der Sozialismus heran und wandelte sich unter verschiedenen Herrschern vom Leninismus, zum Stalinismus und so weiter. Währenddessen waren die USA die einzige Weltregion, die erfolgreich materiellen Wohlstand schaffen und erhalten konnte - wenn auch mit sozialen Nachteilen.6

In diesen Zeiten entwickelten der deutsche Ökonom Walter Eucken und der österreichische Sozialphilosoph und Ökonom Friedrich von Hayek ihre Ideen, die als Vorgedanken zur sozialen Marktwirtschaft dienen und im folgenden Kapitel dargelegt werden sollen.

3. Geistige Vordenker der sozialen Marktwirtschaft

Wie bereits eingangs erwähnt, dient dieses Kapitel dazu, die geistigen Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft zu erläutern und die Theorien ihrer beiden wichtigsten Väter im Geiste - ungeachtet ob freiwillig oder unfreiwillig - darzustellen: Walter Eucken und Friedrich von Hayek.

Walter Eucken - Wettbewerb als Entmachtungsinstrument Walter Eucken, geboren 1891 in Jena und gestorben 1950 in London, war deutscher Ökonom und gilt als Begründer des Ordoliberalismus. Er befasste sich also hauptsächlich mit der Frage, wie die Wissenschaft ein menschenwürdiges und wirtschaftlich erfolgreiches Leben ermöglich kann. Seine Arbeit zielte darauf ab, eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu finden, die die materiellen Ansprüche möglichst vieler Menschen befriedigt und gleichzeitig individuelle Freiheiten so wenig wie möglich einschränkt7.

Im Vorwort zur Zeitschrift Ordo, deren Mitbegründer Eucken war, fasste er 1948 seine Analyse und These zusammen. Unter den Folgen des Nationalsozialismus leidend, ist Deutschland von einer Ordnung, wie oben beschrieben, weit entfernt, sodass die aktuelle Aufgabe darauf liegen solle, eine Wirtschaftsordnung zu schaffen, deren Prinzipien auf Erfahrung - im Gegensatz also zur Ideologie - beruhen und so eine weitere Verelendung der Bevölkerung verhindert. Damit die damals aktuell so brennenden sozialen Fragen gelöst werden könnten, war es nach Eucken nötig, eine möglichst allumfassende Wettbewerbsordnung zu schaffen. Dies begründet er mit einer ausführlichen Kritik an der Planwirtschaft (Zentralwirtschaft) im geografischen Osten und der Laissez-Faire-Wirtschaft (Verkehrswirtschaft) im Westen - wobei die geografischen Zuordnungen der offensichtlichen Interpretation unterliegen - und formulierte sein Lenkungsproblem:

[...]


1Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Einstellung, zur Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland am Jahresanfang 2010, 2010, S. 2

Selbstversorgergemeinschaften, wandelte sich diese Struktur im 19. Jahrhundert hin zu einer

2Vgl. Eucken, Walter, Das Ordnungspolitische Problem, in Ordo 1, 1948, S. 59

3Engels, Friedrich, Die Lage der arbeitenden Klasse in England, Leipzig, 1845

4Vgl. Weber, Max, Politik als Beruf, in Gesammelte Politische Schriften (Hrsg. Winckelmann, Johannes), Tübingen, S. 540 - 542

5Arendt, Hannah, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, Frankfurt a.M., 1955

6Vgl. von Hayek, Friedrich, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren,1969, in Freiburger Studien, Tübingen, S. 254

7 Vgl. Hansjürgens, Bernd, Walter Eucken und das Denken in Verfassungen, erschienen in Walter Eucken und die Ordnungspolitik, Tübingen, 2002, S. 37

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Details

Titel
Die wirtschaftsethische Herleitung der Sozialen Marktwirtschaft jenseits der Ideologien
Untertitel
Eine sachorientierte Analyse
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Veranstaltung
Seminar Wirtschaft und Staat
Autor
Jahr
2014
Seiten
17
Katalognummer
V270715
ISBN (eBook)
9783656623106
ISBN (Buch)
9783656623076
Dateigröße
1050 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
marktwirtschaft, soziale marktwirtschaft, wirtschaftsethik, ethik der sozialen marktwirtschaft, friedrich von hayek, hayek, alfred müller-armack, walter eucken, liberalismus, wirtschaftsliberalismus, wirtschaft und staat
Arbeit zitieren
Samuel Jung (Autor:in), 2014, Die wirtschaftsethische Herleitung der Sozialen Marktwirtschaft jenseits der Ideologien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270715

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