Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundfrage des Klimaschutzes: Anpassen oder Vermeiden?
3 Ein Antwortversuch: Kosten-Nutzen-Analyse
4 Umweltpolitische Dimension der Ökonomik des Klimawandels
5 Zusammenfassung
Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Der fortschreitende anthropogene Klimawandel und dessen Folgen für die Natur und die menschliche Gesellschaft stellen politische Entscheidungsträger weltweit vor neue Herausforderungen. Die zentrale Aufgabe besteht dabei insbesondere darin, das Ausmaß von Klimaschäden zu minimieren und eine Klimakatastrophe abzuwenden, wobei die Wohlfahrtsverluste möglichst gering zu halten sind.
Während der wissenschaftliche Kenntnisstand über Ursachen und Situation der globalen Erderwärmung weitgehend Konsens gefunden hat, gestaltet sich die Debatte um das Ausmaß des Klimawandels und seiner Schäden als auch um geeignete Klimaschutzmaßnahmen als äußerst kontrovers. Ein wesentlicher Kern der klimapolitischen Diskussionen stellt der Kosten-Nutzen-Aspekt von Anpassungs- und Vermeidungsstrategien dar, ob und in welchem Maße sie Erfolg versprechend sind und welches Verhältnis von Anpassung und Vermeidung sich als optimal darstellt. Die Klimafolgenforschung liefert hierzu unterschiedliche Szenarioanalysen, welche zur Grundlage klimapolitischer Entscheidungen gemacht werden, aufgrund verschiedener Annahmen und Datenbasen jedoch häufig zu einem differenzierten Meinungsbild über die „richtige“ Klimaschutzstrategie führen.
Die vorliegende Arbeit untersucht die Problematik der Ökonomik des Klimawandels unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt. Die Grundfrage des Klimaschutzes, welche im Wesentlichen in der Entscheidung für Anpassungs- oder Vermeidungsstrategien besteht, wird im zweiten Teil vorgestellt. Im Anschluss soll mittels Kosten-Nutzen-Analyse ein Antwortversuch auf diese Frage geliefert werden, wobei unterschiedliche Lösungsansätze renommierter Klimaökonomen gegenübergestellt werden. Im vierten Teil wird daraufhin die politische Dimension der Ökonomik des Klimawandels im Hinblick auf praktische Umsetzungsmaßnahmen beleuchtet. Eine Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse erfolgt in einer abschließenden Betrachtung.
2 Grundfrage des Klimaschutzes: Anpassen oder Vermeiden?
Zur Minimierung der durch den Klimawandel verursachten Schäden an Umwelt und Gesellschaft existieren zwei mögliche Strategien: Anpassen oder Vermeiden. Die Anpassung kann als reaktive Strategie bezeichnet werden, da sie Maßnahmen zur Abschwächung der Folgen von Klimaschäden beinhaltet, z. B. in Form von Infrastrukturmaßnahmen in Küsten- und Meeresgebieten oder eine Anpassung der Land- und Forstwirtschaft.[1] Vermeiden meint hingegen die Vorbeugung von Klimaschäden durch aktiven Klimaschutz, indem z. B. CO2-Emissionen reduziert oder klimaneutrale Energiegewinnungsverfahren angewandt werden. Moderne Technologien erweitern das Spektrum an Möglichkeiten von Vermeidungsstrategien, sind jedoch häufig mit sehr hohen Kosten verbunden. Als Beispiel ist hier die CO2-Bindung in natürlichen Senken (z. B. Wälder, Meere) oder in künstlichen unterirdischen Speichern (s. g. Sequestration) zu nennen.[2]
Im volkswirtschaftlichen Sinne kann die Vermeidung den öffentlichen Gütern zugeordnet werden, da Klimaschutz unabhängig von dem, der ihn betreibt, allen zugutekommt. Im Gegensatz dazu ist die Anpassung ein privates Gut, von dem nur das Land oder Individuum profitiert, das in die jeweilige Anpassungsmaßnahme investiert hat, z. B. der Bau eines Deichs. Hierin wird das Dilemma des Klimaschutzes deutlich: Länder und Individuen müssen private Kosten aufwenden, um beispielsweise Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Der Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen fließt jedoch allen, unberücksichtigt ihres eigenen Beitrages, zu. Für die betroffenen Akteure lässt sich aus dem öffentlichen Gut „Klimaschutz“ i. d. R. kein Gewinn erzielen. Er ist, im Gegenteil, sogar häufig mit einem Wohlfahrtsverlust verbunden, welcher von der Art und Höhe der Klimaschutzinvestitionen abhängt. Zudem sind die Folgen des Klimawandels schwer absehbar und trotz wissenschaftlicher Prognosen mit großer Unsicherheit behaftet, sodass sich trotz hoher Investitionen in Vermeidungsmaßnahmen negative Effekte nicht ausschließen lassen und immer ein gewisses Restrisiko bestehen bleibt.[3]
Die grundsätzliche Frage in der umweltpolitischen Diskussion besteht in der Entscheidung für eine geeignete Strategie, wobei die meisten Volkswirtschaften eine Kombination aus Anpassungs- und Vermeidungsstrategien wählen. Dabei ist dennoch abzuwägen, in welchem Verhältnis Aufwendungen in Maßnahmen der Anpassung und der Vermeidung getätigt werden. Der Kosten-Nutzen-Aspekt spielt hierbei eine wesentliche Rolle, d. h., es ist zu klären, ob eine gegenwärtige Investition in den Klimaschutz einen zukünftigen Schaden von größerem monetären Wert verhindert als dieser zur Behebung desselben Schadens zukünftig aufgebracht werden müsste. Hierin liegt der Kern des Problems, denn der zukünftige Schadenswert lässt sich kaum sicher kalkulieren. In welchem Verhältnis steht der Wert einer heutigen Investition zur Vermeidung eines bestimmten Schadens im Vergleich zu der Zahlung, die zu dessen Behebung zukünftig aufzubringen wäre, also welche Wertentwicklung respektive Askontrate ist anzusetzen? Zudem kann nicht jeder Schaden in monetärem Wert ausgedrückt werden. So stellt sich die Frage nach dem Wert von Artenvielfalt, Schönheit der Natur oder gar eines Menschenlebens. Die ökonomische Debatte erweitert sich also um ethische Grundsatzfragen, worin die Komplexität des Klimaproblems ersichtlich wird.[4]
Neben der monetären spielt die zeitliche Dimension klimapolitischer Maßnahmen eine wichtige Rolle, wobei auch der zeitliche Aspekt auf den finanziellen Nutzen der gewählten Vermeidungsstrategie abzielt. So stellt sich die Frage, wann mit der Vermeidung begonnen werden soll. Hierbei ist abzuwägen, wie sich eine frühzeitige respektive sofortige Vermeidung zu einer abwartenden Haltung mit der Aussicht auf Fortschritte in der Klimaschutztechnologie verhält. Je geringer die voraussichtlichen Kosten bei frühzeitigem Intervenieren, desto eher sollte mit entsprechenden Klimaschutzmaßnahmen begonnen werden.
Angesichts knapper werdender Ressourcen werden Regierungen zukünftig immer schwierigeren Investitionsentscheidungen gegenüberstehen. Ins-besondere dort, wo schon heute viel in die Folgenbekämpfung von Klimaschäden investiert werden muss, z. B. in Überschwemmungsgebieten, nimmt die Entscheidung für die „richtige“ Klimaschutzstrategie eine existenzielle Bedeutung ein.[5]
[...]
[1] vgl. BMU 2010, S. 1.
[2] vgl. Brunnengräber 2009, S. 135-138.
[3] vgl. Hasson u. a. 2009, S. 1 f.
[4] vgl. Hennicke/Becker 1995, S. 42.
[5] vgl. Hasson u. a. 2009, S. 19.