In einer seit Aufstellung der Bundeswehr andauernden Auseinandersetzung hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass für Streitkräfte, die dem Primat der Politik unterworfen und fest in der zivilen Gesellschaft verankert sind, ein ständiges Überprüfen und Fortentwickeln des Traditionsverständnisses unter Einbeziehen der Öffentlichkeit angemessen ist. Der noch heute gültige sog. "Traditionserlass" von 1982 fordert unmissverständlich, dass die "die Bundeswehr ihre militärische Tradition auf der Grundlage eines freiheitlichen Traditionsverständnisses entwickelt". Die Arbeit geht in der Darstellung von Entwicklung und Diskurs der Traditionsmodelle seit 1955 der Frage nach, ob und in welcher inhaltlichen Ausgestaltung ein demokratisches Grundverständnis entwickelt wurde. Es wird untersucht, inwieweit das Verhältnis der Bundeswehr zur Wehrmacht den Prozess der wertorientierten Auseinandersetzung mit der Vergangenheit beeinflusst bzw. belastet hat. Es wird überprüft, ob das derzeitige Traditionsverständnis die Forderungen des Traditionserlasses erfüllt, bzw. ob und in welcher Richtung eine Weiterentwicklung möglich und erforderlich ist. Dabei werden die Ergebnisse der bisherigen Suche nach demokratischen und freiheitlichen Wurzeln in unserer Militärgeschichte dargestellt, diskutiert und ergänzt.Die Traditionslinie von den "Bürgersoldaten" der Reichsverfassungskampagne der Revolution von 1848/49 zum heutigen Staatsbürger der Bundeswehr steht im Mittelpunkt der Betrachtungen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Entwicklung des Traditionsbegriffes und des Traditionsverständnisses in der Bundeswehr
- Das ,,Drei-Säulen-Modell\" - die offiziellen Traditionslinien der Bundeswehr
- Die preußischen Reformen
- Der militärische Widerstand gegen den Nationalsozialismus
- Die Geschichte der Bundeswehr
- Die Bürgersoldaten von 1848/49 - ein Plädoyer für eine weitere Traditionssäule
- Die Idee vom Bürgersoldaten
- Die Bürgersoldaten in der Reichsverfassungskampagne
- Die,,Fortyeighter\" im amerikanischen Bürgerkrieg
- Diskussion und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Entwicklung, dem aktuellen Stand und den Perspektiven des Traditionsverständnisses in Streitkräften parlamentarischer Demokratien, insbesondere in der Bundeswehr. Die Arbeit untersucht, wie sich das Traditionsverständnis seit der Gründung der Bundeswehr entwickelt hat und welche Herausforderungen sich daraus ergeben.
- Entwicklung des Traditionsbegriffs in der Bundeswehr
- Das "Drei-Säulen-Modell" der Bundeswehr und seine Kritikpunkte
- Die Rolle der Bürgersoldaten von 1848/49 als mögliche Traditionssäule
- Die Bedeutung eines demokratischen Traditionsverständnisses in modernen Streitkräften
- Die Auseinandersetzung mit der Militärgeschichte Deutschlands und der Vergangenheitsbewältigung
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung legt die Problemstellung dar und definiert den Begriff "Tradition" im Kontext des Militärwesens. Sie beleuchtet die Bedeutung von Tradition für die Motivation nationaler Streitkräfte und die Herausforderungen, die mit der Integration von Tradition in moderne, demokratische Streitkräfte verbunden sind.
- Kapitel 2 betrachtet die Entwicklung des Traditionsbegriffs und des Traditionsverständnisses in der Bundeswehr seit ihrer Gründung. Es geht dabei um die unterschiedlichen Auffassungen von Reformern und Traditionalisten und die Rolle des "Inneren Führungs"-Konzepts.
- Kapitel 3 analysiert das "Drei-Säulen-Modell" der Bundeswehr, das die preußischen Reformen, den militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus und die Geschichte der Bundeswehr als wichtige Traditionselemente betrachtet. Es beleuchtet die Kritikpunkte an diesem Modell und die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung.
- Kapitel 4 diskutiert die Rolle der Bürgersoldaten von 1848/49 als mögliche vierte Traditionssäule. Es geht dabei um die Idee des Bürgersoldaten, die Rolle der "Fortyeighter" im amerikanischen Bürgerkrieg und die Relevanz dieser Tradition für die Bundeswehr.
Schlüsselwörter
Tradition, Traditionsverständnis, Bundeswehr, "Innerer Führung", "Drei-Säulen-Modell", preußische Reformen, militärischer Widerstand, Nationalsozialismus, Bürgersoldaten, 1848/49, demokratische Streitkräfte, Vergangenheitsbewältigung, Militärgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Jürgen Dick (Autor:in), 2014, Tradition in Streitkräften der parlamentarischen Demokratie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272457