Die Religionskritik Büchners wird in der Forschung sehr unterschiedlich bewertet. Zuerst einmal gibt es Autoren, welche die Haltung Büchners gegenüber der Religion, auch speziell im Lenz, nicht als kritisch einschätzen. Horst Oppel zum Beispiel deutet die Figur Lenz als Exempel für die Folgen des Religionsverlusts. Auch Wolfgang Martens und Wolfgang Wittowski sehen hinter dem Atheismus von Büchners Figuren die Sehnsucht nach einer neuen metaphysischen Geborgenheit.
Einige Autoren sehen die mit christlichen Bildern angefüllte Sprache Büchners nicht als Ausdruck von Religiosität, sondern vielmehr als Ausdruck einer kritischen Auseinandersetzung mit der Religion. Jan Thorn-Prikker geht noch einen Schritt weiter und beleuchtet die Religionskritik im Lenz als Mittel zur Darstellung von Religion und Wirklichkeit.
Dann folgen weitere Arbeiten, welche die Funktion und die besonderen Eigenheiten der Religionskritik im Lenz und anderen Werken Büchners herausarbeiten. Diese beziehen nun oft auch den zeitgeschichtlichen Kontext mit ein und arbeiten die Theodizee-Kritik als Kern von Büchners Religionskritik heraus. Aus dieser Gruppe heben sich einige Autoren durch einen besonderen Schwerpunkt hervor. Da ist Klaus Gille, der den Begriff des Weltrisses im Zusammenhang mit der Theodizee-Kritik näher beleuchtet. Dann Hermann Kurzke, der sich von den anderen unterscheidet, da er Büchner nicht so sehr als Atheist, sondern eher als kritisch denkender Christ verstanden wissen will. Außerdem gibt es noch Seiji Osawa und Michael Glebke8, die den Schwerpunkt auf die Philosophie legen und Büchners Religionskritik im Kontext seiner philosophischen Studien herausarbeiten.
Da im Lenz die Auseinandersetzung mit der Religion fest mit der Darstellung des psychischen Zustands der Hauptfigur, der Natur, der Figur Oberlins und der einfachen Dorfbewohner verknüpft ist, soll die Religionskritik im erzählten Kontext genauer betrachtet werden. Anhand wichtiger Textstellen soll sich herauskristallisieren, wie die Religion erzählerisch dargestellt wird und welche Wirkung diese Darstellung hat. Hierzu wird zunächst die Rolle der Natur und die Naturbetrachtungen genauer analysiert. Dann rückt die Figur von Pfarrer Oberlin und die Darstellung der Volksfrömmigkeit ins Blickfeld. Schließlich wird die Theodizee-Kritik genauer betrachtet und zum Schluss der zeitgeschichtliche Hintergrund miteinbezogen und die Problematik des Epochenumbruchs zur Moderne thematisiert.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Hauptteil
- 1. Die Darstellung der Natur
- 2. Pfarrer Oberlin und die Volksfrömmigkeit
- 3. Die Theodizee-Kritik
- 4. Lenz als Figur im geistesgeschichtlichen Umbruch
- III. Schluss
- IV. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Religionskritik in Georg Büchners Novelle "Lenz" und analysiert, wie diese im erzählten Kontext durch die Darstellung der Natur, die Figur des Pfarrers Oberlin und die Volksfrömmigkeit sowie die Theodizee-Kritik zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus wird der zeitgeschichtliche Hintergrund und die Problematik des Epochenumbruchs zur Moderne beleuchtet.
- Darstellung der Natur als Spiegel von Lenz' psychischem Zustand
- Kritik an der Volksfrömmigkeit durch die Figur des Pfarrers Oberlin
- Theodizee-Kritik als zentrales Element der Religionskritik
- Lenz als Figur des geistesgeschichtlichen Umbruchs zur Moderne
- Verknüpfung von Religionskritik mit der Darstellung von Lenz' psychischer Verfassung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Frage nach der Rechtfertigung Gottes im Angesicht des Leidens in den Kontext der europäischen Aufklärung und zeigt die Relevanz dieser Frage auch im 21. Jahrhundert auf. Die Einleitung beleuchtet den unterschiedlichen Forschungsstand zur Religionskritik in Büchners Werken, wobei die unterschiedlichen Perspektiven auf die Haltung Büchners gegenüber der Religion diskutiert werden.
Der Hauptteil beschäftigt sich mit der Darstellung der Natur in der Novelle "Lenz". Hierbei wird die Natur als Spiegelbild von Lenz' psychischem Zustand analysiert. Der zweite Abschnitt des Hauptteils konzentriert sich auf die Figur des Pfarrers Oberlin und die Darstellung der Volksfrömmigkeit. Der dritte Abschnitt widmet sich der Theodizee-Kritik, die als zentrales Element der Religionskritik in "Lenz" betrachtet wird. Abschließend wird Lenz als Figur des geistesgeschichtlichen Umbruchs zur Moderne betrachtet und die Problematik des Epochenumbruchs beleuchtet.
Schlüsselwörter
Religionskritik, Georg Büchner, Lenz, Theodizee, Volksfrömmigkeit, Natur, Pfarrer Oberlin, Epochenumbruch, Moderne, Aufklärung.
- Quote paper
- Stefanie Bucher (Author), 2014, Religionskritik in Georg Büchners "Lenz", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/272593