Kirche und Kneipe. Ein Raumvergleich

Eine Analyse zur Konzeption des Projektes „Church goes Pub“


Hausarbeit, 2013

13 Seiten


Leseprobe


I Inhalt

II Kirche und Kneipe – ein Raumvergleich
1. Einleitung
2. Der Raumvergleich
2.1. Aufbau der Räume
2.2. Tageszeit
2.3. Stimmung
2.4. Schall
2.5. Handlungsraum
2.6. Das menschliche Miteinander
3. Fazit
Ausblick

III Anhang
a) Literaturverzeichnis

II Kirche und Kneipe – ein Raumvergleich

1.Einleitung

Seit Dezember 2012 findet monatlich in verschiedenen Kneipen am Hasselbachplatz in Magdeburg „Church goes Pub“ statt. Dieses Event wird von Studenten organisiert, die Christsein in Treffpunkte des studentischen Lebens tragen und Vorurteile gegenüber der Kirche abbauen möchten. Im Mittelpunkt des Abends steht ein Redner, der seine persönliche Lebensgeschichte erzählt, Fragen der Gäste beantwortet und damit oft weitere Gespräche an den Tischen anstößt. Die Veranstaltung wird sehr gut besucht, sodass die Kneipenbesitzer an ihre Grenzen geraten, Platz für bis zu 140 Gäste zu bieten.

„Umrahmt von einer Unplugged-Band und Gesprächen ist Church goes Pub gemütlich, einfach, interessant. Ziel ist, dass Menschen durch das Kneipenambiente und die lockere Abendgestaltung Raum haben, um ungezwungen über den christlichen Glauben ins Gespräch zu kommen.“

Grundlegend unterscheidet sich nur der Ort der Veranstaltung von anderen christlichen Events, die zum Teil deutlich weniger Resonanz erhalten. Entsprechend muss der Raum selbst ein entscheidender Faktor für den Erfolg von „Church goes Pub“ sein. Welche Wirkungen haben die Räume, dass Menschen gerne ihre Freizeit in der Kneipe, jedoch nicht in der Kirche verbringen wollen?

Zur Beantwortung dieser Frage hat der Autor die Kirche St. Sebastian in der Magdeburger Innenstadt, sowie das „Riff“, eine Kneipe am Hasselbachplatz in Magdeburg, beobachtet.

Da es in der Frage um die Reaktion des Menschen auf den Raum geht, soll die Arbeit auf der anthropologischen Raumbetrachtung basieren. Deswegen werden vor allem Bollnows Faktoren der Raumwahrnehmung aus „Mensch und Raum“[1] als Grundlage des Vergleichs herangezogen.

Da die Art der Projektumsetzung natürlich Anteil an der Publikumsresonanz hat, sich jedoch nicht grundlegend von anderen kirchlichen Veranstaltungen unterscheidet, soll die Umsetzung nicht weiter betrachtet werden.

Es ist davon auszugehen, dass unterschiedliche Personengruppen diese Räume unterschiedlich wahrnehmen, deshalb beschränkt sich die Arbeit auf die Zielgruppe des Projektes „Church goes Pub“, nämlich Studenten. Diese werden im Folgenden als Teil des Selbstverwirklichungsmilieus nach Schulzes „Erlebnisgesellschaft“[2] betrachtet.

2.Der Raumvergleich

Otto Friedrich Bollnow beschreibt in „Mensch und Raum“[3] verschiedene Faktoren, die die Raumwahrnehmung des Menschen beeinflussen. Nach einer kurzen Objektbeschreibung sollen im folgenden Abschnitt anhand dieser Faktoren Kirche und Kneipe verglichen werden.

2.1. Aufbau der Räume

Die gotische Kirche St. Sebastian in der Magdeburger Innenstadt ist groß und massiv gebaut. Der typisch gegliederte Kirchenbau kennzeichnet sich durch hohe, helle Wände und trutzige Säulen auf einem unnachgiebigen Steinboden. Im Mittelschiff der Kirche stehen einheitliche Holzbänke mit Blickrichtung zum Altar. Dieser liegt etwas erhöht und ist unter anderem mit Blumen geschmückt. Zum Zeitpunkt der Beobachtung ist es vollkommen ruhig, es sind keine weiteren Menschen in der Kirche und durch die riesigen Fenster tritt viel Licht in den Innenraum.

Das Riff, eine Kneipe am Hasselbachplatz in Magdeburg, liegt im ersten Stock eines typischen Magdeburger Gründerzeithauses. Die Wände im Hauptinnenraum sind unscheinbar, der Durchbruch einer Backsteinmauer liegt offen und dunkel gestrichene Säulen tragen die Decke. Auf dem Parkettboden sind unregelmäßig Sitzgruppen positioniert, auf deren Tischen Kerzen und Aschenbecher stehen. Zudem gibt es eine Theke in einem der vielen Winkel des Raumes, von der aus die Kellner die Tische ansteuern. Die wenigen Lampen und Kerzen liefern während der Beobachtung nur schwaches Licht. Musik im Hintergrund und die Gespräche anderer Gäste erzeugen einen konstanten Geräuschpegel.

2.2. Tageszeit

Einen deutlichen Unterschied für die Wahrnehmung der Räume macht die Tageszeit[4] aus.

Eine Kirche wird normalerweise tagsüber besucht, beispielsweise findet der Gottesdienst Sonntagvormittag statt. Wer zu dieser Zeit aus dem Haus geht, tut dies für gewöhnlich bewusst und nüchtern, die Wahrnehmung ist wach und kritisch. Bollnow beschreibt den „Tagraum“ als den „‘geistige[n]‘ Raum, der durch Licht, Helligkeit, Klarheit und Bestimmtheit gekennzeichnet ist“[5]. Meinungen und Handlungsweisen, mit denen der Besucher in der Kirche konfrontiert wird, werden von diesem reflektiert hinterfragt. Dies beinhaltet, dass, besonders bei den moralisch-ethischen Themen der Kirche, Widersprüche erkannt werden und als negative Erfahrung mit dieser Kirche gewertet werden; Es beinhaltet aber auch, dass stimmige Argumentationen weiter gedacht werden und Einzug in die Gedanken des Besuchers hält. Wahrscheinlich werden in Kirchen vergleichsweise häufig gute Vorsätze gefasst.

Weiterhin wird durch die Weite und Leere des Raums kein Blick verhindert oder abgelenkt. Es ist sehr Vieles sichtbar und so ist jeder darauf bedacht, sich gut darzustellen. Dies wird in der Wahl der Klamotten („Sonntagskleider“), aber auch im Einhalten der gegebenen Verhaltensregeln deutlich. Da es für den Menschen sehr anstrengend ist, etwas zu repräsentieren, das er nicht ist, wird die Kirche als unfrei und unecht wahrgenommen.

Die beobachtete Kneipe dagegen, die üblicherweise erst abends öffnet, würde Bollnow als „Dämmerungsraum“[6] beschreiben, da es auffallend dunkel ist. Es funktionieren nur einige schwache Lampen und auf den Tischen erhellen Kerzen einen kleinen Bereich. Schwarze Stühle und dunkle Säulen verstärken diesen Eindruck. Diese Dunkelheit hat im Menschen, wie Bollnow weiter beschreibt, zwei gegensätzliche Gefühle zur Antwort: Entweder Unsicherheit und Bedrohung oder „etwas ‚Trauliches‘, den Menschen Umschließendes“[7]. In der Kneipe ist eher Letzteres der Fall, da es ein geschlossener Raum ist und vertraute Abläufe stattfinden. Dieses „Einlullen“ durch die Dunkelheit, aber auch der Genuss von Alkohol verändern die Wahrnehmung – beispielsweise ist nicht sichtbar ob der Boden überhaupt sauber ist und Kleinigkeiten werden nicht so ernst genommen. Kerzenschein gilt als romantisch und es ist für Ihn nicht erkennbar, ob Sie vielleicht unvorteilhaft geschminkt ist. Allgemein kann die Fantasie alles mit dem gewünschten Ergebnis ausfüllen, was nicht deutlich sichtbar ist. Mit der eingeschränkteren Wahrnehmung nimmt die eigene Repräsentation einen niedrigeren Stellenwert ein – der Besucher hat das Empfinden, echt sein zu können. Fehler und Süchte sind akzeptiert, unter anderem dargestellt durch die Aschenbecher auf den Tischen; während ein zweideutiger Witz in dem tief blickenden Bewusst-Sein des Kirchenraums fehl am Platz wirkt, scheint er in der Kneipe in den Umgangston zu passen.

[...]


[1] Bollnow, Otto Friedrich: Mensch und Raum. Stuttgart 1997, Kohlhammer

[2] Schulze, Gerhard: Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart. Frankfurt am Main, New York

[3] Bollnow, Otto Friedrich: Mensch und Raum. Stuttgart 1997, Kohlhammer

[4] Bollnow, Otto Friedrich: Mensch und Raum. S.

[5] Ebd. S.

[6] Ebd.

[7] Ebd. S.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Kirche und Kneipe. Ein Raumvergleich
Untertitel
Eine Analyse zur Konzeption des Projektes „Church goes Pub“
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Autor
Jahr
2013
Seiten
13
Katalognummer
V273945
ISBN (eBook)
9783656667957
ISBN (Buch)
9783656667926
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kirche, kneipe, raumvergleich, eine, analyse, konzeption, projektes, church
Arbeit zitieren
Alexander Heinrich (Autor:in), 2013, Kirche und Kneipe. Ein Raumvergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273945

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