Der aktuelle Waffenstillstand und die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen der türkischen Regierung und der terroristischen „Partiya Karkerên Kurdistan“ (PKK, dt.: Arbeiterpartei Kurdistan) haben erneut die Hoffnung geweckt, einen nun mittlerweile seit drei Jahrzehnten anhaltenden Konflikt zu beenden. Schätzungen zufolge hat der Konflikt im Südosten der Türkei bisher 35.000 Menschen auf beiden Seiten der Konfliktlinie das Leben gekostet.
Nach zahlreichen Bemühungen der türkischen Regierung um die Aufnahme von Friedensverhandlungen in den vergangenen Jahren gab es von der amtierenden Regierung des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan 2009 mit der sogenannten Initiative der „Demokratischen Öffnung“ erstmals Bemühungen, die Rechte der kurdischen Minderheit zu stärken und so zu einer Lösung der in Kurdenfrage zu gelangen. Doch durch die fehlende politische Unterstützung der Opposition und einem gesellschaftlichen Interessenmangel für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage lief auch diese bedeutende Initiative in eine erneute Sackgasse.
Der aktuelle „İmralı-Friedensprozess“ gilt nun als einer der erfolgversprechendsten in der bisherigen Konfliktgeschichte. Erstmals hat sich eine türkische Regierung dazu bereit erklärt, den seit 1999 inhaftierten Anführer der PKK und Nationalheld für die schätzungsweise 15 Millionen Kurden in der Türkei, Abdullah Öcalan, als einen Verhandlungsführer der Kurden des Landes zu akzeptieren. Auch auf der kurdischen Seite wurden Zugeständnisse im Rahmen der Friedensverhandlungen gemacht: Unter Öcalans Einfluss haben die Repräsentanten der pro-kurdischen „Barış ve Demokrasi Partisi“ (BDP, dt.: Partei des Friedens und der Demokratie) von den Forderungen nach einem autonomen kurdischen Nationalstaat Abstand genommen und einen Rückzug der bewaffneten Kämpfer aus der Türkei befohlen. Auch innerhalb der Gesellschaft gibt es mittlerweile eine tendenziell große Zustimmung für die erneute Aufnahme von Friedensgesprächen mit der PKK.
Der neu initiierte Friedensprozess wirft hierbei zwei interessante Fragen auf: (1.) Inwiefern unterscheidet sich der İmralı-Friedensprozess von der „Demokratie-Initiative“ 2009, sodass nun erstmals eine reale Chance auf eine Konfliktbeilegung besteht?; (2.) Welche Veränderungen fanden innerhalb der türkischen Gesellschaft statt, dass eine friedliche Lösung der Kurdenfrage nun als legitim und wünschenswert angesehen wird?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Annäherung an den Forschungsgegenstand
- Die historische Entwicklung des Konfliktes
- Der Prozess der Demokratischen Öffnung 2009
- Der İmralı-Friedensprozess
- Theoretischer Rahmen und Forschungsmethodik
- Identity, Narratives and Frames
- Inhaltsanalyse
- Die türkische Elite und die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen
- Die AKP-Regierung und die „Demokratische Öffnung“
- Die Rolle der Medien
- Die Rolle der Zivilgesellschaft
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen zwischen der türkischen Regierung und der PKK im Jahr 2012. Ziel ist es, die Rolle der türkischen Elite bei der Schaffung eines „kulturellen Raumes“ zu analysieren, der die Beilegung des Konflikts als legitim und wünschenswert erscheinen lässt.
- Die historische Entwicklung des türkisch-kurdischen Konflikts
- Die „Demokratische Öffnung“ als Vorläufer des İmralı-Friedensprozesses
- Die Rolle von „Identity, Narratives and Frames“ im Kontext des Friedensprozesses
- Die Strategien der türkischen Elite zur Förderung des Friedens
- Die Auswirkungen des „Framings“ auf die gesellschaftliche Zustimmung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den aktuellen Stand des türkisch-kurdischen Konflikts dar und führt die Forschungsfrage ein. Sie beleuchtet die historischen Wurzeln des Konflikts und die bisherigen Versuche, eine friedliche Lösung zu finden.
Das Kapitel „Annäherung an den Forschungsgegenstand“ bietet einen Überblick über die historische Entwicklung des Konflikts und die wichtigsten Akteure. Es beleuchtet die Rolle der türkischen Republik und die Entstehung der PKK.
Das Kapitel „Theoretischer Rahmen und Forschungsmethodik“ stellt das theoretische Konzept „Identity, Narratives and Frames“ vor und erläutert die Methode der Inhaltsanalyse, die für die Untersuchung der Redebeiträge und öffentlichen Stellungnahmen der türkischen Elite verwendet wird.
Das Kapitel „Die türkische Elite und die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen“ analysiert die Strategien der türkischen Elite zur Förderung des Friedens. Es untersucht die Rolle der AKP-Regierung, der Medien und der Zivilgesellschaft.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den türkisch-kurdischen Konflikt, die Friedensverhandlungen, die Rolle der türkischen Elite, „Identity, Narratives and Frames“, die „Demokratische Öffnung“, der İmralı-Friedensprozess, die PKK, Abdullah Öcalan, die AKP-Regierung, die Medien und die Zivilgesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2013, Der Imrali-Friedensprozess, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275939