Am 3. Februar 2012 entschied der Internationale Gerichtshof (IGH) in seinem lange erwarteten Urteil im Fall Jurisdictional Immunities of the State (Germany v. Italy, Greece Intervening).
Der Gerichtshof hatte die im völkerrechtlichen Schrifttum kontrovers diskutierte und von verschiedenen Gerichten unterschiedlich bewertete Frage zu entscheiden, ob ein Staat sich im Falle der Verletzungen von völkerrechtlichen Fundamentalnormen – im vorliegenden Fall handelte es sich um Verletzungen des humanitären Völkerrechts – auf seine Staatenimmunität berufen kann oder ob die Opfer Entschädigungsansprüche vor Gerichten des Forumstaates geltend machen und durchsetzen können. Angesichts des Spannungsverhältnisses, das zwischen dem Grundsatz der Staatenimmunität als Ausfluss des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten und dem seit dem Zweiten Weltkrieg zu einem zentralen Anliegen des Völkerrechts gewordenen Menschenrechtsschutz besteht, hat der IGH zu Gunsten der Staatenimmunität entschieden.
Etwas mehr als zwei Jahre nach dem Urteil soll in der Untersuchung der Frage nachgegangen werden, inwiefern es dem IGH gelungen ist, eine befriedigende Lösung dieser für die Völkerrechtsgemeinschaft höchst bedeutsamen vexata quaestio herbeizuführen und damit einen Schlusspunkt hinter die Diskussion um eine neue Ausnahme von der Staatenimmunität bei Kriegsverbrechen und schweren Menschenrechtsverletzungen zu setzen: Haga locuta, causa finita?
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung und Ziel der Untersuchung
- B. Verfahrensgegenstand und historischer Hintergrund
- I. Kriegsverbrechen und Deportation von Zivilpersonen
- II. Entschädigungspolitik
- III. Nationale Gerichtsverfahren
- 1. Vor italienischen Gerichten
- 2. Vor griechischen Gerichten
- C. Die Staatenimmunität
- I. Die völkerrechtliche Immunität
- II. Begriff, Zweck und Genese der Staatenimmunität
- III. Regelungen auf internationaler und innerstaatlicher Ebene
- D. Mögliche weitere Einschränkung der Staatenimmunität
- I. Ausnahme bei gebietsbezogenen Delikten?
- 1. Begriff und Anwendbarkeit bei militärischen Handlungen
- 2. Stellungnahme
- II. Ausnahme wegen der Art der Völkerrechtsverletzung?
- 1. Auf der Grundlage der Schwere des Verstoßes
- 2. Auf der Grundlage von ius cogens
- a) Verletzung von ius cogens
- b) Normenhierarchie zwischen ius cogens und Staatenimmunität
- c) Stellungnahme
- 3. Auf der Grundlage einer letzten Klagemöglichkeit
- 4. Auf Grund anderer Begründungsansätze? - Das Schweigen des IGH
- E. Reaktionen auf das Urteil und zukünftige Entwicklungslinien
- I. Reaktionen der Verfahrensparteien
- II. Rezeption in der Literatur
- III. Möglichkeit der Entwicklung einer divergierenden Rechtsprechung
- IV. Lösungsvorschläge
- F. Fazit
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studienarbeit befasst sich mit dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs (IGH) im Fall Jurisdictional Immunities of the State: Germany v. Italy (Greece intervening) und analysiert die Auswirkungen dieses Urteils auf die Staatenimmunität im Völkerrecht. Die Arbeit untersucht die Argumentation des IGH und die möglichen Folgen für die zukünftige Entwicklung des Völkerrechts.
- Die Staatenimmunität im Kontext von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen
- Die Anwendung des ius cogens im Verhältnis zur Staatenimmunität
- Die Rolle des IGH in der Entwicklung des Völkerrechts
- Die Rezeption des Urteils in der Literatur und die möglichen Folgen für die Rechtspraxis
- Die zukünftige Entwicklung der Staatenimmunität im Völkerrecht
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in den Verfahrensgegenstand und den historischen Hintergrund des Falls. Sie beleuchtet die Kriegsverbrechen und Deportationen von Zivilpersonen während des Zweiten Weltkriegs, die Entschädigungspolitik der Bundesrepublik Deutschland und die nationalen Gerichtsverfahren in Italien und Griechenland. Im Anschluss wird die Staatenimmunität im Völkerrecht behandelt, wobei der Begriff, der Zweck und die Genese der Staatenimmunität sowie die Regelungen auf internationaler und innerstaatlicher Ebene erläutert werden.
Das Hauptkapitel der Arbeit befasst sich mit der möglichen weiteren Einschränkung der Staatenimmunität. Hier werden verschiedene Ausnahmen von der Staatenimmunität diskutiert, insbesondere die Ausnahme bei gebietsbezogenen Delikten und die Ausnahme wegen der Art der Völkerrechtsverletzung. Die Arbeit analysiert die Argumentation des IGH und die möglichen Folgen für die zukünftige Entwicklung des Völkerrechts.
Im letzten Kapitel werden die Reaktionen auf das Urteil des IGH und die möglichen zukünftigen Entwicklungslinien der Staatenimmunität im Völkerrecht beleuchtet. Die Arbeit analysiert die Reaktionen der Verfahrensparteien, die Rezeption des Urteils in der Literatur und die möglichen Folgen für die Rechtspraxis.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Staatenimmunität, das Völkerrecht, das Urteil des Internationalen Gerichtshofs, Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen, ius cogens, die Ausnahme von der Staatenimmunität, die Entwicklung des Völkerrechts und die Rezeption des Urteils in der Literatur.
- Quote paper
- Tobias van Nüß (Author), 2014, Das Urteil des Internationalen Gerichtshofes vom 03.02.2012. Jurisdictional Immunities of the State – Germany v. Italy, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276494