Das Ende des Ersten Weltkrieges mit dem Ergebnis der Niederlage im Herbst 1918 war für viele Deutsche ein Schock, der sich tief in das Selbstbewusstsein der jungen Nation
eingrub. Der Umgang mit dem Tatbestand, dass das Kaiserreich mit seinen Verbündeten verloren hatte, bestach durch eine vielfältige Differenzierung der politischen und
ideologischen Gruppierungen, die zu Beginn der Weimarer Republik in Deutschland herrschten. Ein prägendes Beispiel der wilhelminischen Generation für den Umgang mit der
Niederlage ist General Erich Ludendorff, der als Sinnbild der deutschen Führungsgeneration während des Krieges betrachtet werden kann. In der folgenden Arbeit soll die Sicht
Ludendorffs, der als Erster Generalquartiermeister in der dritten Obersten Heeresleitung in den Jahren 1916 bis 1918 eine signifikante diktatorische Rolle im Ersten Weltkrieg spielte,
auf die Kriegsniederlage sowie sein eigener Umgang mit ihr thematisiert werden, in dem sein kurz nach dem Krieg veröffentlichtes Werk Meine Kriegserinnerungen (1919) näher
beleuchtet wird. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen gilt es, sich besonders auf sein erstes Werk nach dem Krieg zu konzentrieren. Weitere Memoiren wie Kriegführung und
Politik, Der totale Krieg oder Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter deutscher Volksschöpfung werden kaum Berücksichtigung finden. Gegenstand der
Untersuchung soll dabei nicht nur die Geschehnisse der Jahre 1917 bis 1918 sein, sondern vor allem Ludendorffs rückwirkende Betrachtung jener Zeit, die zum Ende des deutschen Kaiserreichs führte. Die konkrete Fragestellung lautet: Wie stellt sich Ludendorff selbst sowie
seine politische Umwelt im letzten Kriegsjahr und bei der Niederlage dar. Das Erkenntnisinteresse hierbei beruht auf der Frage, ob Ludendorff fern der Realität Selbstinszenierung betreibt und inwiefern seine Einschätzungen sich mit dem geschichtlichen Kontext sowie der geschichtswissenschaftlichen Forschung decken.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Verantwortung und Politik
- Die Entlassung Bethmann Hollwegs
- Die Kritik an der Heimat
- Der Herbst 1918
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Erich Ludendorffs Sicht auf die Kriegsniederlage des Ersten Weltkriegs, die in seinem Werk „Meine Kriegserinnerungen“ (1919) zum Ausdruck kommt. Die Arbeit untersucht Ludendorffs Selbstdarstellung und seine Interpretation der Ereignisse, insbesondere im Hinblick auf seine Rolle in der Obersten Heeresleitung (OHL) und die politische Landschaft Deutschlands im letzten Kriegsjahr.
- Ludendorffs Selbstinszenierung als unpolitischer Held
- Kritik an der Politik und der „Heimatfront“ als Schuldige für die Niederlage
- Der Konflikt zwischen militärischer Führung und ziviler Regierung
- Die „Dolchstoßlegende“ und ihre Rolle in der Entstehung der Weimarer Republik
- Ludendorffs Rolle bei der Entlassung Bethmann Hollwegs und dem Waffenstillstand von Compiègne
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen Überblick über Ludendorffs Rolle im Ersten Weltkrieg und die Zielsetzung der Arbeit. Im Kapitel „Verantwortung und Politik“ wird Ludendorffs Selbstbild als verantwortungsvoller und aufopferungsvoller Held dargestellt. Er stellt sich als unpolitisch dar und kritisiert die zivile Regierung, insbesondere den Wunsch nach einem Verständigungsfrieden. Das Kapitel „Die Entlassung Bethmann Hollwegs“ schildert den Konflikt zwischen Ludendorff und dem damaligen Reichskanzler und die Hintergründe seiner Entlassung.
Im Kapitel „Die Kritik an der Heimat“ wird Ludendorffs Argumentation dargestellt, dass das Versagen der Heimatfront der Hauptgrund für die Niederlage sei. Er kritisiert die politische Linke, die Kriegspropaganda der Alliierten und die mangelnde Unterstützung für die Truppe. Im Kapitel „Der Herbst 1918“ wird die Situation im letzten Kriegsjahr mit der deutschen Rückzug auf die „Siegfriedlinie“ und der Parlamentisierung des Reiches geschildert. Ludendorffs Rolle bei der Verhandlung des Waffenstillstandes und seine Entlassung werden dargestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Ersten Weltkrieg, der „Dolchstoßlegende“, der Obersten Heeresleitung (OHL), Erich Ludendorff, Bethmann Hollweg, der Weimarer Republik, dem Verständigungsfrieden, der „Heimatfront“, dem Bolschewismus, der Selbstinszenierung, und der Verantwortungsfrage.
- Arbeit zitieren
- Martin Hamre (Autor:in), 2012, Erich Ludendorff und die Frage nach der Verantwortung. Ein Paradigma der wilhelminischen Generation für den Umgang mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285085