Theoretischer Teil: Geldmenge und Wechselkurs als alternative Zwischenziele geldpolitischer Aktivitäten in einem erweiterten IS/LM Model, unter Berücksichtigung "rationaler Erwartungen", des "Overshooting-Effekts" und der Rolle von Information bei Einbeziehung einer aggregierten Angebotsfunktion und der Bedeutung verschiedener Formen der Erwartungsbildung an Kapitalmärkten
Empirischer Teil: Diskussion der deutschen Geldpolitik nach dem Ende des Fixkurssystems von Bretton Woods, insb. bzgl. externer Schocks (Ölpreiserhöhungen z.B.), Verteilungswirkungen der Aktivitäten und der Einführung des Europäischen Währungssystems
GLIEDERüNG
I. Einleitung
1. Problemstellung
2. Die institutionellen Rahmenbedingungen geldpolitischer Aktivitäten
2.1 Der geldpolitische Handlungsspielraum der Deutschen Bundesbank
2.2 Die Ausgestaltung der internationalen Währungsbeziehungen
II. Theoretische Aspekte geldpolitischer Aktivitä ten bei flexiblen Wechselkursen: Geldmenge und Wechselkurs als alternative Zwischenziele der Geldpolitik
1. Das Modell
1.1 Der Zusammenhang zwischen aggregier
ter Güternachfrage, Geld- und Devisenmarkt und Wechselkurs
1.1.1 Der Geldmarkt
1.1.2 DerDevisenmarkt
1.2 Der Zusammenhang zwischen aggregierter
Güternachfrage, Gütermarkt und Wechselkurs
1.3 Die Interaktion der Aktivamärkte mit dem Gütermarkt
2. Komparativ-statische Analyse
2.1 Die Stabilität der aggregierten Güter
nachfrage bei Fixierung des Geldan- angebots
2.2 Die Stabilität der aggregierten Güter nachfrage bei Fixierung des Wechselkurses
3. Evaluierung der Implikationen
3.1 Die Bedeutung von instabilen Angebots und Nachfrageplänen auf verschiedenen Finanzaktivamärkten
3.2 Die Bedeutung von Erwartungen über zukünftige Umweltzustände
3.2.1 Erwartungen bzgl. der Preis' n iveauentwick1 ungen
3.2.2 Erwartungen bzgl. der Entwicklung von Leistungsbilanzsalden
III. Empirische Aspekte außenwirtschaftlicher Einflüsse auf die Geldpolitik der Bundesrepublik Deutsch 1 and
1. Die Daten
1.1 Die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank
1.1.1 Die Entwicklung der Geldmengenaggregate
1.1.2 Die Entwicklungs des Devisenbestandes
1.2 Die Entwicklung des Zinsniveaus
1.3 Die Entwicklung des D-Mark-Außenwertes
1.3.1 Definitionsmöglichkeiten relevanter Indikatoren
1.3.2 Die Entwicklung verschiedener Wechselkurse und Indikatoren
1.4 Die Entwicklung von Bruttosozialprodukt, Preis- und Beschäftigungsniveau
2. Die kontroverse Diskussion der geldpolitischen Aktivitäten
2.1 Die Argumente der Befürworter einer Regelbindung geldpolitischer Aktivitäten
2.2 Die Argumentation für diskretionäre geldpolitische Aktivitäten
2.2.1 Die Einflußfaktoren des D-MarkAußenwertes
2.2.1.1 Der Einfluß der Gütermärkte
2.2.1.2 Der Einfluß der Finanzaktivamärkte
2.2.2 Zusammenhänge zwischen Veränderungen des D-Mark-Außenwertes, geldpolitischen Aktivitäten und Veränderungen von Produktionsund Preisniveau
IV. Zusammenfassung Anhang
Literaturverzeichnis
VERZEICHNIS DER TABELLEN
Wechselkursvereinbarungen (1)
Ge 1dmengen zi e 1e und ihre Realisierung (3.1)
Monetäre Entwicklung 1974-1977 (3.2)
Monetäre Entwicklung 1977-1983 (3.3)
Veränderungen der Netto-Aus 1andspos i tion der
Deutschen Bundesbank (4)
Zur internationalen Entwicklung der Zinssätze (5.1)
Nominal- und Realzinsgefälle zwischen den USA
und der BRD (5.2)
Entwicklung des Außenwerts der D-Mark (6)
Grunddaten zur Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland 1974-1977 (7.1)
Grunddaten zur Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik Deutsch!and 1977-1980 (7.2)
Grunddaten zur Wirtschaftsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland 1980-1983 (7.3)
Wichtige Posten der Zalhungsbi1anz der
Bundesrepublik Deutschland 1970-1977 (8.1)
Wichtige Posten der Zahlungsbilanz der
Bundesrepublik Deutschland 1976-1983 (8.2)
Salden der Handels- und Leistungsbilanz
ausgewählter Länder 1973-1977 ' (8.3)
Salden der Handels- und Leistungsbilanz
ausgewählter Länder 1976-1983 (8.4)
Internationale Kredit- und Anleihemärkte
1973-1978 (9.1)
Internationale Kredit- und Anleihemärkte
1979- 1983 (9.2)
Entwicklung der Weltwährungsreserven 1975-1978 (9.3)
Brutto-Währungsreserven der IWF-Mitgliedsländer
1980- 1983 (9.4)
Währungsstruktur der offiziellen Devisenbestände 1977-1982 (9.5)
I. Einleitunq.
1. Problemstellung
Nach dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods im Jahr 1973 änderten sich die Rahmenbedingungen des internationalen Güter-, Leistungs- und Wertschriften Verkehrs.
Die Veränderung bestand in der Reorganisation der Währungsbeziehungen; ein Währungssystem, das auf einer Übereinkunft über feste Wechselkurse beruhte, wurde durch ein System abgelöst, in dem die Wechselkurse wichtiger Währungen weitgehend durch Dispositionen autonomer Wirtschaftssubjekte auf Devisenmärkten zustande kommen. Diese Märkte entwickelten in der Folgezeit eine derartige Dynamik, daß sowohl private Unternehmungen und Haushalte als auch wirtschaftspolitische Entscheidungsträger darauf angewiesen sind, ihre Dispositionen am Geschehen auf Devisenmärkten auszurichten.
Für die Deutsche Bundesbank stellte diese Veränderung eine neue Herausforderung dar, weil nun die beträchtlichen Schwankungen der Wechselkurse der D-Mark gegenüber anderen Währungen sowohl Anlaß für geldpolitische Aktivitäten wurden als auch die Wirkungen geldpolitischer Aktivitäten veränderten. Die Deutsche Bundesbank war darüberhinaus mit den Problemen konfrontiert, die sich aus den drastischen Ulpreissteigerungen insbesondere in den Jahren 1974, 1979 und 1980 ergaben.
Die Deutsche Bundesregierung intensivierte ihre Bemühungen, innerhalb Europas eine Zone stabiler Wechselkurse zu etablieren. 1978 wurde das Europäische Währungssystem gegründet, was als Reaktion auf die Entwicklungen an den Devisenmärkten betrachtet werden kann. Die folgende Arbeit analysiert, inwiefern die Aktivitäten der Deutschen Bundesbank in den Jahren 1974 bis 1978 von außenwirtschaftlichen Einflüs- sen, -eU-h. von Ereignissen, die dejj> Waren-, Leistungs- und Wertschriftenverkehr mit dem Ausland -b^e-i-FHfijjßten, geprägt waren. Im Folgenden werden die institutionellen Rahmenbedin- g un gen der Geldpolitik aufge zeigt, also welches Instrumentarium der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht und wozu sie es einsetzen soll, sowie die Ausgestaltung der internationalen Währungsbeziehungen.
In einer theoretischen Analyse wird versucht, plausible Erklärungen für das Verhalten der Wechselkurse und die Wirkungen geldpolitischer Aktivitäten zu geben. Die empirische Betrachtung stellt die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank dar, die Entwicklung von Zinssätzen, Wechselkursen und anderen Indikatoren des D-Mark-Außenwertes sowie die Entwicklung von Bruttosozial produkt, Preis- und Beschäftigungsniveau. Des weiteren wird kurz die kontroverse Diskussion der Bundesbankaktivitäten dargestellt, insbesondere untersucht, wie (bzw. ob) sich die Veränderungen der Wechselkurse auf in- und ausländische Entwicklungen zurückführen lassen, und inwieweit die durch derartige Veränderungen induzierten geldpolitischen Aktivitäten zur Stabilisierung von Preis- und Produktionsniveau bei getragen haben.
2. Die institutioneilen Rahmenbedingungen geldpolitischer A k t i vi täten
Die aktuelle Umweltsituation ist neben den spezifischen Zielsetzungen maßgeblicher Bestimmungsfaktor wirtschaftspolitischer Entscheidungen. Neben singulären Ereignissen, die im Zusammenhang mit wirtschaftspo1 i t i schen Aktivitäten stehen, spielen institutionelle Regelungen eine wesentliche Rolle.
Die Schaffung von Institutionen in Form rechtlicher Normen bewirkt in der Regel eine Einengung des Handlungsspielraums der agierenden Personen, andererseits entstehen Gewinne für die Akteure dadurch, daß die Aktivitäten (bzw. ihre Koordination) effizienter werden. Die konkrete Ausgestaltung von Institutionen ist nicht nur relevant für die Art der Interaktion, sondern auch für die Hohe und Verteilung der Einkornmen der Beteiligten. Dies ist von erheblicher Bedeutung bei der kontroversen Diskussion, die jede Veränderung der institutionellen Bedingungen der Währungsbeziehungen und der nationalen Geldordnung begleitet.
2.1 Der geldpolitische Handlungsspielraum der Deutschen Bundesbank
Die Ausstattung der Deutschen Bundesbank mit Kompetenzen, bzw. ihre Integration in das rechtlich normierte politische System der Bundesrepublik Deutschland ist festgelegt im
- Gesetz über die Deutsche Bundesbank von 1957,
- Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft von 1967,
- Außenwirtschaftsgesetz von 1961.
Die Regelungen weisen der Deutschen Bundesbank die Aufgabe zu, den Bedarf an Transaktionsmitteln zu befriedigen und erwünschte Umweltzustände herbeizuführen. Die Deutsche Bundesbank wird darauf verpflichtet, ihre Aktivitäten mit dem Ziel zu verfolgen, "die Währung zu sichern"·*· und die Bundesregierung bei Verfolgung der Ziele Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und angemessenes Wirtschaftswachstum zu unterstützen.[1] [2] Das Instrumentarium, das ihr gesetzlich zugewiesen wird, erlaubt ihr die Bereitstellung von Geldmitteln gegenüber dem Bankensystem durch Veränderung der Refinanzierungsbedingungen und Veränderung der Mindestreservesätze sowie durch Offenmarkt- und Devisentransaktionen.3
Darüber hinaus besitzt die Deutsche Bundesbank die Möglich- k e i t, den Kapital- und Zahlungsverkehr mit dem Ausland zu reg 1ementier en, d.h. die grundsätzlich garantierte Freizügigkeit einzuschränken.[3] [4] Dieses Instrumentarium ermöglicht es der Deutschen Bundesbank, die ökonomischen Lebensumstände der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland in erheblichem Maße zu beeinflussen. Aufgrund dieser Machtfülle - die Deutsche Bundesbank ist in ihren Entscheidungen autonom^ - ist die personelle Ausstattung der entscheidungsbefugten Gremien von besonderem Interesse.
Oberstes Entscheidungsgremium ist der Zentralbankrat, der seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit faßt. Die Mitglieder des Zentralbankrates werden vom Bundesrat und von der Bundesregierung vorgesch1 agen und vom Bundespräsidenten für in der Regel acht Jahre bestellt. Sie sind von keiner Weisung abhängig und unterliegen keiner politischen Kontrolle.
2.2 Die Ausgestaltung der internationalen Währungsbeziehungen
Während im Währungssystem von Bretton Woods die nationalen Zentralbanken verpflichtet waren, durch Devisenmarktinterventionen die Wechselkurse ihrer Währungen innerhalb einer vorgeschriebenen Bandbreite zu halten, ist die Wahl des Wechselkurssystems seit 1976 auch formal allen Ländern frei- gestel11.
Aufgrund von erheblichen Devisenbewegungen erfolgte die Freigabe des D-Mark-Wechselkurses durch die Deutsche Bundesbank bereits 1973; seitdem werden D-Mark-Wechselkurse nicht mehr garantiert. Eine Ausnahme bedeuteten die Regelungen des Europäischen Währungsverbundes und - seit dem 13.3.1979 - des Europäischen Währungssystems, die die Deutsche Bundes- bank zur Aufrechterhaltung bestimmter Paritäten gegenüber den anderen Mitgliedsländern (innerhalb definierter Bandbreiten) verpflichtet.
Obwohl die meisten Länder ihre Währungen gegenüber einer im internationalen Güter-, Leistungs- und Wertschriftenverkehr dominanten Währung weiterhin fixierten[5], bilden sich die Wechselkurse gerade dieser Währungen[6] [7] weitgehend durch autonome Dispositionen privater Wirtschaftssubjekte auf Devisenmärkten .
Da die Zentralbanken nicht verpflichtet sind zu intervenieren, bilden sich die Wechselkurse aufgrund vielfältiger Einflüsse und zum Teil nicht im Einklang mit nationalen wirtschaftspolitischen Interessen. Die Wechselkurs- und I nterventionspo1 i t i к ist deshalb mehrfach Gegenstand internationaler Absprachen gewesen.6 Insbesondere haben sich die meisten Länder mit frei floatenden Wechselkursen dazu bereit erklärt, Devisenmarktinterventionen nicht zur Veränderung der Wettbewerbsposi tion durchzuführen, sondern lediglich, um starke kurz- und mittelfristige Schwankungen der Wechselkurse zu reduzieren.
II. Theoretische Aspekte geldpolitischer Aktivitäten bei
flexiblen Wechselkursen: Geldmenge und Wechselkurs als alternative Zwischenziele der Geldpolitik
Die Analyse wirtschaftspolitischer Aktivitäten erfolgt häufig im Rahmen mathematisch formulierter Theorien.
Eine solche Theorie besteht aus einem System von Axiomen, aus dem logisch konsistent Sätze abgeleitet werden, die informativ im Sinne einer Prognose oder Erklärung sind.^ Kriterien für den Informationsgehalt von wissenschaftlichen Erklärungen werden in der Wissenschaftstheorie entwickelt. Da diese Metatheorien selbst nun jeder Überprüfung entgehen, existieren kontroverse Auffassungen darüber, nach welchen Kriterien der Informationsgehalt von Theorien beurteilt werden soll. Kontrovers ist insbesondere die Frage, ob man einer Theorie schon deshalb einen Informationsgehalt zusprechen soll, wenn die abgeleiteten Sätze einer Konfrontation mit der Realität^ standhalten, ober ob zusätzlich noch der empirische Charakter des axiomatischen Systems gefordert werden soll.
Der Verzicht auf diese Forderung bedeutet, daß lediglich logische Voraussetzungen von Sätzen als Erklärung angesehen werden.ü Folgt man dieser instrumentalistischen Auffassung nicht, so hängt der Informationsgehalt einer Theorie davon ab, ob sowohl ihr axi omatisches System als auch die deduzierten neuen Sätze einer empirischen Überprüfung standhalten .
Da alle Hypothesen der folgenden theoretischen Analyse in dieser Hinsicht problematisch sind^2, muß die theoretische[8] [9]
Analyse weitgehend auf Plausibilitätserwägungen zurückgreif en.
Di e typische Struktur dieser Theorien und die grundsätzlichen Probleme bei der Bestimmung ihres Informationsgehalts legen nahe, ihren Wert weniger in der Produktion von relativen Wahrheiten, sondern in einem Beitrag zur Erfassung der Komplexität der Realität zu sehen. Ein Erkenntnisfortschritt kann darin gesehen werden, daß Hypothesen des axiomatischen Systems, die den Charakter von rein logischen Voraussetzungen haben oder eine idealtypische Vereinfachung reflektieren, durch empirisch gehaltvollere (plausiblere) Hypothesen ersetzt werden.
Im Folgenden wird ein theoretischer Ansatz vorgestellt, der auf der Struktur eines einfachen IS/LM-Modells basiert. Im Rahmen dieses Modells wurde von POOLE (1970) die Frage untersucht, die Stabilisierung welchen Zwischenzieles geldpolitischer Aktivitäten effizienter ist, wenn die Endzielgröße Produktionsniveau stabilisiert werden soll. Der Überlegung, daß geldpolitische Aktivitäten sich an Zwischenzielen orientieren sollen, liegt die Argumentation zugrunde, daß geldpolitische Aktivitäten auf verschiedenen Märkten gesamtwirtschaftliche Aggregate^ nur über einen zeitaufwendigen und differenzierten Transmissionsprozeß beeinflussen können . ^ Da darüber hinaus weitere Impulse auf verschiedenen Märkten diese Aggregate beeinflussen, reflektiert eine Veränderung dieser Größen nicht notwendig die Wirkung geldpolitischer Aktivitäten.
Um die Wirkung verschiedener geldpolitischer Aktivitäten insgesamt beurteilen zu können, orientieren sich die geldpolitischen Entscheidungsträger deshalb an beobachtbaren Größen, die sowohl von ihnen gezielt beeinflußt werden können als auch einen bekannten Einfluß auf die Aggregate h a -[10] ben.
Die Analyse von Poole erfolgte im Rahmen eines partialanalytischen Gleichgewichtsmodells einer geschossenen Volkswirtschaft, läßt sich aber analog auf das Problem anwenden, die Stabilisierung welchen Zwischenzieles in einer offenen Volkswirtschaft15 effizient ist.
1. Das Modell
Die Ausgangshypothesen des Modells sind Annahmen über die Existenz simultaner Gleichgewichte auf einem Geld-, einem Güter- und einem Devisenmarkt[11] [12] ^ und über komplexe Zusammenhänge zwischen Wechselkurs1^ einerseits und aggregierter Geld-, Devisen- und Güternachfrage andererseits. Der Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Geldnachfrage wird durch die Interaktion von Geld- und Devisenmarkt erklärt, indem Nachfragefunktionen mit z.T. identischen Variablen spezifiziert werden. Der Zusammenhang zwischen Wechselkurs und aggregierter Güternachfrage wird direkt durch die Veränderung der relativen Preise in- und ausländischer Güter begründet.
1.1 Der Zusammenhang zwischen aggregierter Güternachfrage, Geld- und Devisenmarkt und Wechselkurs
1.1.1 Der Geldmarkt
Von der Geldnachfrage wird angenommen, daß sie von der aggregierten Güternachfrage und den Opportunitätskosten der Geldhaltung abhängt. Nach der Definitorik der Fisher'schen Verkehrsgleichung muß sich bei Veränderungen des nominalen Transaktionsvolumens einer Volkswirtschaft entweder die Geldmenge erhöhen oder die Umlaufgeschwindigkeit der konstanten Geldmenge. Die dafür notwendigen häufigeren Transaktionen sind für ein Individuum dann nutzenmaximierend, wenn die Opportunitätskosten der Geldhaltung (der entgangene Zins, der bei Verzicht auf Geldhaltung erwächst) steigen.[13] D.h. bei gegebenem Geldangebot induziert eine Erhöhung des Einkommens eine Erhöhung des Zinssatzes, so daß geplante Nachfrage nach Geld und das Geldangebot bei gestiegenen Opportunitätskosten der Geldhaltung im Gleichgewicht sind. Als funktionaler Zusammenhang[14] [15] läßt sich die Geldnachfrage folgendermaßen formulieren:
(1) Md = L(Y,i), dMd/dY > 0, d Md/di <0
mit Md : Geldnachfrage, Y: aggregierte Güternachfrage, i:
Zinssatz. Die Modellierung des Geldmarktes ist vollständig mit :
(2) Md = Ms
(3) Ms = D + R
mit Ms: Geldangebot, D : Zentralbankforderungen bezogen auf
Inländer, R: Zentralbankforderungen bezogen auf Ausländer
(Devisenreserven ). Das Geldangebot wird von der Zentralbank durch Varianten von R und D exogen determi niert. 20
1.1.2 Der Devisenmarkt
Im Rahmen einer model 1theoretisehen Betrachtung ist es sinnvoll, zwischen Inland und Ausland zu unterscheiden, da eine weitere Differenzierung in mehrere Länder die Komplexität der Analyse beträchtlich erhöhen würde. Der Devisenmarkt läßt sich dann als Markt darstellen, auf dem in zwei Währungen denominierte Forderungen gehandelt werden. Nettodevisenangebot und -nachfrage lassen sich defini torisch differenzieren als bestimmt durch den Leistungsbilanz- bzw. Kapital bi 1anzsaldo.
Vom Saldo der Leistungsströme wird angenommen, daß er vom Wechselkurs abhängt^, da dieser die relativen Preise international gehandelter Güter verändert.
Der Saldo der Kapitalbilanz wird durch den Leistungsbilanzsaldo determi niert, da ein Land, das mehr Güter und Leistungen exportiert als es importiert, im Umfang der Differenz Forderungen an das Ausland akkumuliert.
Damit es bereit ist, diese Forderungen in seine Vermögensbestände aufzunehmen, müssen diese einen Wert besitzen, der ein Äquivalent zu den exportierten Gütern und Leistungen darstellt. Der Wert von Forderungen wird reflektiert in ihrem relativen Preis gegenüber Gütern und Leistungen und anderen Forderungen. Determiniert wird er durch ihre Eigenschaft, als mehr oder weniger allgemeine Tauschmittel Transaktionen zu vereinfachen, durch die Höhe der Zinszahlungen (bzw. der Zinsdifferenzen gegenüber alternativen Aktiva) und durch erwartete Veränderungen ihres relativen Preises. 22[16] [17]
Sofern die Zinssätze auf international gehandelte Forderungen mit dem Zinssatz des Geldmarktes positiv korreliert sind, in dessen Währung ihr relativer Preis denominiert ist, induziert eine Erhöhung des Gleichgewichtszinssatzes auf einem nationalen Geldmarkt eine Erhöhung des relativen Preises entsprechender Forderungen. In dem Maße, in dem dieser Preis in der jeweiligen Währung nominal fixiert i s t ^ 3 ^ kann sich diese Veränderung nur in einer Veränderung des relativen Preises der zwei Währungen mani testieren.^ Das Ausmaß dieser Veränderung wird begrenzt durch Erwartungen über zukünftige relative Preise. Sofern die Erwartungen über den zukünftigen Wechselkurs unverändert b 1 ei ben25 } kann eine Aufwertung einer Währung nur soweit erfolgen, bis durch die implizierte Abwertungserwartung die Zinsdifferenz kompensiert wird.110 Darüber hinaus wird eine Veränderung begrenzt z.B. durch nicht perfekte Substituierbarkeit von in- und ausländischen Forderungen, Transaktionskosten sowie endlicher Anpassungsschwierigkeit auf Aktivamärkten.
Formal läßt sich der Devisenmarkt folgendermaßen darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
mit X: Leistungsbilanzsaldo, Ks: Nettodevisenangebot, Kd:
Nettodevisennachfrage, e: Wechselkurs, e: erwarteter zukünf tiger Wechselkurs, i: Zinssatz, p: Preisniveau, S: Risiko prämie (mit (x) gekennzeichnete Zeichen repräsentieren exogen vorgegebene ausländische Größen).
Unter diesen Voraussetzungen läßt sich ein Zusammenhang zwi - sehen Einkommen und Wechselkurs durch die Interaktion von Geld- und Devisenmarkt folgendermaßen begründen:27 Eine Erhöhung des inländischen Einkommens impliziert eine Erhöhung der Nachfrage nach Geld auf dem inländischen Geldmarkt. Bei gegebenem Geldangebot muß der Zinssatz als Ausdruck der Opportunitätskosten der Geldhaltung steigen. Damit die z.B. durch einen Leistungsbilanzüberschuß determinierte Menge an Forderungen importiert wird, muß sich der relative Preis der in ausländischer Währung denominierten Forderungen verringern (durch eine Abwertung der ausländischen Währung) und (oder) es muß sich eine Aufwertungserwartung der ausländischen Währung einstellen (bei unveränderten Wechselkurserwartungen ebenfalls durch eine Abwertung der ausländischen Währung).[18] [19]
Funktional läßt sich der Zusammenhang zwischen Einkommen und Wechselkurs in einer zweidimensionalen Betrachtung folgendermaßen formulieren (für exogen fixierte ë, ix, Ms, S):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.2 Der Zusammenhang zwischen aggregierter Güternachfrage, Gütermarkt und Wechselkurs
Bei Berücksichtigung der Tatsache, daß der Leistungsbilanzsaldo eine Komponente der Nachfrage nach im Inland produzierten Gütern i s 12 9 ^ läßt sich folgender Zusammenhang spezifizieren:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.3 Die Interaktion von Geld- und Devisenmarkt mit dem Gütermarkt
Die Interaktion der Märkte läßt sich graphisch veranschaulichen (vgl. Abb. 1). Die Gerade A M[20] reflektiert den funktionalen Zusammenhang zwischen Einkommen (aggregierter Güternachfrage) und Wechselkurs, der sich aus der Interaktion von Geld- und Devisenmarkt ergibt. Die Gerade GüM reflektiert den funktionalen Zusammenhang zwischen Wechselkurs und Einkommen, der sich aus den Annahmen über die aggregierte Güternachfrage ergibt.
Der Schnittpunkt der beiden Gerden repräsentiert ein simultanes Gleichgewicht auf allen drei modellierten Märkten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1
2. Komparativ-statische Analyse
Die komparativ-statische Analyse soll zur Klärung der Frage beitragen, die Stabilisierung welchen Zwischenzieles geldpolitischer Aktivitäten effizient ist, wenn das Endziel verfolgt wird, das Produktionsniveau zu stabilisieren.
Zum Zweck der Vereinfachung werden zwei idealtypische Strategien der Geldpolitik analysiert:
- die Zentralbank verfolgt die Strategie, das Geldangebot konstant zu halten
- die Zentralbank verfolgt die Strategie, den Wechselkurs konstant zu halten.
Die Analyse erfolgt durch Konfrontation dieser Strategien mit verschiedenen, im Modell darstellbaren Umweltsituationen:
- die Präferenzen bzgl. der Geld- und Devisennachfrage sind stabil/instabil und die exogenen Größen e, ix, S und X32 3
sind konstant/instabΠ
- die Präferenzen bzgl. der aggregierten Güternachfrage sind stabil/instabil
- der Zusammenhang zwischen Geld- und Devisennachfrage und Wechselkurs ist elastisch/unes1 asti sch
- der Zusammenhang zwischen Güternachfrage und Wechselkurs ist elastisch/unelastisch.
2.1 Die Stabilität der aggregierten Güternachfrage bei Fixierung des Geldangebots
Im Rahmen der graphischen Darstellung des Modells läßt sich diese Strategie folgendermaßen analysieren (vgl. Anhang (2)):
Instabilitäten der Präferenzen (bzw. der exogenen Größen) werden durch Verschiebungen der Position der Kurven reflektiert. Sind sowohl die Geld-, die Devisen- als auch die Güternachfragefunktion instabil33, ist auch bei fixiertem Geldangebot keine Aussage darüber möglich, welches Niveau die aggregierte Nachfrage erreicht. Sind Geld- und Devisennachfrage stabil, werden Schwankungen der aggregierten Güternachfrage, die auf Veränderungen der Nachfragepräferenzen bzgl. Wechselkurs und/oder Zinssatz beruhen, durch Wechse 1 kur s variat i onen gedämpft, und zwar umso mehr, je unelastischer die Geldnachfrage und je elastischer die Devisennachfrage bzgl. des inländischen Zinssatzes ist. Andererseits führt diese Strategie bei instabilen Präferenzen bzgl. der Geld- und/oder Devisennachfrage oder bei exogenen Veränderungen von e, ix, S und X zu Schwankungen der aggregierten Güternachfrage, und zwar umso mehr, je elastischer die Güternachfrage bzgl. des Wechselkurses ist.
bzw. es existiert kein Zusammenhang, der als stetige Funktion darstellbar ist
2.2 Die Stabilität der aggregierten Güternachfrage bei Fixierung des Wechselkurses
Sind in diesem Fall die Nachfragefunktionen instabil, kann ebenfalls keine Aussage Uber die aggregierte Güternachfrage abgeleitet werden. Die Instabilität der inländischen Geldnachfrage ist insofern ohne Interesse, als bei dieser Strategie die Zentralbank den Wechselkurs dadurch konstant hält, daß sie das Zinsniveau fixiert (bei gegebenen exogenen Größen); es treten also weder wechse 1kursinduzierte noch zins i nduzierte Veränderungen der aggregierten Güternachfrage auf. Ist die Devisennachfrage instabil (bzw. die exogenen Größen è, ix, S, X), kann die Zentralbank den Wechselkurs nur durch Zins- bzw. Geldmengenvariationen fixieren. Es treten nun keine wechselkursinduzierten Veränderungen der aggregierten Güternachfrage auf, sondern zins induzierte Schwankungen. Ebenfalls werden autonome Schwankungen der aggregierten Güternachfrage nun nicht mehr durch Zins- und Wechse1kursVeränderungen kompensiert (vgl. dazu die graphische Darstellung in Anhang (2)).
3. Evaluierung der Implikationen
Die komparativ-statische Analyse legt nahe, die Bewertung der Effizienz geldpolitischer Aktivitäten von bestimmten Kenntnissen über die Umwelt abhängig zu machen.
Die Stabilisierung des Produktions- und Beschäftigungsniveaus kann nach der Logik des Modells nur gelingen, wenn bekannt ist, inwieweit stabile Zusammenhänge zwischen Güter-, Geld-, Devisennachfrage und den jeweiligen spezifizierten Einflußfaktoren existieren. Die empirische Beobachtung solcher Zusammenhänge ist jedoch prinzipiell schwierig:
- eine Beobachtung solcher Zusammenhänge in einem begrenzten Zeitraum läßt keinen Schluß auf die Existenz in der Zu- kunft zu34
- das statistische Instrumentarium ist in wesentlichen Anforderungen insuffizient[21].
Die dargestellte Analyse erlaubt aber auch gerade dann Aussagen über die Wirkungen geldpolitischer Aktivitäten, wenn instabile Nachfragefunktionen auf Güter- oder Aktivamärkten existieren, vorausgesetzt, daß die Schwierigkeiten der empirischen Bewährung nicht auf Fehlspezifizierungen beruhen, sondern auf Veränderungen der Präferenzen.33 Bei einer Fixierung des Geldangebots werden autonome Veränderungen der Güternachfrage durch Zins- und Wechselkursreaktionen reduziert, sowohl autonome Veränderungen der Geld- als auch der Devisennachfrage induzieren Veränderungen der aggregierten Güternachfrage.
Bei einer Fixierung des Wechselkurses und instabiler Güternachfrage werden ceteris paribus keine reduzierenden Wechselkurs- und Zinsvariationen wirksam, die aggregierte Güternachfrage variiert in einem stärkeren Ausmaß als bei Fixierung der Geldmenge.
Instabilitäten der Geldnachfrage induzieren keine Nachfrageeffekte, Instabilitäten der Devisennachfrage (aufgrund von Präferenzänderungen oder Veränderungen von è, ix, X, S) induzieren bei dieser Strategie Nachfrageveränderungen durch die notwendigen Geldmengen- und Zinsvariationen, sofern der Wechselkurs nicht durch sterilisierte Veränderungen des Devisenbestandes der Zentralbank stabilisiert werden kann.
[...]
- Quote paper
- Jan Kind (Author), 1985, Die außenwirtschaftliche Abhängigkeit der Geldpolitik der Bundesrepublik Deutschland von 1974 bis 1983, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288643