Ratingagenturen und deren Einfluss auf die europäische Politik am Beispiel von Griechenland

Muss die Macht der Ratingagenturen reguliert werden?


Seminararbeit, 2013

25 Seiten, Note: 15 Punkte (1+)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist ein Rating?
2.1 Der Ratingbegriff
2.2 Ratingarten
2.2.1 Bankinternes und externes Rating
2.2.2 Emissions- und Emittentenrating
2.2.3 Solicited und unsolicited Rating
2.3 Ratingsymbole
2.4 Der Ratingmarkt
2.5 Ratingverfahren
2.5.1 Vorbereitungsphase
2.5.2 Analysegespräch
2.5.3 Präsentation der Ratingergebnisse
2.5.4 Pflege und Überwachung des Ratings
2.6 Ratingkrierien

3. Griechenland als Ziel der Ratings
3.1 Das Prinzip von Staatsanleihen
3.2 Ratingentwicklung Griechenlands
3.3 Kursentwicklung griechischer Staatsanleihen

4. Kritik

5. Pläne, den Einfluss der Ratingagenturen zu regulieren

6. Fazit

II. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Für viele sind sie die unbekannten Großmächte der Finanzwelt, doch ihre Macht scheint grenzenlos zu sein. Ihr Einfluss auf die Weltwirtschaft ist unumstritten. Ihre Entscheidungen haben Auswirkungen auf das Handeln von Unternehmen, Investoren und Regierungen. Die Rede ist von Ratingagenturen wie Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch Ratings.1 Sie bewerten die Kreditwürdigkeit von Schuldnern und stufen diese, je nach Einschätzung, in ein Notensystem bestehend aus Buchstabencodes ein. Mit diesen Buchstabencodes entscheiden die Ratingagenturen maßgeblich über den geschäftlichen Erfolg und das finanzielle Schicksal von Unternehmen und Staaten: Je schlechter die Ratingagenturen die Bonität eines Schuldners bewerten, desto schwieriger wird es für ihn, sich am Kapitalmarkt Geld zu besorgen.2

In politischen und gesellschaftlichen Debatten über das Agieren des Finanzmarktes im gesellschaftlichen System sind Ratingagenturen als Thema immer öfter mit eingebunden. Sie setzen mit ihrem Urteil Standards, die zur Orientierung auf den modernen Finanzmärkten und zur Erhöhung der Markttransparenz dienen.3

Zu Zeiten der EU-Schuldenkrise wird scharfe Kritik auf die Ratingagenturen ausgeübt, was vor allem die drei größten Ratingagenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch Ratings betrifft, die zusammen einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent generieren.4

In der vorliegenden Arbeit soll zunächst geklärt werden, was ein Rating ist. Hierbei werden die verschiedenen Ratingarten kurz beschrieben und voneinander abgegrenzt und auch die Ratingsymbole werden erklärt. Im weiteren Verlauf werden Ratingmarkt, Ratingverfahren und -kriterien erläutert. Anschließend soll am Beispiel Griechenlands gezeigt werden, wie die Ratings die Kursentwicklung von Staatsanleihen während der Euro-Krise beeinflusst haben. Im Anschluss daran wird die Kritik an den Ratingagenturen erläutert und Pläne, den politischen Einfluss der Ratingagenturen zu regulieren, dargestellt. Den Abschluss bildet ein Fazit.

2. Was ist ein Rating?

2.1 Der Ratingbegriff

Der Begriff „Rating“ wird vom englischen Wort „to rate“ abgeleitet und bedeutet unter anderem „bewerten“ bzw. „einstufen“. Im Bankenwesen versteht man darunter die die systematische, qualitative Bewertung und Benotung von Emittenten, Herausgebern von Wertpapieren, hinsichtlich ihrer Bonität.5 Die Bewertungskriterien unterscheiden sich zwischen den, eigens hierauf spezialisierten, Ratingagenturen. Das Ergebnis eines Ratings ist die Einordnung in eine Rating-Klasse, die mit einem sogenannten Ratingcode erfasst und ausgedrückt wird. Somit liefert es die Grundlage zur Preisfindung für Fremdkapital und Zinsen: Wird einem Emittenten eine gute Kreditwürdigkeit zugesprochen, so bekommt er einen Kredit zu einem niedrigen Zinssatz. Bei einem Emittenten, dem eine schlechte Kreditwürdigkeit zugesprochen wird, ist der zu hinterlegende Eigenkapitalanteil zur Tilgung von Kredit und Zinsen höher.6

Ziel des Ratings ist es, Transparenz und Vergleichbarkeit für potentielle Investoren und Gläubiger zu schaffen, um die Risikoeinschätzung zu erleichtern. Als „[...] Massenproduzenten auf dem Informationsmarkt [...]“7 liefern Ratingagenturen qualitative Informationen und ersparen aufwendige Recherchen seitens der Investoren.8

2.2 Ratingarten

Ratings unterscheiden sich je nach Auftraggeber, Zielsetzung, Untersuchungsobjekt und Laufzeit des Untersuchungsobjekts. Hauptsächlich wird zwischen bankinternen und externen Ratings differenziert. Im Folgenden werden diese beiden und weitere Arten beschrieben.

2.2.1 Bankinternes und externes Rating

Ein bankinternes Rating wird von kreditgewährenden Banken durchgeführt. Ziel eines internen Ratings ist es, durch hausinterne Ratingverfahren Aussagen über die Kreditwürdigkeit bzw. die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kreditengagements abzuleiten.

Bei einem externen Rating ist der, für die Ratingerstellung beauftragte Anbieter, eine private unabhängige Ratingagentur. Im Gegensatz zu kreditgewährenden Banken sind Ratingagenturen nicht als Teilnehmer am Kapitalmarkt vertreten, sie sind also weder Kapitalgeber noch Kapitalnehmer. Externe Ratings werden als Bonitätsprüfung bei Banken, Wertpapieren und anderen Anlagen genutzt. Die Veröffentlichung von externen Ratings ist freiwillig, interne Ratings hingegen werden nicht veröffentlicht.9

Standard & Poor's äußert sich zur Zielsetzung ihrer (externen) Ratings wie folgt:

- Standard & Poor’s credit ratings are not intended to indicate the value, suitability, or merit of an investment […] and they do not address, explicitly or implicitly, whether:
- Investors should buy, sell, or hold rated securities
- A particular rated security is suitable for a particular investor or group of investors […]“10

Ratingagenturen wie z.B. Standard & Poor's legen demnach sehr großen Wert darauf, dass das Ergebnis eines Ratings nicht als Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Halten einer bestimmten Anlage verstanden wird. Des weiteren stelle es keine Beurteilung dar, ob eine bestimmte Anlage für einen bestimmten Investor geeignet sei oder nicht.

2.2.2 Emissions- und Emittentenrating

Bei Unternehmen, die mehrere Unternehmensanleihen emittiert haben, kann es aufgrund unterschiedlicher Besicherungen zu unterschiedlichen Ratings einzelner Anleihen innerhalb desselben Unternehmens kommen. Beim Emissionsrating erfolgt die Bewertung eines einzelnen Finanztitels, beispielsweise einer Unternehmensanleihe oder einer Obligation.11 Emissionsratings werden in kurz- und langfristige Ratings unterschieden: Kurzfristige Emissionsratings werden zur Bewertung von Finanztiteln mit einer Laufzeit von nicht mehr als einem Jahr verwendet. Dies sind beispielsweise Commercial Paper (CP) oder kurzfristige Bankdepositen. Folglich beziehen sich langfristige Emissionsratings auf Finanztitel mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, z.B. auf Anleihen, Medium Term Notes (MTN), langfristige Bankdepositen oder auf die Finanzkraft von Banken, Versicherungsunternehmen und Investmentfonds.12

Ein Emittentenrating dagegen bezieht sich nicht auf einen konkreten Finanztitel, sondern, wie der Name schon verrät, auf die grundsätzliche Bonität und Zahlungsfähigkeit eines Emittenten.

2.2.3 Solicited und unsolicited Rating

In den meisten Fällen wird eine Ratingagentur durch das zu bewertende Unternehmen selbst dazu beauftragt, eine Bonitätsprüfung vorzunehmen. In diesem Fall spricht man von einem solicited Rating. Hierbei erhält die jeweilige Agentur einen permanenten Informationsfluss und Zugriff auf unveröffentlichte unternehmensinterne Daten.

Erstellen die Ratingagenturen ein Rating ohne einen entsprechenden Auftrag, so spricht man von einem unsolicited Rating. In diesem Fall ist der Schuldner nicht in den Ratingprozess einbezogen und die Bewertung basiert auf öffentlich zugänglichen Sekundärinformationen.

Unter diesem Aspekt leidet die Aussagekraft des Ratings.13

2.3 Die Ratingsymbole

Das Ratingsymbol stellt in Form von Buchstaben und Zahlen ein Urteil dar, wie wahrscheinlich es ist, dass eine betrags- und termingerechte Zahlung von Zins und Tilgung erfolgt. Dabei werden quantitative und qualitative Faktoren berücksichtigt. Somit stellt die Einstufung eines Schuldners dessen potentielle Ausfallwahrscheinlichkeit dar.14 Im Folgenden werden die Ratingskalen von S&P, Moody's und Fitch beschrieben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Bewertung der Rating-Agenturen15

Wie Abbildung 1 zu entnehmen ist, sind die drei Ratingskalen in die zwei Ratingklassen „Investment Grade“ (Investmentklasse) und „Speculative Grade“ bzw. „Non-Investment Grade“ (Spekulationsklasse) unterteilt. Alle drei Skalen beginnen mit dem Bestwert „Triple A“ („Aaa“ bei Moody's bzw. „AAA“ bei S&P und Fitch). Dies stellt die höchste Bonität dar, das Ausfallrisiko ist praktisch null. Bei „Double A“ ist die Bonität immer noch sehr hoch und im Bereich „Single A“ gut. Der Bereich „Triple B“ steht für mittlere Bonität. Ab „Double B“ beginnt der spekulative Bereich, umgangssprachlich auch „Ramschniveau“ genannt. Das Rating „Single B“ weißt auf eine geringe Bonität und ein hohes Ausfallrisiko hin. Eine Einstufung in den Bereich „C“ weißt ebenfalls auf ein hohes Ausfallrisiko hin, wobei eine pünktliche Zahlung ausschließlich von den weiteren wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen abhängig ist. Die Skalen enden mit „Single D“ für „default“ („Zahlungsausfall“). Dieses Urteil bedeutet, dass der Schuldner bereits in Zahlungsverzug ist.16

2.4 Der Ratingmarkt

Der Ratingmarkt ist durch wenige Anbieter und einem unvollständigen Wettbewerb gekennzeichnet und weißt folglich oligopolistische Strukturen auf.17 Die dominierenden Ratingagenturen sind die drei US-amerikanischen Unternehmen Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch Ratings. Zusammen generieren sie einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent, wobei der Marktanteil von Fitch Ratings bei weitem nicht an die Marktanteile der beiden Branchenführer S&P und Moody's heranreicht, weshalb man sogar von einem Duopol sprechen kann.18

Ihre internationale Bedeutung sicherten sich die Agenturen im Juli 1975, als die USBörsenaufsichtsbehörde SEC (Securities and Exchange Commission) die drei Agenturen zu „Nationally Recognized Statistical Rating Organizations“ (NRSRO) ernannte. Unternehmen, die als NRSROs geführt werden, sind Firmen, deren Ratings für Kapitalmarktzwecke herangezogen werden dürfen. Dies wertete die Arbeit dieser Agenturen mächtig auf, sodass sich heute nicht nur Banken, sondern auch Aufsichstbehörden und Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) an den Analysen der Agenturen orientieren.19

Aufgrund der Nachfragesteigerung nach Ratings und deren Bedeutungszuwachs ist ein Anstieg der Ratinganbieter zu verzeichnen. So sind mit Stand Mai 2013 schon zehn Unternehmen als NRSRO anerkannt.20 In Europa versucht man zurzeit eine europäische Ratingagentur als Gegengewicht zu den marktbeherrschenden US-Agenturen zu gründen, um sich so gegen die Macht der „Big Three“ zu wehren.21

[...]


1 Vgl. Anlegerplus.de, Die Big Three der Ratingagenturen, 2011

2 Vgl. N-TV.de, Die Macht der Ratingagenturen, 2011

3 Vgl. Jens Rosenbaum, Der politische Einfluss von Ratingagenturen, 2009, S.16-17

4 Vgl. Anlegerplus.de, Die Big Three der Ratingagenturen, 2011

5 Vgl. Boersenlexikon.FAZ.net, Rating, 2013

6 Vgl. Finanzen-Lexikon.de, Rating, 2013

7 Michael Strulik, Kritische Analyse von Rating-Agenturen bei Verbriefungen, 2009, S.12

8 Vgl. Jens Rosenbaum, Der politische Einfluss von Ratingagenturen, 2009, S.17

9 Vgl. Tec7-Factoring.de, Die unterschiedlichen Ratingarten, 2013

10 StandardandPoors.com, About Credit Ratings, 2012

11 Vgl. Tec7-Factoring.de, Die unterschiedlichen Ratingarten, 2013

12 Vgl. Bettina Lanfermann, Transparenz durch Ratings?: Unternehmens- und Produktratings deutscher Nicht-Lebensversicherer, 1998, S.8

13 Vgl. Joachim Lötscher, Rating Agenturen und Finanzdienstleister- Probleme und Lösungsansätze, 2009, S.3

14 Vgl. DeiFin.de, Rating-Kategorien und Rating-Symbole, 2013

15 FAZ.net, Der Eiertanz um den „Verzug“ Griechenlands, 2011

16 Vgl. Handelsblatt.com, Das ABC der Bonität, 2006

17 Vgl. FTD.de, Der Ratingmarkt gehört reguliert, 2012

18 ebenda

19 Vgl. N-TV.de, Die Macht der Ratingagenturen, 2011

20 Vgl. Wikipedia.org, Nationally Recognized Statistical Rating Organization, 2013

21 Vgl. Spiegel.de, Europäische Ratingagentur nun doch kurz vor dem Start, 2012

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Ratingagenturen und deren Einfluss auf die europäische Politik am Beispiel von Griechenland
Untertitel
Muss die Macht der Ratingagenturen reguliert werden?
Note
15 Punkte (1+)
Autor
Jahr
2013
Seiten
25
Katalognummer
V289348
ISBN (eBook)
9783656896050
ISBN (Buch)
9783656896067
Dateigröße
689 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaft, Globalisierung, Ratingagentur, Rating, Griechenland, Staatsschuldenk, Staatsanleihen, EZB, EU-Schuldenkrise, Staatsschuldenkrise
Arbeit zitieren
Furkan Iri (Autor:in), 2013, Ratingagenturen und deren Einfluss auf die europäische Politik am Beispiel von Griechenland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/289348

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