Supply Chain Management (SCM) ist momentan in aller Munde. Kaum jemand aus dem Logistikbereich, sei es aus dem wissenschaftlichen oder industriellen Umfeld, lässt eine Gelegenheit aus, dazu einen Text zu veröffentlichen.
SCM ist aber mehr, als theoretische, abstrakte Schriften zu vermitteln vermögen. Zur Realisation rationaler Abläufe, die ja das Ziel des Supply Chain Managements darstellen, sind ganz konkrete technische Hilfsmittel vonnöten, welche die gesamten Abläufe überhaupt erst aufeinander abstimmbar und damit planbar machen. In den meisten Fällen ist der Informations-, aber nicht der Materialfluss die Schwachstelle des Systems, so dass an diesem Punkt angesetzt werden muss.
Ein wesentliches dieser Hilfsmittel ist die Transpondertechnologie, die eine automatisierte Identifikation von Gütern (oder Tieren und in anderen Anwendungsbereichen auch von Menschen) erlaubt und damit eine weitere Rationalisierungsstufe im SCM darstellt. Durch den Einsatz dieser Technologie können Materialflüsse im Idealfall minutiös durchgeführt und aufeinander abgestimmt werden, was die Planungssicherheit innerhalb der Versorgungskette deutlich erhöht und damit erheblich zu Kostensenkungen beitragen kann.
Doch gibt es selten ein großes Potential in einer Technologie ohne mindestens ebenso große Risiken und Problematiken. Im Fall der automatischen Identifikation durch Transponder sind dies im Wesentlichen die Datensicherheit und der Datenschutz, und auch auf diesen beiden Gebieten finden sich viele Beiträge, die sich kritisch mit dem Thema auseinander setzen. Selbst Initiativen gegen den Einsatz automatischer Identifikationssysteme wurden bereits ins Leben gerufen.
Doch das Supply Chain Management profitiert in starkem Maße von Automatisierung in jeglicher Form, und so werden sich Transponder nach und nach durchsetzen. Worin genau dieser Nutzen besteht, soll in der vorliegenden Arbeit beschrieben werden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Supply Chain Management
2.1 Modethema SCM – ein Überblick
2.2 Was ist SCM?
2.2.1 Stichwort: ECR
2.2.2 Stichwort: CRM
2.3 Problemfelder innerhalb des SCM
2.3.1 Der Bullwhip-Effekt
2.3.2 Supply Chain Process Management
2.3.3 Supply Chain Design
2.3.4 Supply Chain Controlling
2.3.5 Supply Chain Collaboration
2.4 Die Zukunft des SCM
3 Intelligente Identifikationsverfahren
3.1 Überblick
3.2 Aktuell verwendete Systeme
3.2.1 OCR und Spracherkennung
3.2.2 Chipkarten (Smart Cards)
3.2.3 Barcodes
3.2.4 Transponder (RFID)
3.3 Zukunftsorientierte Systeme
3.3.1 Biometrische Identifikationsverfahren
3.3.2 Implantierbare Transponder
3.3.3 Maschinelles Sehen
3.4 Problemfelder
3.4.1 Kosten
3.4.2 Datensicherheit: Van-Eck Phreaking
3.4.3 Datenschutz und Privatsphäre
4 Der Einfluss von intelligenten Identifikationsverfahren auf das SCM
4.1 Integration von Auto-ID Verfahren
4.2 Beschaffung
4.3 Produktion
4.4 Distribution
4.4.1 Verpackung und Kommissionierung
4.4.2 Transport
4.4.3 Materials Handling
4.5 Übergreifende Perspektive
4.6 Vorteile durch den Einsatz von Auto-ID Technologie
4.7 Praxisbeispiel: Old Dominion Freight Lines
4.7.1 Wareneingangsprozesse
4.7.2 Zeitmanagement an der Verladerampe
4.7.3 Warenausgangsprozesse
5 Strategisches Management und intelligente Identifikationsverfahren
5.1 Strategische Zielplanung
5.2 Strategische Analyse, Prognose und Frühaufklärung
5.2.1 Umwelt
5.2.2 Analyse des eigenen Unternehmens
5.2.3 Strategische Prognose
5.2.4 Strategische Frühaufklärung
5.3 Strategieformulierung und -bewertung
5.3.1 Gesamtstrategie
5.3.2 Geschäftsbereichsstrategien
5.3.3 Funktionale Strategien
5.3.4 Wachstumsstrategien
5.3.5 Schrumpfungsstrategien
5.4 Implikationen für das Management
6 Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: SCM als Top-Thema
Abbildung 2: Problemfelder des SCM
Abbildung 3: Bereiche des Supply Chain Managements
Abbildung 4: Supply Chain Management-Definition
Abbildung 5: Modell für den Aufbau und Betrieb des SCM im Unternehmensnetzwerk
Abbildung 6: Werttreiber in der Supply Chain nach Porter
Abbildung 7: Trend in der Geschäftswelt
Abbildung 8: Ziele des Supply Chain Managements
Abbildung 9: Geschlossene Supply Chain mit angehängter Umweltkette
Abbildung 10: Das SCOR-Modell
Abbildung 11: Advanced Planning and Scheduling (APS)
Abbildung 12: Interessenkonflikt der Stakeholder im CRM
Abbildung 13: Vorgehensweise zur erfolgreichen CRM-Implementierung
Abbildung 14: Der Bullwhip-Effekt
Abbildung 15: Supply Chain Monitoring
Abbildung 16: Oszillation der SC-Struktur zwischen vertikal/integriert und horizontal/modular
Abbildung 17: Mangel an strategieadäquaten Controlling-Konzepten für das SCM
Abbildung 18: Teilbereiche des Supply Chain Collaboration
Abbildung 19: Wandel der Unternehmen zum Collaborative Business
Abbildung 20: Vom B2B zum P2P
Abbildung 21: Strategien für Supply Chain Collaboration
Abbildung 22: Intelligente Systeme im Produktionsbereich
Abbildung 23: Automatische Identifikationssysteme
Abbildung 24: Gemeinsame Aspekte automatischer Identifikationssysteme
Abbildung 25: Open-Loop vs. Closed-Loop Auto-ID Systeme
Abbildung 26: Einfluss eines intelligenten Produktes auf die Produktion
Abbildung 27: Entwicklung der Folgekosten der Dateneingabe
Abbildung 28: Überblick der sprachverarbeitenden Systeme
Abbildung 29: Chiplayout einer Smart Card
Abbildung 30: Hommage an den Barcode
Abbildung 31: Barcode (Typ EAN 13)
Abbildung 32: Barcode (Typ Code 128)
Abbildung 33: Barcode (Typ 25 Interleaved)
Abbildung 34: Stapelcode (Typ PDF 417)
Abbildung 35: Der Titel dieser Arbeit als Matrixcode
Abbildung 36: Snowflake-Code
Abbildung 37: Entwicklungsprognose von RFID-Chips
Abbildung 38: Chancen und Vorteile der RFID-Technologie
Abbildung 39: Elemente einer RFID-Implementation
Abbildung 40: Komponenten einer RFID-Implementation
Abbildung 41: Schematischer Aufbau eines kontaktlosen Systems
Abbildung 42: Gängige Transpondertypen
Abbildung 43: SAP Infrastruktur im Future Store
Abbildung 44: Anlieferungsprozess im Future Store
Abbildung 45: Funktionsweise von VeriChip
Abbildung 46: Visuelle Aufgaben eines Bildverarbeitungssystems im Auto
Abbildung 47: Roboterfußball bei der WM 2002 in Südkorea
Abbildung 48: Kostenquellen im RFID-Bereich
Abbildung 49: Spannungswechsel in einem Schaltkreis (ideal typischer Verlauf)
Abbildung 50: Spannungswechsel in einem Schaltkreis (realt ypischer Verlauf)
Abbildung 51: Akzeptanzschritte der RFID-Technologie
Abbildung 52: RFID-Roadmap
Abbildung 53: Vorteile für Transportunternehmen durch RFID und EPC
Abbildung 54: Beschränkungen beim Material Handling
Abbildung 55: Interaktionen in der Supply Chain
Abbildung 56: Einsatz von RFID in der Prozesskette
Abbildung 57: Der Einfluss von RFID auf den Shareholder Value
Abbildung 58: Hohe Lagerbestände in der Supply Chain
Abbildung 59: Gewinnspanne in Abhängigkeit des Marktanteils
Abbildung 60: Das Konzept der Eintrittsbarrieren
Abbildung 61: Allgemeine Wertkette
Abbildung 62: Explorative und antizipative Szenarien
Abbildung 63: Mit der Portfolio-Technik zur Handlungsempfehlung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Ursachen und Gegenmaßnahmen zum Bullwhip-Effekt
Tabelle 2: Open- und Closed-Loop im Produktlebenszyklus
Tabelle 3: Erläuterung der Chipbelegungen einer Smart Card
Tabelle 4: Einflüsse auf die Reichweite von RFID-Systemen
Tabelle 5: Überblick gängiger RFID-Frequenzen
Tabelle 6: Vergleich passiver RFID-Systeme
Tabelle 7: Überblick der Vorteile der RFID-Technologie für Produzenten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Im Rahmen dieser Arbeit geht es – in einem Satz dargestellt – um die automatische Identifikation von Gütern mit Hilfe von diversem technischen Gerät, damit das Management der Supply Chain unterstützt werden kann in seinem Bestreben, effizient und kostengünstig zu arbeiten.
Im ersten Teil wird dazu ein kurzer Überblick über das breite und vielschichtige, daher auch in jüngerer Zeit häufig durch entsprechende Bücher und Aufsätze behandelte Thema des Supply Chain Managements (SCM) gegeben. Dabei wird SCM zunächst allgemein vorgestellt und später auf Anwendungsgebiete und durch das SCM entstehende Problematiken eingegangen.
Der zweite größere Abschnitt dient dazu, die gängigen Identifikationsverfahren darzustellen und die ganze Breite ihrer Anwendungsmöglichkeiten zu erläutern, wobei der Schwerpunkt auf Barcodes und Transpondern liegt. Auch sollen Risiken wie Datenschutz und Datensicherheit sowie andere Problemfelder Erwähnung finden.
Kapitel 4 führt beide Bereiche zusammen und zeigt auf, welchen Einfluss intelligente Identifikationsverfahren auf das SCM haben und vor allem, welche Vorteile letzteres daraus ziehen kann. Ein Vergleich von SCM mit bzw. ohne die Unterstützung durch ID-Technologie rundet die Erläuterungen ab und verdeutlicht, welch große Relevanz Automatisierung innerhalb des SCM besitzt bzw. besitzen wird.
Im Anschluss daran werden die Methoden des Strategischen Managements auf die konkrete Einführung von Transpondertechnologie in ein Unternehmen hin angewendet, und zum Abschluss der Arbeit soll in Kapitel 6 ein Ausblick in die Zukunft gewagt werden, nicht ohne ein Fazit unter das bisher Gesagte zu ziehen.
2 Supply Chain Management
In zweifelhaften Fällen
entscheide man sich für das Richtige.
Karl Kraus
2.1 Modethema SCM – ein Überblick
Das Thema Supply Chain Management (SCM) wird seit jüngerer Vergangenheit sehr intensiv und häufig diskutiert. Dies betrifft vor allem den Bereich Logistik, aber in seiner Eigenschaft als Querschnitts- und Koordinierungsfunktion zwischen den unterschiedlichen Unternehmen und ihren Bereichen beeinflusst das SCM beinahe jede Unternehmensfunktion (siehe dazu Kapitel 2.2).
Der Grund für die hohe Prägnanz dieses Themas ist ebenso allgegenwärtig: Globalisierung. Der Zulieferer hat seinen Firmensitz zunehmend nicht mehr auf der anderen Straßenseite oder wenigstens im selben Land, sondern vielmehr im (immer öfter auf der anderen Seite des Globus gelegenen) Ausland. Und die eigene Produktion wird aus den verschiedensten Gründen ebenfalls immer stärker in andere Länder verlagert[1], während gleichzeitig die Kunden immer höhere Anforderungen an Qualität, Lieferzeit und Preis stellen. Das Supply Chain Management ist ein Hilfsmittel, um die durch die Globalisierung entstehenden Chancen und Risiken angemessen zu prognostizieren, zu antizipieren und letztendlich auch zu nutzen. Es dient aber genauso dazu, betriebsinterne Supply Chains zu verwalten oder Supply Chains mit inländischen Zulieferern zu betreiben.
Zur Geschichte des SCM kann gesagt werden, dass der Begriff erstmals in den frühen 1980er Jahren auftauchte und dort auf eine als notwendig erkannte übergreifende Integration von Prozessen hinwies[2]. Heutzutage wird dieser Ausdruck – wie bereits geschildert – bei fast jeder Gelegenheit genutzt und diskutiert. SCM wird in der Literatur je nach Autor als Herangehensweise, Konzept, Perspektive, Philosophie oder als Technik bezeichnet[3], wobei sich hier der Begriff des Konzeptes anbietet und SCM im Folgenden als ein solches verstanden wird.
Supply Chain Management ist empirisch belegbar ein bedeutendes Thema im Top-Management Bereich (vgl. Abbildung 1). Interessant am Ergebnis der dargestellten Untersuchung ist, dass der CFO, also der Chief Financial Officer (zu Deutsch: Finanzvorstand), diesen Punkt offenbar am häufigsten auf die Tagesordnung setzt. Das Potential des SCM, Kosten zu sparen, wird hoch eingeschätzt – bis zu 50% Sparpotential bei Einkaufs- und Lieferkosten werden genannt[4].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: SCM als Top-Thema[5]
Es kann aber noch einen anderen Grund geben: Von anstehenden Projekten wird eine immer kürzere Zeit gefordert, in der sie sich rentieren müssen – mit Hilfe der Prozesskostenrechnung (Activity-Based Costing)[6] ist ein Return On Investment (ROI) von nur einem Jahr möglich[7]. SCM-Projekte konkurrieren bei der Finanzierung mit den Bereichen F&E und Engineering und müssen genau zeigen, inwiefern sie die Unternehmensziele unterstützen und wie der Nutzen charakterisiert ist. Die folgende Abbildung 2 zeigt, dass die Kosten ein entscheidender Faktor sind:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Problemfelder des SCM[8]
Supply Chain Management muss überdies stets im Ganzen betrachtet werden, nicht nur teilweise, wie es oft der Fall ist. Wenn z.B. ein Zentrallager eine Palette so belädt, dass sie für genau einen Gang im Geschäft die Waren enthält, müssen zwar im Lager möglicherweise drei Mitarbeiter zusätzlich eingestellt werden, um das korrekte Packen zu überwachen, aber in jedem einzelnen Geschäft kann eine Person eingespart werden – bei 600 belieferten Läden sind das 600 Personen, deren Personalkosten wegfallen. Doch zunehmend ist auch der ROI nicht mehr entscheidendes Kriterium für eine Zu- oder Absage des Managements, sondern die Sicherung der Überlebensfähigkeit des Unternehmens. Wenn eine Maßnahme Wettbewerbsvorteile schafft oder dazu beiträgt, im Geschäft zu bleiben, spielt der ROI nur noch eine untergeordnete Rolle, und das Ziel ist es eher, die Investition aus dem laufenden Geschäft heraus zu finanzieren. Überhaupt ist kreative Finanzierung gefragt: So arbeitet bspw. Lockheed Martin mit Verträgen, die dem Unternehmen nur dann Zahlungen des Kunden zusichern, wenn dieser durch den Einsatz von Lockheed Martin Anlagen tatsächlich Produktionskosten einspart. Gibt es keine Ersparnisse, gibt es auch keine Zahlungsverpflichtung an den Hersteller. Die folgende Abbildung 3 verdeutlicht die vielfältigen Unterbereiche des Supply Chain Managements, die auch z.T. in den folgenden Kapiteln aufgegriffen werden; die Überschrift darf allerdings angezweifelt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Bereiche des Supply Chain Managements[9]
Ein großes Problem innerhalb des SCM ist – wie auch Kapitel 2.3.1 deutlich macht – die Bedarfsprognose[10]. Wenn die Mengen, welche die Kunden nachfragen, nicht eindeutig bekannt sind, müssen sie geschätzt werden, was über aufwendige Prognosetechniken geschieht. Diese Schätzungen implizieren aber immer eine gewisse Abweichung, und wenn die tatsächlichen Bedarfe nicht regelmäßig, sondern möglicherweise gar stochastisch sind, wird deren Vorhersage wesentlich erschwert. Supply Chains werden überdies immer komplexer, je mehr Prozesse in andere Unternehmen ausgelagert werden, und so spricht man immer häufiger von einer Demand Chain, einer Kette also, die von der Nachfrageseite her gesehen wird statt von den Lieferanten aus. Im Rahmen dieses nachfragebasierten Versorgungsnetzwerks (Demand-Driven Supply Network (DDSN)) werden die traditionellen, lieferantenorientierten SCM-Werkzeuge um nachfrageorientierte Module ergänzt, dynamische Produktportfolios besser unterstützt und wichtige Nachfrage- bzw. Bedarfsindikatoren erkannt und ausgewertet. Das Nachfragemanagement wird zum Kern des Wertkettenoptimierungsproblems.
Seit dem 11. September 2001 ist die Sicherheit das beherrschende Thema weltweit, auch im Hinblick auf das Supply Chain Management[11]. Wurde vor diesem schicksalhaften Datum der Begriff Sicherheit in der Supply Chain vorwiegend mit Schutz vor Diebstahl, illegalen Einwanderern oder dem Export verbotener Güter in Verbindung gebracht, so hat die seit diesem Zeitpunkt latente Bedrohung durch terroristische Anschläge dieses Spektrum deutlich erweitert. Insbesondere in den USA beherrscht eine große Angst vor Massenvernichtungswaffen die Diskussionen, was in Kapitel 2.4 dieser Arbeit noch einmal aufgegriffen wird.
Daneben gibt es aber auch mahnende Stimmen, die zu Vor- und Umsichtigkeit beim SCM selbst raten[12]. Verantwortliches Supply Chain Management – so der dort benutzte Begriff – liegt dann vor, wenn die Unternehmen „mit den Menschen arbeiten, und nicht gegen sie“[13]. Es existiert sogar im Europaparlament die Überlegung, eine Monitoring-Agentur für Verhaltenskodizes europäischer transnationaler Unternehmen ins Leben zu rufen[14]. Es gilt die Frage zu beantworten, ob es eine Aufgabe eines global agierenden Unternehmens sein kann, „sich um die sozialen Zustände in den Lieferanten- und Weiterverarbeitungsbetrieben genauso zu kümmern wie um die sozialen Zustände im eigenen Unternehmen“[15]. Diese durchaus interessante Problematik fällt allerdings in den Bereich der Wirtschaftsethik und sei deswegen an dieser Stelle nicht weiter vertieft.
2.2 Was ist SCM?
Gerade weil das Supply Chain Management (wie im vorherigen Kapitel dargestellt) als Modewort und Modeerscheinung momentan in aller Munde ist, finden sich beinahe ebenso viele Definitionen dieses Begriffs wie Artikel darüber. Je nachdem, aus welcher Sicht der jeweilige Autor die Problematik angeht, variieren die Definitionen leicht, lassen sich aber grundsätzlich auf einen mehr oder weniger kleinsten gemeinsamen Nenner bringen. Eine grundsätzliche Unterscheidung in „richtig“ oder „falsch“ ist nicht sinnvoll und auch nicht möglich, weil die Herangehensweise z.T. völlig unterschiedlich ist und die Artikel so nur bedingt vergleichbar sind.
Supply Chain Management (SCM) als moderne Führungskonzeption soll die klassische Logistikoptimierung von Material-, Informations- und Wertflüssen um eine unternehmensübergreifende Planung und Steuerung unter direkter Einbeziehung von Endkunden und Handelspartnern sowie Kooperationen mit Lieferanten und Entwicklungspartnern ergänzen.[16]
Diese Auslegung des Begriffs SCM ist sehr kompakt und praxisorientiert formuliert. Abbildung 4 zeigt eine eher akademische Definition, die deutlich umfassender ist, dadurch aber auch unübersichtlicher wirkt. In der Aussage sind beide Darstellungen vergleichbar, es fällt allerdings auf, dass der Autor neben der Planung und Steuerung auch die Kontrolle mit einbezieht. Im Folgenden soll sich dieser Definition angeschlossen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Supply Chain Management-Definition[17]
Entscheidend ist der Netzwerkgedanke. Zulieferer, Hersteller, Kunden und Recyclingfirmen bilden nicht nur eine von vorn nach hinten zu durchlaufende Prozesskette, sondern es existieren vielmehr vielfältige Verknüpfungen zwischen den einzelnen Beteiligten. Die folgende Abbildung 5 demonstriert, wie engmaschig und daher auch pflegebedürftig dieses Netz ist. Den Ausgangspunkt der Gestaltung einer Supply Chain sollten dabei stets die Kundenbedürfnisse bilden, denn diese gilt es letztlich zu befriedigen. Ganz entgegen dem gerade Geschilderten werden allerdings immer noch viele Supply Chains als sequentielle Ketten dargestellt und auch verstanden – ein Umdenken ist unbedingt erforderlich, um durch die Beseitigung der Asynchronität zwischen linearer Kette und vernetztem Geschäftsumfeld die Effizienz des SCM noch weiter erhöhen zu können.
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Abbildung 5: Modell für den Aufbau und Betrieb des SCM im Unternehmensnetzwerk[18]
Die Autoren erstellen eine Neun-Feld-Matrix, indem sie drei Phasen und – im Gegensatz zu den meisten anderen Veröffentlichungen – drei Ebenen unterscheiden. Zunächst befindet sich das Unternehmen in der Absichtsphase, die vorwiegend in der Auswahl und im Einbezug der in Frage kommenden Partner für das Projekt Supply Chain (Management) besteht. Im nächsten Schritt wird die Partnerschaft explizit über Verträge definiert, d.h. man erarbeitet gemeinsame Ziele und Arbeitsschritte und informiert sich gegenseitig über auftauchende Probleme. In der Ausführungsphase schließlich, wenn alles mehr oder weniger läuft, finden in größeren Intervallen regelmäßige Treffen statt, auf denen Verbesserungen oder Modifikationen besprochen werden; zudem werden Aufträge gemeinsam geplant und durchgeführt. Dabei kann es durchaus vorkommen, dass sich ein Unternehmen auf den Ebenen in unterschiedlichen Phasen befindet, d.h. bspw. strategisch ist es bereits in der Ausführungs-, operativ aber erst in der Definitionsphase.
Supply Chain Management wird als logische und notwendige Erweiterung des klassischen Enterprise Resource Planning (ERP) gesehen[19]. Das Konzept des ERP weist in Hinsicht auf SCM drei entscheidende Nachteile bzw. Beschränkungen auf: Erstens wurden solche Systeme hauptsächlich entwickelt, um Daten zu sammeln und auszuwerten. Den meisten dieser Programme fehlen bis heute die Möglichkeiten, diese Daten schnell anspruchsvoll zu analysieren und zu visualisieren, so dass sie für Echtzeit-Entscheidungen nicht einsetzbar sind. Zweitens fehlt es an der notwendigen Flexibilität, denn die meisten ERP-Anwendungen sind nicht in der Lage, Geschäftsprozesse wirklich akkurat abzubilden, sondern zwingen den Anwender regelmäßig zu Kompromissen. Drittens schließlich arbeiten ERP-Systeme lediglich eindimensional, d.h. die enthaltenen Methoden des (hier als bekannt vorausgesetzten) MRP bzw. MRP-II sind sequentiell ausgelegt und können daher nicht mehrere Bedingungen gleichzeitig verarbeiten. So beginnt eine Planung i.d.R. mit einer Bedarfsprognose, wonach die benötigten Produktionskapazitäten und Materialien berechnet werden. Sobald sich eine der Bedingungen ändert, muss der gesamte Prozess neu gestartet werden, und da sich heutzutage alles recht schnell ändert, kommt man sequentiell nie zu einem optimalen Ergebnis für eine nutzbare Zeitspanne. Das Supply Chain Management bietet – fokussiert auf Analyse und Planung – Werkzeuge, die diese Nachteile nicht haben, und diese Analyseform ist in den meisten Fällen sogar kostengünstiger als eine Untersuchung mit auf Transaktionen ausgerichteten ERP-Systemen.
Die in der Literatur genannten Ziele des SCM sind vielfältig, doch ein Allheilmittel dürfte auch dieses Konzept nicht repräsentieren. Als hauptsächliches Ziel wird in Anlehnung an Porter das Erlangen von Wettbewerbsvorteilen identifiziert, das von den in Abbildung 6 dargestellten zehn Werttreibern abhängt, die hier aber nicht näher erläutert werden sollen[20]. Ein Unternehmen also, das Supply Chain Management einsetzt, sollte dadurch gegenüber anderen Mitbewerbern, die dies nicht tun, Vorteile im Konkurrenzkampf haben, und so ist es nicht verwunderlich, dass in jedem Unternehmen davon unentwegt die Rede ist.
- Verflechtungen und Verknüpfungen
- Economies of scale
- Lernfähigkeit
- Kapazitätsausnutzung
- Beziehungen, Zusammenhänge
- Integration
- Timing
- Größe und Art des Handlungsspielraums
- Standort
- Institutionelle Faktoren
Abbildung 6: Werttreiber in der Supply Chain nach Porter[21]
Innovative Produkte, die Bedürfnisse der Kunden erfüllen, von denen diese bislang gar nichts wussten, oder solche, die zusätzliche Anforderungen der Kunden erkennen und ohne vorherige Aufforderung erfüllen, erzeugen einen „irgend jemand dort versteht mich“ – Effekt, der direkt zu hoher Markenloyalität und damit zu einem nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil führt[22].
In diesem Zusammenhang lässt sich eine Entwicklung feststellen, wie sie in Abbildung 7 dargestellt ist. DWP steht dabei für „Digital Workplace“, also einen digitalen Arbeitsplatz, der nicht zwingend physisch im Unternehmen gelegen sein muss. Die Geschäftswelt verlagert sich zusehends von Einzelunternehmen mit Massenproduktion hin zu mächtigen Unternehmenszusammenschlüssen, die in der Lage sind, höhere Margen, kürzere Entwicklungszeiten und höhere Qualität bei geringeren Kosten zu realisieren. Die Migration geschieht natürlich nur recht langsam und Schritt für Schritt – von der Automation über die Integration zur Kollaboration. Der wichtigste Wettbewerbsfaktor für Unternehmen wird, je weiter sie im dargestellten Schema nach rechts oben gelangen, in zunehmendem Maße die Fähigkeit, Informationen zu teilen, Probleme zu lösen und auf sich schnell verändernde Situationen zu reagieren. Dazu ist die Möglichkeit zur schnellen Selbstorganisation einzelner Mitglieder erforderlich, d.h. einzelne Teilnehmer der Kette können sich in kurzer Zeit treffen, Probleme erörtern und lösen, so dass der gesamte Prozess flexibler und vorhersagbarer wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Trend in der Geschäftswelt[23]
Neben dem soeben erläuterten Hauptziel können die anderen Ziele wie in Abbildung 8 dargestellt identifiziert werden. Um diese zu erreichen, ist eine sehr gute informationstechnische Vernetzung der beteiligten Unternehmen erforderlich, welche die Lieferzeiten reduzieren und die Lieferbereitschaft erhöhen bzw. durch effektive Lieferantenintegration die Logistikkosten reduzieren soll[24].
- Kostenreduktion
- Vermeidung von Doppelarbeiten
- Erhöhung der Prozessqualität
- Verkürzung der Transportzeiten
- Transparenz in der Auftragsabwicklung
- Reduzierung von Liegezeiten
- Aufbau eines Shared Values mit allen Beteiligten
- Durchgängige Informationen und integrierte Datenbestände (ohne lästige Trennlinien/Schnittstellen)
- Verknüpfung von e-commerce, Warenwirtschaft und Logistik
- Implementierung von kundenorientierten Prozessen
Abbildung 8: Ziele des Supply Chain Managements[25]
In Ergänzung zur “klassischen” Supply Chain existieren daneben auch geschlossene Ketten, englisch bezeichnet als Closed Loop Supply Chain. Diese Systematik hört nicht beim Kunden bzw. bei der Kundenbetreuung nach dem Kauf (After Sales) auf, sondern beinhaltet über Wiederverwertung, Wiederverwendung und Recycling einen rückwärts gerichteten Teil, der nicht mehr benötigte Produkte dem Kreislauf ganz oder teilweise wieder zuführt. Speziell der Gedanke an die ökologische Umwelt hat dazu geführt, dass in die Planung und Gestaltung von geschlossenen Supply Chains ein hohes Maß an Forschungsarbeit investiert wurde.
Die folgende Abbildung 9 zeigt den idealisierten Zusammenhang zwischen (geschlossener) Supply Chain und Umwelt. Der Kreislauf beginnt mit der Nutzung primärer Rohstoffe zur Versorgung der Industrie, die daraus Produkte herstellt und verkauft. Die Konsumenten verwenden die Produkte und geben sie an Sammelstellen zurück, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Dort werden die Produkte untersucht und je nach Eignung wiederaufbereitet oder entsorgt, wobei im ersten Fall unterschieden werden muss zwischen Redistribution (Second Hand), Wiederverwertung (nach Zerkleinerung als neuer Rohstoff) und Wiederverwendung (z.B. in Einzelteilen oder als Baugruppe). Kommt es hingegen zur Endlagerung auf einer Mülldeponie, erzeugen die Produkte Emissionen, die durch verschiedene Vorgänge in die Luft, das Erdreich und das Wasser gelangen und so möglicherweise wiederum Auswirkungen auf die primären Rohstoffe haben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Geschlossene Supply Chain mit angehängter Umweltkette[26]
Zur Systematisierung des SCM entscheidend beigetragen hat das in den USA ansässige Supply Chain Council (SCC), das mit seinem SCOR-Modell eine Grundlage geschaffen hat, auf der die meisten Ansätze zur Steuerung einer SC basieren. Eine grafische Darstellung des Modells bietet Abbildung 10. Zu erkennen ist, dass fünf Blöcke unterschieden werden: Das eigene Unternehmen steht im Mittelpunkt der Betrachtungen, die Lieferanten und Sublieferanten bilden zwei weitere Segmente und die Kunden ebenfalls zwei, so dass auch Wiederverkäufer berücksichtigt werden. Jeder Abschnitt beinhaltet die Funktionen Beschaffung, Produktion und Verkauf, welche sich sowohl untereinander als auch mit den Funktionen angrenzender Blöcke überschneiden – der Output der einen Funktion wird zum Input der anderen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Das SCOR-Modell[27]
Die Prozesse sind im SCOR-Modell wie folgt definiert[28]:
- Plan (Planung)
Prozesse, welche den Bedarf und die Nachfrage so harmonisieren und synchronisieren, dass die vereinbarten Ziele am besten erreicht werden.
- Source (Beschaffung)
Prozesse, welche den Einkauf und die Beschaffung von zur Deckung des aktuellen und geplanten Bedarfs erforderlichen Waren und Dienstleistungen steuern.
- Make (Produktion)
Prozesse, welche erforderlich sind, um die Rohstoffe und Halberzeugnisse in zur Deckung des aktuellen und geplanten Bedarfs erforderliche Fertigwaren umzuwandeln.
- Deliver (Lieferung)
Prozesse, welche ausgeführt werden müssen, um die fertigen Produkte oder Dienstleistungen zum Kunden zu bringen.
Die Steuerung einer Supply Chain, sei sie nun offen oder geschlossen modelliert, ist eine hochkomplexe und schwierige Aufgabe und erfordert den Einsatz spezieller Softwaresysteme. Die folgende Abbildung 11 zeigt den modularen Aufbau eines solchen EDV-Systems, das gemäß dem Konzept des Advanced Planning and Scheduling (APS) entwickelt wurde, das die ERP-Funktionen – wie bereits weiter oben geschildert wurde – um die benötigten Planungswerkzeuge ergänzt[29].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: Advanced Planning and Scheduling (APS)[30]
Die erste wichtige Funktion ist das Demand Planning, die Nachfrageplanung also. Mit Hilfe dieses Moduls können Absatzprognosen erstellt und eine ideale Menge an Sicherheitsbeständen kalkuliert werden, so dass die wichtige Kennzahl „Lieferbereitschaft“ möglichst optimiert wird. Allerdings bezieht sich das Demand Planning stets auf die Lagerfertigung und berücksichtigt keine Kundenaufträge.
Innerhalb des Master Planning wird versucht, den Warenfluss über die gesamte Supply Chain hinweg zu synchronisieren, d.h. statt einer sequentiellen wird eine globale Optimierung durchgeführt. Mit Hilfe dieser Methode wird dem Unternehmen die Möglichkeit gegeben, auf sich verändernde Rahmenbedingungen auf dem kostengünstigsten und profitabelsten Weg zu reagieren, wobei das Planungsergebnis die lokalen Planungsprozesse bei den Teilnehmern beeinflusst. Aufgrund des Umfangs einer typischen Supply Chain wird das Master Planning allerdings regelmäßig auf kritische Lieferanten und Produktionsbereiche beschränkt.
Das Demand Fulfillment schließlich bezieht sich auf den Produktions- und Distributionsprozess nach dem Entkopplungspunkt, der denjenigen Zeitpunkt bezeichnet, an dem die anonyme Planung in die Disposition für konkrete Kundenaufträge umgewandelt wird. Sollten zu diesem Zeitpunkt noch Bestände ohne Zuordnung zu einem Auftrag vorhanden sein, bezeichnet man diese als Available to Promise (ATP). Im Bereich des Demand Fulfillment wird bei einem Auftragseingang nach der Prüfung von Materialverfügbarkeit und freier Kapazität eine Auftragsbestätigung verschickt; die zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehende Produktionskapazität nennt man Capable to Promise (CTP). Innerhalb der Supply Chain besteht der Vorteil, dass die Prüfung der Bestände und Kapazitäten über die gesamte Kette hinweg erfolgt und so Lieferterminzusagen verlässlicher werden lässt. Ein wesentliches Problem besteht dabei in der allgemein vorherrschenden Skepsis gegenüber der Weitergabe von Daten an andere Unternehmen, selbst wenn diese derselben Supply Chain angehören, so dass die APS-Systeme nur in Spezialfällen wie in der Automobilindustrie, wo ein mächtiges Unternehmen beherrschenden Einfluss hat, eine tatsächliche Steuerung vornehmen können.
2.2.1 Stichwort: ECR
Im Zusammenhang mit dem Supply Chain Management zu sehen ist das Efficient Consumer Response (ECR), das für eine Umstrukturierung des klassischen Bestellprozesses steht[31]. Das Problem besteht darin, dass das gesamte Bestandsrisiko üblicherweise vom Händler getragen wird, der bei zu hoher Lagerhaltung eine hohe Kapitalbindung aufweist und bei zu niedrigen Beständen Gefahr läuft, Aufträge nicht befriedigen zu können. Das ECR-Konzept überträgt das Risiko auf den Kunden: Der Händler erhält statt Bestellungen nun Daten wie Bestand, Verkauf, Wareneingang und Reservierungen und generiert auf dieser Basis optimale Lieferaufträge.
Voraussetzungen für ein funktionierendes ECR-System sind der elektronische Datenaustausch mittels EDI, das Vorhandensein von Warenwirtschaftssystemen mit Scannerkassen und die Einrichtung eines Category Managements, das Produktkategorien als Strategische Geschäftseinheiten behandelt. Als Effekt des Efficient Consumer Response stellt sich auf der einen Seite durch sinkende Produktions- und Lagerkosten sowie Lieferzeiten eine erhöhte Effizienz („do the things right“) und auf der anderen Seite durch bessere Reaktion auf Veränderungen im Kaufverhalten eine bessere Effektivität („do the right things“) ein.
2.2.2 Stichwort: CRM
Als weiterer Baustein innerhalb des Supply Chain Managements ist das Customer Relationship Management (CRM) zu sehen, welches zum Ziel hat, den Kunden in jeglicher Hinsicht zufrieden zu stellen. Dazu muss das Unternehmen stets über aktuelle Entwicklungen und Bedürfnisse der Kunden informiert und in der Lage sein, auf Reklamationen oder Fragen schnell und adäquat zu reagieren.
Mit der breiten Einführung von CRM-Softwarepaketen in den 90er Jahren wurden die bis dahin getrennten Funktionen von Call Centern, Verkauf, Kundensupport und Marketing in einer einzigen Softwarelösung vereint, was die Kommunikation zwischen diesen Bereichen wesentlich verbesserte und auch Zeit sparte. Der Effekt war und ist bis heute allerdings einzig und allein, dass dem Telefonberater mehr Zeit für mehr Anrufe bleibt. Wünschenswert wäre hingegen, dass der Mitarbeiter mehr erfolgreiche Anrufe tätigen könnte, doch diesem Wunsch entsprechen erst in der Entwicklung befindliche Systeme, die durch vielfältige Verbesserungen zu höherer Produktivität beitragen[32].
Die Entwicklung und Implementation einer CRM-Strategie ist eine schwierige Aufgabe, die nicht selten fehlschlägt – nach einer Studie der Bain & Company im Jahr 2001 wurden in 20% der Fälle die Kundenbeziehungen eher beschädigt als gefördert[33]. Wichtig bei der Einführung von CRM ist, dass sich nicht nur das Top-Management, sondern jeder einzelne Mitarbeiter damit identifiziert: „A CRM strategy cannot succeed unless it is supported by a customer-centric organization, driven by timely, frequent communications and change management efforts“[34]. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg eines CRM-Systems ist das sog. Customer Service Center (CSC), eine Einrichtung, an die sich die Kunden für Fragen, Reparaturen und ähnliche Dinge wenden können. An diesem Ort haben die Kunden intensiven Kontakt zum Unternehmen und machen sich so ein Bild davon, d.h. sie schließen vom CSC auf das gesamte Unternehmen. Daher ist es sehr wichtig, diesen Eindruck möglichst positiv zu gestalten und die Mitarbeiter gut vorzubereiten. Ein Fehlschlag beim CRM liegt also i.d.R. nicht an der eingesetzten Technologie, sondern an der falschen bzw. fehlerhaften Benutzung derselben. Überdies muss die unterschiedliche und teilweise auch konkurrierende Interessenlage der Stakeholder, wie sie Abbildung 12 zeigt, ebenfalls berücksichtigt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 12: Interessenkonflikt der Stakeholder im CRM[35]
Ferner ist zu sagen, dass bei der üblichen Umsetzung eines CRM-Konzeptes insbesondere die weiter oben als überaus wichtig herausgestellten Punkte Mitarbeiterschulung und ‑information entweder mit zu wenig Zeitanteil bedacht, zu weit zum Einführungszeitpunkt hin verschoben oder gar vollständig vernachlässigt werden. Die folgende Abbildung 13 zeigt anhand eines Zeitstrahls die empfohlene Vorgehensweise. Besondere Bedeutung kommt dabei dem letzten Punkt zu, denn nur durch intensive Analyse der praktischen Leistung des CSC können Stärken und Schwächen einzelner Mitarbeiter identifiziert und in individuellen Schulungen aufgearbeitet bzw. verbessert werden[36].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 13: Vorgehensweise zur erfolgreichen CRM-Implementierung[37]
2.3 Problemfelder innerhalb des SCM
Wie bereits deutlich wurde, ist das Supply Chain Management alles andere als einfach strukturiert. Dieses Kapitel beschäftigt sich etwas eingehender mit den angesprochenen Teilbereichen des SCM und mit den dort anzutreffenden Problemen und Anforderungen.
Allgemein kann gesagt werden, dass wertsteigerndes SCM für jedes einzelne Mitglied der Kette bedeutet, dass es zum einen innerhalb der eigenen Kette sehr kooperativ und zum anderen gegenüber fremden Supply Chains sehr kompetitiv sein muss. Ist eines der Mitglieder jedoch Lieferant in mehreren Ketten, muss i.d.R. auf ein angepasstes und faires Verhalten umgestellt werden. Ferner sind verursachungsgerechte Effizienzsteigerungen einzelner Mitglieder oder Abschnitte der Kette regelmäßig nur ungenau bzw. im schlimmsten Fall gar nicht zu ermitteln, so dass die Verteilung des Ergebnisses der durch das SCM erreichten Optimierung ein großes Problem darstellt[38].
Viele Unternehmen haben zudem Schwierigkeiten, alle Anwendungen, die sie im Rahmen des SCM erworben haben, auch tatsächlich erfolgreich zu implementieren[39]. Dies liegt vor allem in der Unternehmensstruktur selbst begründet – die Unternehmen müssen nicht nur die Technologie selbst verstehen, sondern ebenso, wie ihre bereits bestehenden SC-Prozesse im Detail funktionieren. Erschwerend kommt hinzu, dass das Supply Chain Management übergreifend über mehrere bis alle Funktionsbereiche arbeitet, die möglicherweise jeweils ein eigenes Management und damit auch (z.T. mit anderen Bereichen konkurrierende) eigene Zielsetzungen aufweisen. So werden bspw. Anwendungen zur kettenweiten Optimierung der Auftragsabwicklung und Bestände vielfach lediglich für lokale und isolierte Planungsprobleme eingesetzt, wo sie zwar auch Verbesserungen erzielen, aber gleichzeitig weit hinter den Erwartungen zurückbleiben. Ein weiteres Problem besteht in der verbreitet anzutreffenden mangelnden konsequenten Anwendung der Ergebnisse der Supply Chain Planung. So wird in kaum einem Unternehmen jemand der Verkaufsabteilung die Produktion eines Großauftrags des besten Kunden verweigern, nur weil die SCM-Software angibt, dieser Auftrag sei unprofitabel. Dies geschieht offensichtlich aus ganz bestimmten Gründen und ist deswegen nicht anzuprangern, sondern soll lediglich verdeutlichen, dass optimale Resultate nicht immer nur von der eingesetzten Software abhängen.
2.3.1 Der Bullwhip-Effekt
Das wahrscheinlich bekannteste und deswegen hier exemplarisch vorgestellte Phänomen in einer Supply Chain ist der systeminhärente Bullwhip-Effekt, politisch korrekt übersetzt als Peitscheneffekt[40]. Entdeckt wurde er bereits 1961[41] und ist seitdem regelmäßig Gegenstand von Analysen. Galt er bis vor wenigen Jahren noch als unausweichliches Übel innerhalb des SCM, existieren heute Mechanismen, die ihn abschwächen oder im Idealfall sogar völlig eliminieren können. Der Bullwhip-Effekt beschreibt die Situation, dass sich die Lagerbestände Supply Chain aufwärts, also vom Kunden zum Zulieferer hin gesehen, aufschaukeln, d.h. immer größer werden, je weiter man sich vom Ende der Kette beim Kunden entfernt. Abbildung 14 zeigt diesen Zusammenhang grafisch, wenngleich statt vom Kunden vom Hersteller ausgehend. Die Lieferanten sind bis in den dritten Rang (engl. „Tier“) dargestellt, es gibt aber auch Ansätze, die bis in die siebte Lieferantenstufe ausgedehnt sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 14: Der Bullwhip-Effekt[42]
Auslöser dafür sind schwankende und/oder unsichere Bedarfe, wofür wiederum hauptsächlich ein mangelhafter Informationsfluss in der Supply Chain verantwortlich zeichnet, denn wenn ein Teilnehmer der Kette lediglich die jeweils aktuellen Auftragsinformationen verwertet, wird er fehlgeleitet, wenn die Mengen stark schwanken[43]. Ebenso ist es erforderlich, dass jeder Zulieferer bis zum Kunden „sehen“ kann, um Änderungen der Bedarfe sicher und vor allem rechtzeitig abschätzen zu können[44]. Eine Systematisierung der Ursachen und der jeweils empfohlenen Gegenmaßnahmen stellt die folgende Tabelle 1 dar.
Der Bullwhip-Effekt ist deswegen so schädlich, weil die hohen Bestände extreme Kosten verursachen. Nicht nur der Lagerplatz kostet Geld, sondern auch die Produktion und bei Nichtabnahme schließlich die notwendige Entsorgung. Der unnötige Ressourcenverbrauch ist ein weiterer Faktor. Die Höhe der zusätzlich entstehenden Kosten (und damit zugleich das Einsparpotential) wird zwischen 12,5% und 25% angegeben[45].
Tabelle 1: Ursachen und Gegenmaßnahmen zum Bullwhip-Effekt[46]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3.2 Supply Chain Process Management
Ziel des Supply Chain Process Managements (SCPM) ist es, Störungen beim Auftragsdurchlauf und Abstimmungsprobleme zeitnah zu erkennen und damit Liefertermine einzuhalten, vor allem aber Reaktionszeit zu gewinnen[47]. Als eine Störung wird dabei ein unerwartetes und daher auch bei der Planung nicht antizipiertes Ereignis bezeichnet, das für die planmäßige Ausführung der Aufträge gefährlich sein kann. Um Planabweichungen rechtzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einleiten zu können, ist eine kontinuierliche Überwachung und Kontrolle des Wertschöpfungsprozesses erforderlich. Das SCPM ist als Baustein des Supply Chain Managements ein zu diesem Zweck konstruiertes Hilfsmittel und ist unterteilt in Supply Chain Event Management (SCEM) und Supply Chain Performance Management (SCpM).
2.3.2.1 Supply Chain Event Management
Mit Hilfe des SCEM ist es möglich, die angesprochene Überwachung in Echtzeit durchzuführen, zeitnah die verantwortlichen Stellen zu benachrichtigen, automatisch geeignete Gegenmaßnahmen auf der Basis vordefinierter Regeln einzuleiten und diese ohne Zeitverlust an alle vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen zu kommunizieren. Um Planabweichungen überhaupt identifizieren zu können, ist die Definition eines sog. Meilensteinmodells erforderlich, in dem spezifische Teilschritte in der Zukunft, an denen ein wichtiges Ereignis stattfindet, festgelegt werden.
Das SCEM vergleicht nun simpel die geplanten mit den tatsächlich eingetretenen Ereignissen bzw. mit möglicherweise unterbliebenen Rückmeldungen (bspw. vollständiger Wareneingang, Rechnungsstellung etc.). Ein Event kann entweder ein normales Ereignis (z.B. pünktliche Anlieferung), ein überfälliges Ereignis (z.B. Lieferverzögerungen), ein nicht zu erwartendes, ungeplantes Ereignis (z.B. Maschinenausfall) oder ein ungemeldetes Ereignis (z.B. nicht gebuchter Wareneingang) sein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 15: Supply Chain Monitoring[48]
Um dies zu ermöglichen, ist eine Echtzeit-Überwachung des Materialflusses und der damit verbundenen Geschäftsprozesse sowohl innerhalb des eigenen Unternehmens als auch Supply Chain übergreifend erforderlich, wie sie Abbildung 15 schematisch zeigt. Die Erfassung der Daten erfolgt durch mobile Erfassungsgeräte bzw. RFID (vgl. Kapitel 3.2.4) und Tracking-and-Tracing Systeme. Diese stehen dann sofort in einem zentralen SCEM-System zur Auswertung zur Verfügung, das bei einer Planabweichung einen Alarm auslöst und wahlweise selbst vordefinierte Gegenmaßnahmen auslöst
oder eine Warnmeldung mit Handlungsempfehlungen an die zuständigen Stellen sendet.
2.3.2.2 Supply Chain Performance Management
SCpM ist innerhalb des SCM ein Diagnose- und Frühwarninstrument, mit dessen Hilfe eine Visualisierung langfristiger Entwicklungen auf der Basis der gespeicherten und verdichteten Ereignisdaten ermöglicht wird. Durch die Ermittlung von geeigneten Kennzahlen wie Lieferzeit, Liefertreue oder Lieferqualität kann der mit den Partnern vereinbarte Service Level prinzipiell kontinuierlich bewertet werden. Werden zudem Schwellenwerte definiert, kann das SCpM als Frühwarninstrument eingesetzt werden[49].
2.3.3 Supply Chain Design
Eines der wichtigsten Gebiete im Bereich des Supply Chain Managements ist das Supply Chain Design. In diesem Stadium wird das konkrete Aussehen der Kette bestimmt, d.h. es werden die Lieferantenstruktur und die Form der Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Unternehmen festgelegt, Distributionskonzepte ausgearbeitet und vieles andere mehr. Doch dabei sind einige Fallstricke zu beachten[50]. So musste das Unternehmen IBM erleben, wie die Verbraucher zusehends auf die eigenen, zuvor nahezu unbekannten Systemlieferanten Intel und Microsoft aufmerksam wurden und schließlich Etiketten wie „Intel Inside“ oder „Windows 95“ eine größere Bedeutung für den Verkaufserfolg hatten als der eigene Firmenname, was zur Folge hatte, dass beide Zulieferer den OEM im Hinblick auf den Profit weit übertrafen. Eine wichtige Lektion ist also, auf jeden Fall das „Intel Inside“-Phänomen zu vermeiden, d.h. den eigenen Namen in den Vordergrund zu stellen. Ferner muss erkannt werden, dass Supply Chain Design als strategische Aktivität begriffen werden muss, die über Erfolg und Misserfolg der beteiligten Unternehmen entscheiden kann. Schließlich wurde deutlich, dass das die Supply Chain kontrollierende Element durchaus im Laufe der Zeit wechseln kann – im geschilderten Fall vom OEM zu zwei Komponentenherstellern. Das geschilderte Phänomen lässt sich grafisch, wie in Abbildung 16 gezeigt, als Doppelhelix darstellen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 16: Oszillation der SC-Struktur zwischen vertikal/integriert und horizontal/modular[51]
2.3.4 Supply Chain Controlling
Innerhalb des Supply Chain Managements existieren verbreitet große Informationsdefizite, die ihre Ursache unter anderem in der Vernachlässigung einer Supply Chain Controlling Konzeption haben, wie sie die folgende Abbildung 17 zeigt[52].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 17: Mangel an strategieadäquaten Controlling-Konzepten für das SCM[53]
Auf der Ebene der SC-Realization werden Entscheidungen für anzuschaffende IT-Systeme getroffen und die Implementierung gestartet. Das Supply Chain Design (vgl. Kapitel 2.3.3) wird zwar durchgeführt, aber sehr häufig nur auf operativem Niveau und ohne ausreichende Fundierung. Über allem steht eine Unternehmens- bzw. Logistikstrategie, die aber in einigen Fällen nicht auf die Geschäftsfelder spezifiziert ist. Die Aufgabe des SC-Controllings besteht darin, operative Kennzahlen, Ziele und Vorgaben abzuleiten, entscheidungsrelevante Daten und Fakten zu beschaffen sowie über eine Einbindung in Management- und Steuerungsprozesse die Grundlage für ein erfolgreiches Arbeiten zu schaffen.
Durch die bereits angesprochene Vernachlässigung des SC-Controllings entstehen Intransparenzen und Logistikentscheidungen von unzureichender Qualität, deren Bedeutung für strategische Zielsetzungen zudem unklar bleibt. Daraus resultieren negative Effekte wie bspw. zu hohe Gesamtkosten der Supply Chain, abwendbare Fehlbestandskosten oder nicht ausreichende Servicequalität.
Supply Chain Controlling beinhaltet dabei stets ein „umfassend strategisch-konzeptionelles Vorgehen“[54], das den Fokus von den technischen Aspekten her erweitert. Das Konzept sieht vor, einen kontinuierlichen, auf einem Regelkreis basierenden Verbesserungsprozess einzuführen, der Schwächen und Verbesserungspotentiale sowohl unternehmensintern als auch zwischen den beteiligten Partnern erkennen und durch gezielte Lösungsmöglichkeiten dauerhaft optimieren kann. „Das Supply Chain Controlling […] wird zum „Enabling-Factor“ für das strategische und operative Führungssystem im Supply Chain Management“[55].
Die Ziele des SC-Controllings sind dabei klar festgelegt: Neben einer marktadäquaten Entscheidungsunterstützung sollen die Effizienz und Effektivität der Supply Chain verbessert, Steuerungs- und Kontrollprozesse angestoßen, kritische Erfolgsfaktoren unternehmensspezifisch berücksichtigt und Datentransparenz sichergestellt werden. Dazu werden sowohl endogene Daten als auch exogene Fakten bereitgestellt, die – entsprechend ausgewertet – diese Ziele zu erreichen helfen. Geeignete Anwendungsgebiete für das Supply Chain Controlling liegen in der SC-Optimierung und der SC-Analyse.
2.3.5 Supply Chain Collaboration
Unter dem Begriff „Supply Chain Collaboration” (SCC) versteht man das Bestreben zweier oder mehrerer Partner innerhalb einer Supply Chain zur intensiven Zusammenarbeit in einem oder mehreren Bereichen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Eine Übersicht der zu diesem Teilkomplex gehörenden, wenngleich hier aus Relevanzgründen nicht behandelten Bereiche liefert Abbildung 18.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18: Teilbereiche des Supply Chain Collaboration[56]
Die Entwicklung dazu begann in den 70er Jahren, wo die klassischen Verkäufermärkte vorherrschten[57]. Über die Zwischenstufen Gruppenarbeit, Spezialisierung und Globalisierung gelangt man schließlich zum Collaborative Business (cBusiness). Die folgende Abbildung 19 stellt diese Entwicklung noch einmal grafisch dar. cBusiness kann als virtuelles Unternehmen verstanden werden: Alle bzw. wichtige Prozesse werden nicht mehr in einem physischen Unternehmen, sondern mit Hilfe des eBusiness verteilt und grenzüberschreitend ausgeführt. Vertikal integrierte Lieferketten verändern sich zu vernetzten Systemen von Lieferanten und Kunden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 19: Wandel der Unternehmen zum Collaborative Business[58]
Ein weiteres Merkmal des Collaborative Business besteht darin, dass sich das in Kapitel 2.4 näher beschriebene Business-to-Business Prinzip (B2B) umwandelt in ein Plant-to-Plant Prinzip (P2P), wie Abbildung 20 verdeutlicht. Wo zuvor die Kommunikation und der Datenaustausch sehr umständlich zwischen den Werken und den anderen Beteiligten wie Lieferanten und Kunden erfolgte, geschieht dies nun direkt zwischen den Werken, die nur noch dem Vertrieb den Warenausgang melden. Es entsteht ein Produktionsnetzwerk, das in der Grafik als „LS Production Network“ (LS = Lipro Systems) bezeichnet wird.
Der Einkauf muss sich also lediglich mit dem Vertrieb abstimmen, statt wie zuvor auch mit den Werken. Aus den Produktionsplanungs- und Steuerungssystemen (PPS) werden Produktions-Management-Systeme (PMS), die umfassendere Aufgaben haben und vor allem untereinander effizient kommunizieren können. Durch die Vernetzung der Werke untereinander werden vereinfachte Abläufe und optimierte Bestände realisiert. Doch das P2P-Prinzip liegt noch in der Zukunft, muss doch vielerorts erst einmal das B2B adäquat umgesetzt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 20: Vom B2B zum P2P[59]
Die Herausforderung für ein effizientes SCM besteht im Wesentlichen darin, die richtige Information für die richtige Person verfügbar zu haben, damit das richtige Produkt schneller am richtigen Ort ist als bei der Konkurrenz[60]. Dazu ist es erforderlich, sich nach einer umfassenden Analyse der Faktoren „Macht“ und „Wettbewerbsüberschneidung“ innerhalb der Supply Chain zwischen verschiedenen Strategien für eine auf die jeweilige Situation passende zu entscheiden. Abbildung 21 stellt die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten in einem Portfolio dar. Dabei ist es wichtig zu bemerken, dass ein Unternehmen sich durchaus für unterschiedliche Strategien im Hinblick auf Einkaufs- und Verkaufsseite der Kette entscheiden kann und dies auch tun sollte, wenn es angemessen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 21: Strategien für Supply Chain Collaboration[61]
Öffentliche (Internet-)Marktplätze lohnen sich nur, wenn sich die Supply Chains der Beteiligten signifikant überschneiden, die Macht der Unternehmen minimal ist und es sich um Artikel oder Services des täglichen Bedarfs handelt. Die erzielten Vorteile bestehen aus Automation, verbessertem Workflow, Zugang zu einem großen Lieferantenpool und preisgetriebenen Mechanismen wie z.B. Auktionen. Für Lieferanten ist der einzige Vorteil der Zugang zu einer breiten Käuferbasis, da auf einem öffentlichen Marktplatz zunehmend einzig der Preis als Vergleichskriterium herangezogen wird.
[...]
[1] Welche skurrilen und vor allem negativen Folgen dies zur Zeit für die deutsche Stahlindustrie und den deutschen Maschinenbau hat, verdeutlichen u.a. Gärtner (2004), Kessler (2004) und Reuter (2004).
[2] Vgl. Delfmann / Albers (2000), S. 1.
[3] Vgl. Delfmann / Albers (2000), S. 2.
[4] Vgl. Michael (o.J.), S. 1.
[5] Entnommen aus Pfohl (o.J.), S. 3.
[6] Zu einer umfangreichen Erläuterung siehe AIT (1995), Kapitel 5, online.
[7] Vgl. zum Folgenden Andel, online.
[8] Entnommen aus Grünewald (2001), S. 5.
[9] Entnommen aus Grünewald (2001), S. 10.
[10] Vgl. zum Folgenden Caruso (2003), online.
[11] Vgl. Lee / Whang (2003).
[12] Vgl. Lunau (2004).
[13] Lunau (2004), S. 18.
[14] Vgl. Enquete-Kommission (2002).
[15] Lunau (2004), S. 19.
[16] Entnommen aus Drawert (2003), S. 1.
[17] Entnommen aus Hahn (2000), S. 12.
[18] Grafisch modifiziert nach Schönsleben / Hieber (2000), S. 18.
[19] Vgl. zu diesem Absatz McVey / Candiff, online.
[20] Vgl. Delfmann / Albers (2000), S. 10 ff.
[21] Eigene Erstellung nach Delfmann / Albers (2000), S. 11.
[22] Vgl. zum Folgenden Gossieaux (2001), online.
[23] Eigene Übersetzung aus Gossieaux (2001), online.
[24] Vgl. Pfohl (o.J.), S. 11.
[25] Entnommen aus IPO (2002), online.
[26] Eigene Übersetzung aus Krikke et al. (2001), S. 3.
[27] Entnommen aus SCC (2003), S. 9.
[28] Vgl. BA Moosbach, online.
[29] Vgl. zum Folgenden Breyer (2002), S. 6 f.
[30] Entnommen aus Breyer (2002), S. 6.
[31] Vgl. zum Folgenden stratEDI (2002).
[32] Vgl. Woodhead, online.
[33] Vgl. zum Folgenden Knowlagent (o.J.).
[34] Knowlagent, S. 2.
[35] Entnommen aus Knowlagent, S. 3.
[36] Als weiterführende Literatur sei auf Greenberg (2001), Jonhoff et al. (2001) und Seibel (2000) verwiesen.
[37] Entnommen aus Knowlagent, S. 4.
[38] Vgl. Hahn (2001), S. 13 f.
[39] Vgl. zum Folgenden Bermudez (2002).
[40] Eine praxisnahe Demonstration dazu bietet das bekannte Beer Distribution Game, z.B. zu finden unter http://www.beergame.lim.ethz.ch.
[41] Vgl. Forrester (1961).
[42] Entnommen aus Nienhaus (2002), S. 3.
[43] Vgl. Lee et al. (1997), S. 546.
[44] Ein anschauliches Zahlenbeispiel liefern Delfmann / Albers (2000), S. 27 f.
[45] Vgl. Lee et al. (1997), S. 547.
[46] Eigene Übersetzung aus Takahashi / Myreshka (2004), S. 259.
[47] Vgl. zu diesem Kapitel Ötschmann / Rüggeberg (2003).
[48] Entnommen aus PSI logistics (2003), S. 7.
[49] Für eine weitergehende Betrachtung des SCpM sei auf Delfmann / Albers (2000), S. 69 ff. verwiesen.
[50] Vgl. zum Folgenden Fine (2000).
[51] Eigene Übersetzung aus Fine (2000), S. 218.
[52] Vgl. zum Folgenden Drawert (2003), S. 2 ff.
[53] Modifiziert nach Drawert (2003), S. 3.
[54] Drawert (2003), S. 3.
[55] Drawert (2003), S. 4.
[56] Entnommen aus Grünewald (2001), S. 19.
[57] Vgl. zum Folgenden Ludwig (2001).
[58] Eigene Erstellung nach Ludwig (2001), S. 8-13.
[59] Eigene Erstellung nach Ludwig (2001), S. 17-18.
[60] Vgl. zum Folgenden Varghese (2003).
[61] Eigene Übersetzung aus Varghese (2003), online.
- Arbeit zitieren
- Jochen Schneider (Autor:in), 2004, Optimierungspotentiale des SCM-Ansatzes durch den Einsatz von intelligenten Identifikationsverfahren und Implikation strategischer Elemente, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29692
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