Der Naturschutzbund

Die Entwicklung eines Verbandes zu einer modernen NGO


Hausarbeit, 2003

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung:

1.Einleitung

2.Die Entstehung des NABU (BfV; DBV)
2.1. Vorgeschichte und Einordnung
2.2. Gründung des BfV und dessen Ziele
2.3. Lina Hähnle und besondere Mitglieder

3.Ökologiebewegung und DBV
3.1. Ökologiebewegung
3.2. DBV zur Zeit der Ökologiebewegung
3.3. Einordnung des DBV in die Bewegung

4.Arbeit des NABU Sachsen-Anhalt zum Thema Nationalpark Hochharz
4.1. Nationalparkgesetz
4.2. Fusion der Nationalparks

5.Fazit

6.Quellen

1. Einleitung

"Europa braucht ein Ziel für saubere Energien! 20 Prozent bis 2020."[1] Dies ist ein Ausspruch der Umweltorganisation Greenpeace und zeigt eines ihrer Ziele. Immer wieder fällt diese Gruppe durch spektakuläre Aktionen im Fernsehen auf, wie durch die Besetzung der Ölbohrinsel von Shell. Sie hatten enorme Auswirkungen. Auf diese Weise konnte Greenpeace nämlich eine große Anzahl von Mitgliedern und andere Ressourcen rekrutieren. Neben Greenpeace gibt es aber auch noch andere Verbände, die in Deutschland aktiv sind und trotz nicht so spektakulärer Strategien auffallen.

Der traditionsreichste Verband ist der Naturschutzbund (NABU). Der 1899 gegründete Verein zeichnet sich durch eine andere Arbeitsweise im Umweltbereich aus als andere NGOs. Die direkte Arbeit vor Ort und die Arbeit mit den Politikern und Lobbys sind die wesentlichen Merkmale des heutigen Naturschutzbundes. In der Gründungszeit des Bundes für Vogelschutz (heute NABU) bestimmten jedoch andere Merkmale das Erscheinungsbild des Verbandes.

Zum Einen änderte sich die Arbeit des Verbandes mit der Zeit und zum Anderen gibt es große Unterschiede zwischen den Konzepten und Ausrichtungen der einzelnen Umweltverbände. Da die Veränderungen der Arbeit eines Verbandes und die Unterschiede zwischen den NGOs nicht nur mit der erhofften Wirkung ihrer Arbeit in der Gesellschaft begründet werden können, möchte ich folgende Frage in meiner Arbeit klären: Ist die heutige Form der Arbeit des Naturschutzbundes ein Resultat der Geschichte des Verbandes oder vielmehr ein Produkt der Ökologiebewegung in den siebziger Jahren?

Um die aufgeworfene Frage beantworten zu können, werde ich die Entstehungsgeschichte, die Entwicklung während der Ökologiebewegung und die heutige Arbeit des Naturschutzbundes näher beleuchten. Die drei Abschnitte in der Geschichte muss ich näher beleuchten, da es bisher keine Studien zu diesem Thema gibt. Nur so kann ich deshalb klären, inwieweit die Ökologiebewegung den Verband verändert hat und dieser an der Bewegung partizipieren konnte.

An dieser Stelle möchte ich mich bei der Vorsitzenden des Naturschutzbundes vom Land Sachsen-Anhalt Frau Leipelt bedanken, die mir meine Fragen umfassend beantworten konnte und umfangreiches Material für die Arbeit zur Verfügung stellte. Nur so war es möglich die benötigten Informationen für eine qualifizierte Bewertung der Wechselbeziehung zwischen NABU und der Ökologiebewegung zu erhalten.

2. Die Entstehung des NABU (BfV; DBV)

2.1. Vorgeschichte und Einordnung

Um am Ende meiner Arbeit einen Vergleich zwischen der Arbeit damals und heute ziehen zu können, möchte ich im ersten Abschnitt darstellen wie und in welcher Zeit der NABU; damals Bund für Vogelschutz(BfV); gegründet wurde. Des weiterem möchte ich aufzeigen, welche Ziele der BfV verfolgte und welche Personen hinter diesen Zielen standen.

Im 19. Jahrhundert gab es eine Rückbesinnung zur Natur. Viele Menschen sahen ihr Verhalten als Gegenreaktion zur raschen Technikentwicklung und Industrialisierung. Vor allem konservative Kreise beklagten die tiefen Eingriffe in Natur und Kultur. Die Ökologiebewegung hatte ursprünglich das Konzept der idealen urtümlichen Lebensgemeinschaft zwischen Mensch und Natur im Herzen. Dieses Konzept sah vor, die Eingriffe des Menschen in die Natur zu verringern, damit der Urzustand der Natur erhalten werden kann. Deshalb gab es wegen der enormen Schäden an der Natur Korrektur- und Abwehrversuche. So setzten Ende des 19. Jahrhunderts in fast allen Industrieländern nahezu gleichzeitig und voneinander unabhängige Bestrebungen zur Erhaltung der Natur ein. Der Bund für Vogelschutz war z.B. ein Teil dieser wilhelminischen Reformbewegung, die der Moderne ein rückwärtsgewandtes Weltbild entgegenstellte. Der Naturschutz war eingebettet in einer Zeit, wo es große ideologische Strömungen gab. Er war wie andere Strömungen organisiert und drängte auf konkrete politische Maßnahmen. Für Deutschland war die enge Verbindung zwischen Heimat- und Naturschutz besonders charakteristisch[2]. Bis 1960 blieb der Naturschutz jedoch ein Stiefkind der Politik sowie der öffentlichen Diskussion.

2.2. Gründung des BfV und dessen Ziele

Seit 1870 haben sich in Deutschland etliche Vogelschutzvereine gegründet, die einen lokalen Charakter hatten. Die Gründung des Bundes für Vogelschutz ist eng verbunden mit einem österreichischen Verband. Rudolph Bergner hatte dort in zweieinhalb Jahren einen 40000 Mitglieder starken Verein für Vogelschutz aufgebaut und empfahl Lina Hähnle, in Deutschland das Gleiche zu tun. Diese große Zahl an Mitgliedern konnte nur mit Hilfe des Glücksrezeptes, das einen sehr niedrigen Jahresbeitrag vorsah, erreicht werden und später für den Bund für Vogelschutz von entscheidender Bedeutung sein. 1898 erfolgte der erste Schritt zur Gründung des BfV von Frau Hähnle, als sie die württembergischen Vereine zum „Schwäbischen Bund der Vogelfreunde“ zusammenschloss. Schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass der Schwäbische Bund nicht ausreichte, da aus allen Teilen des Landes Beitritte erfolgten. Deshalb wurde am 15.Dezember 1898 die Gründung des Bundes für Vogelschutz beschlossen und am 1. Februar 1899 vollzogen[3].

Der Jahresbeitrag basierte auf der oben genannten Idee des Glücksrezeptes, welches dazu dienen sollte eine möglichst hohe Mitgliederzahl zu erreichen. So brauchten Erwachsene nur 50 Pfennige je Jahr und Kinder 10 Pfennige bezahlen[4]. Obwohl der Bund für Vogelschutz die mit Abstand niedrigsten Jahresbeiträge erhob, rekrutierten sich die Mitglieder nicht aus den unteren sozialen Schichten, sondern vor allem aus der städtischen Beamtenschaft, Ärzten, Bürgermeistern, Pfarrern und Lehrern.

Zweck des Bundes war, "in umfassendster Weise zum Wohle unserer nützlichen Vögel zu wirken.“[5] Um seiner Verfassung gerecht zu werden, verfasste der Verband von Anfang an verschiedene Ziele. So wurde versucht, dem Massenmord an Zugvögeln entgegenzuwirken und gegen die Hutmode vorzugehen. Damals galt es in der Damenwelt nämlich als schick, Hüte mit prächtigen Federn zu tragen. Damit die Hüte mit genügend Federn ausgestattet werden konnten, mussten jährlich 100 Millionen Vögel sterben. Der Bund für Vogelschutz schlug für die Mode einen Federersatz vor. Anstatt die Federn von einheimischen oder ausländischen wildlebenden Vögeln zu nutzen, sollten Federn von gezüchtetem Geflügel genutzt werden. Die verschiedenen Arten boten für jeden Geschmack etwas und notfalls konnten die Federn gefärbt, gekräuselt oder der jeweiligen Moderichtung angepasst werden, argumentierte der Bund für Vogelschutz in einem Aufruf vom 23. Januar 1899[6].

Des weiterem wurde im Aufruf argumentiert, dass die Vögel eine Nutzenfunktion hatten und daher geschützt werden mussten, weil sonst das natürliche Gleichgewicht zwischen Insekten und Vögeln gestört werde. Die Vögel seien nützlich, da sie Schädlinge fressen. Wenn sich die Schädlinge stark vermehren, komme es außerdem zu Missernten. Es wurde daran erinnert, welche Arbeit umsonst in den Garten-, Obst- und Weinbau gesteckt werde, wenn es zu Missernten komme. Um den Vögeln zu helfen, wurden weitere Tipps gegeben:

- Im Winter sollten an schneefreien, geschützten Stellen Fütterungen erfolgen.
- Eine Verminderung der Raubtiere, wie Katzen und Marder, von Singvögeln sollte erwirkt werden.
- Da es an natürlichen Nistplätzen mangelte, gab es eine Anleitung zum Aufhängen von Nistkästen.
- Es sollte gegen althergebrachte Gewohnheiten, wie dem Essen der Singvögel und der Mode, angekämpft werden.

Diese Ziele bestimmten die Arbeit des Verbandes in den folgenden Jahren. Um die Ziele erreichen zu können, bedurfte es einer Massenbasis, die nur mit Vorträgen, Flugblättern und ähnlichem Werbematerial erreicht werden konnte. Mit diesem Spektrum an Möglichkeiten wird über Jahrzehnte die Öffentlichkeitsarbeit des Bundes betrieben[7]. Dabei wurde auch mit Slogans gearbeitet um die Bevölkerung auf die Anliegen des Vogelbundes aufmerksam zu machen. So wurde in einem Aufruf mit einer Auflage von 106.000 Exemplaren von 1906 ein Schreckenszenario entworfen, welches in der Feststellung gipfelte: "Wahrlich, wer sein Vaterland und sein Volk liebt, dem kann der Vogelrückgang nicht gleichgültig sein!“[8] Hier wurde versucht die Naturliebe und gleichzeitig das Nationalgefühl des Lesers anzusprechen.

2.3. Lina Hähnle und besondere Mitglieder

Da Lina Hähnle den BfV 38 Jahre anführte, möchte ich noch ein paar Worte über ihr Wirken und ihren Einfluss auf den Verband darlegen. Sie wurde 1851 als Tochter eines Salineninspektors in Sulz geboren. Ihre Heirat mit Hans Hähnle war insoweit für die Entwicklung des BfV von Bedeutung, weil dieser ein erfolgreicher Geschäftsmann war. Er konnte seine Frau und den Verband deshalb über Jahre mit Geld unterstützen, auch wenn er die Liebe seiner Frau zur Natur nicht ganz teilte. Außerdem wurden die Wohnsitze der Familie in Stuttgart und Giengen abwechselnd zu gut ausgerüsteten Geschäftsstellen[9]. Ein weiterer wesentlicher Punkt war, dass sich Lina Hähnle voll und ganz auf die Arbeit des Verbandes konzentrieren konnte, weil die Familie materiell abgesichert war. Sie hatte deshalb genügend Zeit zu lernen, Vorträge zu halten und Aktionen zu organisieren und anzuleiten. Ihr Sohn, ein Ingenieur, unterstützte die Vorträge der Mutter mit Bildern, welche zu damaliger Zeit für großes Aufsehen sorgten[10]. Dazu profitierte sie und damit auch der Verband von ihrer Fähigkeit Konflikte zu schlichten und Kompromisse zu finden. Dies war sehr wichtig, weil die zersplitterte Naturschutzszene dadurch eine Integrationsfigur besaß. Noch heute können wir beobachten wie wichtig Integrationsfiguren sind. Ohne Joschka Fischer wären die Grünen bei weitem nicht so erfolgreich, denn er schafft es immer wieder, unterschiedliche Naturschutzströmungen zu vereinigen.

[...]


[1] http://www.greenpeace.org/deutschland/

[2] vgl. Rucht, Dieter: Modernisierung und neue soziale Bewegungen, Frankfurt-Main/New York 1994, S. 235

[3] vgl. Hanemann, Horst/Simon, Jürgen M.; Deutscher Bund für Vogelschutz e.V. Die Chronik eines Naturschutzverbandes von 1899-1984, Wiesbaden 1987, S. 22

[4] vgl. Hanemann, H./Simon, J. M.; Deutscher Bund für Vogelschutz e.V., S. 29

[5] http://www.nabu.de/m09/m09_01/00348.html

[6] vgl. Hanemann, H./Simon, J. M.; Deutscher Bund für Vogelschutz e.V., S. 25-29

[7] vgl. http://www.nabu.de/m09/m09_01/00348.html

[8] Hanemann, H./Simon, J. M.; Deutscher Bund für Vogelschutz e.V., S. 39

[9] vgl. http://www.nabu.de/m09/m09_01/00347.html

[10] vgl. Hanemann, H./Simon, J. M.; Deutscher Bund für Vogelschutz e.V., S. 35

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Naturschutzbund
Untertitel
Die Entwicklung eines Verbandes zu einer modernen NGO
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziale Bewegungen in Europa
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V29960
ISBN (eBook)
9783638313391
ISBN (Buch)
9783640492299
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Über den Naturschutzbund gibt es bisher noch keine größere wissenschaftliche Arbeit, die mir oder der Pressestelle des Naturschutzbundes bekannt ist. Viele Fakten der Arbeit basieren auf Recherchen innerhalb des Verbandes.
Schlagworte
Naturschutzbund, Soziale, Bewegungen, Europa
Arbeit zitieren
René Sternberg (Autor:in), 2003, Der Naturschutzbund, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29960

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