Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welchen Einfluss die unterschiedlichen linguistischen Informationen auf das Sprachverstehen haben. Während in der Vergangenheit hauptsächlich die Rolle der syntaktischen Informationen betont wurde, untersuchen neuere Studien immer mehr auch die Bedeutsamkeit weiteren linguistischen Inputs wie beispielsweise die der thematischen Rollen. Die zentrale Frage dabei lautet, ob die durch die thematischen Rollen erhaltenen Informationen lediglich als Unterstützung für die syntaktische Analyse herangezogen werden, oder ob sie selbstständig und unabhängig von der Syntax einen Beitrag zum Sprachverstehen leisten können.
Für die Untersuchung dieser Fragestellung werden zunächst die wichtigsten Forschungsansätze zum Sprachverstehen vorgestellt. In der Literatur unterscheidet man traditionell zwischen modular-seriellen und interaktiv-parallelen Modellen. Während erstere davon ausgehen, dass bei einem ersten Analyseprozess ausschließlich syntaktische Informationen für die Errichtung einer einzelnen Analyse herangezogen werden, nehmen letztere an, dass jede Art von linguistischem Input (d.h. sowohl syntaktische als auch semantische) parallel verarbeitet und für den Aufbau einer oder mehrerer Strukturen verwendet wird.
Der zweite Teil der Arbeit widmet sich zwei Studien, welche ihren Fokus auf thematische Informationen beim Sprachverstehen richten. Die Arbeit von Scheepers et al. (2000) untersucht, inwieweit syntaktische Funktionen mit thematischen Rollen verbunden werden können. Der von den Autoren vertretene Ansatz kann als interaktiv bezeichnet werden, da davon ausgegangen wird, dass sowohl die strukturbasierten als auch die Verb-spezifischen Informationen gleichermaßen am Aufbau der Satzstruktur beteiligt sind.
Bornkessel et al. (2003) schlagen einen etwas radikaleren Weg ein, indem sie die Behauptung aufstellen, dass die Reanalyseeffekte, welche traditionell auf syntaktische Mechanismen zurückgeführt werden, sich auch anhand von semantischen Prinzipien erklären lassen. Sie plädieren in ihrer Arbeit für die Anerkennung von thematischen Informationen als einen eigenständigen und von der Syntax unabhängigen Sprachverarbeitungskomplex.
Vor dem Hintergrund dieser beiden Studien soll abschließend die Bedeutung semantischer Informationen für das Sprachverstehen neu diskutiert und ein Ausblick für weitere Forschungsarbeiten gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Modelle der Sprachverarbeitung
- Modular-serielle Modelle
- Interaktiv-parallele Modelle
- Die Rolle thematischer Informationen bei der Sprachverarbeitung
- Versuch einer Verbindung von Syntax und Semantik
- Subjekt-Objekt-Ambiguitäten
- Struktur- vs. verbbasierte Ordnungsprinzipien
- Psychologische Verben
- Die experimentellen Studien
- Fazit
- Die Rolle von syntaxunabhängigen Informationen
- Die Struktur der thematischen Domäne
- Thematische Reanalyse und psychologische Verben
- Das experimentelle Design
- Die experimentelle Studie
- Fazit
- Diskussion und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie thematische Informationen die Sprachverarbeitung beeinflussen. Sie untersucht, ob diese Informationen lediglich die syntaktische Analyse unterstützen oder ob sie unabhängig von der Syntax einen eigenständigen Beitrag zum Sprachverstehen leisten.
- Untersuchung der Rolle thematischer Informationen bei der Sprachverarbeitung
- Vergleich von modular-seriellen und interaktiv-parallelen Modellen der Sprachverarbeitung
- Analyse der Verbindung von Syntax und Semantik
- Bedeutung der thematischen Domäne für die Sprachverarbeitung
- Diskussion der Rolle von thematischen Informationen als eigenständiger Verarbeitungskomplex
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach dem Einfluss thematischer Informationen auf das Sprachverstehen vor und führt in die wichtigsten Forschungsansätze zum Sprachverstehen ein. Kapitel 2 präsentiert die beiden gängigen Modelle der Sprachverarbeitung, die modular-seriellen und die interaktiv-parallelen Modelle. Kapitel 3 widmet sich der Verbindung von Syntax und Semantik und analysiert die Rolle thematischer Informationen bei der Auflösung von Subjekt-Objekt-Ambiguitäten. Kapitel 4 untersucht die Rolle von syntaxunabhängigen Informationen, insbesondere die Struktur der thematischen Domäne und die Reanalyse von thematischen Informationen. Die Arbeit schließt mit einer Diskussion und einem Ausblick auf weitere Forschungsarbeiten.
Schlüsselwörter
Sprachverarbeitung, thematische Informationen, Syntax, Semantik, modular-serielle Modelle, interaktiv-parallele Modelle, Subjekt-Objekt-Ambiguität, thematische Domäne, Reanalyse, Sprachverstehen.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2013, Thematische Rollen beim Sprachverstehen. Werden semantische und syntaktische Informationen unabhängig voneinander verarbeitet?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304265