Der Redundanzeffekt. Semantisches Priming und RSE-Experimente

Von Furillü, Zomt und Wüllblich


Praktikumsbericht / -arbeit, 2013

14 Seiten, Note: 1,7

Franziska Kreisel (Autor:in)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Abstract

2 Einleitung

3 RSE-Experiment
3.1 Methoden
3.2 Ergebnisse und Diskussion

4 Priming-Experiment
4.1 Methoden
4.2 Ergebnisse und Diskussion

5 General Discussion

6 Literaturverzeichnis

1 Abstract

Der vielfach replizierte Befund, dass Versuchspersonen (VPn) auf die Darbietung redundanter Reize schneller reagieren als auf die Darbietung eines einzelnen Reizes, wird als Redundanzeffekt („Redundant Signals Effect“, RSE) bezeichnet. Umstritten ist, ob der RSE durch die Koaktivierung eines geteilten Wahrnehmungspools oder durch einen Wettlauf zwischen den verschiedenen Wahrnehmungskanälen zu erklären ist. Als weiterer Erklärungsansatz wird das Konzept des semantischen Primings diskutiert, also ein Verarbeitungsvorteil, der durch Voraktivierung bestimmter Spuren im semantischen Gedächtnis verursacht wird. In einem ersten Experiment konnte der von Fiedler, Schröter und Ulrich (2013) gefundene RSE für rein semantische, intrapsychische Reize repliziert werden. Verwendet wurden 60 deutsche Wörter, die sowohl einer bestimmten Kategorie (Dinge, Essen oder Tiere) als auch einer bestimmten Farbe zugeordnet werden konnten. Die VPn sollten in einem Computerexperiment entscheiden, ob die präsentierten Begriffe zu einer der vorher salient gemachten Unterkategorien passten. Wie erwartet reagierten sie dann besonders schnell, wenn die gezeigten Wörter sowohl zur Kategorie als auch zur Farbe passten - sogenannte redundante Targets. Im zweiten Experiment, einer lexikalischen Entscheidungsaufgabe, wurden neben dem Stimulusmaterial des ersten Experiments auch noch aus diesen Wörtern generierte Nichtwörter verwendet. Gemessen wurde die Auswirkung verschiedener Arten von Primes auf die Reaktionszeit bei der Aufgabe. Es ergab sich kein experimenteller Beleg für redundantes semantisches Priming. Da die Daten die mathematischen Annahmen der Wettlaufungleichung (Miller, 1982) nicht verletzen, wird der nachgewiesene Redundanzeffekt auf eine statistische Erleichterung bei der parallelen Informationsverarbeitung der beiden Kategorien zurückgeführt.

2 Einleitung

Die übliche Versuchsanordnung der experimentellen Psychologie bringt die Versuchs-personen (VPn) in die Lage, bei der Präsentation eines bestimmten Reizes eine bestimmte Reaktion zu zeigen, z.B. einen Tastendruck zu veranlassen. Die Güte dieser Reaktion wird dann mit Maßen wie der Reaktionszeit (RT) oder ihrer Richtigkeit beurteilt. Es ist mehrfach gezeigt worden, dass sich die RT dann verkürzt, wenn die VPn statt eines einzelnen Reizes ein redundantes Signal dargeboten bekommen. Diese Beobachtung wird als Redundanzeffekt („Redundant Signals Effect“, RSE) bezeichnet. So fanden Schröter, Frei, Ulrich und Miller (2009) heraus, dass die VPn bei der Präsentation von zwei unterscheidbaren auditorischen Signalen über Kopfhörer schneller reagierten als bei der Präsentation nur eines einzigen Tons.

Von besonderer Relevanz ist hierbei der Begriff des „Perzepts“. Weniger die tatsächliche Existenz eines physikalischen Reizes als vielmehr das von der VPn wahrgenommene Vorhandensein eines Stimulus‘ bestimmt ihre Reaktion, wie auch die im Folgenden dargestellten Befunde von Fiedler, O’Sullivan, Schröter, Miller und Ulrich (2011) unterstreichen. Sie untersuchten die Auswirkungen der sogenannten „Flash-Beep-Illusion“1, wobei es sich um eine audiovisuelle Wahrnehmungsverzerrung handelt. Werden der VPn zwei kurze auditorische Signale dargeboten, aber dazu nur ein visuelles Signal, so entsteht trotzdem häufig der Eindruck zweier dargebotener visueller Signale. Fiedler et al. (2011) konnten trotz der Tatsache, dass physikalisch kein redundantes Signal dargeboten wurde, einen Redundanzeffekt für diese Wahrnehmungstäuschung nachweisen.

Die für die hier dargestellten Experimente bedeutsamste Forschungsarbeit von Fiedler, Schröter und Ulrich (2013) ging noch einen Schritt weiter und betrachtete ausschließlich intrapsychische Reize, welche keine physikalische Entsprechung mehr aufwiesen. Sie wählten als Stimulusmaterial deutsche Wörter aus, welche im semantischen Gedächtnis mit bestimmten Kategorien verknüpft sind. Wie Hutchison (2003) in seiner Arbeit erläuternd zusammenfasst, stehen Begriffe im semantischen Gedächtnis in einem Netzwerk aus Knoten miteinander in Beziehung. Ihre Verbindung kann sich dabei aus der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kategorie, aber auch aus der Logik ergeben. Beispielsweise sind die Begriffe „Besen“ und „Boden“ über die Dimension der Funktionalität stark assoziiert (Voss, Rothermund, Gast & Wentura, 2013). Die angestrebte Redundanz der Begriffe wurde in dem Experiment von Fiedler et al. (2013) also im Gedächtnis der VPn erzeugt, da diese nur durch Elaborierung der präsentierten Wörter ihre Doppelzugehörigkeit ergründen konnten. Das verwendete Stimulusmaterial enthielt beispielsweise das Wort „Elefant“ als redundanten Begriff. Um in der Terminologie des semantischen Gedächtnisses zu bleiben, teilen sich die Farbe „grau“ und die Unterkategorie „Tier“ den gemeinsamen Knoten „Elefant“. Nachdem den VPn also diese Unterkategorien salient gemacht worden waren, wurden ihre Reaktionszeiten (RTs) auf redundante Target-Wörter, Einzel-Target-Wörter und sonstige Begriffe erfasst. Tatsächlich zeigte sich auch bei diesem rein semantischen Material der Redundanzeffekt: die VPn reagierten auf „Elefant“ schneller als auf „Stein“ und noch langsamer auf „Rosine“.

Die Autoren diskutierten zunächst zwei populäre Erklärungsansätze für ihren Befund. Zum einen ist es möglich, dass der Redundanzeffekt entsteht, indem jeder Reiz auf seinem Wahrnehmungskanal einzeln verarbeitet wird und eine Reaktion erst dann zustande kommt, wenn einer der Verarbeitungswege das zeitliche „Wettrennen“ gewonnen hat (Schröter et al., 2009). Dieses sogenannte Wettlaufmodell („race model“) wird auch als statistische Erleichterung bezeichnet, weil es sich auf eine Vielzahl von Durchgängen und VPn bezieht, wobei immer der schnellere Verarbeitungsprozess ausgewählt wird und sich somit eine zeitliche Überlegenheit gegenüber dem Durchschnitt jeder Einzelmodalität ergibt. Schröter et al. (2009) weisen allerdings im Anschluss darauf hin, dass aufgrund der starken Ausprägung des RSE das Wettlaufmodell bisweilen angezweifelt wird. Dabei ist die Wettlaufungleichung von Bedeutung, mit deren mathematischen Vorhersagen die tatsächliche Verteilung der RTs verglichen wird (Fiedler et al., 2013). Bei Verletzung der Ungleichung wird es wahrscheinlich, dass ein Koaktivierungsmodell den RSE abbildet. Miller (1982) erklärt Koaktivierung als parallelen Signaleingang zweier Sinnesmodalitäten, die in einen gemeinsamen Pool münden und dort bei Überschreitung einer bestimmten quantitativen oder qualitativen Schwelle eine Reaktion auslösen.

Neben diesen beiden Modellen könnte auch redundantes semantisches Priming den RSE erklären. Beim Priming wird durch die Präsentation bestimmter Stimuli die Verarbeitung nachfolgender Targetreize erleichtert (Voss et al., 2013). Bei semantischen Inhalten führt die Voraktivierung der Knoten im semantischen Gedächtnis zu einer verkürzten Reaktionszeit. Durch die Salienz der Unterkategorien während der Durchführung des Redundanz-Experiments könnte eine Voraktivierung derselben im semantischen Gedächtnis stattgefunden haben. Fraglich ist, ob dieses Priming für mehrere Unterkategorien stattfinden kann – sogenanntes redundantes semantisches Priming. In diesem Fall würde ein Begriff wie „Elefant“ von einer doppelten Voraktivierung profitieren – über die Farbe „grau“ und über die Kategorie „Tier“.

Kurz zusammengefasst ist das Anliegen der hier dargestellten Experimente zunächst die Replikation der Arbeit von Fiedler et al. (2013), ebenfalls mit semantischem Stimulusmaterial (RSE-Experiment). Des Weiteren soll im zweiten Experiment (Priming-Experiment) überprüft werden, ob redundantes semantisches Priming als Erklärung für den Redundanzeffekt in Frage kommt.

[...]


1 Demonstration: http://www.youtube.com/watch?v=D3Z1cxA2Tp0

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Redundanzeffekt. Semantisches Priming und RSE-Experimente
Untertitel
Von Furillü, Zomt und Wüllblich
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Psychologisches Institut)
Veranstaltung
Aufbaumodul Allgemeine und biologische Psychologie
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V309632
ISBN (eBook)
9783668079403
ISBN (Buch)
9783668079410
Dateigröße
580 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Redundant Signals Effect, Semantisches Priming, Wettlaufmodell, Koaktivierungsmodell
Arbeit zitieren
Franziska Kreisel (Autor:in), 2013, Der Redundanzeffekt. Semantisches Priming und RSE-Experimente, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309632

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