Handelt es sich bei Indien um eine defekte Demokratie? Dieser Frage geht die Arbeit nach, indem sie das Modell der „Embedded Democracy“ Wolfgang Merkels auf das politische System des indischen Subkontinents anwendet.
Nicht nur die indische Bevölkerung schmückt sich gerne damit, die „größte Demokratie der Welt“ zu sein, auch Politikwissenschaftler benutzen dieses Attribut gerne, sobald es um die politischen Verhältnisse in Indien geht. Dass Indien diesen Titel nicht gänzlich zu Unrecht trägt, bezeugen unter anderem „der geordnete Machtwechsel“, „die reibungslose Machtübergabe“ und ein regional vielfältig ausgeprägtes Parteiensystem, das wechselnde Koalitionen vor allem auf Gliedstaatenebene ermöglicht.
So stellte Atul Kohli in „The Succes of India’s Democracy“ 2001 bereits fest: „After more than five decades of periodic elections in which all political offices are contested, and in which all adults are qualified to vote, there is little doubt that democracy in India has taken root.“
Seitdem sind drei weitere Wahlen (2004, 2009, 2014) ohne drastische demokratiegefährdende Entwicklungen vonstattengegangen und auch Christian Wagner bescheinigt: „Auf der Grundlage einer minimalistischen Definition von Demokratie, die einen regelmäßigen und mit friedlichen Mitteln ausgetragenen Wettbewerb um politische Ämter, die politische Partizipation der Bevölkerung auf der Grundlage freier und geheimer Wahlen gestattet und liberale Grundrechte wie Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit u.ä. gewährt, zeigen sich die Erfolge der Demokratie in Indien.“
Dieser angesprochene demokratische Minimalismus deutet bereits an, dass es vielfältige Defizite der Demokratie in Indien gibt, die sich nicht zuletzt in Indiens enttäuschender Positionierung auf dem Transparency International Korruptionsindex 2013 widerspiegeln. Auf diesem belegt Indien lediglich Platz 94.
Wagner beobachtet auch eine Disbalance der indischen Gewaltenteilung, welche durch eine zu schwache Legislative und eine zu starke Exekutive ausgeprägt ist und des Weiteren diagnostiziert er eine dürftige Umsetzung politischer Entscheidungen durch den Staatsapparat. Die eigene Vorteilssuche spielt bei den indischen Amtsträgern immer noch eine bedeutsame Rolle.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. EINLEITUNG
- 2. WOLFGANG MERKELS MODELL DER EMBEDDED DEMOCRACY
- 2.1. DIE TEILREGIME WAHLEN UND POLITISCHE PARTIZIPATION
- 2.2. DAS TEILREGIME DER BÜRGERLICHEN FREIHEITSRECHTE
- 2.3. DAS TEILREGIME DER GEWALTENTEILUNG UND DER HORIZONTALEN VERANTWORTLICHKEIT
- 2.4. DAS TEILREGIME DER EFFEKTIVEN REGIERUNGSGEWALT
- 3. DAS POLITISCHE SYSTEM INDIENS
- 3.1. WAHLEN UND POLITISCHE PARTIZIPATIONSRECHTE IN INDIEN
- 3.2. BÜRGERLICHE FREIHEITSRECHTE IN INDIEN
- 3.3. GEWALTEN UND EFFEKTIVE REGIERUNGSGEWALT IN INDIEN
- 4. TYPEN DEFEKTER DEMOKRATIE NACH MERKEL
- 5. SCHLUSSBETRACHTUNG: EINE ILLIBERALE DEMOKRATIE?
- 6. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit untersucht den Einfluss von Missständen wie Korruption, Defiziten der Gewaltenteilung und Menschenrechtsverletzungen auf die indische Demokratie. Sie verwendet Wolfgang Merkels Modell der „embedded democracy“ als theoretisches Fundament, um zu analysieren, ob in Indien zwischen 2004 und 2014 eine defekte Demokratie vorlag. Die Arbeit prüft, ob Indien aufgrund seiner Defizite als exklusive, illiberale, delegative oder Enklavendemokratie kategorisiert werden kann.
- Analyse der indischen Demokratie im Kontext von Korruption und Menschenrechtsverletzungen
- Anwendung des Modells der „embedded democracy“ von Wolfgang Merkel auf das politische System Indiens
- Bewertung der verschiedenen Teilregime der indischen Demokratie
- Identifizierung möglicher Defizite der Demokratie in Indien
- Beurteilung, ob Indien als defekte Demokratie kategorisiert werden kann
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Kapitel zwei stellt Wolfgang Merkels Modell der „embedded democracy“ vor und erläutert die verschiedenen Teilregime, die zur Beurteilung der Funktionsfähigkeit einer Demokratie dienen. Kapitel drei analysiert die verschiedenen Teilregime im Kontext des indischen politischen Systems. Es untersucht die Wahlsysteme, die Bürgerrechte und die Gewaltenteilung in Indien und beleuchtet die Herausforderungen, die diese Teilregime im Hinblick auf Korruption und Menschenrechtsverletzungen stellen. Kapitel vier stellt verschiedene Typen defekter Demokratie nach Merkel vor.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die zentralen Schlüsselbegriffe dieser Arbeit sind „embedded democracy“, „defekte Demokratie“, „Korruption“, „Menschenrechtsverletzungen“, „Indien“, „politisches System“, „Gewaltenteilung“, „Wahlregime“, „bürgerliche Freiheitsrechte“, „effektive Regierungsgewalt“. Diese Begriffe bilden die Grundlage der Analyse und dienen dazu, die Komplexität des indischen politischen Systems und die Frage der Defekte in der indischen Demokratie zu beleuchten.
- Arbeit zitieren
- Erik Sabas (Autor:in), 2014, Indien zwischen 2004 und 2014. Eine defekte Demokratie?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310170