Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
2 HISTORISCHE SITUATION
2.1 DER VERFASSER
2.2 SINN DES SCHREIBENS
2.3 DIE EMPFÄNGER
2.3.1 Die Provinzhypothese
2.3.2 Die Landschaftshypothese
2.4 ENTSTEHUNGSZEIT UND ORT DER ABFASSUNG
3 ÜBERSETZUNGSVERGLEICH
4 TEXTANALYSE
4.1 ABGRENZUNG DES TEXTES
4.2 STELLUNG IM KONTEXT
4.3 GLIEDERUNG
5 TRADITIONSGESCHICHTE
5.1 ÜBERNOMMENE BZW. VORGEPRÄGTE FORMELN
5.2 BEGRIFFSBESTIMMUNG „GESETZ”
5.3 MOTIV- UND RELIGIONSGESCHICHTLICHE ANALYSE - DER LOSKAUF
6 SINN DES TEXTES
LITERATURVERZEICHNIS
1 Einleitung
ÄDa wir wissen, dass der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben an Christus Jesus, haben wir auch an Christus Jesus geglaubt, damit wir aus Glauben an Christus gerechtfertigt werden und nicht aus Gesetzeswerken, weil aus Gesetzeswerken kein Fleisch gerechtfertigt wird.“ Galater 2, Schon Martin Luther hat sich dem Galaterbrief in besonderer Weise verbunden und verpflichtet gefühlt. In einer seiner berühmten Tischreden jubilierte er, dass der Galaterbrief seine „Keth von Bor“ (Klthe von Bora) sei.1 Für Luther war der zentrale Aspekt des Galaterbriefs die Lehre von Christus, der die Menschen ohne Gesetzeswerke - allein aus Glauben (sola fide), allein durch Christus (solus Chris- tus) und allein durch Gnade (sola gratia) - gerechtfertigt. In seinem Vorwort zur Erklärung des Galaterbriefs schreibt er: ÄVor allen Dingen muss man wissen, was die Sache sei, davon St. Paul in dieser Epistel handelt. Und ist eben diese, dass er beweist und erhalten will, wie man durch Glauben an Christus Gottes Gnade, Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit erlangen müsse, auf dass wir gewiss und eigentlich erkennen und wissen mögen, was die Gerechtigkeit des Glaubens sei, und was Unterschied sei zwischen dieser und allerlei anderer Gerechtig- keit.“2
Dieser Exegese liegt die Perikope aus Gal 3,10-14 zu Grunde. Paulus beschäftigt sich in diesem Abschnitt mit dem Fluch des Gesetzes. Seine Thesen begründet er anhand von alttestamentlichen Bibelstellen. Er stellt fest, dass der Mensch, welcher auf Gesetzeswerke vertraut unter dem Fluch steht (v.10-12). Jesus Christus hat uns nun von diesem Fluch losgekauft, indem er als Sohn Gottes am Kreuz für uns starb und somit zum Fluch wurde. Durch diesen Opfertod Jesu kommt der Segen Abraham zu den Nationen (v. 14).
Die Paulusbriefe des Neuen Testaments haben ein Alter von knapp 2000 Jahren und stammen aus einer der Meisten von uns fremden Kultur. Damit die Texte in unserer heutigen Kultur verstanden werden können, ist eine Auslegung notwen- dig. Bei jeder Auslegung ist jedoch zu beachten, dass keine Auslegung vollkom- men oder abgeschlossen ist, sie wird immer Stückwerk sein (vgl. 1. Kor 13,9).
2 Historische Situation
2.1 Der Verfasser
In der neueren Forschung ist man sich einig, dass Paulus der Verfasser des Gala- terbriefs ist. Gründe hierfür sind die autobiografischen Passagen in Gal 1,11-2,21 und Gal 4,12-50, sowie das handschriftliche Postkriptum in Gal 6,11-18.3 Des Weiteren ergibt sich durch ein Vergleich mit den anderen protopaulinischen Brie- fen - des Römerbriefs, den Korintherbriefen und des Philipperbriefs - dass die Sprache und der Stil des Galaterbriefs eindeutig paulinisch sind.4 Auch die Ein- heitlichkeit des Briefes wird weitgehend akzeptiert. Thomas Witulski bildet je- doch eine Ausnahme und vertritt eine eigen entwickelte Teilungshypothese.5
2.2 Sinn des Schreibens
Der Galaterbrief ist der am stärksten polemische Brief im Corpus Paulinum, bei dem er das Evangelium von Jesus Christus verteidigt. In die galatischen Gemein- den waren wahrscheinlich judenchristliche Missionare eingedrungen, die in der Gemeinde für einige Verwirrungen gesorgt haben. Zum einen über den apostoli- schen Dienst des Paulus und zum anderen verlangten sie, dass die Beschneidung und andere Gebote der Tora von den Galatern zu erfüllen seien.6 Im Galaterbrief bezeichnet Paulus das missverstandene Gesetz als Heilsweg, als Irrlehre. Paulus möchte somit das klare und wahre Evangelium, nachdem die Gerechtigkeit Gottes nicht durch die Einhaltung von Geboten erfüllt werden kann, sondern allein durch den Glauben (vgl. Gal 3,11), auf den Leuchter stellen. Durch den Galaterbrief hofft er nun die Gemeinde wieder zu diesem wahren Evangelium zurückzugewin- nen (vgl. Gal 1,6-10; Gal 3,4; 4,11f, 19f).7
2.3 Die Empfänger
In seinem Präskript adressiert Paulus seinen Brief an die „Gemeinden in Gala- tien“.
Die Galater sind Nachkommen keltischer Stämme die im Jahr 297 v.Chr. nach Kleinasien vordrangen und sich im Gebiet des heutigen Ankara niederließen.8 Als
der letzte galatische König Amyntas im Jahr 25 v.Chr. starb, wurde die Land- schaft Galatien - unter Augustus - zu einer römischen Provinz.9 Die neue Provinz wurde „Galatia“ genannt und obwohl die kulturelle Hellenisierung und Romani- sierung unaufhaltsam war, erhielten die Galater lange ihre keltische Sprache und Gebräuche bei.10 In die Provinz Galatien wurden auch Landschaften wie „Pisidi- en, Lykaonien, Isaurien, Paphlagonien, Pontus Galaticus und (zeitweise) Pamphy- lien eingegliedert.11
In der Forschung ist man sich nicht einig, ob der Galaterbrief tatsächlich an die galatische Provinz (südgalatische bzw. Provinzhypothese) oder der Landschaft Galatien (sog. nordgalatische bzw. Landschaftshypothese) gerichtet ist. Die pauli- nischen Briefe oder die Apostelgeschichte geben keinen näheren Hinweis zu den Empfängern des Galaterbriefs. Den einzigen Anhaltspunkt in Gal 4,8-9 zeigt, dass die Galater früher anderen Göttern dienten und somit Heiden gewesen sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: http://www.bibel-faq.net/bk/bibelkunde-neues-testament/bucthe/galaterbrief/zs2
Abbildung 1: Provinz vs. Landschaftshypothese
2.3.1 Die Provinzhypothese
Die Provinzhypothese nimmt an, dass die Empfänger des Briefes Christen in den Gebieten Lykaniens, Pisidiens und Isauriens sind. Paulus hat nach Apg 13,13- 14,27 - auf seiner ersten Missionsreise - in dieser Gegend Gemeinden gegründet, welcher er nach Apg 16,2-5 vermutlich später wieder besuchte. Udo Schnelle nennt in seiner Einleitung zum Neuen Testament vier Argumente, die für die Pro- vinzhypothese sprechen: Nach dem ersten Korintherbrief (1. Kor 16,1) waren an der Spendensammlung für Israel auch galatische Gemeinden beteiligt, deren Mit- glieder nach Apg 20,4 nur Christen aus Südkleinasien waren. Als zweites Argu- ment sind die Paulusgegner zu nennen, die auf Judenchristen in der Gemeinde hinweisen. Für die Landschaft Galatien ist jedoch nicht sicher, ob es jüdische Be- völkerungsanteile gab, jedoch waren in der südlichen Provinz Juden ansässig. Ein weiterer Aspekt ist, dass Paulus seine Mission an Metropolen der Provinz orien- tiert und keine Landschaftsnamen verwendet.12 Als letztes Argument kann noch Apg 18,23 herangezogen werden, wo Paulus der Reihe nach „das galatische Land und Phyrigien …“13 durchzog.
2.3.2 Die Landschaftshypothese
Udo Schnelle hat in seiner Einleitung zum Neuen Testament auch Gründe für die Landschaftshypothese aufgeführt: Paulus erwähnt in Gal 1,21 nichts von der Gründung einer galatischen Gemeinden während seiner ersten Missionsreise. Ein weiteres Argument wäre, dass die als Pisidien (Apg 13,14; 14,24) und Lykaonien (Apg 16,6.11) bezeichneten Gebiete nicht als Gebiete der Provinz Galatien be- zeichnet werden. Auf der anderen Seite findet man in der Apostelgeschichte Stel- len, die von der Landschaft Galatien berichten (Apg 16,6; 14,24). Mit Ausnahme des Philemonbriefs adressiert Paulus immer eine konkrete Gemeinde; das Fehlen dieses Ortsnamen spricht für die Landschaftshypothese. Der Vorwurf von Paulus in Gal 3,1 („unverstlndige Galater“) kann nur stimmen, wenn die Galater sich vollkommen als solche fühlen. Bei den Einwohnern in der südlichen Provinz Ga- latia kann man davon weniger ausgehen, da sie Ihre kulturellen und sprachlichen Eigenarten beibehielten (vgl. Lykaonier in Apg 14,11). Das griechische Wort für Galatien bezeichnete im damaligen Sprachgebrauch die Landschaft Galatiens. Als sechsten und letztes Argument nennt Schnelle, dass die südgalatischen Gemein- den von Barnabas und Paulus gegründet wurden. Der Galaterbrief hingegen ist nach Gal 1,1.8f; 4,12-14 an Gemeinden geschrieben, die nur von Paulus gegrün- det wurden.14
Bei Schnelle überwiegen die Argumente der Landschaftshypothese und so sprechen für ihn, speziell die Nichterwähnung der Adressaten in Gal 1,21, die Angaben über das Wirken des Paulus im „galatischen Land“ (Apostelgeschichte) und die Anrede in Gal 3,1, gegen die Provinzhypothese. Bei den Gemeinden Galatiens durfte es sich also um Gemeinden im Umfeld von Ankara handeln, die Paulus in seiner zweiten Missionsreise gegründet hat.
2.4 Entstehungszeit und Ort der Abfassung
Weder zum Abfassungszeitraum noch zum Ort der Abfassungen finden wir expli- zite Hinweise im Galaterbrief. Zur Bestimmung der Abfassung haben sich jedoch zwei Möglichkeiten durchgesetzt. Entweder wurde der Brief während des Aufent- halts des Paulus in Ephesus geschrieben (Frühdatierung), oder Paulus schrieb den Brief während seiner Reise durch Makedonien (vgl. Apg 20,2; Spätdatierung). Bei der Spätdatierung wäre der Brief in unmittelbarer Nähe zum Römerbrief entstan- den.15 Hierfür spricht vor allem die thematische Berührung - Rechtfertigungslehre - des Römerbriefs mit dem Galaterbrief.16 Als weiteres Argument kann die Er- wähnung der Spendensammlung in Gal 2,16 und 1. Kor 16,1 herangezogen wer- den. So ist im ersten Korintherbrief nichts von einer Krise zwischen dem Apostel und den galatischen Gemeinden zu lesen und es lässt sich daher vermuten, dass der Galaterbrief zeitlich nach dem ersten Korintherbrief geschrieben wurde. Da Paulus in Gal 2,10b erwähnt den Verpflichtungen aus der Kollektenvereinbarung nachgekommen zu sein, setzt er damit die im zweiten Korintherbrief genannten Anordnungen zur Sammlung der Spenden voraus. Schnelle geht somit davon aus, dass Paulus den Galaterbrief nach den beiden Korintherbriefen unmittelbar vor dem Römerbrief im Jahre 55 n.Chr. in Makedonien verfasst hat.17
3 Übersetzungsvergleich
In diesem Kapitel soll die Galaterperikope in unterschiedlichen Übersetzungen verglichen werden. Anhand der vorliegenden Tabelle werden die Übersetzungen Lutherbibel von 1984, die revidierte Elberfelder Übersetzung, die Hoffnung für alle (HFA) und die englische Übersetzung New International Version (NIV) gegenübergestellt und verglichen. Am Ende dieses Kapitels wird eine Entscheidung getroffen, mit welcher Übersetzung die Exegese bearbeitet wird.
Tabelle 1: Übersetzungsvergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 Vgl. Kleinknecht (1987) 7
2 Luther (1925) 5
3 Vgl. Eckey (2010) 6
4 Vgl. Eckey (2010) 1
5 Vgl. Pilhofer (2010) 292
6 Vgl. Heckel & Pokorny (2007) 207
7 Vgl. Schnelle (2013) 122
8 Vgl. Schnelle (2013) 113
9 Vgl. Betz (1988) 35
10 Vgl. Mussner (1988) 3
11 Schnelle (2013) 113
12 Vgl. Schnelle (2013) 114
13 Schnelle (2013) 114
14 Vgl. Schnelle (2013)
15 Vgl. Schnelle (2013) 111
16 Vgl. Mussner (1988) 9
17 Vgl. Schnelle (2013) 112