Königin Dido in Vergils "Aeneis". Rezeptionsgeschichte anhand ausgewählter Werke


Quellenexegese, 2014

13 Seiten, Note: 1,33

Thomas Bäcker (Autor:in)


Leseprobe


Die Dido-Episode in Vergils Aeneis

Nach der Gründungslegende Karthagos war Dido eine phönizische Prinzessin. Sie herrschte von 814–760 v. Chr. In Vergils Aeneis tritt Dido im Rahmen von Aeneas Flucht aus Troja auf. Die Figur der Dido ist im ersten und vierten Buch von großer Bedeutung. Vergils Aeneis umfasst insgesamt 12 Bücher.

Aeneas flüchtet aus Troja und strandet durch einen von Juno ausgelösten Sturm an der Küste Afrikas. Venus erwirkt gegenüber Jupiter, dass Aeneas Vorteile eingeräumt werden. Deshalb nähert sie sich in der Gestalt einer Jägerin an den im Wald umherirrenden Aeneas und weist ihm den Weg nach Karthago, wodurch laut Venus seine Lage verbessert würde. Dido, die Königin von Karthago, ist ihm gegenüber sehr gastfreundlich und nimmt ihn auf. Aeneas berichtet der Königin anschließend vom Untergang Trojas, der Reise nach Italien und dem Sturm, welcher ihn von seinem Weg nach Italien abgebracht hat und an die Küste Afrikas verschlagen hat.

Dido gesteht gegenüber ihrer Schwester, dass sie sich in Aeneas verliebt habe. Anna überzeugt Dido schließlich zur Hochzeit mit Aeneas. Dido und Aeneas gehen anschließend jagen. Juno hält ihre Absicht aufrecht, Aeneas von Italien fernzuhalten und beschwört einen Sturm herauf, wodurch Aeneas und Dido in eine Höhle gedrängt werden. Sie vermählen sich schließlich dort. Ein Setulerfürst namens Iarbas beschwert sich, dass ihm ein Fremder vorgezogen wurde, weil auch er Interesse an einer Hochzeit mit Königin Dido hatte. Jupiter sendet daraufhin den Götterboten Merkur, um Aeneas zur Abreise nach Italien, seinem eigentlichen Reiseziel, zu bewegen. Heimlich bereitet Aeneas seine Weiterreise vor und folgt den Anweisungen der Götter, Dido wird misstrauisch und bemerkt seine Pläne. Sie versucht ihn vergebens von seinem Vorhaben abzubringen. Jedoch haben ihre Überzeugungsversuche keine Wirkung und sie ist aufgrund dessen so empört, dass sie sich das Leben nimmt, indem sie sich auf einem Scheiterhaufen ersticht.

Aeneas reist über Sizilien nach Italien, wo er auf seinen Vater Anchises in der Unterwelt trifft. Er reist weiter in westlicher Richtung und soll dort mit der Tochter des Königs Latinus vermählt werden, was Juno erzürnt und sie dazu leitet einen Konflikt herbeizuführen. Sie hetzt den Fürsten Turnus gegen Aeneas auf. In erbitterten Kämpfen siegt Aeneas schließlich über Turnus, weil er ihn im Zweikampf tödlich besiegt. Die Reise von Aeneas dient als Gründungsmythos für das römische Reich, da der Landepunkt seiner Gefolgschaft dem Stadtgebiet Rom sehr nahe liegt.

Die Dido-Episode ist wichtig für die weitere Handlung, da Dido den Gestrandeten ihre Hilfe angeboten und dadurch ihre Erholung und Weiterreise ermöglicht hat. Für die Handlung gibt es diverse Möglichkeiten die Leitmotive zu deuten. Einerseits hat Aeneas durch die Götter den Auftrag bekommen nach Italien zu segeln und folgt dem Auftrag entgegen der eigenen Überzeugung, dass er lieber in Karthago bleiben möchte. Andererseits kann auch die Liebe betrachtet werden, denn Aeneas verschmäht die Liebe Didos und verlässt sie, wodurch Dido dazu geleitet wird Selbstmord zu begehen.

Die Götter haben in Vergils Aeneis einen sehr großen Wirkungsspielraum, da sie an Schlüsselstellen entscheidend in die Handlung eingreifen. Durch einen Sturm, welcher von Juno verursacht wurde, gelangt Aeneas an die Küste Afrikas, wodurch er von Italien ferngehalten wird. Dazu ist es Venus, die ihn nach Kathargo lotst. Die Hochzeit zwischen Aeneas und Dido wird durch die Götter Venus und Juno gefördert, da die sie einen Sturm heraufbeschwören, durch welchen Dido und Aeneas in einer Höhle Unterschlupf suchen müssen. Durch ein Gebet von Iarbas, welcher mit seiner Situation und der Hochzeit zwischen Aeneas und Dido nicht einverstanden ist, wird Jupiter tätig und erinnert Aeneas daran nach Italien zu reisen und dass er nur deshalb mehrmals vor den Griechen gerettet wurde.

Die Liebe spielt in Vergils Aeneis ebenfalls eine große Rolle, da sie Dido dazu bewegt entgegen dem getätigten Schwur noch einmal zu heiraten. Dazu wird Aeneas durch Didos Liebe zum Bleiben bewegt, er möchte sogar in ihrem Königreich als Herrscher verweilen. Bei der Trennung zwischen Dido und Aeneas hat die Liebe schließlich ebenfalls einen großen Einfluss, da sich Dido aufgrund der enttäuschten Liebe in den Tod stürzt. Die Liebe ist die treibende Kraft. Auch die Götter bedienen sich der Liebe als Methode, da sie die Liebe in der Figur Amors zielgerichtet einsetzen.

Des Weiteren wird die Liebe sehr wechselseitig und unberechenbar dargestellt, was an Didos Umschwung vom Schwur gegenüber des verstorbenen Ehemanns hin zur Liebe gegenüber Aeneas deutlich wird. Dido ist aufgrund der Liebe zu Aeneas außer sich und wird als wahnsinnig beschrieben. Die Kraft der Liebe überwiegt den Sinnen, diese Tendenz wird stärker mit fortschreitender Handlung. Iarbas ist von der Liebe enttäuscht und betet deshalb zu Jupiter, um die Liebe zwischen Dido und Aeneis zu stören. Schlussendlich ist es auch Didos enttäuschte Liebe, die sie feindselig gegenüber Aeneas stimmt, sie in den Wahn treibt, ihre Sinne verwirrt und schließlich in den Tod treibt.

Welche Wirkung und Bedeutung misst die heutige Gesellschaft der Dido-Episode zu? Eine diachrone Betrachtung anhand ausgewählter literarischer Werke-

Menschen leben in sozialen Beziehungsgeweben und gehen Bindungen ein. Besonders hervorzuheben ist der Bund der Ehe, welcher die fortschreitende Zivilisation bis heute begleitet hat. Neben politischen und wirtschaftlichen Aspekten eine Ehe einzugehen, ist die Liebe der wahrscheinlichste und häufigste Grund für eine Hochzeit. Heutzutage werden allerdings etwa ein Drittel aller Ehen geschieden und es erweckt den Anschein, dass diese Rate historisch angewachsen sei (vgl. FAZ 2014). Gleichwohl scheint die Ehe durch die Möglichkeit der Scheidung an Bedeutung zu verlieren, denn dadurch können Entscheidungen rückgängig gemacht werden und verlieren ihren endgültigen Charakter. Ein Tod aus Liebe erscheint unter heutigen Gesichtspunkten daher sehr unwahrscheinlich und verlassen werden ist in der Regel kein Grund für einen Selbstmord. Am Beispiel der Dido-Episode aus Vergils Aeneis wird deutlich, welche Wirkung ein gebrochenes Eheversprechen vor ungefähr zwei Jahrtausenden haben konnte.

Literatur dient als kulturelles Gedächtnis, deshalb soll anhand einer diachronen Untersuchung vier ausgewählter Rezeptionen der Dido-Episode gezeigt werden, welche Veränderungen die jeweilige Dido-Episode in Hinblick auf die Aspekte der Heirat, des Verlassens und dem Liebestod aufzeigt. Dadurch sollen schlussendlich Einblicke in die jeweilige Gesellschaft, deren Werte, Norme und deren Kultur gewährt werden, um letztlich die Bedeutung der Dido-Episode für die heutige Gesellschaft unter einem literaturwissenschaftlichen Hintergrund aufzuzeigen.

Vergils Aneis stammt von 70 v.Chr. Die Dido-Episode nimmt eine zentrale Stellung innerhalb des Gesamtwerks ein und ist entscheidend für den Handlungsablauf. Aeneas wird durch einen Sturm von seinem Weg nach Italien abgetrieben und strandet an der Küste Afrikas. Dort wird er durch Venus nach Karthago geleitet und lernt die Königin Dido kennen, welche sich später in ihn verliebt. Die Gründe für eine Hochzeit werden anhand Didos Beschreibung von Aeneas deutlich. Sie bezeichnet ihn als tapfer, stolz und bemerkt Zeichen der Liebe, die sie für ihn empfindet. Gleichwohl wird sie an einen vergleichbaren Gefühlszustand erinnert, der im Zusammenhang ihres ersten verstorbenen Ehemannes schon wahrgenommen wurde. Darüber hinaus scheint die Liebe sehr stark zu sein, was an dem Ausdruck „Liebesglut“ erschlossen werden kann (vgl. Vergil: 77). Einerseits ist Dido sehr angetan von dem Gedanken Aeneas zu heiraten, jedoch hält sie zunächst an ihrem unverrückbaren Entschluss fest, mit niemanden einen erneuten Ehebund einzugehen (vgl. ebd.). Darüber hinaus wird an ihren Tränen deutlich, dass sie sehr bestürzt und unglücklich über die Gegebenheiten ist (vgl. ebd.). Ihre Schwester Anna weist auf die politischen Vorteile einer Hochzeit mit Aeneas hin, indem sie die geographische und militärische Situation ihres Königreichs darlegt (vgl. ebd: 78). Schließlich ist Annas Argumentation überzeugend und Dido fasst den Entschluss, die Ehe mit Aeneas anzustreben. Die Liebe bringt Dido außer sich und lässt sie unvernünftig und unberechenbar erscheinen, was durch folgenden Auszug verdeutlicht wird:

„Vor Liebe glüht die unselige Dido und schweift, außer sich, in der ganzen Stadt umher wie eine vom Pfeil getroffene Hindin[…]“ (ebd. 79).

Gleichwohl werden mit der Liebe Krankheit und Wahnsinn assoziiert, da die Begriffe „Liebeswahnsinn“ und „heillose[s] Fieber“ im Kontext der Liebe gebraucht werden. Darüber hinaus leisten die Götter merkliche Unterstützungsarbeit, da sie die beiden in eine Höhle lenken, wodurch ihre Vermählung gefördert wird (vgl. ebd. 80). Venus und Juno debattieren zuvor unter Berücksichtigung einer möglichen Reaktion Jupiters, weil sie für fraglich erachten „ob Jupiter eine einzige Stadt für die Tyrier will […]“ (vgl. ebd. 80).

Die Liebe zu Aeneas, die Götter und die politischen Vorteile sprechen für eine Hochzeit und überwiegen letztendlich einem Bund zu ihrem verstorbenen Ehemann und führen zur Vermählung zwischen Dido und Aeneas. Jedoch ist zu sagen, dass die politischen Vorteile an den königlichen Stand und die Epoche gebunden sind, denn durch Heirat konnten Königshäuser gestärkt und vergrößert werden. Die Heirat ist somit unter den historischen Hintergründen der augusteischen Zeit zu betrachten, in welche Vergil aufgrund seiner biographischen Daten einzuordnen ist. Des Weiteren setzten sich die Dichter der augusteischen Zeit mit dem Goldenen Zeitalter und den Gegensätzen zu anderen Epochen auseinander. Das Goldene Zeitalter beschreibt eine als Idealzustand betrachtete friedliche Urphase der Menschheit, welche durch die eintretende Zivilisation beendet wurde. Dadurch wird ein Erklärungsansatz für die starke Rolle der Götter geliefert, weil in der angesprochenen Zeitspanne den Göttern in der Literatur sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet und Handlung zugeschrieben wurde.

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Königin Dido in Vergils "Aeneis". Rezeptionsgeschichte anhand ausgewählter Werke
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Germanistik)
Veranstaltung
Liebeslyrik
Note
1,33
Autor
Jahr
2014
Seiten
13
Katalognummer
V311812
ISBN (eBook)
9783668107540
ISBN (Buch)
9783668107557
Dateigröße
558 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dido, Aeneas, Aeneis, Vergil, Eneasroman, Eneas
Arbeit zitieren
Thomas Bäcker (Autor:in), 2014, Königin Dido in Vergils "Aeneis". Rezeptionsgeschichte anhand ausgewählter Werke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311812

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